Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420027/16/Kl/Rd

Linz, 02.03.1993

VwSen - 420027/16/Kl/Rd Linz, am 2. März 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des R K, A, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W R, F, L, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Magistrates der Stadt Wels zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Verwaltungsakt als rechtswidrig festgestellt.

Rechtsgrundlagen: Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm §§ 67a Abs.1 Z2 und 67c AVG iVm §§ 15 Abs. 1 und 2 sowie § 42 Abs.3 des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 - O.ö.AWG, LGBl.Nr. 28/1991.

II. Die belangte Behörde (die Stadt Wels) hat dem Beschwerdeführer zu Handen des Beschwerdeführervertreters die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von insgesamt 16.690 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage: § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 1992, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 4. Dezember 1992, wurde Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 22. Oktober 1992 auf dem Grundstück A, in W, durch Organe des Magistrates der Stadt Wels erhoben und die Verletzung subjektiver Rechte, insbesondere des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf Unverletzlichkeit des Eigentums und des einfachgesetzlich gewährleisteten Rechtes, daß entgegen der §§ 4 und 10 VVG eine Ersatzvornahme nicht durchgeführt wird.

Zum Sachverhalt wurde angeführt, daß der Beschwerdeführer in W, A, eine Gärntnerei betreibe, zu der er etliches Kleinmaterial, unter anderem auch jene Gegenstände laut Bescheid vom 17. Februar 1992, benötige. Auch seien Gegenstände ohne Bescheidgrundlage abtransportiert worden. Beim Abtransport am 22. Oktober 1992 sei weder der Beschwerdeführer noch ein anderer Angehöriger des Betriebs anwesend gewesen. Auch sei ein erheblicher Flurschaden durch Zuschüttungen des Baggers entstanden. Es wurde daher kostenpflichtige Stattgebung der Beschwerde beantragt.

2. Der Bürgermeister der Stadt Wels als belangte Behörde hat mit Schriftsatz vom 12. Jänner 1993, MD-Verf-452-1992 Gl, eine Gegenschrift erstattet, in welcher auf den rechtskräftigen Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 17. Februar 1992 mit dem Auftrag zur Beseitigung der abgelagerten Abfälle binnen sechs Wochen und Androhung der sonstigen kostenpflichtigen Abfuhr dieser Abfälle hingewiesen wird. Es erfolgte daher am 22. Oktober 1992 gemäß § 15 Abs.2 O.ö.AWG die Abfuhr der Abfälle laut Bescheid Punkt 1. und 3., wobei die Abfuhr ausnahmslos auf Grundlage dieses Bescheides erfolgte. Auch seien der Beschwerdeführer und sein Vater beim Abtransport anwesend gewesen. Die in der Beschwerde angeführten Gegenstände seien solche des Bescheidpunktes 3., zumal ihre ursprüngliche Zweckbestimmung nicht mehr erkennbar gewesen sei. Brennholz sei hingegen nicht entfernt, sondern nur umgelagert worden. Zur Anwendung des § 15 Abs.2 O.ö.AWG sei die Rechtsmeinung der Umweltrechtsabteilung beim Amt der o.ö.Landesregierung vorher eingeholt worden, welche die Anwendbarkeit des VVG ausgeschlossen hat. Es entbehren daher die Beschwerdeanträge jeglicher Grundlage.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. Februar 1992, zu der neben den Verfahrensparteien auch Mag. H A und Dipl-VW. H J, beide Organe des Magistrates der Stadt W, als Zeugen geladen und einvernommen wurden. Weiters wurde der zur Verhandlung erschienene W K sen. als Zeuge einvernommen. Der ebenfalls zur mündlichen Verhandlung geladene Zeuge F E, Transporte und Baggerungen, W, hat sich wegen Krankheit entschuldigt. Aufgrund seiner telefonischen Mitteilung, daß er gemäß den Anordnungen der Organe des Magistrates Wels lediglich in Ausführung dieser Anordnungen Gegenstände mit dem Bagger auf LKWs des Magistrates aufgeladen habe und sonst keine Aussage treffen könne, wurde von einer weiteren Zeugenladung bzw. einer Vertagung der mündlichen Verhandlung Abstand genommen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt festgestellt und als erwiesen der Entscheidung zugrundegelegt:

4.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 17. Februar 1992, MA2-Ge-2690-1991 Scho, wurde R, W und L K-K, als Grundeigentümer und Rechtsnachfolger nach R T sowie W K-K sen. als Verursacher gemäß § 42 Abs.3, § 44 und § 15 Abs.1 und 2, § 2 Abs.7 Z7, 8 und 10 sowie § 2 Abs.8 des O.ö.AWG 1990 aufgetragen, Am Bahndamm 42 gelagerte bzw. abgelagerte Abfälle, welche dann angeführt wurden, binnen sechs Wochen zu beseitigen.

