Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200161/9/Br

Linz, 16.12.1993

VwSen - 200161/9/Br Linz, am 16. Dezember1993 DVR. 0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dipl. Ing. F M, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29. August 1994, Zl.: Agrar96 - 222 - 1994, wegen der Übertretung des Oö. Jagdgesetzes, nach der am 16. Dezember 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt: Der Berufung wird F o l g e gegeben; die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Ermahnung wird behoben und das Verwaltungsstraf-verfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt. Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungssverfahrensgesetzes, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG iVm § 24, § 51, § 51e Abs.1 und § 45 Abs.1 Z2 des Verwaltungsstrafgesetzes, BGBl.Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.52/1992 - VStG. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat gemäß § 21 VStG wider den Berufungswerber eine Ermahnung erteilt, weil er die im Abschußplan für die Eigenjagd Dienstberg festgesetzten Abschußzahlen unterschritten habe, da im Jagdjahr 1993/94, im Zeitraum vom 1.4.1993 bis 31.3.1994, nur 14 Stück männliches und 16 Stück weibliches Rehwild erlegt bzw. als Fallwild aufgefunden worden sei. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 5.5.1993 sei der Abschußplan für die Eigenjagd D mit insgesamt 14 Stück männlichem und 20 Stück weiblichem Rehwild festgesetzt gewesen. 1.1. Begründend führte die Erstbehörde aus, daß die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen könne, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig und die Folgen der Übertretung unbedeutend seien. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. 2. Dagegen wendet sich die vom Berufungswerber fristgerecht eingebrachte Berufung. Inhaltlich bringt er darin vor, daß 17 Stück weibliches Rehwild - davon zwei Stück Fallwild - erlegt worden seien. Mit insgesamt 31 Stück sei somit der Abschußplan zu über 90 % erfüllt worden, sodaß eine Ermahnung daher nicht berechtigt sei. Es müsse daher ein Fehler in den Aufzeichnungen der Behörde vorliegen, wenn dort nur 30 Stück an erlegtem Wild aufscheinen. Trotz Bemühens sei es im Jagdjahr 1993/94 nicht möglich gewesen den sehr hoch angesetzten Abschuß - 16,1 Stück auf 100 ha - zur Gänze zu erfüllen. Der Reduktionsabschuß der vegangenen Jahre habe sich bereits deutlich bemerkbar gemacht. Da ein Verschulden nicht vorliege möge von der Ermahnung Abstand genommen werden. 3. Zumal keine 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder zu erkennen. Eine Ermahnung ist hinsichtlich der Zuständigkeit einem solchen Strafausmaß gleichzusetzen. Zumal in der Berufung ein Verschulden verneint wird, war diese Frage im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu klären (§ 51e Abs.1 VStG). 3.1. Beweis geführt wurde durch die Einsichtnahme bzw. Erörterung des Verwaltungsstrafaktes der Erstbehörde im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung, Zl.: Agrar 96 - 222/1994, die Einsichtnahme in den Abschußplan für das Jagdjahr 1993/94, die Abschußmeldungen für dieses Jagdjahr und die Einsichtnahme in den Abschußpläne der Nachbarreviere für das Jagdjahr 1993/94. Ferner wurde Beweis erhoben durch die gutächtlichen Äußerungen des für das Jagd- u. Forstwesen beigezogenen Amtssachverständigen des Amtes der O.ö. Landesregierung, Herrn Dipl.Ing. Z und die Vernehmung des Zeugen Ing. W E, Revierleiter des gegenständlichen Jagdreviers, welcher in diesem Verfahren gleichzeitig als der Bevollmächtigte des Berufungswerbers agiert hat. 4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

