Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110769/2/Kl/Pe

Linz, 09.05.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn R A, vertreten durch Rechtsanwälte L H G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 13.2.2007, VerkGe96-3-1-2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG) zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.     Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 290,60 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 13.2.2007, VerkGe96-3-1-2007, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7 Abs.1 Z1 iVm § 23 Abs.1 Z3 und Abs.4 GütbefG verhängt, weil er als Unternehmer mit dem Sitz in D, am 3.1.2007 gegen 9.30 Uhr, auf dem Amtsplatz der Zollstelle Suben, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: R A, Lenker: A C, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats (Staatsbürgerschaft: Türkei) ist, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern von der Türkei durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland (grenzüberschreitender gewerblicher Güterkraftverkehr) ohne Fahrerbescheinigung durchgeführt hat, obwohl der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung unterliegt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. In der Begründung wurde auf den Schriftsatz vom 26.1.2007 hingewiesen. Es wurde ausgeführt, dass die Verordnung gegen das Assoziationsabkommen nebst Zusatzprotokollen zwischen der EU und der Türkei verstößt. Der freie Dienstleistungsverkehr wird durch Einführung dieser neuen Beschränkung behindert, was gegen höherrangiges Recht verstößt. Die zugrundeliegende Verordnung ist daher rechtswidrig und kann nicht als Rechtsgrundlage für eine Geldstrafe herangezogen werden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil der maßgebliche Sachverhalt klar und eindeutig aus der Aktenlage hervorgeht und vom Berufungswerber auch im gesamten Verfahren nicht in Abrede gestellt wird, die Berufung sich aber nur auf eine unrichtige rechtliche Beurteilung stützt und keine mündliche Verhandlung ausdrücklich beantragt wurde, kann von einer Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs.3 Z1 VStG abgesehen werden.

 

Es wird als erwiesen zugrunde gelegt, dass durch den Berufungswerber am 3.1.2007 ein gewerblicher Gütertransport von der Türkei durch Österreich nach Deutschland durchgeführt wurde, wobei ein türkischer Staatsangehöriger als Lenker verwendet wurde und eine Fahrerbescheinigung nicht vorhanden war. Es wurde eine beglaubigte Abschrift einer Gemeinschaftslizenz gültig bis zum 15.1.2009 mitgeführt und vorgewiesen. Weiters wurde eine Fahrerbescheinigung mit der Nr. 0006 für die E S- u T GmbH in für den Lenker A C gültig bis zum 15.3.2005 vorgewiesen. Diese war daher am 3.1.2007 schon abgelaufen. Der Fahrer gab bei seiner Betretung an, dass er noch nicht sehr lange bei dieser Firma sei und ihm deshalb noch keine Fahrerlizenz gegeben wurde. Es lag eine gültige Fahrerbescheinigung nicht vor.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, BGBl. Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr.23/2006, ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr.881/92 sind.

 

Gemäß § 23 Abs.2 GütbefG 1995 ist, soweit in diesem Bundesgesetz auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verwiesen wird, diese Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 anzuwenden.

 

Gemäß Art.3 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 (kurz: EU-VO genannt), unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß Art.3 Abs.3 EU-VO wird die Fahrerbescheinigung von einem Mitgliedstaat gemäß Art.6 jedem Verkehrsunternehmer ausgestellt, der Inhaber einer Gemeinschaftslizenz ist und der in diesem Mitgliedstaat Fahrer, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, rechtmäßig beschäftigt oder Fahrer rechtmäßig einsetzt, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind und ihm als Arbeitskraft gemäß den Bestimmungen zur Verfügung gestellt werden, die in diesem Mitgliedstaat für die Beschäftigung und die Berufsausbildung von Fahrern durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften und gegebenenfalls Tarifverträge nach den in diesem Mitgliedstaat geltenden Vorschriften festgelegt wurden.

 

Gemäß § 9 Abs.1 GütbefG 1995 hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.

 

Gemäß § 23 Abs.1 und Abs.4 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von mindestens 1.453 Euro bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer

3.             Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Berechtigung durchführt,

 

5.2. Für den eingesetzten Lenker, der türkischer Staatsangehöriger ist, lag eine gültige Fahrerbescheinigung für das Unternehmen des Berufungswerbers nicht vor. Es wurde ein gewerblicher Gütertransport über die Grenze von der Türkei nach Deutschland durchgeführt mit Gemeinschaftslizenz aber ohne Fahrerbescheinigung und daher der objektive Tatbestand gemäß § 7 Abs.1 Z1 iVm § 23 Abs.1 Z3 GütbefG erfüllt.