Eine dagegen mündlich eingebrachte Berufung von W und R K-K wurde mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 5. Mai 1992 als unzulässig zurückgewiesen. Der Bescheid wurde rechtskräftig.

4.2. Im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme am 5. Oktober 1992 vor dem Magistrat der Stadt Wels wurde dem Beschwerdeführer nachweislich zur Kenntnis gebracht, daß aufgrund des rechtskräftigen Beseitigungsauftrages durch die Stadt Wels gegen Kostenersatz durch den Liegenschaftseigentümer oder Inhaber die im Beseitigungsauftrag angeführten Abfälle abgeführt werden können.

Gemäß dem Aktenvermerk vom 19. Oktober 1992 des Magistrates der Stadt Wels wurde die Rechtsauskunft des Amtes der o.ö. Landesregierung, Umweltrechtsabteilung, eingeholt, wonach es sich bei § 15 O.ö.AWG um eine Spezialbestimmung handle, welche die Anwendbarkeit des VVG ausschließt.

Ein Aktenvermerk des Magistrates der Stadt Wels vom 23. Oktober 1992 weist die bei der Amtshandlung am 22. Oktober 1992 anwesenden Amtsorgane aus; ein Aktenvermerk vom 18. November 1992 dokumentiert das Einschreiten des Magistrates der Stadt Wels am 22. Oktober 1992 entsprechend § 15 Abs.2 O.ö.AWG, wobei ausdrücklich festgehalten wurde, daß nur die im zitierten Bescheid angeführten Abfälle beseitigt wurden. Aus dem Aktenvermerk geht auch hervor, daß andere als im Bescheid genannte Gegenstände mangels Rechtsgrundlage nicht entfernt werden konnten, "zumal von Technikerseite Gefahr im Verzug nicht bescheinigt wurde".

4.3. Es haben daher zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes und daher in Durchführung des Bescheides vom 17. Februar 1992 Dipl-VW. J als Umweltreferent der Stadt Wels und Mag. A neben anderen Amtsorganen des Magistrates Wels am 22. Oktober 1992 gegen 9.00 Uhr das Grundstück A in W betreten, ohne daß die Grundstückseigentümer hievon unmittelbar in Kenntnis gesetzt wurden. Sie waren daher auch beim Betreten nicht anwesend. Das Grundstück ist nicht eingezäunt und frei zugänglich. Auch wurden durch die belangte Behörde zur zwangsweisen Durchsetzung des Bescheides das Bagger- und Transportunternehmen F E sowie drei Lastkraftwagen mit 12 Arbeitern der Stadt Wels zum Grundstück beordert. Die Lastkraftwagen wurden auf öffentlichem Gut, die Mulden bzw. Container auf dem genannten Grundstück abgestellt.

Sodann wurde mit der Räumung des Grundstückes begonnen, wobei durch den Bagger Grünteile, Kartons und Schachteln sowie Plastikabfälle aus einer Baugrube entfernt wurden. Weiters wurden auch angerostete bzw. verrostete Teile sowie eine Kühlvitrine und ein Kühlschrank weggebracht. Diese Teile waren nicht mehr als Bestandteile eines Gerätes bzw. eines Fahrzeuges erkennbar. Die Kühlgeräte waren nicht mehr brauchbar, weil Verbindungsschläuche bereits herausgezogen waren.

Der Beschwerdeführer sowie sein Vater W K kamen erst gegen 13.30 Uhr an Ort und Stelle. Dabei waren schon die meisten Gegenstände verladen.

