Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106336/9/BR

Linz, 08.06.1999

VwSen-106336/9/BR Linz, am 8. Juni 1999

DVR.0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen, AZ. VerkR96-2282-1998, vom 19. Februar 1999, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 8. Juni 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird im Punkt 1.) keine Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt, daß dieser in Abänderung zu lauten hat:

"Sie haben am 23. März 1998 im Gemeindegebiet von Kefermarkt auf der B 125 in Fahrtrichtung Freistadt als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen gegen 13.45 Uhr bei Strkm 32.100 ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt, obwohl zum Zeitpunkt der Einleitung des Überholvorganges nicht gewährleistet war, daß Sie nach dem Überholvorgang Ihr Fahrzeug wieder sicher in den Verkehr einordnen können würden ohne dabei andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern, weil wegen der Nähe eines entgegenkommenden Fahrzeuges beim Wiedereinordnen auf den rechten Fahrstreifen der Sicherheitsabstand zum überholten Kraftfahrzeug so stark verkürzt werden mußte, daß hiedurch zumindest dessen Lenker zum Abbremsen seines Fahrzeuges veranlaßt war und somit behindert wurde."

Als verletzte Rechtsnorm ist § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 zu zitieren.

Im Punkt 2.) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - AVG, iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - VStG;

II. Im Punkt 1.) werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 200 S (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

Im Punkt 2.) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1, 2 u. § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat wider den Berufungswerber mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis zwei Geldstrafen von je 1.000 S und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je 30 Stunden verhängt und in dessen Spruch folgende Tatvorwürfe erhoben:

"Sie haben am 23.3.1998 im Gemeindegebiet von Kefermarkt auf der Prager Straße B 125 von Neumarkt i.M. kommend in Richtung Freistadt fahrend als Lenker des PKWs der Marke BMW mit dem behördlichen Kennzeichen

1.) gegen 13.45 Uhr auf Höhe des Strkm.s 32,100 der B 125 trotz Gegenverkehrs ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt, wobei der Lenker des entgegenkommenden Fahrzeuges, da er sich behindert bzw. gefährdet fühlte, die Lichthupe betätigte, obwohl der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen darf, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten und

2.) kurz nach 13.45 Uhr auf Höhe des Strkm.s 32,600 der B 125 trotz Gegenverkehrs nochmals ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt, wobei abermals der Lenker des entgegenkommenden Fahrzeuges, da er sich behindert bzw. gefährdet fühlte, die Lichthupe betätigte, obwohl der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen darf, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten".

1.1. Die Erstbehörde stützte ihre Entscheidung auf die Angaben des Zeugen K, welcher den Überholvorgang während der gegenständlichen unmittelbaren Wahrnehmung noch per Handy beim LGK f. Oö. Außenstelle Neumarkt zur Anzeige brachte. Inhaltlich wurde die Gefährdung des Gegenverkehrs durch dessen als erwiesen erachtetes "Aufblenden" mittels Scheinwerfer als erwiesen erblickt.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber durch seinen Rechtsvertreter folgendes aus:

"In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte durch seinen ausgewiesenen Rechtsanwalt Dr. Erich K, Rechtsanwalt, A gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 19.2.1999, VerkR 96-22821998, zugestellt am 23.2.1999, sohin binnen offener Frist nachstehende

BERUFUNG

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und begründet diese wie folgt:

Das Straferkenntnis wird zur Gänze angefochten und als Berufungsgründe werden geltend gemacht:

1.) Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

Das Beweisverfahren ist in seiner Gesamtheit deshalb mangelhaft, weil die Erstbehörde keinerlei dezitierten Nachweis erbracht hat, daß der Berufungswerber durch sein durchgeführtes Überholmanöver mit seinem PKW der Marke BMW, , tatsächlich den Lenker eines entgegenkommenden Fahrzeuges, oder einen anderen Verkehrsteilnehmer, insbesondere den Zeugen Erich K, behindert oder gefährdet hätte.

Die im angefochtenen Straferkenntnis in zwei Fällen ausgesprochene Gefährdung oder Behinderung des entgegenkommenden Verkehrs resultiert lediglich auf der Zeugenaussage des überholten Fahrzeuglenkers, Herrn Erich K, welcher mittels Mobiltelefon Anzeige beim Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich, Verkehrsabteilung, erstattete.

