Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-600008/5/Ga/Fb

Linz, 16.06.1998

VwSen-600008/5/Ga/Fb Linz, am 16. Juni 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der - in dieser Sache im Wege der Devolution zuständig gewordene - unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof; Berichter: Mag. Gallnbrunner; Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des M B, vertreten durch Dr. A M, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 10. Juni 1997, VerkR21-1254-1996/LL, wegen vorübergehender Aberkennung des Rechtes, von einem ausländischen Führerschein Gebrauch zu machen, zu Recht erkannt:

Aus Anlaß der Berufung wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (als erste Instanz) verwiesen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.2, § 73 Abs.2 AVG.

Entscheidungsgründe: 1.1. Mit Schriftsatz vom 30. April 1998 an den O.ö. Verwaltungssenat (hier eingelangt am 6. Mai 1998) hat der in der Gemeinde Ansfelden wohnhafte Berufungswerber (Bw) im Zuge eines auf § 86 Abs.1a KFG 1967 gestützten Aberkennungs- bzw Fahrverbotsverfahrens Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs.2 AVG eingebracht, dies in der zwar nicht ausdrücklich, doch immerhin erkennbar erklärten Absicht, daß die Entscheidungszuständigkeit in dieser Sache von dem als reguläre Berufungsbehörde vergeblich angerufenen Landeshauptmann auf den unabhängigen Verwaltungssenat übergehe. 1.2. Den Devolutionsantrag begründend verweist der Bw auf den eingangs bezeichneten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10. Juni 1997, mit dem ihm das Recht aberkannt worden sei, von seinem ausländischen Führerschein Gebrauch zu machen, und gleichzeitig verfügt worden sei, daß der ausländische Führerschein bis zum Ablauf der notwendigen Frist, das ist bis zur gesundheitlichen Wiedereignung, zurückbehalten und die Aberkennung in den Führerschein eingetragen werde. Gegen diesen Bescheid habe er am 23. Juni 1997 Berufung - mit dem Antrag auf Aufhebung und Ausfolgung - eingelegt. Daraufhin sei er vom Amt der oö. Landesregierung jeweils Anfang August und Anfang September 1997 zur Abgabe von Stellungnahmen aufgefordert worden; diese Stellungnahmen habe er ungesäumt mit Schriftsätzen vom 21. August bzw 22. September 1997 erstattet. Der Landeshauptmann habe aber bisher weder über die Berufung vom 23. Juni 1997 selbst noch über den mit dieser Berufung gleichzeitig gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entschieden, sodaß nach Ablauf der sechsmonatigen Entscheidungsfrist die Zuständigkeit zur Berufungsentscheidung auf den unabhängigen Verwaltungssenat übergegangen sei. Abschließend wiederholt der Bw die Anträge seines Rechtsmittels vom 23. Juni 1997. Zur Untermauerung seiner Darstellung hat der Bw zugleich den angefochtenen Bescheid, weiters seinen Berufungsschriftsatz und die beiden erwähnten Stellungnahmen, jeweils in Kopie, vorgelegt.

2.1. Mit Schriftsatz vom 7. Mai 1998 setzte der unabhängige Verwaltungssenat den Landeshauptmann von Oberösterreich über den Devolutionsantrag unter Anschluß einer Kopie in Kenntnis und ersuchte, "bis längstens 29. Mai 1998" die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen sowie um "gleichzeitige Stellungnahme, wie das do. Verzögerungsverschulden (§ 73 Abs.2 letzter Satz AVG) in der Sache selbst" beurteilt werde. Laut Zustellnachweis langte das h. Aufforderungsschreiben noch am 7. Mai 1998 beim Landeshauptmann (resp. Amt der oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr) ein. 2.2. Innerhalb der vom O.ö. Verwaltungssenat festgesetzten dreiwöchigen Frist erfolgte daraufhin weder die Aktenvorlage noch die Stellungnahme zum Verzögerungsverschulden. Auch in den seither bis heute vergangenen weiteren zweieinhalb Wochen hat sich der Landeshauptmann von Oberösterreich verschwiegen. 2.3. Aus diesem - insgesamt nahezu sechswöchigen - Stillschweigen schließt der O.ö. Verwaltungssenat, daß tatsächlich, wie vom Bw behauptet, keine Berufungsentscheidung ergangen ist einerseits, und daß den Bw keinerlei Verschulden an der somit feststehenden Verzögerung trifft andererseits. Damit aber ist der O.ö. Verwaltungssenat gemäß § 123 Abs.1 KFG (§ 67a Abs.1 Z1 AVG) iVm § 73 Abs.2 AVG zufolge des Devolutionsantrages als Berufungsbehörde in dieser Sache zuständig geworden.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. § 38 Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 bestimmt, daß das Verfahren auch dann fortzuführen ist, wenn die Akten (trotz Auftrages und Fristsetzung) nicht vorgelegt wurden. Eine ausdrückliche Anordnung dieser Art ist für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde in Angelegenheiten iS von § 67a Abs.1 Z1 AVG nicht vorgesehen. Die analoge Anwendung der VwGG-Regelung ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates sowohl zulässig als auch geboten, zumal wenn bedacht wird, daß dem unabhängigen Verwaltungssenat keine Weisungs- oder sonstigen Zwangsmittel in die Hand gegeben sind - auch nicht aus dem Titel einer durch Devolution begründeten Zuständigkeit - , um die Aufforderung zur Aktenvorlage durchsetzen zu können. Ist aber das Verfahren fortzuführen, muß für den unabhängigen Verwaltungssenat analog zu § 38 Abs.2 VwGG auch zulässig sein, auf Grund der Behauptungen des Berufungswerbers zu erkennen. Dies umso mehr, wenn, wie in diesem Fall, den Behauptungen Bescheinigungsmittel beigefügt wurden, sodaß daraus in einem Mindestmaß objektivierbare Schlußfolgerungen auf das Vorliegen oder das Nichtvorliegen der Sachverhaltsgrundlage für die zu treffende Entscheidung gezogen werden können.