4.4. Grundstückseigentümer sind R K, W K jun., L K, alle außerbücherliche Eigentümer aufgrund eines Kaufvertrages mit der Rechtsvorgängerin R T. Die auf dem Grundstück befindlichen Gegenstände gehörten dem Beschwerdeführer, welcher auf dem Grundstück einen Gartenbetrieb mit Genehmigung der Landwirtschaftskammer, jedoch nicht im gewerberechtlichen Sinn, im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft betreibt. Lediglich Grasschnitt, Kartonsund Holzreste sowie Kunststoffabfälle in der Baugrube waren Eigentum des W K sen., welcher daraus Papierbriketts pressen wollte, sowie sodann die Kunststoffteile entsorgen wollte. Die Lagerung der Gegenstände durch W K sen. wurde von den Grundstückseigentümern geduldet.

4.5. Sowohl aufgrund der Zeugenaussage sowie der Aussage des Vertreters der belangten Behörde stützte sich der Zwangsakt ausdrücklich auf den rechtskräftigen Bescheid, die Zurkenntnisbringung der Androhung der Zwangsmaßnahme in einer Niederschrift sowie die eingeholte Rechtsauskunft.

4.6. Diese Feststellungen stützen sich auf die Zeugenaussagen, welche sämtliche glaubwürdig erschienen. Insbesondere herrschte Einklang hinsichtlich des Ablaufes der Zwangsmaßnahme. Hinsichtlich der Qualifizierung der Gegenstände konnte wohl von der Beschreibung der als Zeugen und daher unter Wahrheitspflicht vernommenen Behördenorgane ausgegangen und diesen Glauben geschenkt werden. Insbesondere da sie sich auch auf Vorverfahren bzw. Begutachtungen durch technische Amtssachverständige stützen. Im übrigen konnte ein ungeordneter Eindruck auf dem Grundstück selbst durch den Zeugen W K nicht widerlegt werden, insbesondere da er selbst ein Ordnungsbedürfnis zugestand.

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat für das Land Oberösterreich erwogen:

5.1. Gemäß Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsund Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein.

Durch das zwangsweise Betreten des Grundstückes und Entfernen von Gegenständen durch die belangte Behörde ohne unmittelbar vorausgegangenes Verfahren stellt einen Akt einer unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Zwangsgewalt dar.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.

5.2. Zur Abfalleigenschaft: Gemäß § 2 Abs.1 des O.ö.AWG 1990, LGBL.Nr. 28/1991, sind Abfälle im Sinn dieses Landesgesetzes bewegliche Sachen, 1. deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat, oder 2. deren geordnete Sammlung und Abfuhr (Erfassung) sowie Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 8) geboten ist.

Die geordnete Sammlung und Abfuhr (Erfassung) sowie Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann geboten sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

Als Abfälle im Sinne des Abs.1 gelten Hausabfälle, sperrige Abfälle, sonstige Abfälle und Kompostierabfälle (§ 2 Abs.4 leg.cit.).

Die Absätze 5, 6, 7 und 8 des § 2 O.ö.AWG geben dann Legaldefinitionen für Hausabfälle, sperrige Abfälle, sonstige Abfälle und Kompostierabfälle.

Im Sinn dieser Gesetzesstellen sind daher die im eingangs zitierten Bescheid unter Punkt 3. lit.a bis d angeführten Abfälle als Abfälle im Sinn des O.ö.AWG anzusehen. Hinsichtlich dieser Abfälle ist daher jedenfalls dieses Landesgesetz anwendbar.

Was jedoch im zitierten Bescheid unter Punkt 1. genannte Motor- und Getriebeteile, aus denen offensichtlich Öl ausfließt, anlangt, so handelt es sich dabei um nicht dem O.ö.AWG unterliegende Abfälle, da gemäß § 2 Abs.7 Z7 O.ö.AWG nur von Akkumulatoren, Batterien, Altölen, Kraftstoffen und anderen gefährlichen Bestandteilen befreite Wracks oder Teile von Kraftfahrzeugen, Maschinen und Geräten erfaßt sind. Solche Abfälle fallen in die Abfallwirtschaftskompetenz des Bundes, wobei bereits § 1 Abs.3 O.ö.AWG eine deutliche Zuständigkeitsabgrenzung zugunsten des Bundes trifft. Hinsichtlich solcher Gegenstände und Geräte, wie zB auch alte Kühl- und Gefrierschränke, ist daher das O.ö.AWG nicht anwendbar.

Bei den unter Punkt 3. des zitierten Bescheides genannten Abfällen handelt es sich im wesentlichen um sonstige Abfälle bzw. Kompostierabfälle gemäß § 2 Abs.7 und 8 O.ö.AWG.

5.3. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Sammlung und Abfuhr ist wie nachfolgend zu unterscheiden.

