Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550100/7/SR/Ri

Linz, 14.08.2003

VwSen-550100/7/SR/Ri Linz, am 14. August 2003

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine

II. Kammer

unter dem Vorsitz von Dr. W e i ß,

in Anwesenheit des Berichters Mag. S t i e r s c h n e i d e r

und der Beisitzerin Mag. B e r g m a y r - M a n n

über den Antrag der E & S GesmbH & Co KG Egasse, W, vertreten durch die RAe S P, Bsteingasse, W, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren "Lieferung von Straßenverkehrszeichen 2003" des Auftraggebers Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Bau-Services, Technik, Kstraße, L zu Recht erkannt:

Dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wird stattgegeben. Dem Land Oberösterreich wird aufgetragen, das gesamte Vergabeverfahren "Lieferung von Straßenverkehrszeichen 2003" bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Nachprüfungsauftrag, längstens jedoch bis zum 11. Oktober 2003, auszusetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 3, 6, 11, 18 und 20 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBL. Nr. 153/2002 sowie § 20 Bundesvergabegesetz 2000 - BVergG, BGBl. I. Nr. 99/2002.

Entscheidungsgründe:

1.1. Das Land Oberösterreich als Auftraggeber hat am 19. Juni 2003 im Supplement zum Amtsblatt der EU (19/06/2003 S 116, Dok.Nr. 104191-2003) sowie in der Amtlichen Linzer Zeitung vom 26. Juni 2003, Folge 13, S. 29, den Lieferauftrag im Oberschwellenbereich betreffend die Lieferung von Straßenverkehrszeichen frei Haus an 32 Straßenmeistereien in Oberösterreich ausgeschrieben.

1.2. Mit dem am 11. August 2003 mittels Post beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachten Schriftsatz hat die Antragstellerin gemäß § 3 bzw. § 11 des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes, LGBl.Nr. 153/2002 (im Folgenden: OöVergNPG), einen Antrag auf Einleitung des Nachprüfungsverfahrens vor Zuschlagserteilung (Antrag auf Nichtigerklärung) sowie einen Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung (im Folgenden: EV) aus Anlass der Ausschreibung "Lieferung von Straßenverkehrszeichen 2003" im offenen Verfahren durch das Land Oberösterreich (im Folgenden: Auftraggeber) gestellt.

Begründend wurde darin im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ausschreibung an einer Fülle von Rechtswidrigkeiten leiden würde. Diese offenkundigen Rechtswidrigkeiten seien dem Auftraggeber vor Wochen schriftlich mitgeteilt worden. Gleichzeitig sei um Anpassung der Ausschreibungsbedingungen an die gesetzlichen Bestimmungen bzw. um Widerruf des Vergabeverfahrens ersucht worden. Bis zur Verfassung dieser Anträge habe der Auftraggeber keine Stellungnahme abgegeben. Durch die gegenständliche Ausschreibung erachte sich die Antragstellerin im Recht auf Durchführung eines rechtskonformen Vergabeverfahrens verletzt. Insbesondere sei sie im Recht auf Abgabe und Bewertung eines ausschreibungs- und vergaberechtskonformen sowie chancenreichen Angebotes und im Recht auf Transparenz und Nachprüfbarkeit der Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers verletzt. Als Gründe der Rechtswidrigkeiten wurden "Rechtswidrige Angebotsbedingungen und -bewertung", "Verstoß gegen Gebot der Kalkulierbarkeit der Preise und Preisangemessenheit", "Verstoß gegen Gebot der Ermittlung des billigsten Angebotes", "Verstoß gegen Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter", "Verstoß gegen Gebot zur Erstellung des Leistungsverzeichnisses", Verstoß gegen Gebot der Zulässigkeit von Alternativangeboten", Verstoß gegen Gebot der Verbindlicherklärung der ÖNORM EN 12899-1", "Verstöße gegen Gebote der Leistungsbeschreibung: ad `gebörtelte Ausführung´, ad `Pönale´, ad `Gewährleistung´, ad `Kautionen´ und Verstöße gegen die §§ 88 Abs. 1, 22 Abs. 1, 67 Abs. 2, 67 Abs. 6, 68 Abs. 1 und 70 Abs. 1 BVergG angeführt. Schaden würde der Antragstellerin durch den Verlust der Chance auf Angebotsabgabe und -bewertung in einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren und Beteiligung an einem fairen und lauteren Wettbewerb zur Vergabe der beschriebenen Leistungen, durch den entgangenen Gewinn, durch die frustriert angelaufenen Teilnahmekosten für die Zusendung der Ausschreibungsunterlagen und Kosten für das Studium der Ausschreibungsunterlagen entstehen. Weiters drohe auch ein Schaden in Gestalt des Verlustes eines Referenzprojektes.

Zur Interessensabwägung verwies die Antragstellerin auf die jüngere Rechtsprechung des Bundesvergabeamtes (im Folgenden: BVA), wonach dem provisorischen Rechtsschutz nach dem Grundsatzgedanken der Rechtsmittelrichtlinie Vorrang einzuräumen und eine einstweilige Verfügung nur dann nicht zu erlassen sei, wenn besondere Gründe eine solche Ausnahme vom Prinzip des Vorranges des vergaberechtlichen Rechtsschutzes vor Zuschlagerteilung erfordern würden. Nach ausführlicher Darlegung der Interessen der Antragstellerin, der öffentlichen Interessen und der Interessen des Auftraggebers kam die Antragstellerin - bezugnehmend auf die Entscheidungspraxis des Oö. Verwaltungssenates - zum Ergebnis, dass der beantragten EV stattzugeben und das gegenständliche Vergabeverfahren auszusetzen sei.

1.3. Mit hg. Schriftsatz vom 12. August 2003, Zl. 550100/2/Sr/Rd wurde der Auftraggeber um Aktenübermittlung ersucht und ihm im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme (Frist bis 14. August 2003) eingeräumt.

1.4. In der Stellungnahme vom 14. August 2003, Zl. Serv-160.499-2003 brachte der Auftraggeber u.a. vor, dass der Antrag nicht gemäß § 9 Oö. VergNPG eingebracht worden sei. Der Antrag auf EV sei unzulässig, da er sich gegen eine nicht gesondert anfechtbare Entscheidung richte. Überdies habe die Antragstellerin in der Information (an den Auftraggeber) über den beabsichtigten Nachprüfungsantrag keine Behauptung über den drohenden oder bereits eingetretenen Schaden aufgestellt. Zur Interessensabwägung wies der Auftraggeber auf die Erforderlichkeit einer raschen Beschaffung hin. Ein Teil der verordnungspflichtigen Verkehrszeichen hätte bereits bis April 2003 ausgetauscht werden müssen. Eine Verfahrensverzögerung hätte zur Folge, dass einzelne dringend notwendige, der Verkehrssicherheit dienende Verkehrszeichen sofort beschafft werden müssten und sich daher die Auftragssumme unbedingt verändern würde. Es könnte dadurch auch zu einer Schwellenwertänderung kommen. Weiters seien die Budgetmittel für den Ankauf der Verkehrszeichen an das Jahresbudget gebunden und nur bis Dezember dieses Jahres gesichert. Eine Sicherstellung der Budgetmittel für das Jahr 2004 liege nicht vor. Es könnte daher dem Auftraggeber der Nachteil drohen, dass diese Mittel im Budget für das Jahr 2004 "vom Land" nicht bzw. nicht mehr in voller Höhe zur Verfügung gestellt werden. Das öffentliche Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens liege weit über den Interessen der Antragstellerin, da die zeitliche Verzögerung auf jeden Fall zu Lasten der allgemeinen Verkehrssicherheit gehen würde.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Amtes der Oö. Landesregierung zu Zl. Serv-160-499-2003 und die übermittelten Schriftsätze. Gemäß § 12 Abs. 3 Oö. VergNPG war von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abzusehen.

3. Über den Antrag auf Erlassung einer EV hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. VergNPG regelt dieses Gesetz die Nachprüfung von Entscheidungen, die von einem öffentlichen Auftraggeber bzw einer öffentlichen Auftraggeberin im Zuge einer Auftragsvergabe, die dem Bundesvergabegesetz 2002 (B-VergG) unterliegt, getroffen wurden.

Gemäß § 1 Abs. 2 Oö. VergNPG ist u.a. das Land als öffentlicher Auftraggeber anzusehen.

Gemäß § 2 Abs. 1 Oö. VergNPG obliegt die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs. 1 dem unabhängigen Verwaltungssenat.

Gemäß § 2 Abs. 2 Oö. VergNPG ist bis zur Zuschlagserteilung (§ 20 Z 14 BVergG) der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers (§ 20 Z. 4 BVergG) bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

Vor Zuschlagserteilung kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin, der bzw. die ein Interesse am Abschluss eines dem BVergG unterliegenden Vertrages behauptet, beim unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung (§ 20 Z. 13 BVergG - im offenen Verfahren die Ausschreibung) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren beantragen, sofern ihm bzw. ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

Gemäß § 11 Abs. 1 Oö. VergNPG hat der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Darüber hinaus hat aber der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 11 Abs.3 Oö. VergNPG vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen.

3.2. Gemäß § 9 Oö. VergNPG sind Anträge auf Nachprüfung vor Zuschlagserteilung beim unabhängigen Verwaltungssenat innerhalb der in der Anlage genannten Fristen einzubringen. Entsprechend der Anlage zu § 9 Oö. VergNPG ist der Antrag in einem offenen Verfahren (§ 23 Abs. 2 BVergG) im Falle der Bekämpfung der Aus-schreibung spätestens 14 Tage vor Ablauf der Angebotsfrist einzubringen.

