Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300753/12/SR/Ri

Linz, 02.02.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung der S R, geb. am, Mstraße, L, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 8. September 2006, S-22.633/05-2, wegen Zurückweisung eines Einspruches als verspätet und Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 4. Dezember 2006 und ergänzendem Ermittlungsverfahren samt eingeräumten Parteiengehör zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Die Berufung gegen Spruchpunkt I wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II.                  Die Berufung gegen Spruchpunkt II wird mit der Maßgabe abgewiesen, als dieser Spruchpunkt wie folgt zu lauten hat: "Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 13. Juni 2006 wird gemäß § 24 VStG iVm § 71 AVG als verspätet eingebracht zurückgewiesen."

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 8. September 2006, S-22.633/05-2, wurde unter Spruchpunkt I. der Einspruch der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) gegen die Strafverfügung des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 8. November 2005, S-22.633/05-2, gemäß § 49 VStG als verspätet eingebracht zurückgewiesen und unter Spruchpunkt II. der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 13. Juni 2006 gemäß § 24 VStG iVm § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG als unbegründet abgewiesen.  

 

Zu Spruchpunkt I. führte die belangte Behörde begründend aus, dass die gegenständliche Strafverfügung beim Postamt 4020 Linz hinterlegt und ab dem 14.11.2005 erstmals zur Abholung bereitgehalten worden sei. Die Rechtsmittelfrist sei am 28.11.2005 abgelaufen. Da der Einspruch erst am 16. Juni 2006 persönlich bei der belangten Behörde eingebracht worden sei, habe der Einspruch als verspätetet zurückgewiesen werden müssen.

 

In der Begründung unter Spruchpunkt II. gibt die belangte Behörde u.a. die Behauptung der Bw wieder, wonach diese keine Hinterlegungsanzeige im Brieffach vorgefunden habe. Ihrer Ansicht nach sei die Hinterlegungsanzeige falsch eingeworfen worden, weil im selben Haus drei Parteien mit dem selben Familiennamen wohnen würden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei die Aussage des Empfängers, dass er eine Hinterlegungsanzeige nicht vorgefunden habe, nicht ausreichend um die Angaben des Postzustellers auf dem Rückschein zu entkräften. Die Bw habe daher nicht glaubhaft gemacht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, die Frist zur Erhebung eines Einspruches einzuhalten. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei daher als unbegründet abzuweisen gewesen.

 

2. Gegen diesen Bescheid, der der Bw am 19. September 2006 durch Hinterlegung (L, Mstraße) zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende am 2. Oktober 2006 mittels FAX - und somit rechtzeitig - eingebrachte Berufung.

 

In der Berufungsbegründung wird der gegenständliche Bescheid seinem gesamten Inhalt nach angefochten.

 

U.a. führt die Bw aus, dass sich die Behörde erster Instanz nicht mit dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag vom 16. Juni 2006 auseinandergesetzt habe. Erst Ende der ersten Juni-Woche sei der Bw eine Zahlungsaufforderung der BPD Linz zugestellt worden. Dadurch habe sie erfahren, dass das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gegen sie anhängig sei. Binnen zwei Wochen ab Kenntniserlangung habe sie den Einspruch und den Antrag auf Wiedereinsetzung eingebracht. Da sie keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden habe, konnte sie keine Kenntnis vom zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren erlangen. Weiters führt die Bw wie folgt aus: "Wenn eine Hinterlegungsanzeige überhaupt in das Postfach der beklagten Partei eingelegt wurde, dann gibt es nur eine Möglichkeit, dass diese die Hinterlegungsanzeige irrtümlich gemeinsam mit der Werbepost weggeworfen hat. Diesfalls liegt jedoch höchstens leichtes Verschulden vor, da es leicht möglich ist, gelbe Hinterlegungsanzeigen mit der bunten Werbepost zu verwechseln". Anschließend hält die Bw fest, dass es möglich sei, dass überhaupt keine Hinterlegungsanzeige in den Briefkasten der beklagten Partei eingelegt worden wäre, da im Hause Mstraße drei Familien mit Namen R wohnen würden und es oftmals vorkomme, dass Post in falsche Postfächer eingelegt werde. Sie gehe üblicherweise sehr sorgfältig mit der Post um und in diesem Zusammenhang sei ihr noch nie ein Fehler unterlaufen.

