Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162079/14/Br/Ps

Linz, 07.05.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn D T, geb., H, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 28. Februar 2007, Zl. VerkR96-2310-2006-Hol, nach der am  30. April 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht:

 

I.    Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.         Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber, wegen einer Übertretung nach § 103 Abs.1 Z1 iVm § 101 Abs.1 lit.e und § 134 Abs.1 KFG 1967 sowie § 9 Abs.2 VStG eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro und im Nichteinbringungsfall 69 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, wobei wider ihn folgender Tatvorwurf erhoben wurde:

"Sie haben am 08.08.2006, um  09:25 Uhr, in der Gemeinde Kleinzell i.M., B 127 bei Strkm. 32.840, als verantwortlicher Beauftragter und somit als zur Vertretung nach außen Berufener im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG der "T Gesellschaft m.b.H., L, A", für die der Anhängewagen unter dem behördlichen Kennzeichen zum Verkehr zugelassen ist, welcher zum oben angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von T B verwendet wurde, nicht dafür gesorgt, dass die Beladung den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, da festgestellt wurde, dass 2 Stapel (je 3 Paletten übereinander) Gipskartonplatten mit einem Gewicht von etwa 8 Tonnen ohne entsprechende Sicherung waren, da der vordere Stapel bloß mit einem geknoteten und teilweise eingerissenen Zurrgurt überspannt war, wobei auch nicht die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit den Ladegütern vollständig ausgefüllt war und die Ladung höher als die Bordwände war."

 

1.1. Die Behörde erster Instanz traf nachfolgende Erwägungen:

"Aufgrund einer Anzeige der Polizeiinspektion Rohrbach vom 19.09.2006, GZ: A1/6243/01/2006, erging an Herrn T J E, wegen der im Spruch angelasteten Verwaltungsübertretung von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach am 28.09.2006, VerkR96-2310-2006, eine Strafverfügung. Gegen diese Strafverfügung erhob Herr T J rechtzeitig Einspruch in dem er unter anderem anführt, dass Sie für den Bereich der T GmbH in L, als verantwortlicher Beauftragter für Pflichten als Zulassungsbesitzer für Übertretungen des GGBG und ADR, eingeschränkt auf technische Mängel, benannt wurden.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 13.11.2006, VerkR96-2310-2006-Hof, erging an Sie eine Aufforderung zur Rechtfertigung. Sie haben von der Ihnen nachweislich eröffneten Möglichkeit, zu der Ihnen zur Last gelegten Verwaltugsübertretung eine Rechtfertigung abzugeben, keinen Gebrauch gemacht, weshalb das Verfahren ohne Ihre Anhörung durchgeführt wurde.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat erwogen:

Die Bestimmung des § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG 1967,  lautet wie folgt:

"Der Zulassungsbesitzer hat dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung – unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder –bewilligungen – den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht."

 

Es genügt nicht, wenn die Kraftfahrer entsprechende Verpflichtungserklärungen, die gesetzliche Bestimmungen einzuhalten, unterschreiben; eine solche Dienstanweisung entlastet nicht, zumal eine Überwälzung der den Zulassungsbesitzer grundsätzlich persönlich treffenden Verpflichtung nicht möglich ist, es bedarf vielmehr einer wirksamen begleitenden Kontrolle.

 

Nur ein wirksames Kontrollsystem befreit den Zulassungsbesitzer von seiner Verantwortung für die vorschriftswidrige Beladung seiner KFZ; ein solches liegt aber nur dann vor, wenn dadurch die Überwachung des Zustandes aller Fahrzeuge jederzeit sichergestellt werden kann und zwar auch außerhalb des Betriebsgeländes.

 

Mit einer Bestrafung war vorzugehen, weil nach den Umständen der Tat eine fahrlässige Handlungsweise zu unterstellen ist, somit das Verschulden nicht als geringfügig bezeichnet werden kann.