In seiner vor der Bezirkshauptmannschaft Freistadt abgehaltenen Niederschrift (28.5.1998) gibt der Zeuge Erich K an, daß er keineswegs mit Sicherheit behaupten könne, daß die entgegenkommenden Fahrzeuge aufgrund des Überholmanövers des Berufungswerbers ihre Fahrzeuge abbremsen oder ablenken mußten.

Der Zeuge hatte lediglich erkennen können, daß ein entgegenkommendes Fahrzeug die Lichthupe betätigt hat, was aber kein Beweis, sondern - wenn überhaupt - lediglich eine vage Vermutung für eine allfällige Gefährdung sein kann. Diesbezüglich wäre es im erstbehördlichen Verfahren unbedingt notwendig gewesen, den Lenker des entgegenkommenden Fahrzeuges zu vernehmen, um dessen subjektive Gefährdung feststellen zu können. Dies war aber aufgrund der Aussagen des Zeugen K, der keine Autokennzeichen des entgegenkommenden Fahrzeuges festgestellt hat, nicht möglich.

Allein auf die Aussage des Zeugen K bezüglich der Lichthupe auf eine Gefährdung des entgegenkommenden Fahrzeuges zu schließen, ist auch bei Berücksichtigung der "Möglichkeit einer Gefährdung" in jedem Fall zu wenig und rein hypothetisch.

Des weiteren hat der Zeuge K in seiner Vernehmung angegeben, daß er gefährdet bzw. behindert worden wäre, weil sich der Berufungswerber knapp vor seinem Fahrzeug wieder im rechten Fahrstreifen eingeordnet hat, sodaß er das Fahrzeug abbremsen mußte.

Wäre der Zeuge K tatsächlich einer massiven Gefährdung oder Behinderung ausgesetzt gewesen, so hätte er anläßlich seiner Vernehmung vielmehr von einer starken oder abrupten Betriebs- oder gar Notbremsung gesprochen, jedenfalls aber angegeben, daß diese Bremsung des Fahrzeuges entgegen der Angaben in seiner Niederschrift außergewöhnlich stark gewesen war. Die Tatsache allein, daß ein Verkehrsteilnehmer sein Fahrzeug abbremsen muß, passiert im Straßenverkehr in vielen tausenden Fällen, so müßte sich jeder Verkehrsteilnehmer, der aufgrund des Flusses des Straßenverkehrs sein Fahrzeug abbremsen muß, schon tatsächlich gefährdet oder behindert fühlen.

Fest steht dadurch, daß eine Gefährdung bzw. Behinderung des Zeugen K hier nicht vorgelegen hat, dies hätte er in seiner Zeugenaussage massiv zum Ausdruck bringen müssen.

Im übrigen hat der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Vertreter in der Stellungnahme vom 1.9.1998 die Abhaltung eines Ortsaugenscheines unter Beiziehung des Zeugen angeregt, um eine bessere Darstellung der Örtlichkeiten und des damaligen Geschehens ermöglichen zu können. Diese Anregung bzw. diesen Beweisantrag hat die Erstbehörde offenkundig nicht für notwendig gehalten, dies wäre jedoch zur eindeutigen Beweisführung nach Ansicht des Berufungswerbers unbedingt notwendig gewesen. Die Behörde geht sogar soweit, daß diese Beweismittel völlig übergangen werden und - zumindest nachvollziehbar - eine Auseinandersetzung mit der Notwendigkeit der Abführung dieser Beweise nicht vorgenommen worden ist.

Es liegt hier somit Unvollständigkeit bzw. Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor, und stellt hiemit der Berufungswerber neuerlich den Antrag auf Abhaltung eines Ortsaugenscheines unter Beiziehung des genannten Zeugen an.

Was Punkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses betrifft, so hat die Erstbehörde hier dem Berufungswerber ein zweites Überholmanöver vorgeworfen, welches trotz Gegenverkehr bzw. in Gefährdung bzw. Behinderung desselben durchgeführt worden sei.

Dies ebenfalls lediglich aufgrund der Zeugenaussage des Herrn Erich K, der jedoch dazu nur Nachstehendes angibt:

In der Folge überholte dieser Lenker ein weiteres Mal trotz Gegenverkehr. Die Überholvorgänge erfolgten bei den in der Anzeige angeführten Straßenkilometern, die offenbar von den eingeschrittenen Gendarmerieorganen anhand meiner Angaben festgestellt wurden.

Aus der gesamten Zeugenaussage des Zeugen Erich K geht nicht hervor, daß beim weiteren Überholmanöver irgend ein Verkehrsteilnehmer einer Gefährdung oder Behinderung welcher Art auch immer unterlegen war.

Der Zeuge Erich K spricht lediglich von einem Überholmanöver trotz Gegenverkehr, was grundsätzlich nach der StVO nicht verboten ist, soferne dieses Überholmanöver rechtzeitig und ordnungsgemäß ohne Gefährdung bzw. Behinderung der übrigen Verkehrsteilnehmer durchgeführt werden kann.

Die Tatsache, daß Gegenverkehr vorgelegen hat, ist nicht alleine entscheidend, dies kommt in tausenden Situationen im Straßenverkehr vor. Aus dieser Aussage des Zeugen K jedoch eine Gefährdung bzw. Behinderung des Gegenverkehrs zu konstruieren, stellt wiederum einen Verfahrensmangel dar, da keinerlei Anhaltspunkte für eine tatsächliche Gefährdung bzw. Behinderung eines weiteren entgegenkommenden Fahrzeuges gegeben war, lediglich die subjektive Beobachtung des Zeugen K.

2.) Unrichtige Beweiswürdigung:

Die Behörde gelangt aufgrund der vorliegenden Zeugenaussage zu dem Ergebnis, daß der Berufungswerber zweimal ein gefährliches Überholmanöver durchgeführt hätte.

Aufgrund des mangelhaft durchgeführten Verfahrens, insbesondere aus der äußerst dürftigen Aussage des Zeugen Erich K, kann jedoch keineswegs der von der Erstbehörde als erwiesen angenommene Sachverhalt abgeleitet werden.

o fühlte sich der Zeuge K selbst gefährdet und behindert durch seine -

So fühlte sich der Zeuge K selbst gefährdet und behindert durch seine - wie oben schon ausführlich dargetan - Abbremsung des Fahrzeuges, wobei er jedoch selbst keineswegs von einer außergewöhnlichen Betriebsbremsung oder ähnlichem spricht.

Alleine die Tatsache, daß kein abruptes Bremsmanöver vom Zeugen K durchgeführt wurde - wie dieser selbst angibt - kann keineswegs eine tatsächliche Gefährdung bzw. Behinderung geschlossen werden.

Was Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses betrifft, so schließt die Erstbehörde aus der Beobachtung des Zeugen K lediglich aufgrund der Tatsache, daß es Gegenverkehr gegeben hat, ohne irgend ein Entfernungsmaß oder ähnliches zu berücksichtigen, eine Gefährdung oder Behinderung von wem auch immer vorgelegen haben muß.

Dies ist jedoch wiederum aufgrund des völlig unzureichenden Beweisverfahrens seitens der Erstbehörde nicht möglich, bzw. entbehrt jeglicher Grundlage.

Im übrigen ist dem Erstbescheid eine willkürliche und vorgreifende Beweiswürdigung anzulasten, was sich aus nachstehenden "Begründungen" ersehen läßt:

Beispielsweise erschließt die Erstbehörde willkürlich, weil nicht nachvollziehbar, daß aus den Angaben des Anzeigers, wonach die entgegenkommenden Verkehrsteilnehmer die Lichthupe betätigt hätten, es unbestritten sei, daß sich diese Lenker gefährdet oder behindert gefühlt hätten. Die Beweggründe dieser, dem Beweisverfahren nicht beigezogenen Verkehrsteilnehmer für das Betätigen der Lichthupe konnten in keinster Weise erschlossen werden. Weshalb die Erstbehörde aufgrund der Aussage des Anzeigers es allerdings als unbestritten erachtet, daß eine Gefährdung, bzw. Behinderung der entgegenkommenden Verkehrsteilnehmer zu erschließen sei, bleibt unerfindlich und vor allem nicht nachvollziehbar.

Die Ausführungen im letzten Absatz auf Seite 4 des Erstbescheides stellen ein klassisches Beispiel für die Annahme einer unüberprüfbaren und willkürlichen, daß heißt nicht gesetzeskonformen Beweiswürdigung dar. Durch den Hinweis, daß aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes, der geltenden Rechtslage und des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens für die Behörde zweifellos feststehe, daß die Verwaltungsübertretungen gesetzt worden seien, wird eine völlig unüberprüfbare Scheinbegründung vorgenommen, die den Erstbescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet.

3.) Unrichtige rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 16 Abs. 1 lit. a StVO darf ein Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist.

Aufgrund des mangelhaften Beweisverfahrens der Erstbehörde ist in keiner Weise bewiesen, daß irgend ein Straßenbenützer, sei es ein entgegenkommender, oder der Zeuge K, tatsächlich gefährdet bzw. behindert worden wäre, oder die Möglichkeit dazu bestanden hätte.

Aufgrund der Angaben des Zeugen K, daß er sein Fahrzeug abbremsen mußte und er sich dadurch gefährdet bzw. behindert gefühlt hat, ist nicht erwiesen, daß tatsächlich eine Gefährdung bzw. Behinderung, oder die Möglichkeit derselben vorgelegen hat.

Allein die subjektive Wahrnehmung eines Verkehrsteilnehmers kann allenfalls für sich selbst, keineswegs jedoch für andere Verkehrsteilnehmer Gültigkeit haben.

Es ist darum eine reine Vermutung der Erstbehörde, daß der dem Berufungswerber vorgeworfene Tatbestand vorgelegen hat, ohne daß dafür wirklich nachhaltige Beweise zur Verfügung stehen.

Aus all diesen Gründen stellt der Berufungswerber an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nachstehende

BERUFUNGSANTRÄGE:

1.) Der Berufung Folge zu geben und das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 19.2.1999 zu GZ VerkR 96-2282-1998 ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen;

2.) in eventu eine mündliche Verhandlung unter Berücksichtigung der vom Berufungswerber angebotenen Beweise abzuhalten;

3.) in eventu die verhängte Strafe schuld- und tatangemessen herabzusetzen.

Linz, am 9.3.1999 W ".

2/2

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen, AZ. VerkR96-5203-1997-SR/KB. Ferner wurde Beweis erhoben durch die Erörterung des Akteninhaltes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, durch die Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten und die Vernehmung des Anzeigers E. K als Zeugen.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber führte an der bezeichneten Örtlichkeit auf einer Freilandstraße und aus einer Fahrgeschwindigkeit von zumindest 70 km/h einen Überholvorgang durch, wobei er wegen der Nähe zum Gegenverkehr nur wenige Meter vor dem Fahrzeug des Zeugen K auf den rechten Fahrstreifen umzuspuren gezwungen war, daß dadurch der Lenker dieses Fahrzeuges beträchtlich abbremsen mußte. Auch der entgegenkommende Fahrzeuglenker gab vermutlich wegen der kurzen Annäherungsdistanz ein optisches Warnsignal. Nach einem weiteren Überholvorgang etwa 400 m weiter wurde ebenfalls durch ein Fahrzeug im Gegenverkehr ein optisches Warnsignal abgegeben, was letztlich den Zeugen K zur Erstattung der Anzeige mittels Mobiltelefon motivierte.

4.2. Der Sachverhalt eines Überholvorganges an sich wird selbst vom Berufungswerber anläßlich der Berufungsverhandlung nicht bestritten. Er vermeinte diesbezüglich lediglich sich an einen Überholvorgang nicht erinnern zu können. Der Zeuge K, welchem als Berufskraftfahrer bzw. Taxilenker durchaus die realistische Einschätzung der Abläufe im Verkehrsgeschehen aus seiner umfangreichen Fahrpraxis wohl zweifelsfrei zugemutet werden kann, schilderte den ersten Überholvorgang in sich schlüssig und gedanklich gut nachvollziehbar. Insbesondere legte er dar, daß er, wegen des auf Grund des herrschenden Gegenverkehrs bedingt gewesenen knappen Einscherens des Angezeigten in die rechte Fahrspur anläßlich des ersten Überholmanövers, sein Fahrzeug erheblich abbremsen mußte. Dabei gab er den Abstand zu seinem Fahrzeug mit nur drei bis fünf Metern an. Diese Feststellung spricht für sich und läßt inhaltlich keinen Zweifel an einer dadurch bedingten Behinderung. Ebenfalls erschien des dem Oö. Verwaltungssenat als keine Übertreibung, wenn der Zeuge durch den kurz darauf erfolgenden zweiten und abermals wegen eines Gegenverkehrs knappen Überholvorgang sich zur Anzeige entschloß. Hinsichtlich des Faktums des knappen Einscherens vor dem Berufungswerber wurde die Bremsung als so stark umschrieben, daß hiedurch der Mitfahrer nach vorne gedrückt wurde. Diesen Angaben vermag durchaus gefolgt werden. Durchaus nachvollziehbar ist auch, wenn dem Zeugen K dieses Verhalten als anzeigewürdig erschien, wobei daraus andererseits wieder der Schluß auf die Richtigkeit dieser Angaben gezogen werden kann. Es deutet ferner nichts darauf hin, daß der Zeuge den Angezeigten wahrheitswidrig mit seiner Aussage belasten wollte.

Hinsichtlich des zweiten Überholvorganges kann eine Behinderung oder Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht schon in der Tatsache des Aufblendens eines Scheinwerfers durch den Gegenverkehr in einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit schlußgefolgert werden. Auch der Beurteilbarkeit des zu diesem Zeitpunkt zumindest den Sicherheitsabstand hinter dem Berufungswerber fahrenden Zeugen in Verbindung mit dessen eigenen Ausführungen - die eine Gefährdung des Gegenverkehrs nicht als sicher bezeichnen - läßt zumindest im Zweifel einen Schuldspruch in diesem Punkt nicht zu.

Ferner ergibt sich auch kein Anhaltspunkt einer spezifischen Behinderung etwa in Form eines sichtbaren Abbremsens eines der Fahrzeuge (der Gegenverkehr und/oder der Überholte).

Die Durchführung eines Ortsaugenscheines konnte daher angesichts der hier nur für den Schuldspruch entscheidungswesentlichen Beurteilung der Behinderung des Anzeigers im Zuge des Einscherens unterbleiben.

Im Hinblick auf die Tatörtlichkeit finden sich keine Anhaltspunkte, die gegen die Richtigkeit sprechen.

5.1. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:

5.1.1. § 16 Abs.1 lit.a und c StVO 1960 lauten:

Der Lenker eines Fahrzeuges darf nicht überholen:

a) wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist,

c) wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern;

5.1.2. Der Zweck der allgemeinen Überholverbotsnormen ist der Ausschluß der Gefährdung von Straßenbenützern. Die Strafnorm des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 läßt in ihrer generalisierenden Form in Verbindung mit den Tatbildern des § 16 StVO keinen Unterschied erkennen, welch anderer Aspekt den Überholverboten innewohnen sollte.

Mit dem hier erwiesenen Verhalten wurde der Unwertspezifität im engsten Sinne des Schutzziels nach § 16 Abs.1 lit.c StVO berührt, indem hier insbesondere der zuletzt überholte Fahrzeuglenker nachteilig betroffen wurde (was real durch die Verkürzung des Sicherheitsabstandes beim knappen Einscheren und die dadurch veranlaßte Bremsung des zuletzt überholten Fahrzeuges geschehen ist). Dies schließt wohl auch den abstrakten Gefährdungsaspekt des Gegenverkehrs - als einen "anderen" Straßenbenützer - noch mit ein.

5.1.3. Eine konkrete Behinderung oder Gefährdung wäre nach dem Tatbild des § 16 Abs.1 lit.c StVO nicht einmal erforderlich. Die Zulässigkeit des Überholens ist nicht vom Endpunkt des Überholmanövers, sondern von dessen Beginn aus zu beurteilen (VwGH 20.11.1967, ZVR 1969/11 u.v.a.). Dabei setzt für eine diesbezügliche Entscheidung grundsätzlich die Feststellung jener Umstände voraus, die für die Länge der für den Überholvorgang benötigten Strecke von Bedeutung ist, das sind in erster Linie die Geschwindigkeiten des Überholenden und des (der) zu überholenden Fahrzeuge(s). Ebenso sind vor dem Überholmanöver Umstände zu beurteilen, welche einem Wiedereinordnen in den Verkehr entgegenstehen könnten (VwGH 12.3.1986, 85/03/0152). Wenn nun ein Überholentschluß trotz Gegenverkehrs gefaßt wird und sich in der Folge ergibt, daß auf Grund der Nähe des Gegenverkehrs das überholte Fahrzeug "geschnitten werden muß", wurde dem Schutzziel des "§ 16 Abs.1 lit.c StVO zuwidergehandelt, indem hiedurch vor allem der überholte Fahrzeuglenker nachteilig betroffen wurde.

Wenngleich die Schutzfunktion hinsichtlich des § 16 Abs.1 lit.a StVO nicht nur darin besteht, einen gefahrlosen Gegenverkehr zu ermöglichen, sondern auch, alle Schäden zu verhindern, die beim Überholen und Wiedereinordnen entstehen können (vgl. OGH 23.11.1977, 8 Ob 160/77, ZVR 1979/120), konnte hier auf Grund des Beweisergebnisses im Berufungsverfahren das Tatverhalten zutreffender unter die Bestimmung des § 16 Abs.1 lit.c StVO subsumiert werden.

5.2. Die Tathandlung, die Tatzeit und der Tatort ergibt sich in unzweifelhafter Form aus dem Akt iVm dem dem Berufungswerber innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist im Rahmen von Verfolgungshandlungen (Ladungsbescheid, Akteneinsicht) zugegangenen Schreiben. Der Berufungswerber wurde durch die hier vorgenommene Präzisierung der Tatumschreibung und der geänderten rechtlichen Subsumtion weder in seinen Verteidigungsrechten verletzt, noch bestand je Gefahr wegen dieses Tatverhaltens ein weiteres Mal verfolgt bzw. bestraft werden zu können. Die im Berufungsverfahren vorgenommene Spruchergänzung diente der Vervollständigung der Tatumschreibung im Hinblick auf das Beweisergebnis im Berufungsverfahren.

5.2.1. Im Recht ist der Berufungswerber jedoch mit seinem Einwand, daß tatsächlich ein ausreichendes Beweisergebnis hinsichtlich einer Behinderung des Gegenverkehrs in keinen der hier verfahrensgegenständlichen Punkten vorliegt.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß hier unter bloßer Ausschöpfung des Strafrahmens mit einem Zehntel sehr niedrig bemessen wurde. Der Strafe kann daher ob des hohen Unwertgehaltes dieses Fahrverhaltens selbst bei bloß eher unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Darüber hinaus scheint hier diese Bestrafung insbesondere aus Gründen der Spezial- aber auch der Generalprävention erforderlich um einerseits das offenkundig mangelhafte Unrechtsbewußtsein beim Berufungswerber an sich zu stärken, andererseits den straßenverkehrsspezifischen Unwert solcher Verhaltensweisen gegenüber der Allgemeinheit hervorzuheben und auf deren Schädlichkeit besonders hinzuweisen.

6.2. Abschließend sei bemerkt, daß knappe Überholmanöver auf potentiell gefährliche Fahrneigung schließen lassen, indem damit offenkundig die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer leichtfertig, routinemäßig und wohl als Folge einer auf wenig Geduld schließen lassende Neigung in Kauf genommen werden. Von einer Inkaufnahme einer zumindest abstrakten Gefährdung muß bei einem Überholentschluß wie er hier vorlag - trotz geringer Entfernung des Gegenverkehrs -und damit der zwingenden Notwendigkeit des "Schneidens" des überholten Fahrzeuges zwecks Vermeidung einer sonst drohenden Kollision mit dem Gegenverkehr, welcher sich offenbar ebenfalls zumindest irritiert fühlte und dies mittels "Lichthupe", zum Ausdruck brachte, auch hier ausgegangen werden.

Solche Verhaltensmuster könnten im Wiederholungsfall durchaus auch die Frage nach der Verkehrszuverlässigkeit im Rahmen eines Administrativverfahrens aufwerfen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Überholvorgang, Behinderung

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VwGH vom 26.04.2002, Zl.: 99/02/0211-5

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