Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-521526/5/Kof/Be

Linz, 01.03.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn SH W, vertreten durch Rechtsanwälte H & Partner, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 29.12.2006, VerkR21-164-2006 wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern ua., nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 23.2.2007 einschließlich  Verkündung  des  Erkenntnisses,  zu  Recht  erkannt:  

   

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als dem Berufungswerber das Lenken eines Motorfahrrades vom Wohnort (Schwertberg) zum Arbeitsplatz (Münzbach)  und zurück gestattet wird.

 

Im  Übrigen  wird  die  Berufung  als  unbegründet  abgewiesen  und

der  erstinstanzliche  Bescheid  bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z.1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3  i.V.m.  §§ 7 Abs.1 Z.1, 7 Abs.3 Z.1 und

       7 Abs.4 FSG, BGBl. I/120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I/153/2006

§ 32 Abs. 1 Z.1 FSG

§ 24 Abs. 3 FSG

§ 64 Abs. 2 AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

-          die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 8 Monaten, gerechnet ab 8.10.2006 (= Datum der Abnahme des Führerscheines) entzogen und ausgesprochen, dass bis Ablauf der Entziehungsdauer keine neue  Lenkberechtigung  erteilt  werden  darf

-          das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verboten

-          verpflichtet,  sich  auf  eigene  Kosten

-           einer  Nachschulung  (Einstellungs- und Verhaltenstraining

       für  alkoholauffällige  Lenker)  zu  unterziehen

-           eine  verkehrspsychologische  Stellungnahme  beizubringen   und

-           ein  amtsärztliches  Gutachten  über  die  gesundheitliche  Eignung

       beizubringen.

 

Einer allfällig eingebrachten Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende  Wirkung  aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom  17.1.2007  eingebracht.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Auf jenem erstinstanzlichen Bescheidexemplar, welches dem Rechtsvertreter des Bw zugestellt wurde, ist nur der Name des Genehmigenden maschinschriftlich –  nicht  jedoch  die  Unterschrift  des  Genehmigenden  und  die  Beglaubigung  durch  die  Kanzlei  –  angeführt.

 

Der Bw bringt vor, bei diesem ihm zugestellten Schriftstück handle es sich daher  nicht  um  einen  Bescheid.

 

Die im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltene Urschrift wurde vom Genehmigenden (= Leiter der Verkehrsabteilung der belangten Behörde) unterfertigt.

 

Das Fehlen der Unterschrift oder der Beglaubigung – d.h. des Beglaubigungsvermerks und der Unterschrift des Beglaubigenden – auf der Vervielfältigung schadet nicht, wenn die Urschrift vom Genehmigenden unterfertigt ist und dessen Name leserlich – zB. maschinschriftlich – auf der zugestellten Ausfertigung angeführt ist.

Die Zulässigkeit dieser Form der Ausfertigung hängt nicht davon ab, ob die Erledigung einer Vielzahl von Adressaten zu übermitteln ist, sondern ausschließlich  vom  Faktum  der  Vervielfältigung.

 

Es genügt daher, wenn nur eine Ausfertigung für die Partei durch Vervielfältigung der Urschrift erstellt wird;  Hengstschläger-Leeb, AVG-Kommentar, Rz 26 zu § 18 AVG (Seite 213)  mit  zahlreichen  Judikaturhinweisen.

 

Da die im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltene Urschrift vom Genehmigenden unterfertigt ist, handelt es sich bei der dem Rechtsvertreter des Bw zugestellten erstinstanzlichen  Erledigung  um  einen  Bescheid!

 

Am 23.2.2007 wurde vom UVS eine mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher ua. der Bw, dessen Rechtsvertreterin sowie ein Vertreter der belangten Behörde  teilgenommen  haben;  aus dem Verfahrensakt sowie der mVh ergibt sich  nachfolgender  entscheidungsrelevanter  Sachverhalt:

 

Der Bw lenkte am 8.10.2006 um ca. 05.15 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr im Ortsgebiet von S.  An einer näher bezeichneten Straßenstelle verschuldete er einen  Verkehrsunfall  mit  Sachschaden  und  beging  Fahrerflucht.

Bei dieser Fahrt befand sich der Bw in einem durch Alkohol beeinträchtigten  Zustand da die Messung der Atemluft mittels Alkomat einen Atemluftalkoholgehalt von  (niedrigster Wert)  0,81 mg/l  ergeben  hat.

 

Die belangte Behörde hat mit Straferkenntnis vom 27.12.2006, VerkR96-3121-2006 über  den  Bw  wegen  der  Verwaltungsübertretungen  nach

-          § 5 Abs.1    iVm.   § 99 Abs.1 lit.a StVO

-          § 31 Abs.1  iVm.   § 99 Abs.2 lit.e StVO und

-          § 4 Abs.1 lit.b  iVm.  § 99 Abs.2 lit.a StVO

Geldstrafen  (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

 

Dieses Straferkenntnis ist – durch die bei der mVh vom 23.2.2007 erfolgte Zurückziehung  der  Berufung  –  in  Rechtskraft  erwachsen.