3.2. Der Berufungswerber rügt, zusammengefaßt, daß der von ihm bekämpfte Bescheid an schwerwiegenden Feststellungs- und Begründungsmängeln leide. Die belangte Behörde gebe im wesentlichen nur den abstrakten Gesetzestext wieder. Soweit der Bescheid auf seinen Fall überhaupt Bezug nehme, werde ein "amtsärztliches Gutachten vom 13.5.1997" zwar erwähnt, jedoch zu seinem Rechtsschutznachteil ganz und gar nicht wiedergegeben. Festgehalten sei lediglich die angebliche Schlußfolgerung aus diesem Gutachten, wonach er "derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen B und C nicht geeignet (sei und) bei Einhaltung einer absoluten Alkoholabstinenz von mindestens 6 Monaten ... eine Kontrolluntersuchung unter Vorlage von gebesserten Leberfunktionensproben + MCV frühestens in einem Jahr möglich" wäre. Nach der Aktenlage ist der Berufungswerber mit diesem Vorbringen im Recht. Der bekämpfte Bescheid erweist sich als Schimmelbescheid, der dem Berufungswerber die wesentlichen Ergebnisse eines - nur unvollständig geführten - Ermittlungsverfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen, somit also die für den behördlichen Abspruch erforderliche Tatsachengrundlage vorenthält. Wenn der Berufungswerber einwendet, daß der Amtsarzt Schlußfolgerungen nicht auf Grund eigener Wahrnehmungen getroffen habe und daher das "Gutachten" nur eine gewissermaßen unreflektierte Wiedergabe des verkehrspsychologischen Befundes darstelle, so kann dem aus der Aktenlage nichts entgegengehalten werden. Auch der weiteren Rüge des Berufungswer-bers, wonach der Amtsarzt, sollte er der Ansicht sein, daß die geringfügig erhöhten Werte auf Alkoholabusus zurückzuführen seien, dies hätte auch entsprechend begründen müssen, weil "erhöhte Werte nach Wissen des Einschreiters jedenfalls nicht nur auf Alkoholabusus zurückzuführen" seien, kann Berechtigung nicht abgesprochen werden. Ebenso im Recht ist der Berufungswerber mit dem Einwand, daß für ihn in keiner Weise nachvollziehbar sei, wie die verkehrspsychologische Untersuchungsstelle zu ihren Ergebnissen gelangte, weshalb auch die Entscheidungsgrundlage für die Frage der Verkehrsanpassungsbereitschaft mangelhaft sei.

3.3. Die ungenügende Tatsachengrundlage des bekämpften Bescheides als Folge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs wird aus der Stellungnahme des Berufungswerbers vom 21. August 1997 deutlich. So beklagt er mit Recht, daß die maßgeblichen Schlußfolgerungen aus den einzelnen Untersuchungsergebnissen nicht dargetan worden seien und auch nicht, welche Erwägungen jeweils dafür maßgeblich gewesen seien. Schwer wiege in diesem Zusammenhang, daß, wenn schon die Amtsärztin Zweifel an seinen Aussagen gehabt habe, diese Zweifel weder begründet worden seien, noch die Zweifeläußerung überhaupt verständlich sei, weil seine Aussagen von der Amtsärztin selbst gar nicht wahrgenommen worden seien. Damit aber macht der Berufungswerber geltend, daß ihm das rechtliche Gehör nicht ausreichend gewährt wurde. Die unmittelbare Konfrontation nämlich der Amtsärztin mit seinen Aussagen, die ebenso unmittelbare Äußerung daraus sich ergebender Zweifel dem Berufungswerber gegenüber und die so für ihn eröffnete Gelegenheit, den Zweifeln sogleich zu entgegnen, erweist sich für die rechtmäßige Bescheidgrundlage aus dem Blickwinkel eines fairen Verfahrens in diesem Fall als unverzichtbar. Für die behördliche Vorgangsweise bedeutet dies - iS der in diesem Punkt strengen Judikatur des VwGH zu § 66 Abs.2 AVG - zwingend, daß allen Beteiligten und allen sonst für die Klärung der Sachumstände geeigneten Personen Gelegenheit zu Rede und Gegenrede gegeben wird und daher gleichzeitig am selben Ort zu einer mündlichen Verhandlung versammelt werden müssen (vgl die bei HAUER/ LEUKAUF, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens 5.A, zu § 66 Abs.2 AVG auf Seiten 543ff zitierte Judikatur).

3.4. Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden und der belangten Behörde die Durchführung einer - zumindest nach der Aktenlage bisher noch nicht stattgefundenen - mündlichen Verhandlung sowie die Erlassung eines neuen Bescheides aufzutragen.

4. Mit der gänzlichen Behebung des angefochtenen Bescheides wird auch der unter Punkt 3. des Bescheidspruchs verfügte Ausschluß der aufschiebenden Wirkung der Berufung aus dem Rechtsbestand ausgeschieden und hat daher seine Wirksamkeit verloren (vgl idS VwGH 18.4.1994, 92/03/0238).

5. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Der Berufungswerber hat jedoch verabsäumt, seinen Devolutionsantrag ordnungsgemäß zu vergebühren.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. G r o f Beschlagwortung: Devolution; UVS statt LH als Berufungsbehörde zuständig; Auftrag zur Aktenvorlage - Nichtentsprechung; analoge Anwendung des § 38 VwGG

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