Bei der Strafbemessung, die entsprechend dem Unrechtsgehalte der Tat im Sinne des § 19 VStG unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse erfolgte, war kein Umstand erschwerend oder mildernd zu werten.

Der Ausspruch über die Kosten des Verfahrens stützt sich auf die bezogene Gesetzesstelle."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner nachstehend fristgerecht erhobenen Berufung:

"Ich lege hiermit gegen das Straferkenntnis - Aktenzeichen VerR96-2310-2006-Hof - Berufung ein, welche ich wie folgt begründe.

 

Unser Lenker, Herr B wurde am 23.05.2006 über die gesetzliche Verpflichtung zur Ladgutsicherung geschult. Des Weiteren wurde im Zuge dieser Schulung Herr B über die verschiedensten Möglichkeiten der Ladegutssicherung geschult wobei im Speziellen auf das Ladgut Gipskartonplatten eingegangen wurde. Diese Schulung wurde unter Zuhilfenahme des Praxishandbuches "Ladegutsicherung 2006", durchgeführt.

Im Zuge dieser Schulung hat Herr B ein für ihn persönlich bestimmtes Exemplar dieses Praxishandbuches nachweislich erhalten.

 

Die zitierte Schulung stellt nicht bloß eine Dienstanweisung dar, sondern entspricht den gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitnehmerschulung bzw. Unterweisung.

 

Der Anzeige ist zu entnehmen, dass der Lenker einen der beiden Gipskartonstapel mit nur einem, defekten Zurrgurt gesichert hatte.

 

Da der betreffende Arbeitnehmer nicht mehr bei uns beschäftigt ist, und somit kurzfristig nicht befragt werden kann, gehe ich davon aus, dass der Fahrer schon im Zuge der Beladung nicht über die notwendige Anzahl an Zurrmittel verfügt hat oder verwendet hat.

 

Dazu halte ich fest:

 

Der Lenker hätte von der Beladstelle gar nicht mit der ungenügend gesicherten Ladung abfahren dürfen.

Der/die Lenker haben jederzeit - 24 Stunden am Tag - über unsere HOTLINE Nummer die Möglichkeit mit einer verantwortlichen Person Kontakt aufzunehmen um z.b. zu melden, dass - wie in diesem Fall - z.b. zusätzliche Zurrgurte benötigt werden.

 

Da die Beladestelle in diesem Fall nur ca. 3 km von unserem Betriebsstandort entfernt liegt, wäre Herr B - entsprechende Information vorausgesetzt - mit der entsprechenden Anzahl neuer Zurrgurte "versorgt" worden.

In ihrem Straferkenntnis zitieren Sie den § 103 Abs. 1 Z. (gemeint wohl Z1) KFG 1967, woraus hervorgeht, dass der Zulassungsbesitzer dafür zur sorgen hat, dass das Fahrzeug und seine Beladung den Vorschriften entspricht.

 

Des Weiteren begründen Sie das Straferkenntnis damit, dass der Zustand aller Fahrzeuge jederzeit und überall überwacht werden muss.

 

Dies ist z.b. im Falle der Bereifung im Zuge regelmäßiger Kontrollen möglich, da sich ja der Zustand eines Reifens nur in Ausnahmefällen (Gewaltschaden) innerhalb kurzer Zeit ändert und deshalb von Seiten der verantwortlichen Personen rechtzeitig und vorbeugend Maßnahmen ergriffen werden können.

 

Die Beladung der Fahrzeuge findet üblicherweise außerhalb des Betriebsstandortes statt, sodass eine Kontrolle jedes Fahrzeuges gar nicht möglich ist.

Ein wirksames Kontrollsystem würde in der Praxis bedeuten, dass an jeder Beladestelle nach erfolgter Beladung die Ladegutsicherung von einem verantwortlich Beauftragten zu kontrollieren ist.

 

Ebenso müsste jedes Fahrzeug nach einer Teilentladung vor der Weiterfahrt zur nächsten Entladestelle von einem verantwortlich Beauftragten kontrolliert werden.

