Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521213/4/Br/Sta

Linz, 25.01.2006

 

 

VwSen-521213/4/Br/Sta Linz, am 25. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn G K, geb. , M, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 15.9.2005, VerkR21-327-2005/LL, wegen Entzuges der Lenkberechtigung der Klasse B, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben; der ausgesprochene Entzug wird behoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 67a AVG; §§ 24 Abs. 4 iVm 8 FSG, BGBl. I Nr.120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 15/2005.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem o.a. Bescheid vom 15.9.2005, zugestellt am 22.9.2005, wurde dem Berufungswerber "bis zur Beibringung eines vom Amtsarzt erstellten Gutachtens gemäß § 8 FSG" die Lenkberechtigung für die Klassen A u. B entzogen.

Diesem Bescheid vorangegangen war ein "Aufforderungsbescheid" vom 23.5.2005. Mit diesem wurde angeordnet sich binnen drei Monaten einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Dieser Bescheid, welchem aus nicht näher nachvollziehbaren Gründen auch die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, erwuchs in Rechtskraft.

 

 

1.1. Wie bereits in dem in Rechtskraft erwachsenen Anordnungsbescheid vom
23. Mai 2005, wurde auch im angefochtenen Bescheid der Entzug der Lenkberechtigung "bis zur Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens gemäß § 8 FSG (gerechnet ab Bescheidzustellung), auf § 24 Abs.4 iVm § 8 FSG gestützt. Im hier angefochtenen Bescheid wurde der Berufung eine aufschiebende Wirkung nicht aberkannt.

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht am 30.9.2005 per FAX um 16.37 Uhr bei der Behörde erster Instanz eingebrachten Berufung.

Darin bemängelt er eine im Rahmen einer amtsärztlichen Untersuchung vom 12.8.2005 getroffene Anordnung der Beibringung eines Befundes eines Augenarztes welchen er erst nach dem 3.10.2005 beischaffen könne.

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 24.1.2006 vorgelegt. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.2 AVG).

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt und die daran angeschlossenen Vorakte. Ergänzend wurde noch der Status des Verwaltungsstrafverfahrens im Wege der Behörde erster Instanz erhoben und eine nochmalige Anfrage im Führerscheinregister durchgeführt. Ebenfalls wurde mit dem Berufungswerber, betreffend den Stand des amtsärztlichen Verfahrens Rücksprache gehalten.

 

 

4. Sachverhaltslage:

Das hier verfahrensauslösende Ereignis war ein Sturz des Berufungswerbers in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand. Offenbar weil der Berufungswerber dabei ein Fahrrad schob, kam es vorerst zur Annahme dieses gelenkt zu haben und somit zu einem Verfahren bei der Behörde erster Instanz, nach § 99 Abs.1 lit.a iVm
§ 5 Abs.1 StVO (VerkR96-12186/05). Dieses wurde zwischenzeitig nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Aus dem Führerscheinregister ergeben sich Entzüge der Lenkberechtigung per 15.4.1996 in der Dauer von vier Wochen und mit 19.3.1999 in der Dauer von drei Monaten.

Diese Berufung gelangte offenbar aus einem Versehen nicht sogleich zur Vorlage. Wie in der Berufungsdarstellung ausgeführt, hat der Berufungswerber in Befolgung der Anordnung vom 23. Mai 2005 im August den Amtsarzt aufgesucht. Dies wurde auch amtsärztlich in dem "vorläufigen amtsärztlichen Gutachten" vom 23.12.2005 dokumentiert.

Darin wird offenbar in verfehlter Annahme von einer Alkofahrt (mit dem Fahrrad), als den Rahmen der Begutachtung vorgebendes Ereignis ausgegangen. Das Gutachten konnte jedoch mit dem Hinweis auf die seitens des Amtsarztes für erforderlich erachtete verkehrspsychologische Stellungnahme unter Hinweis auf einen erhöhten CDT-Wertes und daraus geschlossenen wiederholten Alkoholmissbrauches, nicht abgeschlossen werden.

Aus dem Akt ist nicht ersichtlich, dass der Berufungswerber in der Folge die Mitwirkung an der Untersuchung verweigert hätte.

Wie vom Berufungswerber in Erfahrung gebracht werden konnte, hat er zwischenzeitig auch die verkehrspsychologische Stellungnahme beigebracht.

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Für die Erlassung eines Bescheides nach § 24 Abs. 4 letzter Satz FSG 1997 ist erforderlich, dass der Besitzer einer Lenkberechtigung einer an ihn rechtskräftig ergangenen Aufforderung bis zur Erlassung des Entziehungsbescheides erster Instanz keine Folge geleistet hat.