Beim gegenständlichen Vergabeverfahren handelt es sich um ein offenes Verfahren gemäß § 23 Abs. 2 BVerG. Der Ablauf der Angebotsfrist wurde in der Ausschreibung mit 22. August 2003, 09.00 Uhr festgelegt. Da die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag laut Poststempel am 7. August 2003 aufgegeben hat, ist von einer fristgerechten Einbringung auszugehen.

Der Antrag ist im Hinblick auf § 3 Abs. 1 Oö. VergNPG in Verbindung mit § 20 Z. 13 BVergG zulässig. Der Oö. Landesgesetzgeber definiert "eine gesondert anfechtbare Entscheidung" durch Verweis auf § 20 Z. 13 BVergG. Gemäß § 20 Z. 13 BVergG stellt die Ausschreibung eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar.

Über die Zulässigkeit der Nachprüfungsanträge sowie über ihre inhaltliche Begründetheit ist im Provisorialverfahren nicht abzusprechen. Die Frage, ob die behauptete Rechtswidrigkeit vorliegt, ist nur insofern entscheidungserheblich, als ein Antrag auf EV unzulässig ist, wenn die angefochtene Entscheidung offenkundig nicht rechtswidrig sein kann (BVA 14.5.2001, N-53/01-9 = CONNEX 2001/7 und 8, 49; BVA 23.10.2001, N-104/01-15).

Im Rahmen des Provisorialverfahrens kommt es nicht darauf an, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen. Vielmehr ist es ausreichend, dass sich aus dem Vorbringen der Parteien ergibt, dass die behaupteten Rechtswidrigkeiten zumindest möglich sind (BVA 12.1.1998, N-1/98-7 = CONNEX 1999/1, 40).

Der Antragsteller hat die Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens behauptet und entsprechend begründet. Die Behauptungen erscheinen denkmöglich. Über die inhaltliche Begründetheit ist im Verfahren betreffend die Erlassung einer EV nicht abzusprechen.

3.3. Bernd Elsner, Vergaberecht 1999, Rz A167, führt zur alten Rechtslage der sinngemäß gleichlautenden Regelung des BVergG 1997 aus: "Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein `besonderes´ öffentliches Interesse (keine Hervorhebung im Original) handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein."

Gemäß Art 2 Abs. 1 lit. a der Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1989, 89/665/EWG - Rechtsmittelrichtlinie (ABl 1989 L 395/33) stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass für die in Artikel 1 genannten Nachprüfungsverfahren (ein solches liegt im gegenständlichen Verfahren vor) die erforderlichen Befugnisse vorgesehen werden, damit so schnell wie möglich im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufige Maßnahmen ergriffen werden können, um den behaupteten Rechtsverstoß zu beseitigen oder weitere Schädigungen der betroffenen Interessen zu verhindern; dazu gehören Maßnahmen, um das Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrages auszusetzen oder die Aussetzung zu veranlassen.

Gemäß Art. 2 Abs. 4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die zuständige Instanz bei Prüfung der Frage, ob vorläufige Maßnahmen zu ergreifen sind, deren voraussehbare Folgen für alle möglicherweise geschädigten Interessen sowie das Interesse der Allgemeinheit berücksichtigen kann, und dass sie beschließen kann, diese Maßnahme nicht zu ergreifen, wenn deren nachteilige Folgen die damit verbundenen Vorteile überwiegen könnten.

Art. 2 Abs. 4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leer läuft.

Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es bei der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

3.4. Wie die Stellungnahme des Auftraggebers zeigt, wäre ein Teil der verordnungspflichtigen Verkehrszeichen bereits bis April 2003 auszutauschen gewesen. Schon daraus ist zu erkennen, dass der Beschaffungsvorgang nicht rechtzeitig geplant und die besondere Dringlichkeit von ihm verursacht worden ist.

Im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren trifft den Auftraggeber die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer EV sprechenden Interessen.

Der Antragsteller hat die unmittelbar drohende Schädigung für seine Interessen genau zu bezeichnen und die den Antrag begründenden Tatsachen im Einzelnen wahrheitsgemäß darzulegen. Diese Tatsachen sind daher zu bescheinigen, d.h. glaubhaft zu machen.

Die Interessensabwägung ergibt sich zwingend aus dem Gesetzeswortlaut. Die durch die Verzögerung der Vergabe verursachten Nachteile sind nach ihrem objektiven Gehalt zu beurteilen. Dass sich durch die Erlassung einer EV eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben kann, liegt in der Natur der Sache. Als Begründung für ein Abstandnehmen von einer Zuschlagsaussetzung würde dies eine EV in einem Vergabeverfahren fast immer verhindern und dieses Rechtsschutzinstrumentarium gänzlich ausschalten.

