Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400448/3/Wei/Bk

Linz, 06.11.1996

VwSen-400448/3/Wei/Bk Linz, am 6. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des Z, Staatsbürger der Volksrepublik China, dzt PGH Linz, vertreten durch G, p.A. S, T, vom 30. Oktober 1996 wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben, die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 26. September 1996 für rechtswidrig erklärt und gleichzeitig festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

II. Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von S 8.520,-- (darin enthalten S 120,-- Bundesstempel) binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 51 Abs 1, 52 Abs 2 und 4 Fremdengesetz - FrG (BGBl Nr.

838/1992) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 iVm V BGBl Nr. 855/1995 Entscheidungsgründe:

1. Mit dem am 31. Oktober 1996 eingelangten Schriftsatz hat der Beschwerdeführer (Bf), ein Staatsangehöriger der Volksrepublik China, durch seinen mit angeschlossener Vollmacht ausgewiesenen Vertreter Schubhaftbeschwerde erhoben und beantragt, seine Anhaltung seit 26. September 1996 und die weitere Anhaltung für rechtswidrig zu erklären und den Bund zum Kostenersatz zu verpflichten.

Zur Begründung dieser Beschwerde hat der Bf folgenden Sachverhalt vorgebracht:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25.

Juli 1996, Zl. Sich 40-23546, sei über den Bf die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes verhängt worden, wobei die Schubhaft im Polizeigefangenenhaus vollzogen wird. Ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot hätte die belangte Behörde aber in der Folge bis zur Schubhaftbeschwerde nicht erlassen. Mit dem am 25. September 1996 ausgefertigten Schreiben wäre lediglich mitgeteilt worden, daß die über den Bf verhängte Schubhaft bis zum Eintreffen eines Paßersatzes verlängert werde. Der Bf befände sich entgegen § 48 Abs 2 FrG länger als 2 Monate in Schubhaft und wäre über die Gründe der Verlängerung der Schubhaft bisher niederschriftlich nicht in Kenntnis gesetzt worden. Die Verlängerung nach § 48 Abs 4 FrG setzte voraus, daß alle sonstigen Voraussetzungen für eine Abschiebung iSd § 48 Abs 3 FrG vorliegen. Das Schreiben der belangten Behörde vom 25. September 1996 stelle keine niederschriftliche Einvernahme dar. Unverzüglich iSd § 48 Abs 5 FrG bedeute, daß der Fremde vor Ablauf der zweimonatigen Frist in Kenntnis gesetzt werden muß. Die Anhaltung in Schubhaft erweise sich daher seit 26. September 1996 als rechtswidrig.

2. Der unabhängige Verwaltungssenat hat die vorliegende Beschwerde bereits am 31. Oktober 1996 um 08.44 Uhr per Telefax (Übertragungsprotokoll positiv) an die belangte Behörde mit dem Ersuchen weitergeleitet, den bezughabenden Verwaltungsakt vorzulegen und mitzuteilen, ob sich der Bf noch in Schubhaft befindet. Die belangte Behörde hat auf dieses Ersuchen bis dato nicht reagiert. Üblicherweise legen Fremdenbehörden ihre Verwaltungsakten wenigstens binnen drei Tagen vor und erstatten auch eine kurze Gegenschrift. Da nach den bisherigen Erfahrungen die Anberaumung einer Verhandlung regelmäßig unterbleiben kann, weil der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde meist hinreichend geklärt erscheint (vgl § 52 Abs 2 Z 1 FrG), wurde im Vertrauen auf die rechtzeitige Aktenvorlage durch die belangte Behörde keine Verhandlung anberaumt.

Im Hinblick auf die Säumnis der belangten Behörde und den unmittelbar bevorstehenden Ablauf der gegenständlich maßgeblichen Entscheidungsfrist von einer Woche (vgl § 52 Abs 2 Z 2 FrG) konnte der unabhängige Verwaltungssenat das schlüssige Sachverhaltsvorbringen in der gegenständlichen Beschwerde seiner Entscheidung zugrundelegen (vgl bereits VwSen-400254/3/Gf/La vom 7. März 1994).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann gemäß § 51 Abs 1 FrG der unabhängige Verwaltungssenat von dem in Schubhaft Angehaltenen angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Ver waltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 52 Abs 4 FrG).

Die formellen Beschwerdevoraussetzungen liegen vor. Die Beschwerde ist zulässig.

3.2. Gemäß § 41 Abs 1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder Durchbeförderung zu sichern.

Gemäß § 48 Abs 1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Sie darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 48 Abs 4 FrG darf die Schubhaft gemäß § 48 Abs 2 FrG nicht länger als zwei Monate dauern.