5.3.1. Gemäß § 9 Abs.2 O.ö.AWG sind die sonstigen Abfälle und Abfälle im Sinne des § 2 Abs.9 ("Altstoffe") aus Anstalten, Betrieben und sonstigen Arbeitsstellen sowie die sonstigen Abfälle aus Haushalten von demjenigen, bei dem sie anfallen, zu lagern und zu in Betracht kommenden Abfallbehandlungsanlagen abzuführen bzw. direkt einer Verwertung zuzuführen. Ebenso sind die Kompostierabfälle ausgenommen solche zur Gartenkompostgewinnung - von demjenigen, bei dem sie anfallen, zu lagern und abzuführen.

Aus der zitierten gesetzlichen Bestimmung leitet sich also eine unmittelbare Bringschuld des Verursachers (arg. "bei dem sie anfallen") insofern ab, als er schon die gesetzliche Verpflichtung hat, diese Abfälle abzuführen.

Es ergibt sich daher für den Grundstückseigentümer hinsichtlich der bei ihm anfallenden sonstigen Abfälle eine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung zum Wegbringen der Abfälle, sodaß es eines weiteren behördlichen Auftrages, wie zB nach § 15 Abs.1 leg.cit., nicht bedarf.

Vielmehr setzt § 15 Abs.1 voraus, daß Grundstückseigentümer und Verursacher nicht ident sind. Es kommt daher in diesem Punkte der Beschwerde Berechtigung zu, daß daher auch nicht ein weiteres Vorgehen der Gemeinde nach § 15 Abs.2 leg.cit. zur Anwendung gelangt.

5.3.2. Hinsichtlich jener Abfälle, die sich in der "Baugrube" befanden und im Eigentum nicht des Beschwerdeführers selbst, sondern seines Vaters Walter Kienbauer sen. standen, kommt nunmehr die gesetzliche Regelung über die unbefugte Lagerung und Ablagerung zum Tragen. Dabei ist nach dem oben festgestellten Sachverhalt davon auszugehen, daß die Grundstückseigentümer, also auch der Beschwerdeführer, der Ablagerung von Abfällen durch den Vater Walter Kienbauer sen. zugestimmt bzw. dies offenkundig geduldet haben.

Gemäß § 15 Abs.1 2.Satz O.ö.AWG ist, wenn der Grundeigentümer einer gegen die allgemeine Regel des § 7 verstoßenden Lagerung oder Ablagerung von Abfällen zugestimmt oder diese offenkundig geduldet hat, ihm oder dem Verursacher die Abfuhr dieser Abfälle aufzutragen. Ein solcher Auftrag wurde gemäß § 42 Abs.3 O.ö.AWG mit dem eingangs zitierten Bescheid des Bürgermeisters sowohl den Grundstückseigentümern als auch dem Verursacher W K erteilt. Dieser Auftrag hat zur Folge, daß der in dem Bescheid Verpflichtete für die Abfuhr selbst zu sorgen und deren Kosten auch selbst zu tragen hat (Bringschuld).

Nur für den Fall, daß der Verpflichtete einem solchen Auftrag binnen angemessener, sechs Wochen nicht übersteigender Frist, nicht nachkommt, so hat die Gemeinde gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten für die Abfuhr dieser Abfälle zu sorgen (§ 15 Abs.2 leg.cit.).

Gemäß dieser Bestimmung geht daher die Verpflichtung zur Abfuhr, nicht jedoch die Kostentragungspflicht, auf die jeweilige Gemeinde über. Daraus folgt, daß aus der für den Verpflichteten geltenden ursprünglichen Bringschuld nunmehr eine Schuld zur Bereithaltung bzw. Bereitstellung wird und der Gemeinde eine Holschuld auferlegt wird.

Gemäß § 15 Abs.2 im Zusammenhalt mit der Legaldefinition des § 2 Abs.3 Z1 O.ö.AWG ergibt sich für die Gemeinde die Pflicht, für die Organisation und Durchführung der Abfuhr Sorge zu tragen, wobei unter Abfuhr das Abholen oder Entgegennehmen von Abfällen zu verstehen ist. Keinesfalls ist aber ein Erzwingen der Abfuhr bzw. der Bereithaltung durch eigenmächtiges Einschreiten davon miterfaßt.

