Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521642/2/Ki/Da

Linz, 30.05.2007

 

 

                                                          E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn M S, L, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J N, L, O, vom 21.5.2007 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 11.5.2007, AZ: FE-419/2007, wegen Entziehung der Lenkberechtigung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 7 und 24 Abs.1 FSG

 

 

                                                     Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Mandatsbescheid vom 10.4.2007, AZ. FE-419/2007, hat die Bundespolizeidirektion Linz dem Berufungswerber die von der Bundespolizeidirektion Linz am 6.8.2003 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 3 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen. Der Bescheid wurde am 16.4.2007 durch Hinterlegung zugestellt.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11.5.2007, AZ: FE-419/2007, hat die Bundespolizeidirektion Linz nach einer Vorstellung gegen den Mandatsbescheid diesen vollinhaltlich bestätigt und einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz stützt die Entscheidung auf ein rechtskräftigtes Straferkenntnis der BPD Linz, wonach der Berufungswerber am 16.1.2007 ein Kraftfahrzeug gelenkt habe, ohne im Besitze einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung zu sein, da ihm diese bescheidmäßig am 10.1.2007 entzogen worden sei. Auf Grund der Bindungswirkung sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

 

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, dies mit dem Antrag, dass der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben werden möge.

 

In der Berufung wird die Verwirklichung der bestimmten Tatsache nicht bestritten, sinngemäß wird jedoch angestrebt, dass im Rahmen einer Wertung vom Entzug der Lenkberechtigung Abstand genommen werden sollte.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, der hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Fall die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

5. Mit (rechtskräftigem) Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 19.10.2006, AZ: FE-1186/2006, wurde Herr S aufgefordert, binnen 2 Monaten ab Zustellung des Bescheides zur Feststellung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen.

 

Am 21.12.2006 hat sich der Rechtsmittelwerber einer amtsärztlichen Untersuchung bei der Bundespolizeidirektion Linz unterzogen, es wurde ihm unter einer Fristsetzung bis 1.1.2007 u.a. aufgetragen, einen psychiatrischen Facharztbefund vorzulegen.

 

Mit Mandatsbescheid vom 5.1.2007, AZ. FE-1186/2006, hat die Bundespolizeidirektion Linz dann dem Berufungswerber die für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung ab Zustellung des Bescheides bis zur Befolgung der Anordnung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen, entzogen. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass das amtsärztliche Gutachten nicht erstellt bzw. fertig gestellt werden konnte, zumal das geforderte Gutachten nicht fristgerecht vorgelegt wurde.

 

Im Verfahrensakt befindet sich eine psychiatrische Stellungnahme nach dem Führerscheingesetz, erstellt von Dr. E M H, vom 11.1.2007 (laut glaubwürdigen Angaben des Berufungswerbers hat sich dieser bereits am 9.1.2007 der Untersuchung entzogen) laut welchem Herr S weiterhin geeignet ist, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 (Führerscheinklasse B) zu lenken. Dieses Gutachten ist bei der Bundespolizeidirektion Linz am 19.1.2007 eingegangen.

 

Letztlich wurde der Berufungswerber laut amtsärztlichem Gutachten vom 26.1.2007 zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B uneingeschränkt als gesundheitlich geeignet befunden.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.        die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.        sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z6a FSG gilt als bestimmte Tatsache iSd Abs.1, wenn jemand ein Kraftfahrzeug trotz entzogener Lenkberechtigung oder Lenkverbotes oder trotz vorläufig abgenommenen Führerscheines lenkt.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs.3 Z14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass das Vorliegen einer bestimmten Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z6a FSG nicht bestritten wird. Laut rechtskräftigem Straferkenntnis hat der Berufungswerber am 16.1.2007 ein Kraftfahrzeug gelenkt, ohne im Besitze der von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung zu sein.

 

Es ist somit vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z6a FSG auszugehen.

 

Der Berufungswerber führt jedoch zu Recht aus, dass diese bestimmte Tatsache einer Wertung iSd § 7 Abs.4 FSG zu unterziehen ist.

 

Dazu wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff ist. Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Person, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend analysiert und gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen. Weiters sind für die Wertung der bestimmten Tatsache die Gefährlichkeit der Verhältnisse sowie die verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit zu beurteilen.

 

Nach der aktuellen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss die Verkehrszuverlässigkeit sowohl zum Zeitpunkt der Tatbegehung als auch zum Zeitpunkt der Erlassung des Entziehungsbescheides sowie darüber hinaus für die Dauer der prognostizierten Zeit vorliegen. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass gemäß § 25 Abs.3 FSG eine Entziehungsdauer von weniger als 3 Monaten nicht festgesetzt werden darf. Trifft die Annahme, der Betroffene werde für einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten verkehrsunzuverlässig sein, nicht mehr zu, so darf eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht ausgesprochen bzw. von der Berufungsbehörde nicht bestätigt werden (VwGH 2006/11/0273 vom 27.3.2007).

 

Auf den konkreten Fall bezogen bedeutet dies, dass der Berufungswerber sowohl zum Tatzeitpunkt, das war der 16.1.2007, als auch zum derzeitigen Zeitpunkt verkehrsunzuverlässig sein müsste, damit der Entzug der Lenkberechtigung für einen weiteren Zeitraum gerechtfertigt wäre. Dies ist im Rahmen einer Wertung gem. § 7 Abs.4 FSG zu beurteilen.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne im Besitze der hiefür gültigen Lenkberechtigung zu sein grundsätzlich als verwerflich anzusehen ist. Im vorliegenden Falle könnte berücksichtigt werden, dass der Berufungswerber letztlich bereits von einem positiven psychiatrischen Gutachten Bescheid wusste und er möglicherweise tatsächlich einem, wenn auch nicht entschuldbaren, Rechtsirrtum unterlegen sein könnte. Jedenfalls erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass eine mehr als dreimonatige Verkehrsunzuverlässigkeit im vorliegenden Falle nicht angenommen werden kann.

 

In Anbetracht des Umstandes, dass die als bestimmte Tatsache zu beurteilende Verwaltungsübertretung bereits am 16.1.2007 begangen wurde, Herr S sich in der Zwischenzeit offensichtlich wohl verhalten hat, ist die Prognose gerechtfertigt, dass seine Verkehrszuverlässigkeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedenfalls wieder hergestellt ist, weshalb ein weiterer Entzug der Lenkberechtigung konkret nicht mehr zulässig ist.

 

Aus diesem Grunde konnte der Berufung Folge gegeben werden.

 

Was die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung (§ 64 Abs.2 AVG) anbelangt, so ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Falle des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzuge diese immer geboten.

 

Festgestellt wird, dass es sich bei der Frage, ob die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen werden soll, zunächst um eine Prognoseentscheidung handelt. Gelangt die Behörde zur Auffassung, dass die Verkehrszuverlässigkeit nicht vorliegt, so ist aus den dargelegten Gründen grundsätzlich einer Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

 

 

                                                     Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                                    Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

                                                                Mag. K i s c h

 

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