 

Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung der Lenkberechtigung ist – nach ständiger Rechtsprechung des VwGH – an  rechtskräftige  Entscheidungen  anderer  Behörden  gebunden;   

Erkenntnisse  vom 8.8.2002, 2001/11/0210;  vom 26.11.2002, 2002/11/0083;

                       vom 6.7.2004, 2004/11/0046  jeweils mit Vorjudikatur   uva.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung  zu  entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für  welchen  Zeitraum  die  Lenkberechtigung  entzogen  wird.

Dieser  ist  aufgrund  der  Ergebnisse  des  Ermittlungsverfahrens  festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.  Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 leg.cit. angeordnet,  so  endet  die  Entziehungsdauer  nicht  vor  Befolgung  der  Anordnung.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die  Verkehrssicherheit  insbesondere  durch  Trunkenheit  gefährden  wird.

 

Gemäß § 7 Abs. 3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs. 1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand ein KFZ gelenkt und hiebei eine Übertretung  gemäß (§ 5 i.V.m.) § 99 Abs. 1 StVO begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während  dieser  Zeit  maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung  verbunden  sind,   kein  wie  immer  geartetes  Beweisthema;

Erkenntnisse vom 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger  Rechtsgüter  vor  verkehrsunzuverlässigen  KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02;  v. 11.10.2003, B1031/02;  v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

             vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur

 

Verschuldet der Lenker eines KFZ in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall mit Sachschaden und begeht anschließend Fahrerflucht, ist  eine  Entziehungsdauer  von  10 Monaten  gerechtfertigt;

VwGH vom 8.8.2002, 2001/11/0210  mit zahlreichen Judikaturhinweisen.

 

Die von der belangten Behörde festgesetzte Entziehungsdauer ist im Hinblick auf  die  zitierte  Judikatur  des VwGH  als  sehr  milde  zu  bezeichnen.

Eine  Herabsetzung  dieser  Entziehungsdauer  kommt  daher  nicht  in  Betracht.

 

Personen, welche nicht iSd § 7 leg.cit verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad,  ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, ist gem.  -  § 32 Abs.1 Z1 FSG  das Lenken eines derartigen KFZ ausdrücklich zu verbieten  bzw. -  § 32 Abs.1 Z3 FSG  das  Lenken  eines  derartigen  KFZ  nur  unter

                                     örtlichen  Beschränkungen  zu  gestatten."

 

Nach dem Erlass des Bundesministers für Verkehr vom 2.5.2006, Gz. BMVIT-170.619/0001-II/ST4/2006 ist bei Begehung von Alkoholdelikten zwingend  ein  Lenkverbot  nach  § 32 Abs.1 Z1 FSG  auszusprechen.

Bei diesem Erlass handelt es sich nicht um eine Rechtsquelle iSd Art. 18 Abs.1 B-VG, sodass der UVS an diesen nicht gebunden ist;   VwGH vom 9.3.2005, 2001/13/0062.

 

Der  Bw  hat  erstmals  ein  Alkoholdelikt  im  Straßenverkehr  begangen;

dies  ist  zu  seinen  Gunsten  zu  werten.

Es ist daher gerechtfertigt und vertretbar, iSd § 32 Abs.1 Z3 FSG dem Bw das Lenken eines Motorfahrrades für die Fahrt vom Wohnort zum Arbeitsplatz und zurück  zu  gestatten.

 

Lenkt jemand ein KFZ in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand und  beträgt der Alkoholisierungsgrad 0,80 mg/l oder mehr, ist gemäß § 24 Abs.3 FSG rechtlich  zwingend  anzuordnen

-          eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker

-          die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche  Eignung  gemäß  § 8 leg.cit   sowie

-          die  Beibringung  einer  verkehrspsychologischen  Stellungnahme;

VwGH vom 23.3.2004, 2004/11/0008;  vom 20.2.2001, 2000/11/0157 ua.

 

Die Behörde kann iSd § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit  entzogen  wird; 

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG (Seite 1222f)  zitierten  zahlreichen  VwGH-Entscheidungen.

 

Der Berufung war somit insofern stattzugeben, als dem Bw das Lenken eines Motorfahrrades für die Fahrt vom Wohnort zum Arbeitsplatz und zurück gestattet wird.

 

Im Übrigen war die Berufung als unbegründet abzuweisen, der erstinstanzliche Bescheid  zu  bestätigen  und  spruchgemäß  zu  entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13 Euro angefallen.

 

Mag. Kofler

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum