Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150432/2/Lg/Gru

Linz, 28.08.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des D M, vertreten durch Rechtsanwalt K A, A, D‑89 G, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 23. März 2006, Zl. BauR96-73-2005-Hol, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Maut­ge­setzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

I.                    Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend korrigiert, dass als die verletzte Rechtsvorschrift zusätzlich § 11 Abs. 1 BStMG zu zitieren ist.

 

II.                  Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 80 Euro leisten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro verhängt, weil er als Lenker des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen GZ am 25.8.2005 um 16.57 Uhr die mautpflichtige A aus Fahrtrichtung W kommend in Fahrtrichtung B bis Autobahnkm 75 im Gebiet der Gemeinde S benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut zu entrichten. Im Zuge einer Kontrolle sei festgestellt worden, dass die am genannten PKW angebrachte Jahresvignette Nr. 46 starke Beschädigungen durch Aufscheinen der Aufschrift "Ungültig" und fehlende Elemente der Sicherheitsstanzung aufgewiesen habe.

 

In der Berufung wird vorgebracht, dass das Auftreten der A-Mitarbeiterin, Frau E, bei der durchgeführten Kontrolle nicht akzeptabel gewesen sei. Trotz höflichstem Bemühen des Bw, die Situation zu erläutern und den Verdacht der Mautprellerei auszuräumen, habe Frau E überhaupt keine Bereitschaft gezeigt, diese Ausführungen zumindest respektvoll entgegenzunehmen. Der Bw habe dieses Auftreten als sehr willkürlich empfunden. Für dieses harsche Auftreten von Frau E habe der Unterzeichner des Straferkenntnisses gegenüber dem Bw zwar sachliche Argumente angeführt, das Gefühl alleine, gegen Willkür nicht gewappnet zu sein, habe jedoch motiviert, soweit rechtsstaatliche Möglichkeiten offen stünden, entsprechend vorzugehen.

Des Weiteren sei sich der Bw keiner wirklichen strafbewehrten Übertretung bewusst bzw. könne er die ihm vorgeworfene Übertretung und vor allem die Bestrafung nicht nachvollziehen.

Der Bw ersucht, die Ausführungen mit Schriftsatz vom 20.2.2006 als Grundlage für die hier maßgebliche Begründung heranzuziehen. In Ergänzung dieser Begründung wird ausgeführt, dass die gegenständliche Frontscheibe durch die ausführende Werkstatt ausgetauscht worden sei. Die vormals unbeschädigte Vignette sei von den zuständigen Monteuren abgelöst, auf der neuen Scheibe wieder angebracht und die Austauschbestätigung, die in der Werkstatt als Formular hinterlegt sei, ausgefüllt und in das Handschuhfach gelegt worden. Der Bw sei insoweit zu keinem Zeitpunkt persönlich mit der Vignette befasst gewesen. Die Aufschrift "ungültig", die beim Ablösen von der Erstscheibe zum Vorschein komme, sei für den Bw insofern nicht sicht- bzw. erkennbar gewesen. Dieser Umstand wolle höflichst dem erhobenen Vorwurf der persönlichen fahrlässigen Begehung der Mautprellerei entgegengehalten werden.

Nach Auffassung des Bw sei darüber hinaus einem Mautstraßenbenutzer erst nach Studium des Bundesstraßen-Mautgesetzes nebst A-Mautordnung tatsächlich bewusst, dass eine "ungültige" Vignette auch mit entsprechender Bestätigung des Grundes für die Ablösung und Wiederanbringung als ohne Ausnahme ungültig zu qualifizieren sei und bei Untätigkeit eine Mautprellerei-Strafandrohung nach sich ziehe. Erst nach Lektüre von Punkt 8 der A-Mautordnung stelle man fest, dass man berechtigt sei, eine kostenlose Ersatzvignette zu beantragen. Die eigentliche Verpflichtung werde erst zu Ende der Norm erwähnt.

Die diesbezüglichen Ausführungen des Bw sollen nur veranschaulichen, dass der Fahrlässigkeitsvorwurf bei milder Sichtweise eventuell abgemildert werden könnte. Auf diesen Milderungsgedanken stütze er seine Berufung und bitte, soweit nur auf diesem Wege eine Aufhebung der Strafbescheide erreicht werden könne, um Berücksichtigung von Milderungsgründen zu seinen Gunsten. Der Bw empfinde eine Strafe als grundsätzlich unangebracht, eine solche in Höhe von 400 € als eindeutig unverhältnismäßig. Auch dieses Empfinden bitte er im Rahmen der Gesamt­würdigung zu berücksichtigen.

 

Beantragt wird, die ursprüngliche Strafverfügung vom 20.9.2005 in Gestalt des nachfolgenden Straferkenntnis-Bescheides vom 23.3.2006 aufzuheben und die Kosten des Verfahrens der Staatskasse aufzuerlegen.

 

Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 25.8.2005 zu Grunde, wonach am Fahrzeug eine Mautvignette angebracht gewesen sei, welche nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale aufgewiesen habe. Bei der Jahresvignette Nr. 26 sei der Schriftzug "UNGÜLTIG" sichtbar gewesen. Weiters sei der Lenker nicht bereit gewesen, die Ersatzmaut zu bezahlen.

Nach Strafverfügung vom 20.9.2005 wurde vom Bw Einspruch erhoben und um Akteneinsicht ersucht.

Zum Ergebnis der Beweisaufnahme äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in der später eingebrachten Berufung. Er monierte das Verhalten der A-Mitarbeiterin, Frau E, welche sofort nach dem Anhalten des Bw und Austausch von Grußworten darauf hingewiesen habe, dass die Vignette abgelöst worden sei. Gleichzeitig habe sie auch den Verdacht der Mautprellerei ausge­sprochen und den Bw aufgefordert, die Ersatzmaut sofort zu begleichen. Der Bw habe darauf hingewiesen, dass die Vignette tatsächlich schon einmal abgelöst worden sei und als Grund hierfür einen Scheibenwechsel nach Steinschlag angegeben. Frau E habe entgegnet, dass dieser Vorhalt ohne Belang sei und die Ersatzmaut auch für diesen Fall zu leisten wäre. Der Bw habe sich unter Benennung des tatsächlichen Grundes für die Ablösung der Vignette geweigert, die Ersatzmaut zu bezahlen. Frau E sei im Laufe des Gespräches nicht mehr bereit gewesen, in die Bestätigung des Scheibenwechsels einzusehen.

Der Bw gebe zu, dass der in der Mautordnung unter Punkt 8 beschriebene Vignettenersatz nicht in der vorgeschriebenen Art und Weise bewerkstelligt worden sei. Einem unbescholtenen Fahrer solle jedoch die unterlassene Lektüre der Mautordnung nachgesehen werden. Eine in der hier gegenständlichen Höhe vorgenommene Ahndung sei sowohl unbegründet als auch unverhältnismäßig und er beantrage daher, die Strafverfügung vom 20.9.2005 aufzuheben.

 

Dem Einspruch ist eine Bestätigung vom Autohaus Z aus G vom 7.4.2005 über die Erneuerung der Windschutzscheibe angeschlossen. Weiters wurde angemerkt: "Die Vignette wurde fachmännisch gelöst und an der neuen Scheibe angebracht". Zusätzlich ist der untere Vignettenabschnitt beigelegt.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Auszugehen ist von folgendem Sachverhalt:

Der Bw hat – unbestritten – am 25.8.2005 um 16.57 Uhr die mautpflichtige A ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (Umkleben der Vignette) benützt. Weiters steht fest, dass der Bw anlässlich der Betretung gemäß § 19 Abs. 2 zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert wurde, dieser Aufforderung jedoch nicht nachgekommen ist.

Weiters ist von der Richtigkeit der Sachverhaltsannahme des angefochtenen Strafer­kenntnisses auszugehen, wonach für das Mautaufsichtsorgan – diese sind besonders geschult, wahrheitspflichtig und unterliegen besonderen Sanktionen – anlässlich einer Kontrolle am 25.8.2005 klar erkennbar war, dass die auf dem gegen­ständlichen Pkw angebrachte Mautvignette starke Beschädigungen durch das Aufscheinen der Aufschrift "Ungültig" aufgewiesen hat. Dies ergibt sich aus der notorischen Tatsache, dass die Vignetten gezielt so hergestellt sind, dass bei ihrem Ablösen von der Windschutzscheibe die Ungültigkeitsmerkmale sichtbar werden und der Bw das "Ablösen" der Vignette selbst bestätigt hat.

