Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-530591/2/Bm/Sta

Linz, 14.02.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau H F, S, S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. O H, D, K, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft  Kirchdorf/Kr. vom 9.11.2006, Zl. Ge20-127-1-2003, betreffend die Feststellung gemäß § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft  Kirchdorf/Kr. vom 9.11.2006, Zl. Ge20-127-1-2003, wird aufgehoben; die Angelegenheit wird zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Gewerbebehörde I. Instanz zurückverwiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.2 iVm §§ 67a Abs.1 und 58 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 10.3.2006 hat Herr H S, L, S, um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden gastgewerblichen Betriebsanlage durch Abänderung der Zufahrts- und Abfahrtswege für Lieferanten auf Gst. Nr. , , KG. U, Gemeinde S, angesucht.

 

Mit dem oben bezeichneten Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. im Grunde des § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 festgestellt, dass die Änderungen der Zu- und Abfahrtswege für Lieferanten das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen und somit eine gewerbebehördliche Genehmigungspflicht nicht gegeben ist, wenn bestimmte Bedingungen eingehalten bzw. erfüllt werden.

 

Im Wesentlichen wurde dieser Bescheid damit begründet, dass das durchgeführte gewerbebehördliche Verfahren basierend auf den Grundsätzen des § 359b GewO im sogenannten vereinfachten Verfahren abgeführt worden sei. Die Voraussetzungen dafür seien insofern erfüllt, als in der Betriebsanlage 100 Verabreichungsplätze zur Verfügung gestellt werden, somit die Anforderungen der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten in § 1 Z1 erfüllt seien. Unter Zugrundelegung der eingeholten Gutachten sei davon auszugehen, dass bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen eine unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft nicht gegeben sei.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die oben angeführte Berufungswerberin innerhalb offener Frist Berufung erhoben und die Aufhebung des Bescheides beantragt und dies im Wesentlichen damit begründet, dass dieser Bescheid nicht der befund- und projektsgemäßen Ausführung des Bescheides vom 15.3.2004 entspreche. Herr S habe mit Eingabe vom 14.3.2006 die Abänderung der Betriebsanlage beantragt. Die Niederschrift vom 25.7.2006 entspreche nicht dem Bescheid vom 15.3.2004.

 

2.1. Mit Berufungsvorentscheidung vom 19.12.2006, Ge20-127-2003, hat die belangte Behörde diese Berufung mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, dass das durchgeführte Genehmigungsverfahren als vereinfachtes Verfahren durchgeführt werde. Die Parteistellung der Nachbarn sei hiebei auf jene Vorbringen beschränkt, mit denen die Zu- bzw. Unzulässigkeit der Durchführung eines vereinfachten Verfahrens eingewendet werde. Darüber hinaus komme Nachbarn lediglich ein Anhörungsrecht zu. Dieses sei der Nachbarin eingeräumt und habe sie die Möglichkeit gehabt, eine Stellungnahme abzugeben. Darin habe sie jedoch keine Einwendung geltend gemacht, die den Erhalt der Parteistellung zur Folge habe. Zum eigentlichen Vorbringen wurde ausgeführt, dass das Ziel des durchgeführten Verwaltungsverfahrens die Entscheidung über einen vom Antragsteller eingebrachten Änderungsantrag gewesen sei. Auf Grund der Tatsache, dass die Änderung der gewerbebehördlichen Betriebsanlage beantragt worden sei, könne der über diesen Antrag ergehende Bescheid nicht gleichlautend mit jenen sein, dessen Änderung beantragt werde. Sodann es der Behörde entsprechend den Bestimmungen des AVG verwehrt wäre, erneut über eine entschiedene Sache zu entscheiden und einen gleichlautenden Bescheid zu erlassen. Da auf Grund der bei der Verhandlung eingebrachten Einwendungen, welche nicht auf Zu- bzw. Unzulässigkeit der Durchführung des vereinfachten Verfahrens als vereinfachtes Verfahren gemäß § 359b GewO 1994 Bezug nehme, sei die Stellung der Nachbarin als Partei verloren gegangen und sei diesbezüglich Präklusion eingetreten.

