Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530047/3/Kon/Jo

Linz, 04.12.2003

 

 VwSen-530047/3/Kon/Jo Linz, am 4. Dezember 2003

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung der N GmbH & Co KG, L, vertreten laut Vollmacht durch Dr. A W, Unternehmensberater, M, gegen die Auflagenpunkte 4.3. und 4.4. im Spruchabschnitt II des Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz als Gewerbebehörde vom 16.9.2003, GZ 501/G011051c, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der eingangs zitierte Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz hinsichtlich seiner unter Spruchabschnitt II vorgeschriebenen Auflagenpunkte: 4.3. und 4.4. behoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 Z1, 67h Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG und § 359a GewO 1994 idF BGBl I Nr. 65/2002.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Im angefochtenen Bescheid werden der N GmbH & Co KG (im Folgenden: Bw) unter Spruchabschnitt II gemäß § 79 GewO 1994 folgendende zusätzliche Auflagenpunkte vorgeschrieben:

 

"4.3. Die ständig erreichbare Stelle ist insbesonders für die Erfüllung der Meldepflicht nach 4.4. verantwortlich.

 

4.4. Meldepflichtige Ereignisse sind umwelt- und/oder sicherheitsrelevante Vorfälle, Störungen, Störfall, Notlagen, Gefahrenereignisse und dgl., die deutlich von bestimmungsgemäßen Betrieb abweichen und charakterisiert sind durch

  1. Austritt oder Ausbreitung von Gasen, Rauchgasen, Stäuben,
  2. Flüssigkeiten Aerosolen (konkrete Emissionsquelle wie z.B. Schornsteine, Sicherheitsventile oder Lecks oder diffuse Emissionsquellen),

  3. übermäßige und/oder langandauernde Lärmemissionen,
  4. Verpuffung, Zerbersten Explosion Trümmerwurf etc. oder
  5. Austritt von wassergefährdender Stoffen auf unbefestigtem

Grund in den Kühlwasserkanal oder von 5 l der WGK 3, 50 l der

WGK 2 und 200 l der WGK 1 in den Biokanal."

 

Zur Begründung der Vorschreibung dieser zusätzlichen Auflagenpunkte führt die belangte Behörde aus, dass um sicher zu stellen, dass relevante Ereignisse unverzüglich in einer auch für die Behörde verständlichen standardisierten Form gemeldet würden, es erforderlich sei, die Art und Weise der Meldung vorzugeben. Es würden dabei nicht nur sicherheitstechnisch relevante (schwere Unfälle) sondern auch umweltrelevante Ereignisse erfasst, da aufgrund der Nähe des Betriebes der Bw zum Stadtgebiet ein überdurchschnittlich großes Informationsbedürfnis der Bevölkerung bei über das Betriebsgelände hinausgehenden bzw. bemerkbaren Ereignissen bestünde. Eine gesetzliche Regelung für die Meldung schwerer Unfälle gäbe es derzeit lediglich bei Betrieben, die dem Abschnitt 8a der GewO 1994 unterlägen.

 

Die Meldung der in Beilage 1 aufgelisteten Ereignisse erfolge bereits derzeit in der vorgesehenen Form aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung zwischen dem Betrieb der Bw und der Behörde. Diese Vereinbarung könne jedoch jederzeit geändert werden und enthalte überdies keine Sanktionen für den Fall des Zuwiderhandelns. Das Informationsbedürfnis der Behörde sei bei einem Betrieb mit einem derartigen Gefährdungspotential nicht vergleichbar mit einem sonstigen Betrieb. Die Möglichkeit zur Beruhigung der verunsicherten Bevölkerung bei über das Betriebsgelände hinaus erkennbaren Ereignissen durch die Behörde sei auch im Interesse der Betreiber.

Die diesbezüglich gesetzten Auflagen seien verhältnismäßig, da der mit ihrer Erfüllung verbundene Aufwand im Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebtem Erfolg stehe. Ein bereits bestehendes System werde für verbindlich erklärt.

 

Ihre Vorschreibung wäre erforderlich gewesen, da die gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der in den Genehmigungs-bescheiden vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt seien. Insbesondere zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn und der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, sei ein rasches und effektives Informationssystem unabdingbar.

 

Gegen die Vorschreibung dieser Auflagen (Punkte 4.3. und 4.4.) im Spruchabschnitt des eingangs zitierten Bescheides hat die Bw rechtzeitig Berufung erhoben und in dieser die ersatzlose Aufhebung der Auflagenpunkte 4.3. und 4.4. des erstinstanzlichen Bescheides beantragt.

Begründend führt sie zu diesem Antrag im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen des § 79 GewO 1994, auf die sich der angefochtene Bescheid stütze, nicht vorlägen.

Richtig sei, dass die mit den angefochtenen Auflagen vorgeschriebenen Meldungen derzeit bereits erfolgten, wobei Grundlage dafür eine zwischen dem Land Oberösterreich, der Landeshauptstadt Linz, der Stadtgemeinde Steyregg und den Unternehmern am C Linz über die Zusammenarbeit bei Schadensereignissen sei. Diese Vereinbarung sei im September 1999 getroffen worden. Die betroffenen Unternehmen am C fühlten sich weiterhin voll an diese Vereinbarung gebunden und erfolgten Meldungen über Störungen bereits seit 1985 auf freiwilliger Basis. Der Landeshauptmann von Oberösterreich habe bereits in seinem Bescheid von 07.06.1994, Ge-441118/3-1994/Re/Str, noch zur damaligen Rechtslage entschieden, dass eine bescheidmäßige Vorschreibung von Meldepflichten über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus nicht durch § 79 GewO 1994 gedeckt sei.