 

Abschließend wird die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Schreiben vom 31. Oktober 2006 den Verwaltungsstrafakt AZ. S-22.633/05-2 samt Berufungsschrift vorgelegt.

 

3.1.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat aufgrund des Antrages der Bw für den 29. November 2006 eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumt und hiezu die Parteien des Verfahrens und den Postzusteller A P als Zeugen geladen.

 

Die Ladung der Bw erfolgte zu eigenen Handen an die von ihr bekanntgegebene Abgabestelle "L, Mstraße ". Das amtliche Schreiben (Ladung vom 15. November 2006) wurde mit dem Vermerk des Zustellers "Verzogen" am 20. November 2006 rückgemittelt.

 

Die Abfrage unter "http://www.herold.at" ergab für den Großraum Linz keine Eintragung im Telefonbuch. Eine weitere Anfrage ergab, dass eine "S R" an der Adresse Mstraße wohnhaft ist. Unter der angegebenen Telefonnummer wurde der Ehegatte der S R erreicht. Dieser vermutete, dass sich die Bw noch an der Abgabestelle aufhalte. Über Befragen gab er an, dass er die Bw schon länger nicht mehr gesehen habe. Er erklärte sich bereit seine Gattin zu fragen und für den Fall der Anwesenheit der Bw dieser den genauen Ladungstermin bekanntzugeben.

 

3.1.2. Am 30. November gab die Bw telefonisch bekannt, dass sie nach wie vor an der Meldeadresse aufhältig sei, von der Ladung telefonisch erfahren habe und persönlich vorsprechen möchte. Aufgrund ihres Ersuchens wurde der Bw für den 4. Dezember 2006 eine Vorsprachemöglichkeit eingeräumt.

 

Bei der niederschriftlichen Befragung am 4. Dezember 2006 wurde der Bw umfassende Akteneinsicht gewährt und ihr das Verhandlungsprotokoll vom 29. November 2006 zur Kenntnis gebracht. Anschließend sagte die Bw, dass sie zum Zeitpunkt der Zustellung bzw. Hinterlegung im November 2005 nicht ortsabwesend gewesen sei und an der genanten Adresse gewohnt habe. Seit Anfang Oktober 2006 wohne sie nunmehr in der Mstraße. In der Zwischenzeit sei sie nicht nach Jugoslawien gezogen. Es könne nicht sein, dass sie eine Hinterlegungsanzeige wegschmeiße, da sie die Post immer genau durchschaue. Als sie die "Mahnung" von der Polizei (gemeint das Schreiben von der Bundespolizeidirektion Linz vom 18. Mai 2006) in der Post vorgefunden habe, hätte sie am selben Tag mit ihrem Rechtsanwalt Kontakt aufgenommen und diesen vier oder fünf Tage später aufgesucht. Im Anschluss an seine Beratung habe sie den Antrag auf Wiedereinsetzung und den Einspruch gegen die Strafverfügung geschrieben und den Brief zur Post gebracht. 

 

Auf den ausführlichen Vorhalt, dass die Zeitangaben nicht schlüssig sind, führte die Bw aus, dass sie sich aufgrund der lange zurückliegenden Zeit und der zahlreich erstatteten Schriftsätze nicht mehr erinnern könne.

 

Nachdem der Bw die Niederschrift vorgelesen worden war, verweigerte sie die Unterfertigung mit dem Hinweis, dass sie zuvor den Rechtsanwalt kontaktieren möchte.

 

Im Anschluss an die Befragung und nach Ausfolgung der Niederschrift gab die Bw ihre Telefonnummer bekannt und stellte die Übermittlung einer Stellungnahme und die Vorlage von Beweismitteln innerhalb der nächsten zwei Wochen in Aussicht.

 

Innerhalb der angekündigten Frist langte keine Stellungnahme ein und auch mehrere Versuche, die Bw telefonisch zu erreichen, verliefen negativ. In der zweiten Jännerwoche des Jahres 2007 gab die Bw nach Kenntnis der vergeblichen Anrufversuche telefonisch bekannt, dass sie die Übermittlung der angekündigten Stellungnahme vergessen habe.

