Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-161821/11/Bi/Se

Linz, 27.02.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Ing. F R, N, vertreten durch RA Dr. J K , L, vom 27. November 2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 28. Oktober 2006, VerkR96-29127-2004-Pi, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergeb­nisses der am 23. Februar 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 1.Alt. und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 38 Abs.5 iVm 38 Abs.1 lit.a und 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 150 Euro (72 Stunden EFS) verhängt, weil er am 3. September 2004 um 11.30 Uhr in Wels, T bei der Kreuzung mit der V, in Richtung Norden das Kfz mit dem Kennzeichen ...... gelenkt und das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet habe, indem das Fahrzeug nicht vor der Haltelinie angehalten worden sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 15 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 23. Februar 2007 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters Mag. F P , der Zeugen A R und Meldungs­leger GI W H (Ml) sowie des technischen Amtssachverständigen Ing R H bei der in Rede stehenden Kreuzung in Wels durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentschei­dung wurde verzichtet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe die Kreuzung bei starkem Verkehrsaufkommen wegen der Welser Messe in der Traungasse von der Traun­brücke kommend im Schritttempo in gerader Richtung überquert, wobei beim Einfahren in die Kreuzung die Ampel Grünlicht für seine Fahrtrichtung gezeigt habe. Er habe den Polizisten gesehen, sich dabei aber nichts gedacht, weil die Ampel auf grün gewesen sei. Es sei möglich, dass diese, als er sich bereits im Kreuzungs­bereich befunden habe, auf Rotlicht umgeschaltet habe, da es ihm wegen des stockenden Verkehrs nicht möglich gewesen sei, die Kreuzung rasch zu durchfahren. Auszuschließen sei aber, dass er sich mit dem Fahrzeug vor der dort befindlichen Haltelinie befunden habe, als das Rotlicht ersichtlich gewesen sei. Beantragt wird eine mündliche Berufungsverhandlung samt Ortsaugenschein und seine Einver­nahme sowie die seiner Gattin, im übrigen Aufhebung des Straferkennt­nisses und Verfahrensein­stellung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung an Ort und Stelle, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz im angefochtenen Straferkenntnis berück­sichtigt, die beiden Zeugen unter Hinweis auf ihr Entschlagungsrecht und die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden, die in Rede stehende Kreuzung besichtigt und auf dieser Grundlage ein technisches SV-Gutachten erstellt wurde.

 

Dem Bw wird zur Last gelegt, am 3. September 2004, einem Freitag, um 11.30 Uhr als Lenker eines von der Traunbrücke aus Richtung Thalheim kommenden Pkw bei der ampelgeregelten Kreuzung mit der Volksgartenstraße das für seine Fahrtrichtung geltende Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage (VLSA) nicht beachtet zu haben und trotz Rotlicht, ohne vor der Haltelinie anzuhalten, in die Kreuzung eingefahren zu sein. Einigkeit besteht darin, dass damals wegen der Welser Messe starkes Verkehrs­aufkommen herrschte, was sich zum einen im vom Messehaupteingang auf der Volks­gartenstraße, aus der Sicht des Bw von links kommenden Verkehr sowie im von der Traunbrücke kommenden Verkehr auswirkte. Aufgrund des starken Verkehrs­aufkommens wurden die Verkehrsflüsse bei der ggst Kreuzung auch vom Ml händisch geregelt, dh dieser befand sich, durch die Warnweste gut sichtbar, beim an einem Lichtmasten im Kreuzungs­bereich befindlichen Schaltkasten. Beim Orts­augen­schein wurde festgestellt, dass der Ml von seinem Standort beim Schaltkasten aus die Ampelphasen lediglich auf der über der Fahrbahn hängenden VLSA im Kreuzungs­mittelpunkt sehen konnte, zumal bei Umschalten auch kein akustisches Signal zu hören war. Die beim Ortsaugenschein ersichtlichen Ampelphasen sind mit den damaligen nicht vergleichbar, weil inzwischen bei der automatischen Ampel­steuerung Induk­tions­schleifen eingebaut wurden. Aus Richtung Traunbrücke kommend fuhr der Bw auf dem geradeaus führenden Fahrstreifen in Richtung Stadtplatz, rechts befindet sich eine Rechtseinbiegespur, wobei sich auf der Verkehrsinsel, auf der auch der Ml stand, zwei Ampeln nebeneinander mit unterschiedlichen Grünphasen befinden. Der Bw hat ebenso wie seine Gattin ausgeschlossen, zum Vorfallszeit­punkt die rechte für Rechtseinbieger von der Traungasse in die Volksgartenstraße einbiegende Lenker gedachte Ampel irrtümlich auf sich bezogen zu haben.

 

Nach der Schilderung des Ml, der aber betonte, an den konkreten Fall aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit keine Erinnerung mehr zu haben und der sich auf die von ihm verfasste Anzeige bezog, hat er bei händischer Schaltung keine Möglichkeit, sich zwischendurch durch Notizen zB eines Kennzeichens zu machen. Er sieht beim Umschalten auf Rotlicht, wenn er sich umwendet, den aus Richtung Traunbrücke ankommenden Verkehr vor der Haltelinie, ansonsten nur die neben sich auftauchenden Fahrzeuge in Verbindung mit der über der Kreuzung hängenden Ampel mit der Rotphase und kann bei der Weiterfahrt des Fahrzeuges die Geschwindigkeit schätzen bzw das Kennzeichen von hinten ablesen. Das Kenn­zeichen kann aber, wenn er sich in Richtung Traunbrücke umdreht, auch im Herankommen abgelesen werden. Eine konkrete Erinnerung an die in der Anzeige genannte Geschwindigkeit des Bw von 30 km/h und die Entfernung von 15 m von der Haltelinie beim Umschalten der Ampel auf Rotlicht hatte der Ml – bei seiner Routinetätigkeit über einen Zeitraum von fast zweieinhalb Jahren geradezu selbst­verständlich – nicht mehr. Er betonte aber, er habe festge­stellt, dass oft die Lenker die rechte der beiden Ampeln irrtümlich auf sich bezögen und zeige nur mehr Rotlichtübertretungen an. Daraus, dass er das Kennzeichen ablesen habe können, zog er den Schluss, dass sich hinter dem Bw kein weiteres Fahrzeug mehr befunden habe, das diesen am rechtzeitigen Abbremsen bzw Anhalten vor der Haltelinie gehindert hätte - solches hat aber auch der Bw nie behauptet. Unbestritten blieb, dass vor dem des Bw Pkw geradeaus fuhren, wobei auch hinsichtlich der niedrigen Geschwindigkeit – der Bw hatte in der Anzeige 30 km/h geschätzt, der Bw sprach von Schrittgeschwindigkeit – weitgehend Überein­stimmung bestand. Keine Erinnerung bestand daran, ob von rechts in der Volks­gartenstraße Fahrzeuge nach links abbogen, die nämlich die Fahrlinie des Bw bei einer Weiterfahrt trotz Rotlicht gekreuzt hätten und deren Lenker möglicherweise vom Bw behindert worden wären – solches war in der Anzeige nicht angemerkt.

Fest steht auch, dass der Bw nie angehalten wurde, sondern erst durch die Anzeige vom ihm zur Last gelegten Verstoß erfuhr. Demgemäß ist auch eine konkrete Erinnerung an Einzelheiten fraglich, insbesondere auch der Ehegattin des Bw, die zwar durchaus glaubhaft angab, als Beifahrerin mit ihrem Gatten mitzuschauen, sich aber offensichtlich an den Vorgaben des Rechtsvertreters orientierte, der sie sichtlich auch davon abhielt, von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch zu machen. Auch sie berichtete naturgemäß vom Polizisten auf der Verkehrsinsel und dem starken Verkehrs­auf­­kommen, wiederholte aber inhaltlich die Verantwortung des Bw, der sich nur an Grünlicht erinnern konnte.

Die in der Verhandlung angestellten Überlegungen, ob und inwieweit im Querverkehr befindliche Fahrzeuglenker reagieren hätten müssen, hätte der Bw bei Rotlicht die Kreuzung durchfahren, erübrigen sich aufgrund der im Gegensatz zum Vorfallstag geänderten automatischen Ampelschaltung.

Aus der Sicht des UVS ist zwar davon auszugehen, dass der Ml seine damalige Anzeige nach bestem Wissen und Gewissen verfasst hat, wobei er angesichts der zu Messezeiten herrschenden Masse an Verkehrsverstößen möglicherweise tatsächlich nur mehr Missachtungen von Rotlicht anzeigt. Wie er die dem Bw zur Last gelegte Verfehlung tatsächlich festgestellt hat oder aus irgendwelchen Positionen des Pkw des Bw er Rückschlüsse auf dessen Möglichkeit, vor der Haltelinie anzuhalten gezogen hat, wie und in welcher Position des Pkw des Bw er dessen Geschwindig­keit vor Passieren der Haltlinie geschätzt oder rückgerechnet hat, ob er die in der Anzeige genannten 15 m Entfernung von der Haltelinie bei Umschalten auf Rotlicht im Wege eines Rückschlusses oder aus persönlicher Wahr­nehmung ermittelt hat, ließ sich in der Verhandlung fast zweieinhalb Jahre nach dem Vorfall nicht mehr mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit ermitteln. In rechtlicher Hinsicht war daher unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 51i VStG wegen nicht ausreichender Erweisbarkeit des Tatvorwurfs spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskosten nicht anfallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Erinnerung an konkreten Fall bestehen nicht, nicht mit letzter Sicherheit beweisbar - Einstellung

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum