Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150549/8/Bm/Hue/Ga

Linz, 07.05.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier nach der am 4. April 2007 durchgeführten öffent­lichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der S S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom 21. Dezember 2006, Zl. BauR96-110-2005/Je, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 33 Stunden herabgesetzt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist dahingehend zu korrigieren, dass als verletzte Verwaltungsvorschrift § 11 Abs. 1 BStMG zu ergänzen, als für die Strafbemessung maßgebliche Bestimmung § 20 Abs. 1 BStMG zu zitieren und § 29 Abs. 2 Ziffer 2 leg.cit. zu streichen ist.

 

II.                  Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil sie als Lenkerin des Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen  zu vertreten habe, dass sie am 2. November 2004, 14.35 Uhr, die A8 bei km 37.400 in der Gemeinde Weibern, Raststation Aistersheim, Richtung Suben, km 33.60, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Am Kfz sei eine Mautvignette nicht mit dem Originalkleber angebracht gewesen, wodurch der Selbstzerstörungseffekt bei Ablösen der Vignette verhindert werde.

 

2. In der Berufung wird vorgebracht, dass die Bw die Vorgehensweise der Erstbehörde nicht verstehen könne, da sie in der letzten schriftlichen Stellungnahme ausführlich und eingehend die tatsächliche Situation geschildert habe. Die Bw wäre nicht im Besitz einer Vignette, wenn sie die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet hätte. Es werde doch niemand vorwerfen, dass die Bw die Vignette einer anderen Person verwendet habe. Die Vignette sei weder manipuliert noch eine Deckfolie verwendet worden. Es sei angeboten worden, die Angaben der Bw zu überprüfen. Inzwischen sei am gegenständlichen Kfz seit der Beanstandung schon die dritte Vignette angebracht. Da jedoch lediglich 2 Vignetten angebracht sein dürften, existiere die beanstandete Vignette nicht mehr. Die belangte Behörde habe lange genug Zeit gehabt, die Bw mit dem Kfz vorzuladen, um ihre Angaben zu überprüfen. Abschließend legt die Bw ihre Vermögensverhältnisse und Sorgepflichten dar.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 2. November 2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Ergänzung zur Anzeige wurde ausgeführt: "Jahresvignette Nr. 10704286 mit Deckfolie angebracht (Deckfolie sichtbar, Ränder eingebogen, Schnittrand sichtbar)".

 

Nach Strafverfügung vom 28. Jänner 2005 rechtfertigte sich die Bw dahingehend, dass die Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei und sich die Vignette nach wie vor mit dem Originalkleber auf der Frontscheibe befinde. Beim Ablösen müsste sich die Vignette zerstören. Die Bw sei gerne bereit, dies an Ort und Stelle zu beweisen.  

 

Einer zusätzlichen Stellungnahme der ASFINAG vom 25. März 2005 sind die Angaben in der Anzeige und rechtliche Bestimmungen zu entnehmen.

 

Dazu brachte die Bw im Wesentlichen vor, dass Mautprellerei nicht begangen worden sei, da die Maut entrichtet worden sei. Die Vignette sei ordnungsgemäß und nicht mit Deckfolie an der Windschutzscheibe angebracht gewesen. Dies hätte – wie beantragt – von einem Sachverständigen überprüft werden können. Wie es denn sonst möglich sei, dass bei Verwendung einer Folie auf der Windschutzscheibe noch immer die Spuren der Beseitigung der Vignette für das Jahr 2004 zurückgeblieben seien. Die Reste dieser Vignette würden bis zur Klärung des Falles auf der Windschutzscheibe belassen. Möglich sei, dass die Vignette aufgrund der Windschutzscheibenreinigung am Rand ein wenig "aufgebogen" gewesen sei. Dies sei allerdings weder lt. Gesetz noch lt. Mautordnung verboten.

 

Die Bw wurde daraufhin von der Erstbehörde mittels Ladung vom 11. Mai 2006 gebeten, mit dem gegenständlichen Kfz am 8. Juni 2006 bei der Behörde zu erscheinen. Eine Antwort oder Reaktion der Bw auf diese Ladung ist im Verfahrensakt nicht dokumentiert.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung. 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte die Bw vor, dass sie am Tattag das Kfz bei der Raststation Aistersheim abgestellt habe. Bei der Rückkehr zum Kfz sei eine Verständigung der ASFINAG am Fahrzeug angebracht gewesen. Dieser sei zu entnehmen gewesen, dass die Vignette mit Deckfolie aufgeklebt worden sei.

Die Vignette habe von Anfang an schlecht geklebt. Hinzu komme, dass der kleine Sohn der Bw ab und zu auch an der Vignette gekratzt habe. Es werde deshalb eine Beschädigung der Vignette eingeräumt. Mit ASFINAG-Mitarbeitern sei nicht gesprochen worden. Die belangte Behörde habe am 11. Mai 2006 um ein Erscheinen der Bw am 8. Juni 2006 gebeten. In einem daraufhin geführten Telefonat mit der Sachbearbeiterin der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land sei von der Bw mitgeteilt worden, dass die (gegenständliche) beschädigte Vignette mittlerweile entfernt worden sei. Diesbezüglich sei auch mit einem Anwalt gesprochen worden. Dieser habe gesagt, dass diese Vignette entfernt werden könne, wenn sich die belangte Behörde "nicht rühre". Es stehe nun Aussage gegen Aussage. Da die Vignette tatsächlich beschädigt gewesen sei, sei sie von den ASFINAG-Mitarbeitern auch dementsprechend beanstandet worden. Im Ersatzmautangebot stehe als Beanstandungsgrund "nicht ordnungsgemäß angebracht" und der Zusatz "Ränder eingebogen, Schnittrand sichtbar".

 

Eine Kopie des Ersatzmautangebotes wurde zum Akt genommen.

 

Der als Zeuge einvernommene Meldungsleger sagte aus, dass er sich an den Vorfall nicht mehr erinnern könne. Er habe nur mehr die Aufzeichnungen aus dem Akt. Aus diesen sei ersichtlich, dass beim gegenständlichen Kfz zwar eine Vignette angebracht, die Deckfolie jedoch ausgeschnitten gewesen sei. In einem solchen Fall sehe man meistens rundum die Schnitte, an welchen sich die ASFINAG-Mitarbeiter orientieren würden. Es dürfe eigentlich keine Folie "rausstehen". Im vorliegenden Fall seien die Deckfolie und der Schnittrand sichtbar und die Ränder eingebogen gewesen. Zum Vorbringen der Bw, die Vignette sei mit dem Originalkleber angebracht gewesen, könne der Zeuge nur auf seine Aufzeichnungen verweisen. Aus seiner Sicht sei es aber nicht möglich, dass eine ordnungsgemäß geklebte Vignette die vorhin beschriebenen Mängel aufweise. Wenn an der Vignette "herumgekratzt" werde, wäre die Deckfolie jedenfalls nicht sichtbar.

Auf die Frage der Bw, wie sie denn eine ausgeschnittene Vignette anbringen hätte sollen, antwortete der Meldungsleger, dass dies mit Klebestreifen ("Tixo") oder Vaselin möglich sei. Dies sehe man eigentlich von außen nicht. Wenn die Vignette dann öfters abgenommen werde, würden mit der Zeit "Ecken" entstehen.          

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Die Vignette ist – nach Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist. Die Maut ist im Sinne des § 15 Abs. 1 Ziffer 9 BStMG nur dann vorschriftsmäßig entrichtet, wenn vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette unter Verwendung des originären Vignettenklebers angebracht worden ist.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

5.2. Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die Vignette ordnungsgemäß – das heißt, unter Ablösung der Trägerfolie – angebracht, oder ob sie lediglich – ohne Ablösung der Trägerfolie – an der Windschutzscheibe befestigt war.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat geht in sachverhaltsmäßiger Hinsicht von der Richtigkeit der Darstellung des Meldungslegers aus, wonach gegenständlich die Mautvignette nicht ordnungsgemäß (i.S.d. Aufklebens unter Verwendung des originären Vignettenklebers), sondern ohne Ablösung der Trägerfolie an der Windschutzscheibe angebracht war. Der Meldungsleger unterliegt nicht nur besonderen Sanktionen sondern war auch nach dem persönlichen Auftreten in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vertrauenswürdig und in seinen Darstellungen widerspruchsfrei. Weiters wurde vom Zeugen bereits bei Anzeigenlegung detailliert vorgebracht, in welcher Form die Vignette vorschriftswidrig angebracht wurde (vgl. die Formulierung "Deckfolie sichtbar, Ränder eingebogen, Schnittrand sichtbar"). Die Glaubwürdigkeit der Bw leidet daran, dass sie als Erklärung für die "eingebogenen Ränder" der Vignette einen alternativen Sachverhalt angeboten hat: Im erstinstanzlichen Verfahren behauptete die Bw, diese seien aufgrund der Windschutzscheibenreinigung entstanden, in der öffentlichen mündlichen Verhandlung jedoch, ihr Kind habe an der Vignette "gekratzt". Schlussendlich widerlegt wird die Behauptung der Bw, die Vignette sei ordnungsgemäß mit dem Originalkleber angebracht gewesen, dadurch, dass für den Meldungsleger Schnittränder an der Vignette ersichtlich waren. Dieses Erscheinungsbild der Vignette schließt ein Abziehen der Trägerfolie logisch aus, da bei Abziehen der Trägerfolie genau der Stanzrand eingehalten wird. Damit ist das Vorbringen der Bw hinsichtlich einer ordnungsgemäß aufgeklebten Vignette widerlegt.          

 

Die Tat ist daher der Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Obwohl der ermittelte Sachverhalt wenig Anhaltspunkte dafür bietet, sei zugunsten der Bw von Fahrlässigkeit ausgegangen und zwar in dem Sinne, dass sie sich über die gesetzlichen Bestimmungen bzw. über die Anbringungsvorschriften für Vignetten nicht ausreichend informiert hat.

 

Wenn die Bw vorbringt, sie habe mehrmals angeboten, das gegenständliche Kfz bzw. Vignettenreste darauf zu besichtigen bzw. von einem Sachverständigen besichtigen zu lassen, wird festgestellt, dass ein diesbezügliches von der Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung dargelegtes klärendes zusätzliches Telefonat mit der Sachbearbeiterin der belangten Behörde nach Erhalt einer Ladung im Akt nicht dokumentiert ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht aber – im Zweifel – von der Richtigkeit dieser Darstellung der Bw und von einem Protokollierungsmangel der Erstbehörde aus. Jedoch ist festzuhalten, dass spätere Überprüfungen keine zwingenden Rückschlüsse auf den Zustand der Vignette zur Tatzeit zulassen. Eine nachträgliche Überprüfung des gegenständlichen Kfz oder der beanstandeten Vignette war somit entbehrlich.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe verhängt wurde, wodurch die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bw unerheblich sind. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit.  Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Die Verwendung einer von den einschlägigen Vorschriften verpönten "Befestigungs­technik" schließt die Annahme unbedeutender Folgen der Tat aus.

Jedoch war die Ersatzfreiheitsstrafe im Hinblick auf § 49 Abs. 2 VStG auf 33 Stunden herabzusetzen, da bereits in der verfolgungsverjährungsunterbrechenden Strafverfügung vom 28. Jänner 2005, Zl. BauR96-16-2005, die Ersatzfreiheitsstrafe in diesem Ausmaß festgesetzt wurde und in dem aufgrund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis keine höhere Strafe festgesetzt werden darf als in der Strafverfügung. Im Übrigen sei daran erinnert, dass die Ersatzfreiheitsstrafe nach den Strafzumessungsregeln des § 19 VStG zu berechnen ist. In Anwendung dieser Regeln wurde ein Strafbetrag von 400 Euro festgelegt, der somit 10 % der vorgesehenen Höchststrafe in Geld beträgt. Auch wenn ein fester Umrechnungsschlüssel nicht besteht, so ist nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenats die – im Übrigen nicht näher begründete – Festlegung der belangten Behörde  der Ersatzfreiheitsstrafe mit 2 Tagen nicht schlüssig, wenn diese angeordnete Ersatzfreiheitsstrafe mehr als 10 % der gesetzlich vorgesehenen Höchstgrenze für die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt. Diese Ersatzfreiheitsstrafe wäre im Verhältnis zur verhängten Geldstrafe eine schwerere Strafe, für deren Festlegung der Verwaltungssenat keinen Grund gesehen hätte.  

 

Aus den oben angeführten Sach- und Rechtsgründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bismaier

 

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