 

Von Seiten der verantwortlichen Personen können Kontrollen nur stichprobenartig durchgeführt werden. Verbeugende Maßnahmen werden in Form von Schulungen und dem Zurverfügungstellen von geeigneten Zurrmittel in ausreichender Anzahl, getroffen.

 

Ich ersuche daher um Einstellung des gegenständlichen Strafverfahrens."

 

3. Die Behörde erster Instanz hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier angesichts der Verantwortung des Berufungswerbers für die Nachvollziehung des Vorbringens zum sogenannten "wirksamen Kontrollsystem" in Wahrung der gemäß Art. 6 Abs.1 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt und dessen inhaltlichen Erörterung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Daran nahm der Berufungswerber persönlich teil. Die Behörde erster Instanz entschuldigte ihre Nichtteilnahme aus personellen Gründen. Im Wege der Behörde erster Instanz wurde die wegen dieses Deliktes gegen den Lenker in Rechtskraft erwachsene Strafverfügung beigeschafft. Als Zeugen einvernommen wurde T. B als Lenker zu der hier verfahrensgegenständlichen Fahrt.

Eingeholt wurden im Wege der Bezirkshauptmannschaft L der Status über Vormerkungen vom Berufungswerber und auch betreffend den damaligen Lenker.

 

4.1. Unstrittig ist hier die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers als nach außen vertretungsbefugtes Organ des Zulassungsbesitzers. Gegen den Lenker ist wegen der hier verfahrensgegenständlichen – offenkundig nach einer Zwischenentladung – mangelhaft gesicherten Ladung ein Verwaltungsstrafverfahren bereits abgeschlossen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass hinsichtlich der insgesamt acht Tonnen geladenen Gipsplatten laut beigeschlossenem Bildmaterial nicht ausreichend gesichert waren.

Der als Zeuge einvernommene Lenker erklärte dies im Rahmen der Berufungsverhandlung mit einer Zwischenabladung in Linz. Für die Weiterfahrt in das Mühlviertel wollte er sich die Mühe des nochmaligen Anbringens der Zurrgurte ersparen. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass der Berufungswerber am erstinstanzlichen Beweisverfahren nicht mitwirkte.

Der Zeuge machte im Rahmen der Berufungsverhandlung einen glaubwürdigen Eindruck. Er ließ keinen Zweifel offen, dass vor dem Verlassen der Beladefirma (dem Gipswerk) regelmäßig Kontrollen der Beschaffenheit der Beladung stattfinden. Die Beladungen von Gipspaletten erfolgten stets gleichförmig, wobei eine Ladung jeweils aus neun ineinander mit Blechbänder verzurrten und dann auf der Ladefläche nochmals mittels Zurrgurten gesicherten Paletten besteht. Jeder Lkw ist mit zwanzig Gurten ausgestattet, wobei er die Verwendung des  hier am Foto ersichtlichen unbrauchbaren Gurtes auf einen Fehler seinerseits zurückführte.

Festzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass hinsichtlich des Zeugen keine Vormerkungen bekannt sind, sodass daraus durchaus auch der Schluss auf ein einmaliges Einzelereignis zulässig ist, welches daher dem Berufungswerber, wie weiter auszuführen, wohl kaum als Verschulden zuzurechnen ist. Eine substanzielle Schulung in der Ladungssicherung wurde ferner mit der Vorlage eines den Fahrern nachweislich ausgefolgten Praxishandbuches (Beilage 2) dargetan.

Der ebenfalls persönlich zur Berufungsverhandlung erschienene Berufungswerber selbst erklärte das Kontrollsystem mit zwei externen Fachberatern, welche regelmäßig Schulungen bzw. Kontrollen vornehmen würden. Er bot diesbezüglich die Übermittlung von Kontrollprotokollen binnen Wochenfrist an, wobei vom Verhandlungsleiter hierfür spontan der Monat März 2007 bestimmt wurde.

Der Berufungswerber übermittelte per E-Mail am 6.5.2007 insgesamt vier, die Monate Jänner bis April 2007 betreffende, Einsatzprotokolle einer Sicherheitsfachkraft namens P S. Diese Protokolle weisen insgesamt acht jeweils zweistündige Unterweisungen seitens des P S in der Ladungssicherung aus.

Eine Rückfrage bei Herrn P. S, welcher sich im elektronischen Branchenverzeichnis unter "S" mit Adresse, Telefonnummer und E-Mail-Adresse eingetragen findet, ergab, dass er die Schulungen in Verbindung mit Kontrollen überwiegend bei der Firma K (Beladestelle) vornimmt. Innerhalb von zwei Stunden werden dabei etwa vier bis sechs Fahrer auch gleichzeitig überprüft, wobei so jeder Fahrer monatlich einmal einer Kontrolle bzw. Schulung unterzogen wird.

Die Berufungsbehörde hat im Lichte des Ergebnisses seines umfassend geführten Ermittlungsverfahrens keinen Grund zur Annahme, dass diese Maßnahme nicht als Teil eines an sich lückenlosen und auch wirkungsvollen Kontrollsystems qualifizierbar wäre.

Vor dem Hintergrund, dass bislang weder der Berufungswerber noch der Lenker verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen aufweist, belegt auch diese Tatsache bereits die Wirkung dieses vom Berufungswerber unterhaltenen Kontrollsystems.

Zu diesem Fehlverhalten ist es wohl ausschließlich deshalb gekommen, weil, wie der Lenker glaubhaft als Zeuge darlegte, dieser nach einer Zwischenentladung in Linz sich eine nochmalige Sicherung erspart hatte. Dadurch waren die sonst bündig und spaltfrei verladenen Stapel lose und offenbar gegen seitliches Kippen nicht mehr ausreichend gesichert.

Ein solcher in der Unzulänglichkeit jedes Menschen möglicher Fehler vermag daher nicht als beweistauglich für die Annahme eines Systemmangels und ein Verschulden der physischen Person an der Führungsspitze erachtet werden.

Dem Berufungswerber ist daher bei lebensnaher Beurteilung der feststehenden Fakten die Fehlleistung des Fahrers nicht als Verschulden zuzurechnen.

Jede andere Beurteilung würde jedes rechtmäßige Alternativverhalten vorweg ausschließen und zum Ergebnis einer verschuldensunabhängigen "Erfolgshaftung" für den Unternehmer bzw. seines Repräsentanten führen.

Dem Berufungsvorbringen konnte demnach in seinem gesamten Umfang gefolgt werden. Dies insbesondere auch mit den von h. im Verfahren VwSen-161499/7/Br/Ps vom 18.8.2006 getätigten Ausführungen zum Kontrollsystem.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern ist unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 5 nur zulässig, wenn

…….

e) die Ladung und auch einzelne Teile dieser, auf dem Fahrzeug so verwahrt oder durch geeignete Mittel gesichert sind, dass sie den im normalen Fahrbetrieb auftretenden Kräften standhalten und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die einzelnen Teile einer Ladung müssen so verstaut und durch geeignete Mittel so gesichert werden, dass sie ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können. Die Ladung oder einzelne Teile sind erforderlichenfalls zB durch Zurrgurte, Klemmbalken, Transportschutzkissen, rutschhemmende Unterlagen oder Kombinationen geeigneter Ladungssicherungsmittel zu sichern. Eine ausreichende Ladungssicherung liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Ladegütern vollständig ausgefüllt ist.

 

5.1. Nach § 103 Abs.1 Z1 KFG 1967 hat (auch) der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung – unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen – den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes    erlassenen Verordnungen entspricht;

Eine Übertretung dieser Rechtsvorschriften ist grundsätzlich ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG (vgl. VwGH, Slg. 9180 A/1976).