Über die Sinnhaftigkeit eines solchen Meldewesens herrsche jedoch Einigkeit zwischen Industrie und öffentlicher Hand und sei deshalb nach internationalen Beispielen die genannte Vereinbarung abgeschlossen worden.

 

Der Betrieb der Bw unterliege dem Abschnitt 8 a der Gewerbeordnung 1994 und damit auch den dort geregelten Meldepflichten für schwere Unfälle. Schwere Unfälle seien von der Auflage 4.4. des bekämpften Bescheides miterfasst. Eine bescheidmäßige Vorschreibung von sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Pflichten sei jedoch nicht erforderlich. Die Vorschreibung der Art und Weise der Meldung sei durch das Gesetz nicht gedeckt oder auch nicht erforderlich, weil diese bereits seit Jahren gut funktioniere.

 

Nachträgliche Auflagen gemäß § 79 GewO 1994 müssten zur Abwehr einer aus dem weiteren Normalbetrieb der Anlage der resultierenden konkreten Gefährdung oder Belästigung erforderlich sein. Der bekämpfte Bescheid enthalte keinerlei diesbezügliche Feststellungen. Das überdurchschnittlich große Informationsbedürfnis der Bevölkerung und der Behörde erfüllten diesen Tatbestand jedenfalls nicht.

 

Die Unternehmen am C Linz hätten sich jedoch durch den Abstoß der Vereinbarung und die schon seit 1985 verübte Meldepraxis nachhaltig zu einer offenen Informationspolitik gegenüber Bevölkerung, Medien und Behörden bekannt und würden sich auch weiterhin dazu bekennen. Die Schaffung bescheidmäßiger Zwänge in diesem sensiblen und nur schwer zu definierenden Bereich ohne gesetzliche Grundlage könne jedoch nicht akzeptiert werden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe Slg. 15.017A) ist bei der Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen gemäß § 79 Abs. 1 leg.cit. nur auf jene Gefährdung der Interessen des § 74 Abs. 2 leg.cit. Bedacht zu nehmen, die vom konsensmäßigen Betrieb der genehmigten Betriebsanlage ausgehen. Es können sohin nur dann zusätzliche Auflagen gemäß § 79 leg.cit. vorgeschrieben werden, wenn bei weiterem Normalbetrieb der Anlage eine konkrete Gefährdung oder Belästigung des durch § 74 Abs. 2 leg.cit. geschützten Personenkreises unmittelbar zu erwarten oder bereits eingetreten ist. Es muss sohin feststehen, dass auch bei konsensgemäßen Betrieb einer Anlage die gemäß § 74 Abs. 2 leg.cit. wahrzunehmenden Interessen nicht hinreichend geschützt sind.

Dem angefochtenen Bescheid ist nicht zu entnehmen, aufgrund welcher Umstände die Behörde zu einem solchen Ergebnis gelangt ist. Jedenfalls wurden im durchgeführten Verfahren unmittelbar zu erwartende Gefährdungen oder Beeinträchtigungen nicht festgestellt und können die bekämpften Auflagepunkte von ihrem Inhalt her - auch nicht im Kontext mit den unbekämpften Auflagepunkten 4.1. und 4.2. - auch nicht als der Abwehr solcher dienend erachtet werden.

 

Die bekämpften Auflagen könnten auch nicht mit ihrer Notwendigkeit in Bezug auf durchzuführende Verfahren gemäß § 360 GewO 1994 begründet werden. Bei solchen handelt es sich nämlich um amtswegige Verfahren in deren Rahmen von der Behörde entsprechende Maßnahmen bei konkreten Gefährdungen oder Belästigungen zu verfügen sind. Sicherlich würde es für die Behörde in solchen Fällen eine Erleichterung bedeuten, wenn sie vom Inhaber der betreffenden Betriebsanlage möglichst genaue und detaillierte Auskünfte über eingetretene Störungen erhält - was auf freiwilliger Basis ohnehin der Fall ist - eine gesetzliche Grundlage für die erfolgte Vorschreibung der bekämpften Auflagen besteht bei der derzeitigen Gesetzeslage jedoch nicht.

 

Soweit die bekämpften Auflagen, so insbesondere Auflagen 4.4. auf größere, nicht vorhersehbare Störungen (Störfälle) abstellen, käme hiefür § 79 Abs. 1 leg.cit. als Rechtsgrundlage nicht in Betracht. Dies zum einen deshalb weil - wie schon in der Berufung zutreffend eingewandt - diesbezüglich eine gesetzliche Meldepflicht des Anlageninhabers besteht (§ 81d leg.cit.) zum anderen § 79 Abs. 1 leg.cit. nur in Bezug auf vorhersehbare Gefährdungen und Beeinträchtigungen im Rahmen des konsensgemäßen Betriebes anzuwenden ist. Im Übrigen kann die Erfüllung einer im Gesetz festgelegten Pflicht - in gegenständlichem Fall die Auskunftspflicht gemäß § 81d leg.cit. - nicht als Auflage vorgeschrieben werden.

 

Aus den dargelegten Gründen erweisen sich die bekämpften Auflagen als unzulässig, weshalb der Berufung Folge und der angefochtene Bescheid im beantragten Umfang aufzuheben war.

 

Gebührenhinweis: Im gegenständlichen Verfahren sind von der Bw Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro mittels beiliegendem Zahlschein zu entrichten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Konrath

 

 
 

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