Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521170/5/Zo/Ps

Linz, 23.01.2006

 

 

 

VwSen-521170/5/Zo/Ps Linz, am 23. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn J F, geb. , V, vom 24.11.2005, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 27.10.2005, Zl. VerkR20-2875-2000, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 24 Abs.1 und 7 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Erstinstanz hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von 12 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides (das war der 15.11.2005), entzogen. Der Berufungswerber wurde verpflichtet, den Führerschein unverzüglich beim zuständigen Gendarmerieposten abzuliefern und einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Dieser Bescheid wurde damit begründet, dass der Berufungswerber auf zwei Festplatten und auf zwei CD-Roms ca. 15.000 Dateien mit kinderpornografischen Inhalten gespeichert habe und deshalb eine Übertretung nach § 207a StGB begangen habe.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass es von seinem Wohnsitz aus keine geeignete öffentliche Verkehrsverbindung zu seiner Arbeitsstelle nach B gibt. Auch die Therapie bei Herrn Dr. E in L wird durch die Entziehung der Lenkberechtigung praktisch unmöglich gemacht.

 

Durch den Führerscheinentzug würde ihm eine der wichtigsten Grundlagen zur Eingliederung in unsere Gesellschaft entzogen. Der dadurch angerichtete Schaden sei nicht zu rechtfertigen. Der Berufungswerber bemühe sich redlich, sein Leben zu meistern.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie in die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Linz vom 04.01.2006, Zl. 7 St 1/05 h. Eine Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und ist auch nicht erforderlich.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber hat sich in der Zeit vom 26.05.2001 bis 05.06.2005 in B und V eine Vielzahl pornografischer Darstellungen unmündiger Personen verschafft und diese bis zu ihrer Sicherstellung am 10.06.2005 besessen, indem er diese Darstellungen, nämlich ca. 13.900 Bilder, ca. 490 Videos und ca. 7.000 Temporary Internet-Files aus dem Internet nach Bezahlung mit seiner Kontokarte bezog und auf zwei Festplatten herunterlud und teils auf diesen, teils auf zwei CD-Roms speicherte. Er hat damit die Vergehen pornografischer Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs.3 StGB begangen.

 

Der Berufungswerber wurde wegen dieser Vorfälle vom Landespolizeikommando Oberösterreich am 15.09.2005 angezeigt und war bereits bei der Einvernahme durch die Polizei im Wesentlichen geständig.

 

Bereits mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 12.03.1996 wurde der Berufungswerber wegen zahlreicher Fälle der Unzucht mit Unmündigen gemäß § 207 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, wobei der Vollzug der Freiheitsstrafe zur Gänze bedingt nachgesehen wurde. Wegen dieser Vorfälle wurde ihm die Lenkberechtigung für die Dauer von 18 Monaten entzogen.

 

Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 27.04.1998, Zl. 25VR2266/97, wurde der Berufungswerber zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, davon acht Monate unbedingt, wiederum wegen des Verbrechens der Unzucht mit Minderjährigen, verurteilt. Die diesem Urteil zugrunde liegenden Vorfälle ereigneten sich im Wesentlichen im Jahr 1997. Damals wurde ihm die Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Jahren rechtskräftig entzogen.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 hat gemäß § 7 Abs.3 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand:

......

Z8 eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung gemäß den §§ 201 bis 207 oder 217 StGB begangen hat;

Z9 eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat;

Z10 eine strafbare Handlung gemäß den §§ 102, 131, 142 und 143 StGB begangen hat;

......

 

Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind gemäß § 7 Abs.4 FSG deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

5.2. Die vom Berufungswerber begangen Strafhandlungen sind gemäß § 207a Abs.3 2. Satz StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen. Bei den in § 7 Abs.3 FSG ausdrücklich genannten strafbaren Handlungen gegen die Sittlichkeit, beträgt der Strafrahmen jeweils zumindest fünf Jahre. Diese unterschiedliche Strafdrohung spricht dafür, dass die vom Berufungswerber begangenen Handlungen den in § 7 Abs.3 FSG ausdrücklich genannten strafbaren Handlungen nicht gleichwertig ist.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können auch gerichtlich strafbare Handlungen, welche in § 7 Abs.3 FSG nicht ausdrücklich genannt sind, eine Verkehrsunzuverlässigkeit bewirken. Dabei handelte es sich aber durchwegs um strafbare Handlungen, welche im StGB als Verbrechen qualifiziert waren. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Es hat der Gesetzgeber durch die Strafdrohung von maximal zwei Jahren zum Ausdruck gebracht, dass die Verwerflichkeit und der Unrechtsgehalt der vom Berufungswerber begangenen strafbaren Handlungen deutlich hinter den sonstigen Sittlichkeitsdelikten zurücksteht. Wenn man die lange Zeitdauer und die große Zahl an pornografischen Darstellungen berücksichtigt, die sich der Berufungswerber verschaffen hat, so kann man im konkreten Fall zu der Beurteilung kommen, dass aus diesen Gründen das Verhalten des Berufungswerbers trotzdem den in § 7 Abs.3 ausdrücklich aufgezählten gerichtlich strafbaren Handlungen gleichwertig ist. Selbst wenn man dies bejaht, muss man das Verhalten des Berufungswerbers noch im Sinn des § 7 Abs. 4 FSG werten.

 

Bei dieser Wertung ist zu berücksichtigen, dass die strafbaren Handlungen am 10.06.2005, also ca. fünf Monate vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides, beendet wurden. Es dürfen zwar die vorherigen Verurteilungen des Berufungswerbers in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dennoch unterscheidet sich das dem Berufungswerber nunmehr vorgeworfene Verhalten deutlich von diesen früheren Straftaten. Nunmehr wurden keine Personen unmittelbar geschädigt und dem strafbaren Verhalten des Berufungswerbers liegt kein Aggressionspotenzial zugrunde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen ausgesprochen, dass die Begehung von Sittlichkeitsdelikten durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges typischerweise erleichtert wird. Aus diesem Grund hat er auch in Fällen, in denen ein Sittlichkeitsdelikt ohne Zusammenhang mit einem Kraftfahrzeug begangen wurde, Führerscheinentzüge bestätigt. Auf den vorliegenden Fall kann diese Argumentation aber nicht angewendet werden, weil das Herunterladen von pornografischen Darstellungen aus dem Internet in keinerlei Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges steht und durch den Besitz der Lenkberechtigung in keiner Weise erleichtert wird.

 

Unter Berücksichtigung dieser Umstände führt die Wertung des dem Berufungswerber vorgeworfenen Verhaltens nicht zu der Annahme, dass der Berufungswerber wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, in Zukunft schwere strafbare Handlungen begehen wird (§ 7 Abs.1 Z2 FSG). Nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass das Verhalten des Berufungswerbers eine Verkehrszuverlässigkeit in der Dauer von mehr als acht Monaten, gerechnet ab Beendigung der strafbaren Handlungen, bewirkt hätte. Nur unter dieser Voraussetzung wäre aber am 15.11.2005 noch eine Entziehung der Lenkberechtigung gerechtfertigt gewesen.

 

Es war damit der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Z ö b l

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