 

2.2. Mit Eingabe vom 4.1.2007 wurde von der Berufungswerberin gemäß § 64a AVG der Vorlageantrag gestellt. Gleichzeitig wurde ergänzend vorgebracht, dass eine Präklusion der Berufungswerberin nicht eingetreten sei. Die Berufungswerberin sei von der erstinstanzlichen Behörde nicht ausreichend belehrt worden. Gemäß § 13a AVG seien Verwaltungsbehörden verpflichtet, Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter wie Rechtsanwälte oder Notare vertreten werden, jene Anleitungen zu erteilen, die zur Vornahme der beabsichtigten Verfahrenshandlungen nötig seien und seien sie weiters über deren unmittelbare Folgen zu belehren. Die Berufungswerberin sei im gesamten erstinstanzlichen Verfahren nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten worden. Es sei daher die Manuduktionspflicht der erstinstanzlichen Behörde gegeben. Die Berufungswerberin sei in keinem Stadium des Verfahrens darüber belehrt worden, dass es sich beim von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. durchgeführten Ermittlungsverfahren um ein vereinfachtes Verfahren gemäß § 359b GewO 1994 handle. Sie sei auch nie aufgefordert worden, Einwendungen zur Zu- bzw. Unzulässigkeit der Durchführung des Verfahrens als vereinfachtes Verfahren gemäß § 359b GewO vorzubringen. Als besonders schwerwiegender Fehler sei anzuführen, dass sie auch keine Belehrung über die Rechtsfolge der Präklusion bei fehlenden Einwendungen zur Zu- bzw. Unzulässigkeit der Durchführung des Verfahrens als vereinfachtes Verfahren gemäß § 359b GewO 1994 erhalten habe. Im Übrigen würden auch die Voraussetzungen zur Durchführung eines vereinfachten Verfahrens gemäß § 359b GewO nicht vorliegen. Gegenständliche Betriebsanlage werde laut Bescheid vom 15.3.2004 bzw. laut Projektsbeschreibung als Restaurant  und Bar betrieben. Im Gegensatz zu den Ausführungen der erstinstanzlichen Behörde werde jedoch sehr wohl mit einem Tonbandgerät Musik wiedergegeben. Die angebliche Hintergrundmusik erreiche sehr wohl die Erheblichkeitsschwelle, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Voraussetzungen zur Durchführung eines vereinfachten Verfahrens gemäß § 359b GewO vorliegen würden. Auch bei Durchführung eines vereinfachten Verfahrens seien von der Behörde die Verfahrensvorschriften bezüglich der Verständigung von Parteien und sonstigen Beteiligten einzuhalten. Die erstinstanzliche Behörde habe die Kundmachungsvor­schriften der Gewerbeordnung nicht berücksichtigt. So sei beispielsweise der Ehemann der Berufungswerberin nur von der Erörterung der Ergebnisse der schalltechnischen Untersuchung vom 25.7.2006 informiert worden, jedoch ihm nicht mehr der Bescheid vom 9.11.2006 zugestellt worden. Auch das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten sei nicht allen Parteien und Beteiligten zugestellt worden. Selbst bei Durchführung eines vereinfachten Verfahrens habe die Behörde eine dem AVG entsprechende Kundmachung durchzuführen. Dies sei nicht erfolgt, weshalb das Verfahren an einem weiteren Mangel leide.

Im Übrigen würden durch die Änderung der mit Bescheid vom 15.3.2004 genehmigten Betriebsanlage die von § 74 GewO geschützten Interessen der Berufungswerberin beeinträchtigt werden. Durch die beantragte Änderung der Betriebsanlage durch Bewilligung der Zu- bzw. Abfahrt für Lieferanten an der Ostseite des Betriebsobjektes werde die Gesundheit der Berufungswerberin und ihres ebenfalls im Haus S, S, lebenden Ehegatten gefährdet. Die von der Berufungswerberin und ihrem Ehemann bewohnte Liegenschaft grenze unmittelbar an das Grundstück an, auf welchem sich die gegenständliche Betriebsanlage befinde. Die vom Betreiber der Betriebsanlage beantragte Zu- und Abfahrt über den Privatweg an der Ostseite des Restaurants bis zur nordwestlichen Ecke des Gebäudes bedeute, dass die von den Lieferanten zurückgelegte Strecke auf der Seite verlaufe, die von der Berufungswerberin bewohnt werde. Es handle sich um die Seite der Betriebsanlage, die überhaupt dem gesamten Wohn-/Siedlungsgebiet zugewendet sei. Das von der Berufungswerberin bewohnte Haus sei so ausgerichtet, dass sich das Schlafzimmer und das Wohnzimmer genau auf der der Betriebsanlage zugewandten Seite befinde. Die stark störenden Rückfahrgeräusche der Lkw würden somit den besonders sensiblen Schlaf- und Wohnbereich treffen. Außerdem sei auch der Garten Richtung Südwesten ausgerichtet und verlaufe die beantragte Zu- und Abfahrtsstraße genau an der südwestlichen Grenze des Garten bzw. der Liegenschaft. Der Betreiber der Betriebsanlage benütze bereits seit 1.10.2004 konsenswidrig und ohne dazu die entsprechende Bewilligung zu haben, die gegenständliche Privatstraße als Zu- und Abfahrtsweg für Lieferanten. Die Berufungswerberin werde durch diese Nutzung in ihrer Gesundheit gefährdet, da sie die Geräusche nervlich belasten und im Schlaf stören würden. Neben dem Lärm, der erzeugt werde, wirke sich die konsenswidrige Nutzung auch insofern aus, als die Fenster zittern und vibrieren, wenn  ein Lkw zufahre. Die Zufahrt durch die Lkw wirke sich somit auch körperlich auf die Berufungswerberin aus. Hinzu komme, dass die Lkw, um zur Entladestelle zu gelangen, eine Steigung überwinden müssen, was zusätzliche Motorleistung erfordere. Die erstinstanzliche Behörde habe im Rahmen des durchgeführten Ermittlungsverfahrens die Berufungswerberin vor Einholung der Gutachten nicht gehört. Der Berufungswerberin seien die Ergebnisse des schalltechnischen und medizinischen Gutachtens erst im Nachhinein übermittelt worden. Besonders bei Einholung des medizinischen Gutachtens hätte die Berufungswerberin befragt werden müssen. Von der Behörde sei ein allgemeines Gutachten eingeholt worden, aber überhaupt nicht auf die konkreten Verhältnisse der Berufungswerberin abgestellt worden. Im Gegensatz zu den Interessen des § 74 Abs.2 Z2 GewO sei bei einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit keine Interessen- oder Zumutbarkeitsabwägung vorzunehmen. Bei der Prüfung der Gesundheitsgefährdung sei nicht vom gesunden normal empfindenden Menschen auszugehen, sondern auch auf konkret betroffene Kinder oder alte Menschen Bedacht zu nehmen. Die erstinstanzliche Behörde habe jedoch eine Interessenabwägung vorgenommen und auf die Auswirkungen auf ein gesundes normal empfindendes Kind und auf einen gesunden normal empfindenden Erwachsenen abgestellt. Diese Abwägung sei hier jedoch nicht zulässig. Es werde daher beantragt, die Berufungswerberin zu befragen und ein ergänzendes medizinisches Gutachten einzuholen. Die Berufungswerberin möge vom medizinischen Sachverständigen untersucht werden. Die vom Betreiber der Betriebsanlage beantragte Zu- und Abfahrt über den Privatweg an der Ostseite des Restaurants bis zur nordwestlichen Ecke des Gebäudes, dass die von den Lieferanten zurückgelegte Strecke auf der Seite verlaufe, die von der Berufungswerberin bewohnt werde. Die Berufungswerberin werde durch den Lärm, die Erschütterungen und die Rückfahrgeräusche in ihrer Lebensführung beeinträchtigt. Neben den unzumutbaren gesundheitlichen Beeinträchtigungen ergebe sich bei richtiger Interessensabwägung auch, dass die Interessen der Berufungswerber schützenswerter seien. Der Betreiber der Betriebsanlage beantrage eine Lieferantenzufahrt, die noch dazu einen Umweg und eine Verlängerung der Zufahrt verursache. Die Zu- und Abfahrt der Lieferanten von der westseitig des Betriebsobjektes gelegenen Schlierbacher Landesstraße sei um ein Vielfaches kürzer. Auch die Lieferung über den unmittelbar vor dem Betriebsobjekt befindlichen Parkplatz verursache keine so großen Belästigungen, wie das Zu- und Abfahren unmittelbar bei der von der Berufungswerberin bewohnten Liegenschaft. Unabhängig von dieser Verlängerung des Lieferweges führe die beantragte Änderung über die Parzelle Nr. , welche jedoch nicht als Betriebsgelände gewidmet sei. Hinzu komme, dass durch die beantragte Zu- und Abfahrt der Verkehr näher an das von der Berufungswerberin bewohnte Haus verlegt werde. Im Übrigen sei die vom Betreiber der gegenständlichen Betriebsanlage angegebene Anzahl und Uhrzeit der Lieferungen nicht richtig. Im Änderungsantrag sei beispielsweise angeführt, dass Donnerstag nur eine Lieferung um 16.00 Uhr erfolge. Am 4.1.2007 seien am Vormittag bis ca. 11.00 Uhr Getränke mit einem Lkw angeliefert worden. Außerdem sei der Privatweg eng und würden die Lieferanten mehrere Manöver benötigen, um zur vom Betreiber vorgesehenen Entladestelle zu gelangen. Neben den liefernden Lkw würden oft auch kleinere Lieferwagen, Speditionen, Service- und Reparaturunternehmen kommen und die Zu- und Abfahrt benützen. Auch die Speiserestentsorgung erfolge über den Privatweg. Die beantragte Zu- und Abfahrt verlaufen im Übrigen hinter der vom Betreiber der gegenständlichen Anlage errichteten Lärmschutzwand, sodass der Lärm und die Geräusche in die Richtung des von der Berufungswerberin bewohnten Hauses zurückgeworfen und sogar verstärkt würden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat die Berufung gemeinsam mit dem bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat als zuständige Berufungsbehörde ohne Widerspruch gemäß § 67h Abs.1 AVG zu erheben und ohne Gegenäußerung vorgelegt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie in die von den Parteien beigebrachten Eingaben und Unterlagen. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 67d Abs.2 AVG von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