Diese Verwaltungsübertretung hat der Berufungswerber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung gehört zu den Ungehorsamsdelikten und war daher Fahrlässigkeit anzunehmen. Ein Entlastungsnachweis ist dem Berufungswerber jedoch nicht gelungen. Wenn sich der Berufungswerber allein darauf stützt, dass er eine negative Aussage der Freie und Hansestadt Hamburg besitzt, so genügt dies für die Aufhebung des Verschuldens nicht. Vielmehr wäre es dem Berufungswerber zuzumuten gewesen, eine bescheidmäßige Erledigung zu verlangen und den entsprechenden Rechtszug zu ergreifen um eine rechtliche Klarstellung zu erwirken. In Kenntnis der unterschiedlichen Auslegung der Behörden hätte er sich nicht die für ihn günstigere Regelung aussuchen dürfen. Darüber hinaus ist ersichtlich, dass der verwendete Lenker für ein anderes Unternehmen eine Fahrerbescheinigung gültig erwirkt und besessen hat. Es ist daher die Ausstellung einer Fahrerbescheinigung durchaus möglich. Indem er den Lenker ohne die entsprechende Fahrerbescheinigung eingesetzt hat und den Rechtszug nicht beschritten hat, hat der Berufungswerber eine Sorgfaltsverletzung begangen, die er sich anlasten lassen muss.

 

5.3. Wenn hingegen der Berufungswerber vorbringt, dass ihm die Beschaffung einer Fahrerbescheinigung gar nicht möglich sei, weil die deutsche Behörde die Ausstellung einer Fahrerbescheinigung verweigere, so sind ihm folgende Erwägungen entgegenzuhalten:

 

Das Schreiben der Freien und Hansestadt Hamburg vom 20.10.2004 geht einerseits davon aus, dass es sich um eine Beförderung zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland handelt und nach Art.1 Abs.2 der VO (EWG) 881/92 diese Verordnung bei Beförderungen aus einem Mitgliedstaat nach einem Drittland und umgekehrt erst dann Anwendung findet, sobald das hiefür erforderliche Abkommen zwischen der Gemeinschaft und dem betreffenden Drittland geschlossen ist, zwischen der EG und der Türkei als Drittland aber bisher kein Abkommen existiert. Es gelten daher die Vorschriften über die Gemeinschaftslizenz und die Fahrerbescheinigung nicht. Andererseits geht die deutsche Behörde davon aus, dass für den Güterkraftverkehr zwischen Deutschland und der Türkei nach wie vor eine CEMT-Genehmigung erforderlich ist. Weder die Gesamtresolution des Ministerrates der europäischen Verkehrsministerkonferenz zum Straßengüterverkehr noch das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Türkei über den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr auf der Straße sehen eine Fahrerbescheinigung vor. Es bedarf daher der Einsatz türkischer Fahrer im gewerblichen Güterkraftverkehr zwischen der Türkei und Deutschland und umgekehrt keiner Fahrerbescheinigung. Schließlich wurde auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Hamburg vom 15.8.2003 hingewiesen. Auch diese Entscheidung stützt sich darauf, dass ein Abkommen zwischen der Gemeinschaft und dem Drittstaat noch nicht geschlossen wurde und daher die EU‑VO nicht zur Anwendung kommt.

 

Soweit von den deutschen Stellen von der Verwendung einer CEMT-Genehmigung ausgegangen wird, so ist diesen Ausführungen entgegenzuhalten, dass bei dem vorgeworfenen gewerblichen Gütertransport am 3.1.2007 eine CEMT-Genehmigung nicht verwendet und nicht vorgelegt wurde, sondern der Transport sich ausschließlich auf eine gültige Gemeinschaftslizenz stützt. Es geht daher das Argument ins Leere, dass bei Verwendung einer CEMT-Genehmigung eine Fahrerbescheinigung nicht erforderlich sei.