Es muss daher auf sich bewenden bleiben, dass hier - mangels Lenkeigenschaft - schon der Aufforderungsbescheid im § 24 Abs.4 FSG keine Deckung gefunden hätte. Die Rechtmäßigkeit des rechtskräftigen Aufforderungsbescheides kann aber im Entziehungsverfahren nicht mehr überprüft werden (VwGH 20.4.2004, 2004/11/0015 mit Hinweis auf VwGH 25.2.2003, 2001/11/0179).

Der Berufungswerber ist aber auch mit dem Bescheidausspruch "bis zur Beibringung des amtsärztlichen Gutachtens" in seinen Rechten verletzt, weil er doch zum Zeitpunkt dieses Bescheidspruches sich der amtsärztlichen Untersuchung - die im (materiell rechtswidrigen) Aufforderungsbescheid aufgetragene Verpflichtung - unterzogen hatte, diese somit erfüllte und der Zeitpunkt der Erstattung des Gutachtens durch den Amtsarzt nicht von ihm beeinflusst werden konnte (VwGH 1.6.2004, 2004/11/0015).

Es ist etwa nicht ersichtlich, dass er allenfalls in weiterer Folge - der ebenfalls ohne ausreichender rechtlichen Grundlage - angeordneten verkehrspsychologischen Stellungnahme oder an allfälligen Befundvorlagen nicht ausreichend mitgewirkt hätte. Das Gegenteil scheint vielmehr zutreffend.

Bei dieser Art des Entzuges handelt es sich um eine Entziehung sui generis (sogenannte Formalentziehung). Mit dieser Reglung wurde für das Verfahren betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung eine lex specialis zu § 19 AVG geschaffen (VwGH 19.5.1998, 98/11/0116; VwGH 27.11.2001, 2001/11/0307, zur Vorgängerbestimmung des § 75 Abs.2 KFG 1967; VwGH 26.2. 2002, 2000/11/0019, zu § 26 Abs. 5 FSG 1997).

Der Berufungswerber ist fristgerecht am 12.8.2005 der amtsärztlichen Untersuchung nachgekommen. Der per 15. September 2005 ausgesprochene Entzug kann daher nur auf ein behördeninternes - der amtsärztlichen Abteilung - Kommunikationsdefizit zurückgeführt werden.

Mit dieser Entscheidung wird jedoch dem anhängigen Begutachtungsverfahren nicht vorgegriffen.

 

5.2. Aus grundsätzlichen Erwägungen, insbesondere in Vermeidung, dass Berufungsverfahren ihres rechtlichen Zwecks entledigt werden, sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat zur nachfolgenden Bemerkung veranlasst:

Mangels Lenkereigenschaft entbehrte hier der Aufforderungsbescheid einer rechtlichen Grundlage. Wegen der Rechtskraft des diesbezüglichen Bescheides erfolgte aber die Zuführung zur amtsärztlichen Untersuchung "formal" rechtskonform. Dennoch blieb die Frage offen, ob die Untersuchung im Umfang auf der Grundlage einer Alkofahrt basierend überhaupt fortgesetzt werden hätte dürfen.

Ob die laut Zwischengutachten vom 10.8.2005 festgestellten Laborparameter mit einem erhöhten CDT-Wert "begründete Bedenken" an der gesundheitlichen Eignung annehmen lassen konnten kann zumindest als fraglich dahingestellt bleiben (VwGH 13.8.2003, 2002/11/0103).

Diesbezüglich müsste wohl eine Alkoholkrankheit oder Abhängigkeit diagnostiziert worden sein, welche einen sachlichen Grund zur Annahme rechtfertigen hätte können, der Berufungswerber könnte Fahren und Trinken in Zukunft nicht ausreichend trennen.

Mit diesen rechtlichen Überlegungen sollte vermieden werden, dass der nur wegen eines offenbar ohne ausreichende Rechtsgrundlage (formal) einer amtsärztlichen Untersuchung zugeführte Berufungswerber, einem (nur) für einen Alkolenker zwingend vorgesehenen kostenaufwändigen "Begutachtungsregime" unterzogen wird. Da eine bloße Alkoholisierung ohne Lenkeigenschaft wohl kaum als "verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten" (§ 8 Abs.2 FSG) qualifizierbar ist und hier auch die Anordnungsmaxime des § 24 Abs.3 FSG und § 14 Abs.2 FSG-GV nicht heranzuziehen sind, scheint aus h. Sicht jedenfalls die Anordnung einer Verkehrspsychologische Stellungnahme bedenklich, da eine solche für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung sachlich nicht wirklich begründbar scheint.

Durch die verspätete Berufungsvorlage blieb letztlich auch der gesetzlich intendierte materielle Zweck des Berufungsverfahrens - nämlich Recht und Gerechtigkeit widerfahren zu lassen - offenbar weitgehend frustriert und auf von zeitlich überholte Feststellungen beschränkt.

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

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