§ 48 Abs 4 Z 1 bis 3 FrG nennt taxativ Gründe für eine Verlängerung der grundsätzlichen Schubhaftdauer von 2 Monaten. Diese die Abschiebung betreffenden Hinderungsgründe setzen aber voraus, daß alle sonstigen Voraussetzungen für eine Abschiebung vorliegen (vgl bereits VwSen-400210/5/Kl/Rd vom 14. September 1993). Die Fremdenbehörde hat jedenfalls innerhalb der Zweimonatefrist einen durchsetzbaren Administrativakt (Aufenthaltsverbot, Ausweisung) zu erlassen, widrigenfalls eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung schon begrifflich nicht denkbar ist (vgl auch § 48 Abs 3 FrG) und eine Aufrechterhaltung der Schubhaft aus den Verlängerungsgründen des § 48 Abs 4 FrG ausscheidet (vgl schon VwSen-400228/3/Wei/Shn vom 11. November 1993).

Geht man mit der Beschwerde davon aus, daß der Bf seit 25.

Juli 1996 in Schubhaft angehalten wird, ohne daß die belangte Behörde ein Aufenthaltsverbot erlassen hatte, so ist diese Schubhaft spätestens mit Ablauf des 25. September 1996 wegen Überschreitung der Zweimonatefrist rechtswidrig.

Es war daher schon aus diesem Grund der Beschwerde Folge zu geben.

3.3. Gemäß § 48 Abs 5 FrG hat die Fremdenbehörde einen aus den Gründen des § 48 Abs 4 FrG anzuhaltenden Fremden davon unverzüglich niederschriftlich in Kenntnis zu setzen. Der unabhängige Verwaltungssenat pflichtet der Beschwerde bei, daß die belangte Behörde durch ihre knappe schriftliche Mitteilung dieser gesetzlichen Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Die niederschriftliche Inkenntnissetzung hat erforderlichenfalls unter Beiziehung eines Dolmetschers zu erfolgen, damit einem nicht der deutschen Sprache kundigen Fremden angemessene Aufklärung über die Verlängerung zuteil wird.

Im vorliegenden Fall wirkt sich die Nachlässigkeit der belangten Behörde aber nicht mehr aus, weil eine Verlängerung der Schubhaft iSd § 48 Abs 4 FrG von vornherein nicht zulässig war.

4. Bei diesem Ergebnis hatte der Bf Anspruch auf Ersatz der notwendigen Aufwendungen gemäß § 79a AVG (iVm § 52 Abs 2 FrG) gegen den Bund, für den die belangte Behörde funktionell tätig geworden ist. Nach § 1 Z 1 der am 1.

Jänner 1996 inkraftgetretenen Aufwandersatzverordnung UVS des Bundeskanzlers, BGBl Nr. 855/1995, beträgt der dem Bf als obsiegender Partei zustehende Schriftsatzaufwand S 8.400. Gemäß dem § 79a Abs 4 Z 1 AVG gelten offenbar im Gegensatz zu § 59 Abs 3 VwGG 1985 Stempelgebühren, für die der Bf aufzukommen hat, unabhängig von der tatsächlichen Entrichtung als ersatzfähige Aufwendungen. Deshalb war dem Bf die Eingabengebühr in Höhe von S 120,-- zuzusprechen, obwohl er sie bisher nicht entrichtet hat. Insgesamt waren daher dem Bf Aufwendungen in Höhe von S 8.520,-zuzuerkennen.

Eine Leistungsfrist sieht der novellierte § 79a AVG 1991 idF BGBl Nr. 471/1995 nicht vor. Der erkennende Verwaltungssenat nimmt insofern eine echte Lücke an, zumal nicht angenommen werden kann, der Gesetzgeber hätte in Abweichung von der Regelung des § 59 Abs 4 VwGG 1985 die sofortige Vollstreckbarkeit des zugesprochenen Aufwandersatzes für den Falle des Fehlens einer Leistungsfrist (vgl dazu die Nachw aus der Judikatur bei Angst/Jakusch/Pimmer, MGA EO, 12. A [1989], E 107 und E 114 zu § 7 EO) vorsehen wollen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (vgl Erl RV 130 BlgNR 19. GP, 14 f) wird ausdrücklich davon gesprochen, daß die Regelung im wesentlichen den Kostentragungsbestimmungen im VwGG 1985 angeglichen worden sei. Demnach ist nach wie vor (vgl schon bisher stRsp seit VwGH 23.9.1991, 91/19/0162) von einer analogen Anwendbarkeit der Kostenbestimmungen des VwGG 1985 auszugehen, soweit der Verfahrensgesetzgeber eine Regelung vergessen hat. Deshalb war analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. W e i ß

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