Es unterliegt daher gemäß Art.3 Abs.1 der EU-VO der grenzüberschreitende Verkehr auf dem Gebiet der europäischen Gemeinschaft einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung. Eine gültige Gemeinschaftslizenz lag beim gegenständlichen Transport unzweifelhaft auch vor, allerdings ist zusätzlich zur Gemeinschaftslizenz bei Verwendung von Fahrern, die Staatsangehörige von Drittstaaten sind, eine Fahrerbescheinigung von Unternehmen zu erwirken und dem Fahrer zur Verfügung zu stellen, welcher diese Fahrerbescheinigung dann auch mitzuführen und vorzuweisen hat (vgl. Erwägung 3 der Verordnung [EG] Nr. 484/2002). Zweck der Fahrerbescheinigung ist, dass nachgeprüft werden kann, ob die Fahrer aus Drittstaaten rechtmäßig beschäftigt sind bzw. rechtmäßig dem für die Beförderung verantwortlichen Verkehrsunternehmer zur Verfügung gestellt werden (Erwägung 2 der Verordnung [EG] Nr. 484/2002). Dem Erwägungsgrund 4 der zitierten Verordnung ist aber auch eindeutig zu entnehmen, dass die Verordnung nicht die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft über die Freizügigkeit, den Wohnsitz und den Zugang einer Tätigkeit als Beschäftigter berührt. Im Sinn des letztgenannten Erwägungsgrundes ist daher die Bestimmung des Art.3 Abs.3 der EU-VO weder in dem Sinne zu lesen, dass Staatsangehörige eines Drittlandes nur rechtmäßig beschäftigt in Deutschland sein müssen, noch dass überhaupt eine Beschäftigungsbewilligung bzw. Arbeitserlaubnis oder dgl. Voraussetzung für eine Fahrerbescheinigung ist. Es ist nämlich der zitierten Bestimmung einerseits auch eine zweite Alternative zu entnehmen, nämlich dass Fahrer, die Staatsangehörige eines Drittlandes sind, „rechtmäßig eingesetzt und als Arbeitskraft gemäß den Bestimmungen zur Verfügung gestellt werden, die in diesem Mitgliedstaat für die Beschäftigung und die Berufsausbildung von Fahrern durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften und gegebenenfalls Tarifverträge nach den in diesem Mitgliedstaat geltenden Vorschriften festgelegt wurden“. Diesfalls werden die ausländischen Fahrer nicht „rechtmäßig beschäftigt“ sondern „rechtmäßig eingesetzt“, nämlich unter dem Aspekt, dass alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaates erfüllt sind. Wird demnach von einem Güterbeförderungsunternehmen mit dem Sitz in Deutschland ein Vertrag mit einem türkischen Unternehmen geschlossen, wonach dieses türkische Unternehmen die Leistung der Fahrer anbietet und das deutsche Unternehmen diese Leistung in Anspruch nimmt, so ist die zweite Alternative von Art.3 Abs.3 der EU-VO heranzuziehen, nämlich dass „Fahrer rechtmäßig eingesetzt werden, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind“. Diese dürfen aber nur dann eingesetzt werden, wenn sie den Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie gegebenenfalls Tarifverträgen des Mitgliedstaates, also konkret Deutschlands genügen. Dies bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass jedenfalls eine Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis und dgl. vorliegen muss, vielmehr ist ein Entsprechen nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaates auch darin zu erblicken, dass z.B. andere Vorschriften erfüllt sind, die den geordneten Arbeitsmarkt regeln, wie z.B. auch das Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Republik Türkei samt Zusatzprotokoll. Liegt daher eine den Vorschriften des Assoziationsabkommens samt Zusatzprotokoll entsprechende Beschäftigung eines türkischen Staatsangehörigen bzw. Dienstleistung eines türkischen Staatsangehörigen vor, so stellt dies einen rechtmäßigen Einsatz dar, der die Ausstellung einer Fahrerbescheinigung zur Folge haben muss.

Nach der Auffassung des Oö. Verwaltungssenates wäre es daher im Sinne der bereits ergangenen Judikatur des Europäischen Gerichtshofes (vgl. C-317/01 und C‑369/01) durchaus möglich, dass ein türksicher Lenker, der bei einem türkischen Unternehmen beschäftigt ist, die Leistung aber für ein deutsches Güterbeförderungsunternehmen für in Deutschland zugelassene Lkw erbringt und unter den gegebenen Voraussetzungen keine Arbeitserlaubnis braucht, dann ebenfalls nach den deutschen Rechts- und Verwaltungsvorschriften „rechtmäßig eingesetzt“ wird. Die entsprechende Bestimmung des Art.3 Abs.3 EU-VO lässt eine gemeinschaftsrechtskonforme Interpretation zu, dass auch neben den Vorschriften über die Arbeitserlaubnis sowie über die Arbeitnehmerüberlassung auch weitere Vorschriften darunter zu subsumieren sind. Neben einer rechtmäßigen Beschäftigung durch einen deutschen Arbeitgeber und einer rechtmäßigen Arbeitnehmerüberlassung nach deutschem Recht, wäre daher jede weitere dem Gesetz entsprechende Erwerbstätigkeit eines Fahrers, der Staatsangehöriger eines Drittlandes ist, mit Fahrerbescheinigung zu bescheinigen. Dies bedeutet aber nicht, dass die Fahrerbescheinigung eine Arbeitsbewilligung ersetzt, und sie ist auch nicht mit einer solchen gleichzuhalten.