 

Nach Abs.2 Z9 dieser Bestimmung ist eine Genehmigungspflicht nach Abs.1 jedenfalls nicht gegeben bei Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen.

 

Gemäß Abs.3 leg.cit. sind Änderungen gemäß Abs.2 Z9 der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen.

 

Nach § 345 Abs.8 Z6 hat die Behörde die Anzeigen gemäß § 81 Abs.3 binnen zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen; dieser Bescheid bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides.

 

Gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen ergibt, dass

 

1.      jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

 

2.      das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt, die elektrische Anschlussleistung der  zur  Verwendung  gelangenden  Maschinen  und  Geräte  300 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des   § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69 a) vermieden werden.

 

 

das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten, 4 Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; statt durch Hausanschlag kann das Projekt aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn bekannt gegeben werden; nach Ablauf der im Anschlag oder der persönlichen Verständigung angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn, die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage .... . Nachbarn (§ 75 Abs. 2) haben keine Parteistellung .... .

 

Gemäß § 359b Abs.2 GewO 1994 hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten durch Verordnung Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs.1 zu unterziehen sind, weil auf Grund der vorgesehenen Ausführung der Anlage (insbesondere der Beschaffenheit und Wirkungsweise der Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, der elektrischen Anschlussleistung der eingesetzten Maschinen und Geräte, der Betriebsweise, der räumlichen Ausdehnung der Anlage, der Art und Menge der in der Anlage gelagerten, geleiteten, umgeschlagenen, verwendeten oder hergestellten Stoffe) nach Art, Ausmaß und Dauer der Emissionen dieser Anlagen zu erwarten ist, dass die gemäß § 74 Abs.2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden.

 

4.2. Mit Antrag vom 10.3.2006 ersuchte Herr H S um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der gegenständlichen gastgewerblichen Betriebsanlage durch Abänderung des Zu- und Abfahrtsweges für Lieferanten. Gleichzeitig wurde von der Nachbarin Frau F bei der Bezirkshauptmannschaft Beschwerde wegen Lärmbelästigungen durch die in Rede stehende gastgewerbliche Betriebsanlage geführt.

Im Grunde des Ansuchens des Herrn S und der Nachbarbeschwerden wurde von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und das Bezirksbauamt Wels mit der Durchführung von Lärmmessungen und Erstellung eines Prüfberichtes beauftragt. Nach Vorliegen des Prüfberichtes wurde mit Verständigung vom 18.7.2006 eine Besprechung zur Erörterung des erstellten Prüfberichtes für 25.7.2006 unter Ladung des Konsenswerbers S, der Nachbarn F, W und D und des lärmtechnischen Amtssachverständigen anberaumt. Weiters erging die Verständigung zur Kenntnis an die Gemeinde Schlierbach.

Weitere Nachbarn wurden nicht geladen, auch erfolgte keine Aufforderung an die Gemeinde, das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen. Zudem erfolgte kein Hinweis über das den Nachbarn zustehende Anhörungsrecht bzw. überhaupt über die Verfahrensart.

In weiterer Folge wurde am 25.7.2006 im Beisein der geladenen Nachbarn und eines Vertreters der Gemeinde Schlierbach sowie des Konsenswerbers unter Beiziehung eines lärmtechnischen Amtssachverständigen der schalltechnische Bericht erörtert. Nach Durchführung dieser Erörterung wurde von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. ein luftreinhaltetechnisches und medizinisches Gutachten eingeholt und den zur Besprechung geladenen Nachbarn zur Kenntnis gebracht. Nach Ablauf der für die Stellungnahme gewährten Frist wurde von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. mit Bescheid festgestellt, dass die dargestellten Änderungen das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen und somit eine gewerbebehördliche Genehmigungspflicht nicht gegeben ist. Als Rechtsgrundlage wurde § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 angeführt. 

Diese Spruchfeststellung widerspricht jedoch der Begründung des angeführten Bescheides, wo auf die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens unter Zitierung der entsprechenden Rechtsgrundlagen verwiesen wird.

Damit bemängelt die Berufungswerberin zu Recht die Verletzung von Verfahrensvorschriften:

Nach der oben zitierten Bestimmung des § 81 Abs.2 Z9 sind eben Änderungen einer Betriebsanlage, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen, genehmigungsfrei. Voraussetzung ist jedoch, dass der Betreiber der Betriebsanlage diese Änderungen der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzeigt und die Behörde dann nach § 345 Abs.6 diese Anzeige mit Bescheid bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zur Kenntnis zu nehmen hat. Demnach kann eine solche bescheidförmige Zurkenntnisnahme nur auf Grund einer dementsprechenden Anzeige erfolgen.

Im gegenständlichen Fall liegt jedoch eine Anzeige nicht vor; vielmehr wurde vom Konsenswerber ein Antrag um gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung gestellt und ist dieser somit selbst von einer genehmigungspflichtigen Änderung ausgegangen. Die belangte Behörde hat somit das Anzeigeverfahren ohne entsprechende Grundlage durchgeführt und war aus diesem Grund der angefochtene Bescheid im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu beheben.

Abgesehen davon liegt auch die weitere Voraussetzung, nämlich dass durch die Änderung das Emissionsverhalten nicht nachteilig beeinflusst wird, für die Durchführung eines Anzeigeverfahrens nicht vor. Nach dem vorliegend von der Erstbehörde eingeholten lärmtechnischen Gutachten wird das Ausmaß der Lärmimmissionen erhöht; die von der Erstbehörde im bekämpften Bescheid erfolgte Vorschreibung von Auflagen zur Vermeidung dieser Erhöhung und damit zulässigen Anwendung des Anzeigeverfahrens ist rechtlich nicht möglich. In diesem Zusammenhang ist weiters festzuhalten, dass Auflagen nur gegenüber dem Inhaber der Betriebsanlage vorgeschrieben werden dürfen. Vorschreibungen an die Adresse Dritter (zB Lieferanten) sind unzulässig (vgl. VwGH 12.12. 2001, 2000/04/0178). Darüber hinaus müssen Auflagen ausreichend bestimmt sein, dh., konkrete Verbote und Gebote enthalten.

 

Eine Auswechslung der Verfahrensart im Berufungsverfahren war dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht möglich, da der Spruch des angefochtenen Bescheides keinen Zweifel darüber aufkommen lässt, dass die Erstbehörde von einem Anzeigeverfahren ausgegangen ist, auch wenn sich die Begründung auf
§ 359b GewO 1994 stützt. Das Heranziehen von Begründungselementen hinsichtlich der Auslegung des Spruches ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nämlich nur dann möglich, wenn der Spruch des Bescheides unklar formuliert ist. Eine solche unklare Formulierung liegt jedoch hier nicht vor; Sache des Berufungsverfahrens ist demnach ausschließlich die bescheidmäßige Feststellung nach § 81 Abs.2 Z 9 GewO 1994, die wie oben ausgeführt, zu Unrecht erfolgte und zur Aufhebung des bekämpften Bescheides führt.

 

Abgesehen davon, dass nach dem vorgelegten Verfahrensakt in keinem Verfahrensstadium vor Bescheiderlassung hervorgeht, welcher Verfahrensart die beantragte Genehmigung unterstellt wird, würden auch bei Annahme eines durchgeführten vereinfachten Verfahrens Verfahrensmängel insofern bestehen, als die in der Gewerbeordnung für ein solches Verfahren bestehenden Kundmachungsvorschriften verletzt wurden. So wurde das Projekt nicht durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekanntgegeben, dass die Projektsunterlagen bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen. Damit wird jedenfalls das Anhörungsrecht der nicht zur Besprechung am 25.7.2006 geladenen weiteren im Nahbereich der Anlage befindlichen Nachbarn verletzt. Auch wenn man davon ausgeht, dass der berufungsführenden Nachbarin das Anhörungsrecht durch Verständigung und Teilnahme an der am 25.7.2006 durchgeführten Besprechung über das beantragte Vorhaben gewährt wurde, so fehlt dieser Verständigung jedenfalls ein Hinweis auf die gemäß § 42 AVG eintretenden Folgen. Schon aus diesem Grund könnte die Parteistellung auch bei Annahme eines vereinfachten Verfahrens nicht verloren gegangen sein, da der Verwaltungsgerichtshof zuletzt mit Erkenntnis vom 17.11.2004 (2003/04/0091) in einem gleichgelagerten Fall ausgesprochen hat, dass es zum Verlust der Parteistellung nach § 42 AVG dann nicht kommt, wenn in der Verständigung über die Anberaumung einer Verhandlung nicht auf die in § 42 AVG vorgesehene Rechtsfolge verwiesen wird, wobei die bloße Anführung von Paragraphenbezeichnungen nicht ausreicht. Dies wird von der belangten Behörde  im Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung im fortzusetzenden Verfahren zu berücksichtigen sein.  

 

Aus den vorliegenden Sach- und Rechtsgründen ist somit unter Hinweis auf das VwGH-Erkenntnis vom 2.6.1999, 98/04/0233, wie im Spruch zu entscheiden. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum