Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520230/3/Fra/Ka

Linz, 02.05.2003

 

 

 VwSen-520230/3/Fra/Ka Linz, am 2. Mai 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn EJ.B, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. JP, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 18. Februar 2003, VerkR21-54-2002/BR, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird mit der Maßgabe bestätigt, dass hinsichtlich des in Verbindung mit dieser Entscheidung beim Verfassungsgerichtshof gestellten Antrages auf Erstreckung der Anlassfallwirkung für dieses Verfahren - falls die Gesetzesprüfungsanträge hinsichtlich der hier zu Anwendung gelangenden Bestimmungen des FSG in Verbindung mit einer allenfalls in diesem Zusammenhang ergehenden Feststellung einer Verfassungswidrigkeit - mit einer Wiederaufnahme dieses Verfahrens unter Berücksichtigung der bereinigten Rechtslage ein neuer Berufungsbescheid erlassen wird.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 7 Abs.1 Z1, § 7 Abs.3 Z1, § 24 Abs.1 Z1, § 26 Abs.1 erster Satz und § 32 Abs.1 Z1 FSG, BGBl. Nr. I/120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I/65/2002 und BGBl. Nr. I/81/2002, im Folgendem: FSG; § 66 Abs.4 AVG iVm § 67a Abs.1 AVG.
 
 

Entscheidungsgründe:
 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) die von der genannten Behörde am 9. Juni 1972 unter der Zl. VerkR0301-34.987, ausgestellte Lenkberechtigung für die Klassen A und B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von einem Monat, gerechnet vom 25. Jänner 2003, bis einschließlich 25. Februar 2003 entzogen. Weiters wurde dem Bw wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen bis einschließlich 25. Februar 2003 verboten. Einer allfällig eingebrachten Berufung wurde die aufschiebende Wirkung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzuge ausgeschlossen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung, über die der Oö. Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) wie folgt erwogen hat:

2.1. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl.Nr. 566/1991, zu beurteilen ist.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 26 Abs.1 erster Satz FSG ist, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begangen wird, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs.3 Z1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG hat die Behörde unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit Personen, die nicht iSd § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

2.2. Die belangte Behörde ging sachverhaltsmäßig davon aus, dass der Bw am 25. Jänner 2003 um 21.45 Uhr den PKW in Mauerkirchen auf der Badstraße in Richtung "Unterer Markt" bis nächst dem Anwesen Badstraße Nr. 12 gelenkt und sich hiebei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholgehalt der Atemluft von 0,46 mg/l) befunden hat. Die bei dieser Fahrt begangene Verwaltungsübertretung ist unbestritten. Der Bw hat durch die oa Verwaltungsübertretung eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z1 FSG verwirklicht, woraus resultiert, dass ihm gemäß § 26 Abs.1 erster Satz FSG die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen ist. Auch das Verbot des Lenkens von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen steht mit dem Gesetz im Einklang. Ebenso der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer eingebrachten Berufung.

 

3. Der Bw bestreitet auch nicht, dass der angefochtene Bescheid mit den in Geltung stehenden einfachgesetzlichen Normen im Einklang ist. Der Bw ist jedoch der Auffassung, dass ihn die ausgesprochene Maßnahme in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und wegen Anwendung verfassungswidriger gesetzlicher Normen verletze. Er bringt ua. vor, dass § 26 Abs.1 erster Satz FSG auf das "Begehen" einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1b StVO 1960 abstellt, nicht auf die Bestrafung wegen dieses Deliktes, schon gar nicht auf eine rechtskräftige Bestrafung. Diese Gesetzeslage nehme ihm jedoch die Möglichkeit, nachzuweisen, dass er trotz Begehens dieser Verwaltungsübertretung nicht iSd § 7 Abs.1 FSG verkehrsunzuverlässig geworden sei und daher auch eine Erteilungsvoraussetzung (gegenständlich die Verkehrszuverlässigkeit iSd § 24 Abs.1 iVm § 3 Abs.1 Z2 FSG) nicht fehle.

§ 24 Abs.1 Z1 FSG enthält zwei Voraussetzungen, welche kumulativ vorliegen müssen, um einen Lenkberechtigungsentzug zu rechtfertigen, nämlich einerseits das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung, andererseits dass die Erfordernisse der Verkehrssicherheit diese Maßnahme notwendig machen.

Nicht nur er als Betroffener in diesem Verfahren sei gehindert, nachzuweisen, dass die Entzugsvoraussetzungen nicht vorliegen, sondern gelte dies auch für die zur Entscheidung berufenen Kraftfahrbehörden, welche im Fall der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1b StVO die Lenkberechtigung einem Ersttäter für die Dauer von einem Monat entziehen müssen, ohne dass das Vorliegen der beiden Entzugsvoraussetzungen nach § 24 Abs.1 Z1 FSG geprüft werden dürfen.

Damit werden nach Auffassung des Bw die Bestimmungen des § 7 und 24 Abs.1 FSG zur Gänze entbehrlich, was er nicht als sachgerecht erkennen kann, dies auch insbesondere dann, wenn er die Entzugsbestimmungen betrachtet, welche im Falle des Vorliegens einer Wiederholungstat zur Anwendung kommen.

Nach § 25 Abs.3 FSG ist nämlich ‚bei einer Entziehung' wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Das heiße, dass die Kraftfahrbehörden in diesem Fall vorerst das Vorliegen der beiden Entzugsvoraussetzungen nach § 24 Abs.1 Z1 FSG prüfen, dann eine Zukunftsprognose iSd § 7 Abs.1 FSG erstellen, aufgrund welcher überhaupt erst gesagt werden könne, ob der Proband in Hinkunft die Verkehrssicherheit gefährden wird, was schließlich Sinn und Zweck des Lenkberechtigungsentzuges ist, also der Schutz der Verkehrssicherheit.

Daraufhin werde in einem solchen Fall diese bestimmte Tatsache einer Wertung nach § 7 Abs.4 FSG unterzogen und dann die Entzugsdauer bemessen.

Dies bedeute, dass der Wiederholungstäter im Lenkberechtigungsentzugsverfahren den Nachweis erbringen kann, dass einerseits die Entzugsvoraussetzungen gar nicht vorliegen, andererseits er aufgrund der Umstände des Einzelfalles durch eine derartige Verwaltungsübertretung nicht verkehrsunzuverlässig geworden ist und somit der Entzug seiner Lenkberechtigung nicht erfolgen dürfe.

Einen Wiederholungstäter gegenüber einem Ersttäter derart besser zu stellen, sei keiner sachlichen Begründung zugänglich und somit gleichheitswidrig.

In einigen Parallelfällen hat der Verwaltungsgerichtshof nach Art.140 Abs.1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, die Wortfolge ‚bis 1b' in § 7 Abs.3 Z1 sowie § 26 Abs.1 in eventu § 26 Abs.1 1. Satz FSG als verfassungswidrig aufzuheben.

Dies etwa im Beschluss vom 19.07.2002, A 2002/28 im Verfahren 2001/11/0178 betreffend die Beschwerde des Johann L., Mauerkirchen, sowie im Beschluss vom 08.08.2002, A 2002/31 im Verfahren 2001/11/0363 im Fall NL., betreffend jeweils einen vierwöchigen Lenkberechtigungsentzug.

Zusammengefasst stellt der Bw fest, dass der Gesetzgeber bei der Normierung des § 26 Abs.1 (1.Satz) FSG das System des österreichischen Lenkberechtigungsentzuges verlassen hat.

Seiner Rechtsansicht nach hätte sich der Gesetzgeber einer Diktion vergleichbar mit allen Absätzen des § 25 und des § 24 Abs.3 1. Satz FSG bedienen müssen, wonach ‚bei der Entziehung' wegen einer Übertretung nach § 99 Abs.1b StVO die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen ist, sofern man überhaupt fixe Entziehungszeiten als sachlich gerechtfertigt ansieht, zumal es einen gravierenden Unterschied macht, ob jemand mit 0,40 oder mit 0,59 mg/l ein Fahrzeug lenkt.

Seines Erachtens sei damit der gesamte § 26 Abs.1 (1. Satz) FSG verfassungswidrig, diese Bestimmung stehe aber ohnehin derzeit vor dem Verfassungsgericht auf dem Prüfstand.

 

4. Um in diesem Fall für den Bw den sich aus einer allfälligen Aufhebung von hier anzuwendenden Rechtsvorschriften ergebenden Rechtsvorteil zu sichern, wurde - in Vermeidung weiterer aufwendiger inhaltsgleicher Antragstellungen an den Verfassungsgerichtshof - der Antrag auf Einbeziehung dieses Falles in eine allfällige Anlassfallwirkung gestellt. Im Falle der Aufhebung einer hier anzuwendenden Rechtsnorm durch den Verfassungsgerichtshof wird durch eine Wiederaufnahme des Verfahrens der dann geltenden Rechtslage Rechnung zu tragen sein. Aufgrund der nunmehr anzuwendenden Rechtslage war jedoch - wie oben dargelegt - der Berufung der Erfolg zu versagen.

 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Dr. F r a g n e r

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