Dem Zulassungsbesitzer obliegt es demnach für ein geeignetes Überwachungssystem für die Beladung der Fahrzeuge zu sorgen und er hat – im Falle eines festgestellten gesetzwidrigen Zustandes eines für ihn zugelassenen Fahrzeuges – darzutun, weshalb ihn an diesem Zustand – an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift – kein Verschulden trifft. 

Dies bedeutet im Falle des § 103 Abs.1 KFG, dass der Zulassungsbesitzer, hier der Berufungswerber als dessen vertretungsbefugtes und verantwortliches Organ, darzulegen hat, welche (geeigneten [!]) Maßnahmen (zB Kontrollen oder Beauftragung anderer Personen zur Vornahme dieser Kontrollen) er gesetzt hat, um derartige Verstöße zu vermeiden (siehe VwGH 25.10.1989, 89/03/0180). Nur (!) ein derart wirksames Kontrollsystem befreit den Zulassungsbesitzer von seiner Verantwortung für die vorschriftswidrige Beladung seiner Kraftfahrzeuge (Hinweis auf VwGH 25.10.1989, 89/03/0180).

Dem Zulassungsbesitzer in der Person des Berufungswerbers kommt demnach iSd § 103 Abs.1 iVm § 134 KFG eine verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Überwachungsfunktion zu.

Das bedeutet aber dennoch nicht, dass im Ergebnis jeder Beladevorgang einzeln überprüft werden müsste. Derartiges würde jegliches realitätsbezogene Sorgfaltssystem überfordern.

Selbst der Verwaltungsgerichtshof stellt in seiner gesicherten Judikatur auf die Beurteilung der Eignung eines Kontrollsystems je auf den Einzelfall ab, wenn er etwa zu dem nach § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG von einem Unternehmer, einem Arbeitgeber oder ebenso von einem nach § 9 Abs.1 VStG für eine juristische Person strafrechtlich Verantwortlichen anzuwendenden Sorgfaltsmaßstab vermeint, dass die im (heutigen) Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es zwar nicht zulässt, dass sich der Unternehmer bzw. Arbeitgeber bzw. strafrechtlich Verantwortliche aller Belange und Angelegenheiten selbst persönlich annimmt. Vielmehr müsse zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf das Setzen von möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen.

Nach der zitierten Rechtsprechung reichte allerdings die bloße Erteilung von Weisungen nicht aus, vielmehr ist entscheidend, ob auch eine wirksame Kontrolle der erteilten Weisungen erfolgte (VwGH 19.5.1994, 93/17/0332 mit Hinweis auf VwGH 30. März 1982, Zl. 81/11/0087 und Slg. 10692/A = ZfVB 1983/3/1409; VwGH 12. Dezember 1984, Zl. 82/11/0380 = ZfVB 1985/4/1310; und vom 26. Mai 1986, Zl. 86/08/0024, 0025 = ZfVB 1987/2/431).

Von einem derart tauglichen System ist hier auszugehen. Dafür spricht nicht bloß die im Rahmen des Beweisverfahrens durch die Zeugen untermauerte Tatsache von Schulungen und einer tragfähigen Kontrolllogistik, sondern insbesondere auch die Tatsache, dass trotz des hohen Frachtaufkommens bei 230 in der Firma laufenden Lkw’s der Berufungswerber bislang hinsichtlich der Wahrnehmung seiner Verantwortlichkeit nicht vorgemerkt ist.

Wenn die Behörde erster Instanz in diesem Einzelereignis ein Versagen im Kontrollsystem erblicken wollte, ist dem zu entgegnen, dass durch kein noch so "ausgereiftes Überwachungssystem" ein Fehler oder eine bewusste Inkaufnahme eines Mangels bei der Ladungssicherung seitens eines Fahrers durch die übergeordnete Hierarchiekette verhindert werden könnte. Daher ist wohl immer nur der Maßstab an einem "geeigneten System" anzulegen und nicht auf die grundsätzliche Erfolgsabwendung durch Fehlverhalten Dritter abzustellen (s. VwGH 8.4.1987, 85/03/0112, VwGH 13.11.1996, 96/03/0232). Letzteres würde zwangsläufig zur Folge haben, dass jede Beladung durch den Geschäftsführer selbst kontrolliert werden müsste.