Der bloße Hinweis auf die Notwendigkeit, Straßenverkehrszeichen für die Straßenmeistereien in Oberösterreich zu beschaffen, rechtfertigt die Durchführung des Beschaffungsvorhabens als solches, vermag aber noch nicht eine besondere Dringlichkeit des Vorhabens bzw. besondere mit der Verzögerung des Vorhabens verbundene Nachteile darzutun. Dass im Fall einer Vergabeverzögerung bzw. Verzögerung der Auslieferung die Straßenverkehrszeichen nicht getauscht werden können, liegt in der Natur der Sache. Ein darüber hinausgehendes "besonderes" Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens, wie es § 11 Abs. 3 Oö. VergNPG fordert, wurde damit vom Auftraggeber nicht dargelegt.

Der Auftraggeber hat durch sein allgemein gehaltenes Vorbringen nicht zum Ausdruck gebracht, dass durch das Fehlen der zu beschaffenden Straßenverkehrszeichen die körperliche Sicherheit der Verkehrsteilnehmer gefährdet werden könnte und ihre unverzügliche Beschaffung ein besonderes öffentliches Interesse darstellen würde. Der Hinweis auf die dringend notwendige Beschaffung von einzelnen Straßenverkehrszeichen ist zu unbestimmt, weil der Auftraggeber damit nicht darlegt, welche konkreten Nachteile ihm oder den öffentlichen Interessen durch die weitere Hinauszögerung der Beschaffung drohen.

Hinsichtlich der durch die Verzögerung bewirkten nachteiligen Folgen der beantragten Maßnahme ist zunächst festzuhalten, dass es sich hiebei um Umstände handelt, bei denen den Auftraggeber unter Bedachtnahme auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Partei im Verwaltungsverfahren sowie unter Berücksichtigung der Rechtsnatur des Provisorialverfahrens eine erhöhte Darlegungspflicht trifft. Dieser Pflicht ist der Auftraggeber mit seinem Vorbringen nicht gerecht geworden.

Der Auftraggeber hat Nachteile für den Verzögerungsfall angegeben. Ein ohnehin nicht wahrscheinlicher Verzögerungsschaden vermag aber kein Überwiegen der nachteiligen Folgen der beantragten EV zu begründen. Dies gilt insbesondere unter Bedachtnahme auf den sich aus der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes ergebenden Vorranges des primären - durch Nichtigerklärung rechtswidriger Auftraggeberentscheidungen zu gewährleistenden - Rechtsschutzes und unter Bedachtnahme auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, wonach bei der Interessensabwägung im Zusammenhang mit dem Vergaberechtsschutz auch das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (vgl. VfGH 25.10.2001, B 1369/01 und BVA 25.1.2001, N-128/01-45).

Zu verneinen ist im gegenständlichen Fall auch ein besonderes öffentliches Interesse, das für die Weiterführung des Vergabeverfahrens und gegen die vorübergehende Aussetzung von höchstens zwei Monaten spricht, zumal ein öffentlicher Auftraggeber mit der Möglichkeit eines Nachprüfungsverfahrens zu rechnen und dieses in seine Planung einzubeziehen hat (vgl. BVA 5.3.2001, N-32/01-6).

Der Auftraggeber verkennt darüber hinaus den der Antragstellerin drohenden, nicht unmittelbar finanziell bewertbaren Schaden in Gestalt der besonderen Bedeutung des gegenständlichen Auftrages als Referenzprojekt für zukünftige Bewerbungen. Der Verlust eines allfälligen Referenzprojekts war bei der Interessensabwägung zugunsten der Antragstellerin zu berücksichtigen, da sie den besonderen Wert einer möglichen Projektdurchführung als Referenzprojekt geltend gemacht hat (vgl. BVA 11.5.2001, N-52/01-12).

Ebenso war auch der entgangene Gewinn bei der Interessensabwägung zu berücksichtigen, da § 11 Oö. VergNPG uneingeschränkt auf "entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung der Interessen des Antragstellers" abstellt.

Weiters sprach bei der Interessensabwägung für die Antragstellerin, dass sie bereits frühzeitig die ihrer Auffassung nach vorliegenden Rechtswidrigkeiten dem Auftraggeber mitgeteilt hat.

3.5. Insgesamt ergab die Interessensabwägung somit kein Überwiegen der nachteiligen Folgen der beantragen EV für den Auftraggeber.

Gemäß § 11 Abs.6 Oö. VergG sind EV sofort vollstreckbar.

Dem Antrag war spruchgemäß stattzugeben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. W e i ß

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