Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400849/4/WEI//Ps

Linz, 30.10.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde der S B, geb., t Staatsangehörige, dzt. Schubhaft im Polizeianhaltezentrum Salzburg, vertreten durch Dr. A N, Dr. S H, Dr. T H, Rechtsanwälte in V, S, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der Antrag auf Aufhebung des Schubhaftbescheides wird zurückgewiesen.

 

II. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2006) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde von folgender S a c h l a g e aus:

 

1.1. Die Bfin, eine t Staatsangehörige, reiste am 13. September 2006 von der S kommend illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich ein und brachte in der Folge am 2. Oktober 2006 beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West (im Folgenden: BAA EAST West), ein Asylbegehren ein.

 

Nach den Angaben der Bfin am 5. Oktober 2006 vor dem BAA EAST West habe sie am 27. April 2005 ihre Heimat verlassen und sei dann mit einem S Visum von I nach Z geflogen, um ihren Ehegatten in der S in B heiraten zu können. Bereits im Juli 2005 habe sie sich wieder scheiden lassen, da ihr Mann mit Drogen zu tun hatte. Sie war dann bis Mitte September 2006 in B bei ihrem Onkel wohnhaft und bezog Sozialhilfe. Sogar eine Arbeitsgenehmigung hatte sie bekommen. Von B reiste sie dann illegal nach Österreich und meldete sich am 28. September 2006 bei ihren Eltern in R, H, polizeilich an, bevor sie den Asylantrag einbrachte. Auf Grund der Gebietsbeschränkung für den Bezirk Vöcklabruck meldete sie sich in Untermiete bei Herrn B D (Freund des Vaters) in V, W, an und bei ihren Eltern ab.

 

1.2. Mit Schreiben vom 5. Oktober 2006 hat die belangte Behörde im Wege der Sicherheitsdirektion für V nach dem Abkommen zwischen Österreich und der S betreffend Übernahme von Personen an der Grenze einen Antrag bezüglich der Bfin gestellt. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2006 teilte die Sicherheitsdirektion für V mit, dass die Kantonspolizei St. G der beantragten Rückübernahme zugestimmt habe und nur noch ein Überstellungstermin zu vereinbaren wäre.

 

1.3. Das BAA EAST West hatte versucht eine Ladung zur ergänzenden Einvernahme am 16. Oktober 2006 um 08.00 Uhr zuzustellen. Die Ladung konnte aber laut RSa nicht zugestellt werden, weshalb die Einvernahme auf 17. Oktober 2006 um 11.00 Uhr verschoben und die Polizei Vöcklabruck beauftragt wurde, den Ladungsbescheid umgehend zuzustellen. Da die Bfin an ihrer Wohnadresse nicht anwesend war, konnte die Zustellung zunächst auch nicht im Wege der Polizeiinspektion erfolgen. Der Untervermieter habe mitgeteilt, dass er annehme, die Bfin halte sich in G auf. Die Ladung wurde bei der Polizeiinspektion zur Abholung bereitgehalten und wurde dann auch später noch am 16. Oktober 2006 abgeholt. Die Bfin erschien dann am 17. Oktober 2006 zur asylrechtlichen Einvernahme (Aktenvermerk vom 17.10.2006).

 

Anlässlich der ergänzenden asylrechtlichen Einvernahme vom 17. Oktober 2006 hielt die Bfin nach Rechtsberatung ihre bisherigen Angaben aufrecht. Zur beabsichtigten Rückschiebung der Bfin in die S erklärte sie, dass sie dort nicht leben könnte, weil sie dort keinen Menschen hätte, der sie unterstützen könne. Über Vorhalt meinte sie, dass sie bei der Familie ihrer Schwester oder bei Cousins nicht leben könnte. Sie hätte nicht das Recht, sich in eine Familie einzunisten. In der S werde man sie in ein Lager schicken. Sie wolle hier bei ihren Eltern leben. In der S werde sie Probleme kriegen und in die T abgeschoben werden.

 

1.4. Mit Bescheid vom 17. Oktober 2006, Zl. 06 10.410-EAST-WEST, wurde im Spruchpunkt I der Antrag der Bfin auf internationalen Schutz vom 2. Oktober 2006 gemäß § 4 Abs 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Im Spruchpunkt II wurde die Bfin gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die S ausgewiesen. Dieser Bescheid wurde der Bfin nach der Einvernahme am 17. Oktober 2006  ausgefolgt.

