Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-105812/11/Br , VwSen105813/11/Br, VwSen105814/9/Br

Linz, 15.10.1998

VwSen-105812/11/Br , VwSen-105813/11/Br, VwSen-105814/9/Br Linz, am 15. Oktober 1998DVR.0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufungen der Frau I gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 30. Juli 1998 [3) vom 20. Juli 1998] Zlen.: VerkR96-8282-1997-K-N, VerkR96-8327-1997-K-N u. VerkR96-15345-1997-K-N, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 15. Oktober 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Tatvorwurfes "17.8.1997, 00.12 Uhr" [3. VerkR96-15345-1997-K-N] Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

(Hinsichtlich der Tatvorwürfe der Straferkenntnisse vom 30. Juli 1998 [Zlen.: VerkR96-8282-1997-K-N, VerkR96-8327-1997-K-N] wurden im Rahmen der Berufungsverhandlung die Berufungen zurückgezogen!)

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG.

 

 

 

 

 

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit den oben bezeichneten Straferkenntnissen vom 30. Juli 1998 über die Berufungswerberin zu 1) und 2) wegen Übertretungen des § 24 Abs.1 lit.a StVO 1960 und zu 3) mit dem Straferkenntnis vom 20. Juli 1998 wegen der Übertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 ad 1) u. 2) je 400 S und für den Nichteinbringungsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe und ad) 3) 800 S und für den Nichteinbringungsfall ebenfalls 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Den Schuldsprüchen lag zu 1) und 2) ein vorschriftswidriges Abstellen des KFZ mit dem Kennzeichen am 6. März 1997 um 11.25 Uhr in Linz in der M und am 11. März 1997 um 10.00 Uhr in Linz in der P 18 zu Grunde. In dem unter 3) bezeichneten Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, daß sie am 17.8.1997 um 00.12 Uhr mit diesem Fahrzeug in Linz, auf der Wienerstraße, 118 m vor der Kreuzung mit der Schiltenbergstraße in Fahrtrichtung stadtauswärts die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 21 km/h überschritten habe.

1.1. Begründend stützte die Erstbehörde ihre Entscheidung(en) auf das Ergebnis der jeweiligen Aktenlage.

2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit der fristgerecht erhobenen Berufung. Weitgehend wird in der Berufung bloß ein formal rechtliches Vorbringen bzw. werden an die Erstbehörde gerichtete Verfahrensrügen aufgeworfen. Inhaltlich wird schließlich zu den Erkenntnissen 1) u. 2) ausgeführt, daß die von Herrn S erstattete Lenkerauskunft falsch sei.

Zum Straferkenntnis 3) wird überhaupt kein inhaltliches Vorbringen getätigt, sondern lediglich dargelegt, daß seitens der Erstbehörde das Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei.

Abschließend beantragt die Berufungswerberin - was wegen der Nichtanwendbarkeit des § 66 Abs.2 AVG gemäß § 24 VStG gesetzlich nicht zulässig ist - die Zurückverweisung des Verfahrens zur Beweisergänzung an die Behörde erster Instanz, in enventu wird die Aufhebung und Verfahrenseinstellung beantragt.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurden schließlich die Berufungen zu den h. Verfahren VwSen-105812 u. VwSen-105813 zurückgezogen. Die diesbezüglichen erstinstanzlichen Schuldsprüche sind somit in Rechtskraft erwachsen.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende(n) Strafe(n) verhängt worden ist (sind), durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war erforderlich, weil die zur Last gelegte(n) Übertretung(en) von der Berufungswerberin dem Grunde nach bestritten wurden (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes der oben bezeichneten Verwaltungsstrafakten der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 15. Oktober 1998. Im Verfahren 3) wurde als Zeuge auch der Ehegatte und Rechtsvertreter der Berufungswerberin einvernommen.

Zu den letztlich nicht mehr berufungsgegenständlichen Verfahren 1) u. 2) entschuldigte der als Zeuge geführte A sein Nichterscheinen mit einem angeblichen Geschäftstermin. Wie bereits erwähnt, entfiel dieses Beweisthema wegen Zurückziehung der Berufung.

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

5.1. Der Zulassungsbesitzer dieses Fahrzeuges, Herr Dr. M, benannte im Rahmen der an ihn von der Erstbehörde erfolgten Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe in den Verfahren 1) u. 2) Herrn A als jene Person, die in der Lage sei, die Lenkerauskunft zu erteilen. Im hier (noch) entscheidungsgegenständlichen Verfahren benannte er Frau I als jene Person die die Auskunft erteilen könne. Warum er bereits bei dieser Aufforderung den Lenker nicht schon benannte, hat dahingestellt zu bleiben.

Zu 3) findet sich eine von der Berufungswerberin offenkundig persönlich unterschriebene Lenkerbekanntgabe vom 24. Dezember 1997 im Akt, gemäß diese sie sich selbst als Lenkerin am 17.8.1997 um 00.12 Uhr an der unter 3) angeführten Örtlichkeit deklarierte.

Wie dem Verfahrenslauf nur unschwer zu entnehmen ist, werden hier von der Berufungswerberin die Verfahren in erster Instanz mit weitgehend unsubstanzierten Eingaben betrieben. Ein inhaltliches Vorbringen wird scheinbar weitgehend vermieden. Insbesondere wurde zum h. noch berufungsgegenständlichen Verfahren ein umfassendes Beweisverfahren im Hinblick auf den sachgerechten Einsatz des Radarmeßgerätes betrieben, wobei mit keinem einzigen Hinweis und auch noch nicht in der Berufung aufgezeigt wurde, daß die Berufungswerberin etwa nicht die Lenkerin gewesen wäre.

Es wurde offenbar auf Zeitgewinn gesetzt. Der "tatsächliche Lenker" wurde schließlich erst im Schriftsatz vom 29. Juli 1998 erstmals genannt, zu einem Zeitpunkt also, wo bereits die Verfolgungsverjährungsfristen abgelaufen waren.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde schließlich vom Ehegatten der Berufungswerberin in zeugenschaftlicher Aussage dargelegt, daß bei der fraglichen Fahrt, welche im Zuge der Heimfahrt von einer Hochzeitsfeier erfolgte, ein H der Lenker gewesen ist. Der Zeuge (und gleichzeitig Rechtsvertreter) habe nach der Heimkehr seiner Frau und dem Paar K, mit welchem sie befreundet sind, mitbekommen, daß K gelenkt habe, weil dieser jeglichem Alkoholkonsum entsage. Die Frauen seien im Gegensatz zum Lenker alkoholisiert gewesen. Ebenfalls habe ihn später seine Frau von der wahren Lenkereigenschaft unterrichtet. Als Verteidiger habe er natürlich alle Mitteilungen vorerst zu unterlassen gehabt, welche seine Mandantin einer Strafverfolgung wegen falscher Lenkerauskunft aussetzen hätten können.

5.1.1. Auf Grund der hier vorliegenden Zeugenaussage wird der Verantwortung der Berufungswerberin gefolgt. Es gibt keinen Grund für Zweifel an der Richtigkeit der Aussage des Zeugen Dr. P. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, daß der Zeuge durch eine Falschaussage seiner beruflichen Stellung als Rechtsanwalt schwer schaden würde. Der Zeuge wird über jeden Verdacht dahingehend erhaben erachtet, daß er, nur um seiner Ehefrau eine Verwaltungsstrafe im Ausmaß von 800 S zu ersparen, ein so hohes Risiko, welches mit einer Falschaussage straf- und standesrechtliche Folgen nach sich ziehen würde, in Kauf nehmen wollte.

Von der Berufungswerberin ist aus den Angaben im Verfahren VwSen-105815 evident, daß ihr die verfahrensrechtlichen "Spielregeln" im Zusammenhang mit der Lenkerauskunft bekannt sind. Durch ein geschicktes Führen der Verfahren gegen einen vorerst durch eine falsche Lenkerbekanntgabe der Behörde präsentierten vermeintlichen Täter wird sodann das Verfahren über die Frist von sechs Monate gezogen. Daher ist dann mit der Vorlage hieb und stichfester Beweise im Hinblick auf die Nichtbegehung des Grunddeliktes auch eine Verfolgung wegen der offenbar bewußt falsch erteilten Lenkerauskunft und mangels einer Verfolgungshandlung des Grunddeliktes ebenso gegen den tatsächlichen Lenker nicht mehr möglich.

Aus dieser hier gut nachvollziehbaren Taktik besteht daher an der Richtigkeit der Verantwortung der Berufungswerberin kein wie immer gearteter Zweifel.

Auf die ebenfalls beantragte zeugenschaftliche Vernehmung des angegebenen tatsächlichen Lenkers, welcher im östlichen Niederösterreich wohnhaft ist, konnte daher aus verwaltungsökonomischen Gründen verzichtet werden.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Schon bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung ist von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und ist die Einstellung zu verfügen (VwGH 12.3.1986, Zl. 86/83/0251 u.a.; ZfVB 1991/3/1122).

Hier konnte vielmehr ein als gesichert anzusehender Beweis erbracht werden, daß die Berufungswerber zur Tatzeit als Lenkerin nicht fungiert hat.

6.2. Abschließend sei noch erwähnt, daß hier der Gesetzgeber gerufen wäre, derartige, über den Umweg eines hohen Verwaltungsaufwandes erreichbare verfahrensrechtliche Nischen um einer Strafverfolgung zu entgehen, zu schließen.

Dabei ist auf die mit BGBl.Nr.158 am 1. Jänner 1999 in Kraft tretende Novellierung des § 32 VStG hinzuweisen. Der dieser Bestimmung hinzugefügte Absatz 3 erstreckt etwa die Wirkung einer Verfolgungshandlung die gegen einen zur Vertretung nach außen Berufenen (§9 Abs.1 VStG) gerichtet wurde, auch gegen die anderen zur Vertretung nach außen Berufenen und die verantwortlichen Beauftragten.

Die Logik dieser legistischen Maßnahme ließe sich gut auf die Verfolgungshandlung einer deliktsspezifischen Fahrt mit einem Kraftfahrzeug umlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum