Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161551/2/Kei/Bb/Ps

Linz, 23.11.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Herrn M M, G, S, vom 1.8.2006 gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 12.7.2006, Zl.: VerkR96-8438-2006, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), zu Recht:

 

I.                     Der Berufung gegen Punkt 1) wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.  

 

II.                   Es entfällt hinsichtlich Punkt 1) die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

I.  § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG und § 45 Abs.1 Z2 VStG.

II. § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber Punkt 1) des in der Präambel zitierten Straferkenntnisses wie folgt erlassen:

 

"Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass eine unzulässige Änderung an Teilen und Ausrüstungsgegenständen eines genehmigten Fahrzeuges vorgenommen wurde, wodurch deren Eigenschaften oder Wirkung im Sinne der Verkehrs- oder Betriebssicherheit herabgesetzt wurden. Es war(en) die Heckscheibe und die hinteren Seitenscheiben mit verdunkelnder Folie beklebt.

 

Tatort: Gemeinde Schwanenstadt, Landesstraße Ortsgebiet, Nr. 1 bei km 234.200.

Tatzeit: 03.04.2006, 14:15 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 102 Abs.1 KFG i.V.m. § 33 Abs.6 KFG

 

Fahrzeug:

Kennzeichen, Personenkraftwagen, S, b." 

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von 80 Euro (Verfahrenskostenbeitrag 8 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt. Der zu zahlende Gesamtbetrag für Punkt 1) beträgt daher 88 Euro.

 

2. Gegen Punkt 1) dieses Straferkenntnisses hat der Berufungswerber innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 1.8.2006 eingebracht.

Darin bringt er vor, dass er den Typengenehmigungsbescheid mitgeführt habe und etwas anderes laut Auskunft des Amtes der Oö. Landesregierung auch nicht erforderlich sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung entfällt, weil sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt und eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht beantragt wurde (§ 51e Abs.2 ff VStG).

 

5. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Am 3.4.2006 um 14.15 Uhr wurde der Lenker des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen, dessen Zulassungsbesitzer der Berufungswerber ist, in Schwanenstadt auf der B1 bei Strkm 234.200 zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten. Dabei wurde von Organen der PI Lenzing ua. festgestellt, dass die Heckscheibe und die hinteren Seitenscheiben des verfahrensgegenständlichen Personenkraftwagens mit verdunkelnder Folie beklebt waren. Es wurde sodann von den Organen gegen den Lenker Anzeige wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.1 iVm § 33 Abs.6 KFG erstattet.

 

Der belangten Behörde wurde im Zuge der Einspruchserhebung durch den Berufungswerber ein Typengenehmigungsbescheid für 3M Scotchtint Sonnenschutzfilm PNTHR 20, D5020 des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 16.9.1994 vorgelegt, woraus die firmenmäßige Typenbezeichnung ATR 20 CHSRHPR und das Genehmigungszeichen D5167 ersichtlich sind. Gemäß Punkt 6 lit.e des Bescheides dürfen die genehmigten Folien nur zur nachträglichen Aufbringung an der Innenseite von nicht getönten Fahrzeugscheiben, die für die Sicht des Lenkers nicht von Bedeutung sind, verwendet werden.

 

Das anzeigende Straßenaufsichtsorgan hielt in seiner anschließenden Stellungnahme fest, dass der Berufungswerber einen Typengenehmigungsbescheid vorzeigte. Es sei ihm jedoch erklärt worden, dass zu diesem Bescheid eine Einbaubestätigung einer zu diesem Einbau autorisierten Firma erforderlich sei, welche der Berufungswerber jedoch nicht vorweisen habe können.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 102 Abs.1 KFG darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

 

Gemäß § 33 Abs.6 KFG sind Änderungen an Teilen und Ausrüstungsgegenständen von genehmigten Fahrzeugen, durch die deren Eigenschaften oder deren Wirkung im Sinne der Verkehrs- oder Betriebssicherheit herabgesetzt werden können, unzulässig.
 

Gemäß § 7a Abs.3 KDV ist das Anbringen von Splitterschutzfolien auf allen Seitenscheiben, auf der Heckscheibe und auf Dachfenstern zulässig. Das Anbringen von Tönungsfolien ist auf Seitenscheiben ab der zweiten Sitzreihe nach hinten, auf der Heckscheibe und auf Dachfenstern zulässig, sofern es sich nicht um Scheiben handelt, die gemäß der ECE-Regelung Nr. 43 mit dem Symbol "V" im Genehmigungszeichen gekennzeichnet sind. Das Glas darf mit der Folie nur bis zur Scheibenhalterung beschichtet werden, ein Verklemmen mit dem Rahmen oder der Dichtung ist auszuschließen. Durch das Anbringen der Folie darf keine Erhöhung des Verletzungsrisikos durch Glassplitter eintreten. Keinesfalls dürfen mehrere Folien übereinander angebracht werden.