Mit Blick darauf ist mit dem Hinweis, dass die bloße Unterfertigung von Verpflichtungserklärungen durch den Fahrer nichts zu gewinnen, weil die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht nur verschweigt, worin sie das hier erklärte Kontrollsystem als nicht ausreichend erblickt und letztlich inhaltliche Feststellungen darüber fehlen, warum der Verantwortung des Berufungswerbers nicht gefolgt wurde. Der Zulassungsbesitzer als Verantwortlicher legte jedenfalls im Rahmen der Berufungsverhandlung umfassend dar, welche Maßnahmen er getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen; wohl reichte die bloße Erteilung von Weisungen noch nicht aus, sondern es hat der Zulassungsbesitzer vielmehr die Einhaltung seiner Weisungen auch gehörig zu überwachen (Hinweis auf VwGH 29.1.1992, 91/03/0035). Mehrere solche in seiner Gesamtheit als Kontrollkette wirksam werdende Einzelschritte wurden vom Berufungswerber in seiner Verantwortung dargetan, welche dies auch in der zeugenschaftlichen Aussage des Lenkers und in der Vorlage von Kontrollprotokollen in gut nachvollziehbarer Weise belegen.

Alleine auf eine vom Fahrer einbekennend fernab vom Beladeort zu verantwortende Fehlleistung abzustellen und dies immer als ein Versagen des Kontrollsystems und damit automatisch ein (System-) Verschulden bis in die Hierarchiespitze erblicken zu wollen, liefe im Ergebnis auf eine reine Erfolgshaftung hinaus. Ein solcher Sinn darf der sogenannten Kontrollsystemjudikatur alleine mit Blick auf strafrechtliche Grundsätze "keine Strafe ohne Schuld" nicht wirklich zugesonnen werden.

Nicht zuletzt gilt es im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation und demnach unter Hinweis auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, wonach der § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat, ein solches Ergebnis zu vermeiden (VfSlg. 11195/1986). Demnach hat immer noch die Strafbehörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Das Gesetz befreit die Behörde in Anbetracht der regelmäßigen Sachlage nur insoweit von weiteren Nachforschungen über die subjektive Tatseite (insbesondere einen Irrtum über den Sachverhalt oder die allfällige Unmöglichkeit, das Verbot zu beachten), als das entgegen dem Anschein behauptete Fehlen des Verschuldens, hier in Form eines wirksamen und damit tauglichen Kontrollsystems, nicht glaubhaft ist.

Dies bedeutet, dass im Falle des § 103 Abs.1 KFG – wie oben bereits dargelegt – der Zulassungsbesitzer darzulegen hat, welche (geeigneten [!]) Maßnahmen (zB Kontrollen oder Beauftragung anderer Personen zur Vornahme dieser Kontrollen, Schulungen u. dgl.) er gesetzt hat, um derartige Verstöße zu vermeiden (s. auch VwGH 25.10.1989, 89/03/0180).

Ebenfalls unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist dies etwa dann der Fall, wenn der Beschuldigte im Betrieb ein so wirksames Kontrollsystem eingerichtet hat, sodass er unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten konnte (siehe VwGH 18.11.2003, 2001/03/0322). Ein solches Kontrollsystem hat dann exkulpierende Wirkung (VwGH 20.7.2004, 2002/03/0191).

Wie hätte er vorhersehen können, dass der Fahrer an einem hundert Kilometer vom Firmenstandort entfernten Zwischenentladeplatz mit nicht ausreichender Sicherung das Auslangen zu finden glaubte.