 

4.2. Gemäß § 10 Abs.1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs.1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 9 BStMG hat die Mautordnung die Festlegung der Beschaffen­­heit der Vignette, Bestimmungen über ihre Anbringung am Fahrzeug und über das Mitführen an Stelle der Anbringung sowie Informationen über ihre Gültigkeitsdauer zu enthalten.

 

Gemäß Punkt 7.1. der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Das Ablösen und Umkleben einer bereits geklebten gültigen Vignette, jede andere als in dieser Mautordnung zugelassene Mehrfachverwendung der Vignette oder eine chemische oder auch technische Manipulation des originären Vignettenklebers derart, dass bei Ablösen der Vignette deren Selbstzerstörungseffekt verhindert wird, ist unzulässig und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.

 

Gemäß Punkt 8 der Mautordnung stellt in jenen Fällen, in denen die Ungültigkeit bzw. Zerstörung der Vignette durch Umstände erfolgte, die im Verantwortungsbereich des Vignettenproduzenten liegen, bis 31.12.2004 die Ö sowie ab 1.1.2005 die A GmbH bzw. deren Bevollmächtigte kostenlos eine Ersatz­vignette aus. Dies gilt auch für den Fall, dass die Windschutzscheibe, auf der die Jahresvignette angebracht ist, zerstört und erneuert wird, sofern kein Anspruch gegenüber Dritten gegeben ist. Bis zum Erhalt der Ersatzvignette ist die Benützung der mautpflichtigen Straßen ohne Vignette nicht erlaubt.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs.1 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Gemäß § 19 Abs. 2 BStMG ist der Lenker anlässlich der Betretung bei Verwaltungs­übertretungen gemäß § 20 mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 2).

 

4.3. Beurteilung des Sach­verhaltes im Lichte der dargestellten Rechtslage:

 

Zur Rechtsfrage, ob die Strafbestimmung des § 20 Abs.1 BStMG auch dann zum Tragen kommt, wenn – wie hier – eine Bestätigung über einen Aus­tausch der Windschutzscheibe im Kfz mitgeführt wird mit dem Vermerk, dass die Vignette fachmännisch gelöst und an der neuen Scheibe angebracht wurde, ist festzuhalten: Gemäß Punkt 7.1. der Mautordnung ist die Maut nur dann im Sinne des § 15 Abs. 1 Z. 9 BStMG vorschriftsmäßig entrichtet, wenn vor Benützung des maut­pflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette unter Verwendung des originären Vignettenklebers angebracht worden ist. Das Ablösen und Umkleben einer bereits geklebten gültigen Vignette, jede andere als in dieser Mautordnung zugelassene Mehrfachverwendung der Vignette oder eine chemische oder auch technische Manipulation des originären Vignettenklebers derart, dass bei Ablösen der Vignette deren Selbstzerstörungseffekt verhindert wird, ist unzulässig und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung. Zur Möglichkeit der Beschaffung einer Ersatzvignette vgl. den oben zitierten Punkt 8 der Mautordnung.

 

Dem Vorbringen des Bw, dass ihm erst nach Studium des Bundesstraßen-Maut­gesetzes inklusive Mautordnung die Rechtslage bewusst geworden sei, ist entgegen zu halten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch für den ausländischen Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die geltenden Rechts­vorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu informieren. Im Übrigen ist zu bemerken, dass dem Bw die Ungültigkeitsmerkmale auffallen hätten müssen. Es liegt somit Fahrlässigkeit vor.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht hervor­gekommen. Der bloße Umstand, dass für eine zur Tatzeit ungültige Vignette der Kaufpreis bezahlt wurde i.V.m. der Rechtsunkenntnis des Bw reicht dafür nicht aus. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt sein könnte. Insbesondere ist das Verschulden nicht als geringfügig einzustufen, weil dem Bw bei angemessener Sorgfalt die Ungültigkeitsmerkmale der Vignette auffallen hätten müssen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.


 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

 

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