 

Nach § 7a Abs.4 KDV hat der vom Folienhersteller geschulte und berechtigte Gewerbebetrieb über die ordnungsgemäße Anbringung der Folie eine Bestätigung auszustellen und diese mit einer Abschrift des Typengenehmigungsbescheides der Folie dem Kunden auszuhändigen. Der Lenker hat diese Bestätigung und die Abschrift des Typengenehmigungsbescheides auf Fahrten mitzuführen und den Organen der Straßenaufsicht oder des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei Kontrollen auf Verlangen auszuhändigen.

 

Unstrittig ist, dass die Heckscheibe und die hinteren Seitenscheiben des Personenkraftwagens des Berufungswerbers mit dunklen Folien beklebt waren.

Mangels Angaben der Genehmigungsnummer bzw. des Prüfzeichens durch das anzeigende Organ in der Anzeige ist davon auszugehen, dass bei der Kontrolle eine zulässige Folie und zwar jene, für welche der Berufungswerber dem Kontrollbeamten und auch der Erstinstanz den Typengenehmigungsbescheid (D5020) vorgelegt hat, am Fahrzeug angebracht war. Für einen zwischenzeitigen Austausch der Folie finden sich keine Anhaltspunkte. Da sich in der "GENDIS-Anzeige" kein Hinweis darauf findet, wird diesbezüglich der Darstellung des Berufungswerbers gefolgt und angenommen, dass zum Vorfallszeitpunkt die Folie mit dem Genehmigungszeichen D5020 angebracht war. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Berufungswerber bei Vorliegen einer entsprechenden Genehmigung auch eine nicht genehmigte Folie verwendet haben sollte.

 

In Österreich dürfen nur typengenehmigte Scheibenfolien verwendet werden. Bei der Folie mit dem Genehmigungszeichen D5020 handelt es sich um eine sogenannte typengenehmigte Tönungsfolie, deren Anbringung auf Seitenscheiben ab der zweiten Sitzreihe nach hinten, auf der Heckscheibe und auf Dachfenstern zulässig ist, sofern es sich nicht um Scheiben handelt, die gemäß der ECE-Regelung Nr. 43 mit dem Symbol "V" im Genehmigungszeichen gekennzeichnet sind.

Da der Berufungswerber somit eine solche typengenehmigte Folie an Stellen (Heckscheibe und hintere Seitenscheiben), an denen die Anbringung der Folie zulässig ist, angebracht hatte, hat er keine unzulässige Änderung am Fahrzeug vorgenommen und somit die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen.

 

Der Berufungswerber hat lediglich in unbestrittener Weise keine Bestätigung über den sach- bzw. fachgerechten Einbau mitgeführt und nicht vorgewiesen bzw. dürfte er offenbar nicht im Besitz einer derartigen Bestätigung sein, obwohl iSd § 7a Abs.4 KDV der Lenker die Bestätigung über ordnungsgemäße Anbringung der Folie zusammen mit einer Abschrift des Typengenehmigungsbescheides der Folie auf Fahrten mitzuführen und den Organen der Straßenaufsicht oder des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei Kontrollen auf Verlangen auszuhändigen hat.

Mit dem Erlass des BMVIT, Zl. 190500/1-II/ST4/04 vom 23.4.2004 wurde die Anforderung und Prüfung von Folien auf Scheiben von Kraftfahrzeugen geregelt. Unter anderem wird in diesem Erlass ausgeführt, dass, sollte eine Kopie des Genehmigungsbescheides und/oder die oben erwähnte Bestätigung über den sach- und fachgerechten Einbau nicht vorhanden sein, die Anbringung der Scheibenfolien beim Landeshauptmann anzeigepflichtig ist.

 

Diesbezüglich wurde kein Verwaltungsstrafverfahren geführt. Diese Übertretung(en) kann (können) daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr verfolgt werden und es war das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren, da der Berufungswerber die ihm angelastete Übertretung nach § 102 Abs.1 iVm § 33 Abs.6 KFG nicht begangen hat, gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG, einzustellen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr.  Keinberger        

 

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