4.1. Im gegenständlichen Jagdrevier des Berufungswerbers wurden im Jagdjahr 1993/94 insgesamt 31 Stück Rehwild zur Strecke gebracht. Gemäß den in Rechtskraft erwachsenen Abschußplan für dieses Jagdjahr war das "Planziel" mit insgeamt 34 Stück Rehwild festgesetzt. Dies entspricht einem als erheblich über dem Durchschnitt der Nachbarreviere gelegenen Planziel (7,7 bis 8,8 Stück per 100 ha), nämlich 16,1 Stück per 100/ha. Bis zum 29. November 1993 wurden insgesamt 31 Rehwild gestreckt. Davon fielen drei Stück als Fallwild an. Ab diesem Zeitpunkt erfolgte keine Bejagung des Reh's mehr. Bis zum Ende des Jagdjahres wurde, entgegen der Erfahrungspraxis, ein weiterer Anfall von Fallwild nicht mehr verzeichnet. In der gegenständlichen Unterschreitung des Abschußplanes ist aus jagdfachlicher Sicht ein jagdwirtschaftliches Manko nicht zu erblicken. Im Falle der Evidenz einer Abschußleistung von 31 Stück Rehwild (und nicht bloß 30 Stück) zum Zeitpunkt der Einleitung dieses Verwaltungsstrafverfahrens, wäre - wegen der sogenannten "10%-Klausel" - ein solches unterblieben. 4.1.1. Der Zeuge Ing. E legt in seiner Vernehmung glaubwürdig dar, daß er im Hinblick auf die ihm bekannte, stete Gepflogenheit der Behörde, mit der Meldung des 31. Stückes seine Abschußpflicht ausreichend erfüllt hätte. Ferner legt der Zeuge dar, daß erfahrungsgemäß bis zum Ende des Jagdjahres noch immer Fallwild zu verzeichnen gewesen ist und solches bis zum Ende des Jagdjahres 1993/94 nicht eingetreten ist. Die Ausführungen des Sachverständigen bestätigen die Vertretbarkeit dieser Sicht. Diesen Ausführungen ist ferner zu entnehmen, daß im Vergleich zu den Nachbarrevieren eine erheblich höhere Abschußverpflichtung, nämlich um sechs bis sieben Stück pro 100 Hektar bestanden hat. Durch die nicht vollständige Erfüllung des Abschusses sei ein jagdwirtschaftliches Manko nicht zu erblicken. Die "10%-Klause" trage den "Unwägbarkeiten" des Jagdwesens Rechnung. Die Vertreterin der Erstbehörde räumt abschließend noch ein, daß offenbar eine Abschußmeldung in Verstoß geraten sein dürfte und in Kenntnis der nun hier anzunehmenden Tatsache, daß von 31 Stück erlegtem Wild auszugehen ist (gewesen wäre), die Einleitung dieses Strafverfahrens unterblieben wäre. 5. Rechtlich war wie folgt zu erwägen:

5.1. Gemäß § 50 Abs.1 bis 5 des Oö.JagdG ist der Abschuß von Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes), von Auer- und Birkwild nur auf Grund und im Rahmen eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten Abschußplanes zulässig. Die im Abschußplan für Schalenwild festgesetzten Abschußzahlen dürfen weder unter- noch überschritten werden. Die im Abschußplan für Auer- und Birkwild festgesetzten Abschußzahlen dürfen unterschritten werden. 5.2. Gemäß § 93 Abs.1 lit.j Oö. JagdG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen, wer den Bestimmungen des § 50 Abs.1 bzw. 7 leg.cit. über den Abschußplan (schuldhaft) zuwiderhandelt; 5.2.1. Grundsätzlich kann wohl nicht generell mit der sogenannten "10%-Klausel" schuldbefreiend argumentiert werden. Im gegenständlichen Fall wurde der Abschuß um drei Stück (von insgesamt 34) unterschritten, wobei entgegen eines erfahrungsgemäß noch zu erwartenden Fallwildes, ein Vorkommen von solchem unterblieb. In diesem Zusammenhang darf auch nicht übersehen werden, daß die Jagd von vielen unbekannten Faktoren beeinflußt ist. Damit ist verbunden, daß durchaus "im guten Glauben" getätigte Annahmen sich einerseits als unrichtig erweisen können (etwa der geschätzte Wildstand, aber auch die Erfahrung, daß innerhalb von vier Monaten Fallwild vorkommen würde). Andererseits kann aber auch ein punktgenauer jagdlicher Erfolg nicht gleichsam "erzwungen" werden. Daher kann nicht jeder Abweichung von Planzielen schon ein Schuldvorwurf zugrundegelegt werden. Eine Fehlertoleranz muß daher den jagdlichen Geschehnissen einkalkuliert werden. Mit der sogenannten "10%-Klausel" wird daher in vernünftiger- und der Vollzugspraxis gerecht werdender Weise den jagdlichen Unwägbarkeiten Rechnung getragen und quasi - ohne jedesmal ein kompliziertes Ermittlungsverfahren durchführen zu müssen - davon ausgegangen, daß eine so geringfügige Mindererfüllung unverschuldet ist. Die Rechtsordnung sieht eine Strafsanktion bloß für die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten vor, welche sie nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise auferlegen darf. Von keiner dem Verkehrskreis des Berufungswerbers angehörigen Person wäre daher in dieser Situation ein anderes Verhalten zu erwarten gewesen (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169 u.a.). Dies wurde auch in diesem Beweisverfahren illustrativ verdeutlicht, wobei die Erstbehörde in Kenntnis der tatsächlichen Abschußmeldungen (nämlich 31 anstatt den angenommenen 30 Stück) ein Verwaltungsstrafverfahren überhaupt nicht eingeleitet hätte. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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