Es kann daher ein über das Abholen der bereitgehaltenen Abfälle hinausgehendes Einschreiten der Gemeinde nicht durch § 15 Abs.2 O.ö.AWG abgedeckt werden. Ein zwangsweises Einschreiten zur Erzwingung der Bereithaltung ist daher im § 15 Abs.2 leg.cit. nicht vorgesehen.

Was jedoch die Abfuhr selbst, also das Wegbringen der Abfälle, anlangt, so ist ein weiterer verwaltungsrechtlicher Schritt - zufolge der gesetzlichen Verpflichtung - nicht mehr erforderlich.

Es verkannte daher die belangte Behörde die Rechtslage nach § 15 Abs.2 O.ö.AWG in dem Maße, als eine über das Abholen von bereitgestellten Abfällen hinausgehende Ermächtigung nach dieser Gesetzesstelle nicht vorliegt.

5.4. Nur bei Gefahr im Verzug hat die Behörde die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen (§ 42 Abs.3 2.Satz O.ö.AWG). Nach dieser Gesetzesstelle ist die Behörde ermächtigt und verpflichtet, unmittelbar, dh ohne vorausgehendes Verfahren, die erforderlichen Maßnahmen, nämlich die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, anzuordnen und nötigenfalls unverzüglich selbst durchzuführen bzw. durchführen zu lassen.

Eine Gefahr im Verzug wurde aber weder von der Behörde jemals im Zuge dieses Beschwerdeverfahrens bzw. in ihrem Verfahren ins Treffen geführt noch kam eine solche hervor. Vielmehr hat die belangte Behörde durch die Erlassung des eingangs zitierten Bescheides selbst erwiesen, daß eine Gefahr im Verzug, welche ein unmittelbares Handeln der Behörde rechtfertigen würde, nicht vorliegt, sondern durch ein ordentliches Verfahren, welches mit einem Beseitigungsauftrag endete, das Auslangen gefunden werden kann.

Schon der zitierte Gesetzeswortlaut läßt aber erkennen, daß hiebei der belangten Behörde keine echte Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Vorgangsweise zukommt. Der Wortlaut der Bestimmung macht deutlich, daß als Regelfall die Bescheiderlassung vorgesehen ist, und daß eine klargestufte Reihenfolge der zulässigen Mittel normiert ist. Es ist daher in der Regel mittels Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde bzw. der Gemeinde die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes vorzuschreiben, welcher Bescheid sodann im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchzusetzen ist. Eine Anordnung in Form eines Aktes verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ist nur unter der zusätzlichen Voraussetzung zulässig, daß Gefahr im Verzug ist.

Zur Gefahr im Verzug ist jedoch zu bemerken, daß eine solche über jene des Mandatsbescheides nach § 57 AVG hinausgehende gefordert ist, nämlich in dem Maße, daß selbst die Erlassung eines Mandatsbescheides (ohne Ermittlungsverfahren und ohne aufschiebendes Rechtsmittel) nicht geeignet ist, die drohende Gefahr abzuwenden.

Da aber eine solche weder behauptet wurde noch vorlag, war das Vorgehen mit verwaltungsbehördlicher verfahrensfreier Zwangsgewalt nicht rechtmäßig.

Es war daher auch in diesem Punkt die Beschwerde begründet. Der Beschwerdeführer wurde durch die angefochtene Maßnahme des Bürgermeisters der Stadt Wels in seinen Rechten verletzt. Der angefochtene Verwaltungsakt war daher für rechtswidrig zu erklären.

6. Gemäß § 79a AVG steht der Partei, die in Fällen einer Beschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegt, der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu.

Die belangte Behörde hat keinen Kostenantrag gestellt.

Hinsichtlich der Höhe der zuzusprechenden Kosten erkannte der Verwaltungsgerichtshof am 23.9.1991, Zl.91/19/0162/7, in Anlehnung an die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, daß als ähnlichste Kostenregelung jene über den Kostenersatz vor dem Verwaltungsgerichtshof (§§ 47 bis 60 VwGG bzw. die darauf gegründete Pauschalierungsverordnung) heranzuziehen seien, wobei sich im Grunde der verschiedenen Mühewaltung die Pauschalsätze im ein Drittel verkürzen.

Es war daher dem Beschwerdeführer ein Schriftsatzaufwand von 7.413 S und ein Verhandlungsaufwand von 9.277 S, also insgesamt 16.690 S, zuzuerkennen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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