Wenn das Höchstgericht andererseits wieder sehr verallgemeinernd ein ausreichendes Kontrollsystem dahingehend verstehen will, dass die Überwachung des Zustandes aller im Betrieb eingesetzter Fahrzeuge jederzeit sichergestellt werden müsste (VwGH 30.6.2006, 2003/03/0033 mit Hinweis auf VwGH 20.7.2004, 2002/03/0191, VwGH 28.4.2004, VwGH 2001/03/0429 und VwGH 18.11.2003, 2001/03/0322), kann daraus in verfassungskonformer Rechtsanwendung wohl keinesfalls abgleitet werden, dass ein Fehlverhalten eines Lenkers automatisch als Verschulden des Verantwortlichen für den Zulassungsbesitzer durchschlagen könnte.

Nach einschlägiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss ein wirksames Kontrollsystem Gewähr dafür leisten, dass es unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten lässt (VwGH 18.11.2003, 2001/03/0322). Ein solches aber auch nur ein solches, durch den Beschuldigten eingerichtetes Kontrollsystem hat exkulpierende Wirkung. Insbesondere die vom Berufungswerber eingerichteten systematischen Ausfahrtskontrollen können hier als diesem Erfordernis gerecht erachtet gelten, weil damit im Ergebnis die jederzeitige Überwachung des Zustandes aller im Betrieb eingesetzter Fahrzeuge und Fahrer sichergestellt gelten kann (s. VwGH vom 17.1.1990, 89/03/0165). Dieses Erfordernis noch weiter auszudehnen, würde wohl jeglichen zumutbaren und nicht zuletzt auch an wirtschaftlichen Kriterien zu messenden Rahmen sprengen (VwGH 20.7.2004, 2002/03/0191).

Die Anforderungen an eine derartige Systemtauglichkeit sind zuletzt untrennbar mit den Anforderungen an die allgemeinen Sorgfaltspflichten und insbesondere am strafrechtlichen Fahrlässigkeitsbegriff zu messen.

Der § 5 VStG lautet:

"Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft."

Die Anforderungen an objektive Sorgfaltspflichten dürfen nicht soweit überspannt werden, dass diese angelegten Maßstäbe zum Ergebnis einer verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung führen würden.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt diesbezüglich den Standpunkt (s. Slg 9710 A und 28.10.1980, 2244/80), dass dieser Maßstab ein objektiv-normativer zu sein hat. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters (hier des Berufungswerbers als Geschäftsführer) versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig handelt ein Täter folglich nur dann, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte. Nicht schon die Versäumung bloßer Sorgfaltsmöglichkeiten, sondern die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten, welche die Rechtsordnung nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise auferlegen darf, machen das Wesen der objektiven Sorgfaltswidrigkeit aus (s. VwGH 12.6.1989, 88/10/0169).

Abschließend ist anzumerken, dass vor dem Hintergrund der zahlreichen in der Verantwortung des Berufungswerbers disponierten Fahrten bislang zu keiner einschlägigen Verwaltungsvormerkung bei der Wohnsitzbehörde geführt haben. Gegen den Berufungswerber besteht nur eine einzige Vormerkung wegen einer Übertretung der Kurzparkzonenverordnung vor fünf Jahren. Auch mit Blick darauf ist daher bei dem in seiner Gesamtheit zu beurteilenden außenwirksamen Ergebnis von einer tauglichen Struktur der internen "Kontrollpraxis" auszugehen (vgl. VwGH 17.1.1990, 89/03/0165, sowie VwGH 20.5.2003, 2002/02/02).

Letztlich gilt auch für das Verwaltungsstrafrecht das Schuldprinzip, dh. eine Bestrafung ist nur bei Vorliegen eines schuldhaften Verhaltens möglich (VwGH 13.5.1987, 85/18/0067).

Demnach war hier dem Berufungswerber in seiner Verantwortung zu folgen gewesen und es ist nicht nur von der Glaubhaftmachung seiner Unschuld, sondern vielmehr vom Beweis derselben auszugehen.

Mangels eines Verschuldens war das Straferkenntnis nach § 45 Abs.1 Z1 VStG zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

Beschlagwortung:

wirksames Kontrollsystem, keine Strafe ohne Schuld

 

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