 

Begründend wird § 4 AsylG 2005 wiedergegeben und auf den Schutz im sicheren Drittstaat S (vgl § 39 Abs 4 Z 7 AsylG 2005) abgestellt. Weiters sei nach § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 die Zurückweisung mit einer Ausweisung zu verbinden. Den Eingriff in das Privat- und Familienleben nach Art 8 EMRK hielte die Asylbehörde für gerechtfertigt. Der Aufenthalt der Bfin in Österreich wurde durch Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle und anschließender Stellung eines Asylantrags begründet. Sie bezog in der S Sozialhilfe, lebte dort über ein Jahr und hatte auch eine unbefristete Arbeitserlaubnis. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung vertrat die Asylbehörde die Ansicht, dass dem privaten Interesse der Bfin an einem weiteren Aufenthalt in Österreich gegenüber dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen ein geringerer Stellenwert zukomme. Deshalb sei die Ausweisung trotz familiärer Anknüpfungspunkte in Österreich dringend geboten, um die im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele zu erreichen. Aus dem Verhalten der Bfin könne auch keineswegs Ausreisewilligkeit abgeleitet werden. Sie habe auch keine konkreten glaubhaften Gründe für eine unmenschliche Behandlung vorgebracht.

 

1.5. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 17. Oktober 2006, Zl. Sich 40-2964-2006, wurde über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bfin) auf der Basis des § 76 Abs 2 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, iVm § 80 Abs. 5 FPG und iVm § 57 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG zur Sicherung der Abschiebung (mit dem offenbar irrtümlichen Zusatz "nach N") die Schubhaft verhängt. Die Bfin hat den Bescheid am 17. Oktober 2006 übernommen und wurde noch am gleichen Tag in das Polizeianhaltezentrum (PAZ) der Bundespolizeidirektion Salzburg überstellt. Dabei ging die belangte Behörde im Wesentlichen vom oben geschilderten Sachverhalt aus.

 

In ihrer Begründung führt die belangte Behörde weiter an, dass die Bfin in V einen bloßen Scheinwohnsitz habe, um im Bezirk V wohnhaft zu sein. Erst durch umfangreiche Ermittlungen habe ihr tatsächlicher Aufenthalt in Erfahrung gebracht werden können. Dazu müsse auf Grund ihrer illegalen Einreise und dem Bestreben in Österreich zu bleiben davon ausgegangen werden, dass sie eine Abschiebung in die S mit allen Mitteln zu verhindern versuchen werde. Nach ihren Angaben im Asylverfahren wäre anzunehmen, dass sich die Bfin der kurz bevorstehenden Abschiebung in die S widersetzen, neuerlich Scheinadressen begründen und an unbekannten Orten illegal aufhalten werde. Ein gelinderes Mittel würde auch die große Gefahr beinhalten, dass die Bfin ihren Unterhalt auf illegale Weise bestreiten müsste.

 

1.6. Gegen die Anhaltung in Schubhaft richtete sich die am 24. Oktober 2006 beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachte Beschwerde vom 20. Oktober 2006 mit den Anträgen, den angefochtenen Schubhaftbescheid kostenpflichtig als rechtswidrig aufzuheben, in eventu festzustellen, dass die weitere Anhaltung rechtswidrig sei und die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen.

 

2.1. In der Schubhaftbeschwerde wird zunächst ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung angeführt, weil im Spruch von der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nach N und nicht in die S die Rede ist.

 

Die Beschwerde meint weiter, dass noch keine durchsetzbare Ausweisung vorliege. Dies im Hinblick auf § 36 Abs 1 AsylG 2005, weil noch nicht feststünde, ob der Unabhängige Bundesasylsenat einer Berufung gegen die Ausweisung aufschiebende Wirkung zuerkenne.

 

Die belangte Behörde habe auch keine hinreichend bestimmten Tatsachen im Sinne des § 76 Abs 1 FPG angeführt. Unrichtig sei auch die Behauptung, bei der Wohnadresse in V handle es sich um eine Scheinadresse. Sie habe sich tatsächlich bei B D aufgehalten. Dessen Nichteinvernahme werde als Verfahrensmangel gerügt.

 

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätten gelindere Mittel angeordnet werden müssen. Die Bfin habe einen Wohnsitz gehabt und werde von ihren Eltern unterstützt. Fluchtgefahr oder die Gefahr des Untertauchens hätte nicht bestanden.

Die Anhaltung in Schubhaft verstoße überdies gegen Art 8 EMRK und verhindere die Familienzusammenführung. Die Rechtsgrundlagen des FPG wären in denkunmöglicher Weise angewendet worden. Die "angefochtene Entscheidung" entspreche nicht dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit und sei die Schubhaft auch aus diesem Grund rechtswidrig.

 

2.2. Die belangte Behörde hat die Bezug habenden Verwaltungsakten per Telefax vorgelegt (Einlangen 25.10.2006) und beantragt, die Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen. In der Sache wird darauf hingewiesen, dass in der Beschwerde der Unterschied zwischen durchsetzbar und durchführbar nicht erkannt wurde. Eine Berufung im Asylverfahren sei bis zur Aktenvorlage beim BAA EAST West auch noch nicht eingelangt.

 

Zum "Scheinwohnsitz" meint die belangte Behörde, dass die Bfin, obwohl sie als mittellos zu betrachten sei, die bundesbetreute Unterkunft als Asylwerberin nicht in Anspruch nahm. Erst nach Belehrung im Zulassungsverfahren am 5. Oktober 2006 habe die Bfin einen Wohnsitz in V in Untermiete begründet. Diese Vorgehensweise sei der belangten Behörde mittlerweile in mehreren Fällen bekannt geworden. Auf die Inanspruchnahme einer bundesbetreuten Unterkunft werde wegen Greifbarkeit verzichtet und ein Wohnsitz in Untermiete gemeldet, wobei die Telefonnummer beim Vermieter hinterlegt werde. Der tatsächliche Aufenthalt werde jeweils verschwiegen. Im Falle einer Zustellung werde der Untermieter kontaktiert, um sich das hinterlegte Schriftstück abzuholen oder abzutauchen. Dies müsse auch bei der Bfin angenommen werden. Mit Zustellung des durchsetzbaren Ausweisungsbescheides sei die Verhängung der Schubhaft unbedingt erforderlich gewesen, um eine Überstellung in die S sicherstellen zu können. Die Bfin habe mehrfach kundgetan, nicht in die S zu wollen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass sie sich der Abschiebung durch Abtauchen widersetzen werde, weswegen von der Anwendung gelinderer Mittel habe zwingend Abstand genommen werden müssen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb gemäß § 83 Abs 2 Z 1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

1.        wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.        wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

3.        wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 83 Abs 4 FPG).

 

Die Bfin wurde in Oberösterreich festgenommen und wird in Vollziehung des Schubhaftbescheides der belangten Behörde im PAZ der BPD Salzburg in Schubhaft angehalten. Ihre Beschwerde wegen Anhaltung in Schubhaft ist zulässig, aber nicht begründet. Der Antrag auf Aufhebung der Schubhaft war zurückzuweisen, weil die Schubhaft gemäß § 81 Abs 1 Z 2 FPG durch Freilassung formlos aufzuheben ist, wenn der unabhängige Verwaltungssenat festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für ihre Fortsetzung nicht vorliegen. Der zugrundeliegende Bescheid gilt dann gemäß § 81 Abs 2 FPG als widerrufen.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

  1. gegen ihn eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 80 Abs 5 FPG kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 FPG verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des § 80 Abs 4 Z 1 bis 3 vor. Wird der Berufung gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates (UBAS) aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrecht erhalten werden, wenn der UBAS eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt.

 

Nach § 36 Abs 1 AsylG 2005 kommt einer Berufung gegen eine zurückweisende Entscheidung der Asylbehörde aufschiebende Wirkung nicht zu, es sei denn, sie wird ihr vom UBAS zuerkannt. Gemäß § 37 Abs 1 AsylG 2005 kann der UBAS binnen sieben Tagen ab Berufungsvorlage der Berufung gegen die mit der Zurückweisung verbundene Ausweisung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

 

Nach § 36 Abs 4 Satz 1 AsylG 2005 ist die Ausweisung durchsetzbar, wenn der Berufung gegen die Ausweisung die aufschiebende Wirkung nicht zukommt. Mit der Durchführung der diese Ausweisung umsetzenden Abschiebung oder Zurückschiebung ist nach dem § 36 Abs 4 Satz 2 leg.cit. bis zum Ende der Rechtsmittelfrist; wird ein Rechtsmittel ergriffen bis zum Ablauf des siebenten Tages ab Berufungsvorlage zuzuwarten. Der UBAS hat das Bundesasylamt unverzüglich vom Einlangen der Berufungsvorlage und von der Gewährung der aufschiebenden Wirkung in Kenntnis zu setzen.

 

4.3. Die Beschwerde verkennt, dass eine durchsetzbare Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 gegen die Bfin vorliegt. Sie verwechselt offenbar die aus dem § 36 Abs 4 AsylG 2005 folgende Unterscheidung zwischen Durchsetzbarkeit und Durchführbarkeit. Bis zum Zeitpunkt der Aktenvorlage ist noch keine Berufung gegen den Asylbescheid eingebracht worden. Sollte eine solche eingebracht werden, kommt ihr ex lege keine aufschiebende Wirkung zu, sondern müsste vom UBAS binnen sieben Tagen ab Berufungsvorlage zuerkannt werden. Mit der Durchführung der Abschiebung zur Umsetzung der Ausweisung ist daher zuzuwarten. Dies vermag nichts daran zu ändern, dass die Ausweisung vorläufig als durchsetzbar anzusehen ist.

 

Die belangte Behörde konnte die Verhängung der Schubhaft somit zu Recht auf § 76 Abs 2 Z 1 FPG stützen. Ansonsten wäre aber auch noch an § 76 Abs 2 Z 2 FPG zu denken, weil jedenfalls ein asylrechtliches  Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde.

Der Hinweis der Beschwerde auf § 76 Abs 1 FPG und die hinreichend bestimmten Tatsachen geht schon deshalb ins Leere. Außerdem hält sich die Bfin auch nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Der offenkundige und damit berichtigungsfähige – weil offenbar auf einem Versehen iSd § 62 Abs 4 AVG beruhende – Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des Schubhaftbescheides hinsichtlich des Zusatzes "nach N" liegt zwar vor, kann aber die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft nicht begründen. Es handelt sich dabei ohnehin um eine nach dem Fremdenrecht überflüssige Wendung, weil die Schubhaft nach § 76 Abs 1 oder 2 FPG schlechthin zur Sicherung der Abschiebung ohne Angabe des Ziellandes anzuordnen ist. Dies folgt auch aus § 46 Abs 1 FPG, dem zu entnehmen ist, dass das Gesetz unter Abschiebung bloß das Verhalten eines Fremden zur Ausreise versteht.

 

4.4. Gemäß § 77 Abs 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

Der Oö. Verwaltungssenat vertritt mit der belangten Behörde die Ansicht, dass im gegenständlichen Fall der Zweck der Schubhaft durch gelindere Mittel nicht erreicht werden könnte. Das gesamte bisherige Verhalten der Bfin lässt erkennen, dass sie sich nicht um die fremderechtlichen Einreise- und Aufenthaltsvorschriften kümmert.

 

Da ihr Asylverfahren bisher nicht zugelassen wurde, hält sich die Bfin unrechtmäßig in Österreich auf. Sie ist mittellos und voraussichtlich nicht in der Lage ihren Aufenthalt zu legalisieren. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass unter den gegebenen Umständen die Anwendung gelinderer Mittel nicht gerechtfertigt sein kann. Vielmehr muss mit der belangten Behörde angenommen werden, dass die Bfin im Wissen um ihre kurz bevorstehende Abschiebung in die S, wohin sie keinesfalls zurück will, auf freiem Fuß untertauchen und ihren Unterhalt auf illegale Weise bestreiten würde. Ihre Hemmschwelle gegenüber rechtswidrigem Verhalten ist eher als gering einzuschätzen. Es kann jedenfalls nicht angenommen werden, dass sich die Bfin freiwillig dem Zugriff der Behörden stellen würde. Daran könnte auch die finanzielle Unterstützung durch ihre Eltern nichts ändern. Vielmehr ist ihr zuzutrauen, alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, um einer Abschiebung in die S zu entgehen.

 

Es liegen daher genügend Gründe für die Annahme vor, dass der Zweck der Schubhaft mit der Anwendung gelinderer Mittel nicht erreicht werden könnte. Zum geltend gemachten Eingriff in das Privat- und Familienleben genügt es darauf hinzuweisen, dass die fremdenrechtlichen Maßnahmen zur Erreichung der Ziele iSd Art 8 Abs 2 EMRK dringend geboten sind. Das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen überwiegt dabei die privaten Interessen der Bfin eindeutig.

 

Im Ergebnis war daher die vorliegende Schubhaftbeschwerde mit der Feststellung iSd § 83 Abs 4 FPG als unbegründet abzuweisen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der belangten Behörde als obsiegender Partei nach § 79a AVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 (BGBl II Nr. 334/2003) antragsgemäß der notwendige Verfahrensaufwand in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

 

Analog dem § 59 Abs. 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl. Erl. zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1 Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 13 Euro (§ 14 TP 6 Abs 1 GebG) sowie von 7,20 Euro für eine Beilage zu 2 Bögen und von 18 Euro für eine weitere Beilage zu 5 Bögen (§ 14 TP 5 Abs 1 GebG), insgesamt daher von 38,20 Euro angefallen.

 

Dr. W e i ß

 

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