 

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2006, zur Post gegeben am 9. Jänner 2007, nimmt die Bw zum Verhandlungsprotokoll vom 28. November 2006 und der niederschriftlichen Befragung am 4. Dezember 2006 Stellung und versucht an Hand der "Rücksendung" der Ladung vom 15. November 2006 ohne vorgenommenen Zustellversuch die "Unzuverlässigkeit" des Zustellers zu belegen. Daraus schließt die Bw, dass auch die Zustellung bzw. die Hinterlegung im November 2005 nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Ihrer Ansicht nach sei es unglaubwürdig, dass sich ein Postbeamter, der täglich unzählige Schriftstücke zuzustellen habe, sich nach einem Jahr noch detailliert an jedes Schriftstück erinnern kann. Da in der täglichen Praxis sehr häufig Schriftstücke falsch eingeworfen würden, könne die Behauptung des Postbeamten nur als Schutzbehauptung gewertet werden.

 

Es treffe zwar zu, dass sie im Sommer 2006 einige Wochen in ihrer Heimat gewesen sei und ihr Vater damals dem Zusteller gesagt haben könnte, dass sie nach Jugoslawien gefahren ist. Im Oktober/November 2005 seien ihr zwei andere RSa-Briefe zugestellt und von ihr behoben worden. Der Postbeamte könne daher nicht genau wissen, welche Hinterlegungsanzeige gemeint sei.    

 

Die niederschriftlichen Vorhaltungen vom 4. Dezember 2006 seien nicht schlüssig und bei der ad-hoc-Befragung hätte es genauerer Angaben bedurft. Trotzdem sie der deutschen Sprache einigermaßen mächtig sei, komme es leicht zu Auffassungs- und Verständigungsschwierigkeiten in Detailbereichen, weil es immer wieder Worte gäbe, die sie nicht verstehe. Damit sei aber keineswegs gesagt, dass ihre Zeitangaben nicht richtig seien.

 

3.2. Aus dem Vorlageakt, dem Verhandlungsprotokoll, der niederschriftlichen Befragung und der abschließenden Stellungnahme ergibt sich folgender

S a c h v e r h a l t :

 

Mit Strafverfügung des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 8. November 2005, S-22.633/05-2, wurden der Bw Verwaltungsübertretungen nach dem Oö. Polizeistrafgesetz und dem Geschlechtskrankheitengesetz zur Last gelegt. In der Rechtsmittelbelehrung wurde die Bw ausdrücklich auf ihr Recht hingewiesen, dass sie gegen diese Strafverfügung innerhalb von zwei Wochen ab ihrer Zustellung Einspruch erheben kann.

 

Diese Strafverfügung wurde der Bw laut vorliegendem Zustellnachweis am 14. November 2005 durch Hinterlegung zugestellt. Der Hinterlegung ist ein erster Zustellversuch am 10. November 2005, verbunden mit der Ankündigung eines zweiten Zustellversuches, und ein zweiter Zustellversuch am 11. November 2005, verbunden mit der Verständigung über die Hinterlegung, vorangegangen.

 

Mit Schreiben vom 18. Mai 2006 wies die Behörde erster Instanz die Bw darauf hin, dass die Strafverfügung vom 8. November 2005, S-22.633/05-2, in Rechtskraft erwachsen ist und sie die Geldstrafen in der Höhe von insgesamt 430 Euro noch nicht bezahlt habe.

 

Am 16. Juni 2006 brachte die Bw bei der Behörde erster Instanz einen "Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und einen Einspruch gegen die Strafverfügung vom 8.11.2005, S 22633/05" ein. Ausdrückliche Angaben über die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages fehlen. Im Antrag wird lediglich auf das Schreiben vom 18.5.2006, eine Vorsprache bei der Behörde erster Instanz (bezogen auf die Woche vor der Einbringung des Antrages) und den telefonischen Kontakt mit dem Rechtsanwalt am 13.6.2006 abgestellt.

 

Erstmals in der Berufung machte die Bw andeutungsweise Angaben, die lediglich Vermutungen auf einen ungefähren Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Verspätung zulassen. 

 

Im Berufungsschreiben gab die Bw als Abgabestelle "Mstraße" an. Die bereits "Anfang Oktober 2006" vorgenommene Änderung der Abgabestelle – nunmehr "Mtstraße" – wurde von der Bw weder der Behörde erster Instanz noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat mitgeteilt. Im Zuge der niederschriftlichen Befragung am 4. Dezember 2006 stellte sich heraus, dass die Bw zum Zeitpunkt des Ladungsversuches nicht mehr an der ursprünglich angeführten Abgabestelle wohnhaft war und sie die angeführte Änderung der Abgabestelle vorgenommen hatte.

 

Mit Schreiben vom 15. November 2006 wurde die Bw zur öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. November 2006 geladen.

 

Der Postzusteller hat das amtliche Schreiben – ohne einen Zustellversuch zu unternehmen – mit dem Vermerk "verzogen" am 20. November 2006 rückgemittelt.

 

Da eine neue Abgabestelle nicht bekannt war, wurde über "ehemalige" Mitbewohner versucht, den Aufenthaltsort der Bw zu ermitteln bzw. ihr den Ladungstermin mitteilen zu lassen. Trotz Bekanntgabe des Ladungstermins meldete sich die Bw erst am 30. November 2006 telefonisch und ersuchte um eine persönliche Vorsprache.

 

Bei der niederschriftlichen Befragung am 4. Dezember 2006 (14.40 bis 15.50 Uhr) wurde der Bw umfassende Akteneinsicht gewährt, ihr das Tonbandprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2006 zur Kenntnis gebracht und ausgefolgt und ihr die einzelnen Verfahrensabläufe anschaulich dargelegt.

 

Die Bw konnte zu keinem Zeitpunkt ausdrückliche Angaben über die Rechtzeitigkeit des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand machen.

 

3.3. Der Zeuge A P hat nach der Zeugenbelehrung in der mündlichen Verhandlung den Zustellvorgang im November 2005 schlüssig und glaubwürdig geschildert. Trotz der Vielzahl gleichförmiger Zustellhandlungen und des lange zurückliegenden Zustellvorganges ist aufgrund seiner besonderen Kenntnisse, Wahrnehmungen und Beobachtungen nachvollziehbar, dass er sich so genau auf diesen Zustellvorgang erinnern kann. Gerade weil er wusste, dass im Hause Mstraße drei Parteien mit dem Familiennamen "R" ihre Abgabestelle haben, ist seinen Ausführungen zu folgen und glaubhaft, dass er die Hinterlegungsanzeige mit besonderer Sorgfalt in das richtige Fach eingelegt hat. Seine Glaubwürdigkeit wird auch durch die Schilderung von Nebenumständen und Wahrnehmungen des Umfeldes verstärkt. Die Glaubwürdigkeit des Zeugen ist durch das Vorbringen der Bw, dass sie im November 2005 mehrere Hinterlegungsanzeigen erhalten hätte und der Zeuge somit nicht unterscheiden könne, ob er gerade die hier angesprochene Hinterlegungsanzeige eingelegt hat, nicht zu erschüttern, da die detailreiche Schilderung der Umstände bei der Hinterlegung auf ein besonders sorgfältiges Verhalten des Zeugen schließen lässt.

 

Unstrittig ist, dass der Zeuge am 20. November 2006 keine Hinterlegungsanzeige in das Postfach eingelegt hat. Die Bw vermeint darin einen Beweis für die Unzuverlässigkeit des Zeugen zu ersehen und so auch den Zustellvorgang im November 2005 in Frage stellen zu können. Gerade das Gegenteil ist der Fall. In Kenntnis dessen, dass die Bw nicht mehr an der in der Zustellverfügung angeführten Abgabestelle wohnhaft ist, war der Zeuge gehalten, die amtliche Sendung (Ladung) vom 15. November 2006 (Aufgabepoststempel: 17.11.2006 – im Tonbandprotokoll irrtümlich mit 10. Oktober 2006 beschrieben) mit dem angeführten Vermerk vom 20. November 2006 zurückzusenden.

 

Nach Kenntnisnahme des Tonbandprotokolls vom 29. November 2006 hat die Bw am 4. Dezember 2006 einen zwischenzeitlichen Aufenthalt in Jugoslawien ("ich bin zwischenzeitlich nicht nach Jugoslawien gezogen") in Abrede gestellt. Dagegen hat sie in der Stellungnahme vom 28. Dezember 2006 eingestanden, dass sie sich im Sommer 2006 einige Wochen in ihrer Heimat aufgehalten habe. Mangels genauerer Zeitangaben kann nicht festgestellt werden, wann der "Sommeraufenthalt" in der Heimat begonnen und geendet hat. Bemerkenswert ist aber, dass im Herbst 2006 ein zeitlich nicht feststellbarer Wechsel der Abgabestelle (laut Angaben der Bw: "Anfang Oktober 2006") stattgefunden hat. Ob die Rückkehr aus der Heimat mit dem Wohnungswechsel zusammengefallen ist, kann nicht festgestellt werden.

 

Unbestritten war die Bw während des gesamten Zustellvorganges im November 2005 an der von ihr genannten Abgabestelle aufhältig. Ohne konkrete Beweise anzubieten hat sie dem Postzusteller unterstellt, dass dieser die Hinterlegungsanzeige im November 2005 falsch eingeworfen hat. Damit ist es ihr nicht gelungen, das schlüssige und durch den Zustellnachweis dokumentierte Vorbringen des Postzustellers zu widerlegen. Der Hinweis der Bw, dass sie im November 2005 zwei Hinterlegungsanzeigen in ihrem Postfach aufgefunden hat, zeigt, dass der Postzusteller sehr wohl ihr Postfach gekannt und die Verständigungen im richtigen Postfach eingelegt hat.

 

Auch das weitere Vorbringen der Bw ist von zahlreichen Widersprüchen geprägt. Die Widersprüche versuchte sie damit zu entkräften, dass es bei ihr aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse leicht zu Auffassungs- und Verständigungsschwierigkeiten in Detailbereichen komme. Der Erklärung kann schon im Hinblick auf die vorgelegten Schriftsätze und ihren mündlichen Ausführungen bei der niederschriftlichen Befragung am 4. Dezember 2006 nicht gefolgt werden. Bei dieser Vorsprache war festzustellen, dass die Bw über gute Deutschkenntnisse verfügt.

 

Weder im Schriftsatz vom 13. Juni 2006, noch in den folgenden Schriftsätzen und bei der mündlichen Befragung am 4. Dezember 2006 war die Bw in der Lage, konkrete Zeitangaben zur Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages zu machen. Entgegen den Ausführungen in der Stellungnahme vom 28. Dezember 2006 waren die Vorhaltungen bei der niederschriftlichen Befragung nicht vage. Ein Blick auf die Dauer der niederschriftlichen Befragung (14.40 bis 15.50 Uhr) zeigt, dass der Bw ausreichend Zeit zum Aktenstudium gewährt wurde. Im Anschluss daran wurden die widersprüchlichen Ausführungen erschöpfend erörtert und ihr die notwendige Überlegungszeit eingeräumt, um Angaben zu den einzelnen Abläufen machen zu können. Abschließend wurde der wesentliche Inhalt niedergeschrieben.

 

Unstrittig ist, dass die Bw im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keine Angaben über die Rechtzeitigkeit des Antrages gemacht hat. In diesem Schriftsatz vom 13. Juni 2006 verweist die Bw auf eine Vorsprache bei der Behörde erster Instanz ("meine Vorsprache vorige Woche") und "eine telefonische Besprechung mit ihrem Rechtsanwalt" am 13.6.2006. Wie aus der Bescheidbegründung zu entnehmen ist, wurde der Schriftsatz von der Bw persönlich am 16. Juni 2006 bei der Behörde erster Instanz eingebracht. Im Berufungsschriftsatz geht die Bw von einer Kenntnisnahme erst "Ende der ersten Juni-Woche" aus. In der Niederschrift vom 4. Dezember 2006 macht die Bw überhaupt keine Zeitangabe der Kenntnisnahme mehr, sondern meint, dass sie sofort nach Ansichtigwerden der "Mahnung" (Schreiben der belangten Behörde vom 18. Mai 2006 - gleichzeitig Aufgabezeitpunkt des behördlichen Schreibens) mit ihrem Rechtsanwalt telefonisch Kontakt aufgenommen, diesen ca. 4 oder 5 Tage später aufgesucht und am Tag danach den Brief an die Behörde geschrieben und zur Post gebracht habe.

 

Aus der Auflistung der Aussagen der Bw ist eindeutig zu ersehen, dass die Bw erst im Zuge des Berufungsverfahrens versuchte andeutungsweise auf eine rechtzeitige Antragseinbringung hinzuweisen. Die Bw hat ausgeführt, dass sie täglich ihr Postfach leert.  Den Ausführungen folgend ist nicht nachvollziehbar, dass sie dann das behördliche Schreiben vom 18. Mai 2006 erst Ende der ersten Juni-Woche in ihrem Postfach vorgefunden haben will. Selbst wenn man auch auf diese unglaubwürdige Zeitangabe abstellen würde, sind die weiteren – darauf aufbauenden – Zeitangaben unstimmig. Danach hätte die Bw am 1. oder 2. Juni 2006 mit ihrem Rechtsanwalt telefonisch Kontakt aufgenommen, diesen am 6. oder 7. Juni 2006 persönlich aufgesucht und am Tag danach – spätestens am 8. Juni 2006 - den Wiedereinsetzungsantrag eingebracht. Tatsächlich wurde der Antrag am 16. Juni 2006 persönlich und nicht mit der Post bei der Behörde erster Instanz eingebracht.

 

Die Bw konnte weder Zustellmängel glaubhaft machen, noch hat sie nachvollziehbare Aussagen zur Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages  vorgebracht.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Zu Spruchpunkt I:

 

4.1.1. Gemäß § 49 Abs.1 VStG ist ein Einspruch gegen eine Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung zu erheben.

 

Gemäß § 49 Abs. 3 VStG ist die Strafverfügung zu vollstrecken, wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird.

 

Nach § 32 Abs. 1 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

 

Eine schriftliche Berufung gilt als bei der Behörde eingebracht, wenn sie entweder persönlich bei der Behörde abgegeben oder zur Beförderung an die Post übergeben wird. Im Falle der Übermittlung per Telefax gilt das auf dem Telefax befindliche Eingangsdatum.

 

§ 17 Abs. 1 Zustellgesetz lautet: Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zu der Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabe­stelle aufhält, so ist das Schriftstück im Fall der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

 

Gemäß § 17 Abs. 2 Zustellgesetz ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Nach Abs. 3 leg. cit. ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvor­gang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinter­legte Sendung behoben werden könnte.

 

4.1.2. Der Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde und hat gemäß § 47 AVG iVm. § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich; diese Ver­mutung ist allerdings widerlegbar. Derjenige, der behauptet, es lägen Zustellmängel vor, hat diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise anzuführen, die geeignet erscheinen, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen (Verwaltungsgerichtshof 21. November 2001, 2001/08/0011).

 

4.1.3. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass – den gesetzlichen Vorschriften entsprechend – zwei Zustellversuche unternommen wurden. Danach wurde die Sendung beim Zustellpostamt hinterlegt. An der Rechtmäßigkeit des Zustellvorgangs bestehen keine Zweifel, insbesondere hat die Bw selbst keinerlei stichhaltige Anhaltspunkte oder gar Beweise für derartige Mängel vorgebracht.

 

Die Aussage der Bw, eine Hinterlegungsanzeige nicht vorgefunden zu haben, ist im Hinblick auf die Angabe des Postzustellers im Rückschein, dass eine Hinterlegungsanzeige in das Hausbrieffach eingelegt wurde und seine Zeugenaussage, die die Richtigkeit dieser Angabe bestätigt, nicht ausreichend. Die Zustellung einer Hinterlegungsanzeige hängt zwar von der Ordnungsgemäßheit des Zustellvorganges, nicht aber davon ab, dass sie dem Empfänger zur Kenntnis gelangt ist.

 

Als erster Tag der Abholung wird in der Zustellverfügung der 14. November 2005 genannt, an diesem Tag gilt die Sendung gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz als zugestellt; die zweiwöchige Berufungsfrist endete somit am 28. November 2005.

 

Ein nicht rechtzeitiger Einspruch ist mit Bescheid zurückzuweisen. Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ist allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung. Ein solches Verschulden wäre erst bei der Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag von Belang (VwGH 11.7.1998, 88/10/0113).

 

4.1.4. Die Bw erhob jedoch erst am 16. Juni 2006 (persönliche Einbringung - Datum des Eingangsstempels) Einspruch. Dieser Einspruch war daher verspätet.

 

Die Berufung gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

 

4.2. Zu Spruchpunkt 2:

 

4.2.1. Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einer Frist einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Nach § 71 Abs. 2 AVG muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

 

4.2.2. Die Bw erlangte spätestens mit Schreiben der Bundespolizeidirektion Linz vom 18. Mai 2006 (ebenfalls abgefertigt am 18. Mai 2006) davon Kenntnis, dass die Versäumung einer Frist vorlag und die Einbringung eines Einspruches, verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zulässig ist. Entsprechend den vorgebrachten Versionen blieb die Bw bis zur Vorsprache bei der Behörde erster Instanz bzw. der telefonischen Auskunftseinholung bei ihrem Rechtsanwalt – somit insgesamt über zwei Wochen - untätig.  

 

Der mit Schreiben vom 13. Juni 2006 persönlich bei der Behörde erster Instanz am 16. Juni 2006 eingebrachte Wiedereinsetzungsantrag beinhaltete keinerlei Angaben über die Rechtzeitigkeit.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Wiedereinsetzungswerber bereits in seinem Wiedereinsetzungsantrag ausdrückliche Angaben über die Rechtzeitigkeit des Antrages iSd Norm des § 71 Abs. 2 AVG zu machen. Dem Wiedereinsetzungsantrag anhaftende Mängel sind inhaltlicher Natur und daher nicht iSd Norm des § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähig (Judikaturhinweise siehe Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 681 Z. 3  f).

 

Ohne auf eine allfällige Verfristung abzustellen ist die Behörde erster Instanz ohne weitere Prüfung von der Rechtzeitigkeit des Antrages ausgegangen und hat diesen in der Folge als unbegründet abgewiesen.

 

4.2.3. Wie bereits ausführlich dargestellt, hat die Bw weder im Verfahren vor der Behörde erster Instanz noch im Berufungsverfahren glaubwürdige und nachvollziehbare Angaben über die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages gemacht. So räumte die Bw bei der niederschriftlichen Befragung am 4. Dezember 2006 nach dem Vorhalt der Widersprüchlichkeit ein, dass sie sich aufgrund der lange zurückliegenden Zeit und der zahlreich erstatteten Schriftsätze nicht mehr erinnern könne. In der abschließenden Stellungnahme vom 28. Dezember 2006 versucht sie zwar ihre Aussage zu relativieren, indem sie die Vorhaltungen (widersprüchliche Zeitangaben) als zu vage bezeichnet hat und daher dazu nicht Stellung nehmen könne. Wie bereits nachvollziehbar dargelegt, wurden der Bw nach Aktenvorlage exakte Vorhaltungen gemacht, die nur in der Niederschrift kurz zusammengefasst wiedergegeben worden sind. Lediglich für einen unbeteiligten Dritten (allenfalls einem möglichen Verfasser der Stellungnahme) mag diese Zusammenfassung vage erscheinen.

 

Die Bw verkennt aber, dass sie konkrete und nachvollziehbare Angaben zur Rechtzeitigkeit des Antrages zu machen hat und nicht die Behörde gehalten ist, alle möglichen vorgebrachten Varianten durchzuspielen um vielleicht doch die Rechtzeitigkeit des Antrages begründen zu können.

 

Da die Bw weder nachvollziehbare noch glaubwürdige Zeitangaben gemacht hat, war im Hinblick auf den Aufgabezeitpunkt des erstbehördlichen "Mahnschreibens" und den Einbringungszeitpunkt des Wiedereinsetzungsantrages von der Verspätung des Letzteren auszugehen.

 

4.2.4. Aufgrund der Aktenlage und des Parteienvorbringens ist von einer verspäteten Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages auszugehen. Der Oö. Verwaltungssenat war daher gehalten, den erstinstanzlichen Abspruch (Spruchpunkt II.) richtigzustellen (vgl. VwGH vom 23.4.1986, 85/03/0171).

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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