Entgegen der Auffassung des Berufungswerbers stellt daher die Fahrerbescheinigung keine unzulässige Einführung einer neuen innerstaatlichen Beschränkung dar, sondern ist die Fahrerbescheinigung lediglich ein Nachweispapier zur Kontrolle, wie z.B. Begleitpapiere, Zulassungsschein usw. Dies bedeutet, dass die die Fahrerbescheinigung ausstellenden Behörden das Vorhandensein eines ordnungsgemäßen Arbeitsverhältnisses oder aber auch das Vorhandensein der Voraussetzungen nach dem Assoziationsabkommen (und damit Bewilligungsfreiheit und die Erfüllung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaates) zu überprüfen haben und bei Vorliegen die Fahrerbescheinigung auszustellen zu haben. Die Fahrerbescheinigung selbst hat aber nur deklarative Wirkung, niemals eine konstitutive Wirkung. Dies bedeutet, dass über das Recht zur Erwerbstätigkeit nicht mittels der Fahrerbescheinigung abgesprochen wird, das heißt, dass eine ausgestellte Fahrerbescheinigung nicht eine Arbeitserlaubnis ersetzt und umgekehrt auch die Nichtausstellung einer Fahrerbescheinigung nicht eine bestehende Arbeitserlaubnis entzieht.

 

Nicht hingegen wird die Rechtsauffassung im Beschluss des Verwaltungsgerichtes Hamburg vom 15.8.2003 und im Schreiben der Freien und Hansestadt Hamburg vom 20.10.2004 geteilt, dass die genannte EU-Verordnung überhaupt nicht für einen Güterkraftverkehr zwischen Deutschland und der Türkei zur Anwendung kommt. Dies widerspricht ausdrücklich der Bestimmung des Art.2 zweiter Gedankenstrich zweiter Untergedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr. 881/92. Die Regelung des Art.1 Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 betrifft hingegen nur die im Mitgliedstaat, in dem die Be- oder Entladung stattfindet, zurückgelegten Wegstrecken, also die Wegstrecken die auf dem Bundesgebiet Deutschlands zurückgelegt wurden. Für die Durchfahrt durch Österreich ist diese Regelung nicht anwendbar, weil in Österreich weder eine Be- noch eine Entladung erfolgt.

Im Grunde dieser Ausführungen ist daher auch die durch die Freie und Hansestadt Hamburg im Schreiben vom 30.11.2006 geäußerte Rechtsansicht unrichtig, dass der Güterkraftverkehr zwischen Deutschland und der Türkei eine nicht lizenzpflichtige Güterbeförderung im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr zwischen Deutschland und einem Drittstaat ist und für diesen Verkehr keine Gemeinschaftslizenz benötigt wird. Dies widerspricht offensichtlich dem Art.3 Abs.1 iVm Art.2 der EU-VO.

 

Darüber hinaus wird aber auf die Bestimmung des Art.9 Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 484/2002 hingewiesen, wonach Mitgliedstaaten garantieren, dass jeder Inhaber einer Gemeinschaftslizenz gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde, durch die ihm eine Fahrerbescheinigung verweigert wird, Rechtsmittel einlegen kann. Es ist daher zumutbar, dass der Berufungswerber einen Rechtszug in Anspruch nimmt und ausschöpft.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat auf den besonderen Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung hingewiesen, insbesondere auch auf die mangelnde Kontrollmöglichkeit bei grenzüberschreitenden Transporten. Sie hat mangels Angaben durch den Berufungswerber persönliche Verhältnisse von netto 1.500 Euro monatlich, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt. Diese persönlichen Verhältnisse wurden vom Berufungswerber auch in der Berufung nicht geändert und kamen keine geänderten Umstände hervor. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Mindeststrafe verhängt wurde. Diese ist angesichts des Unrechts- und Schuldgehaltes der Tat gerechtfertigt und war zu bestätigen. Eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG kommt nicht in Betracht, weil lediglich die Unbescholtenheit strafmildernd gewertet werden kann, dies aber kein erhebliches Überwiegen der Milderungsgründe darstellt. Auch liegt kein geringfügiges Verschulden vor, weil das Verhalten des Berufungswerbers nicht erheblich hinter dem in der jeweiligen Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Es war daher die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Fahrerbescheinigung, Assoziationsabkommen Türkei - EU

 

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