Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162226/5/Br/Ps

Linz, 29.06.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M T, geb., D, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Braunau am Inn vom 16. April 2007, Zl. VerkR96-5931-2006, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2007, zu Recht:

 

I.          Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird im Punkt 1) vollinhaltlich und im Punkt 2) mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch im Punkt 2) in Abänderung zu lauten hat: "Sie lenkten am 10.6.2006 um 18:32 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der Haberstorfer Landesstraße, nächst dem Strkm 35,950 – Kreuzung B156 und verursachten dabei durch Überfahren und Zerstören einer dort auf der Fahrbahn für fotogrammetrische Ausarbeitungen aufgestellt gewesenen Markierungstafel einen Verkehrsunfall mit Sachschaden und setzten die Fahrt ohne sofortiges Anhalten linksabbiegend fort."

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 49 Abs.2 letzter Satz, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.         Im Punkt 1) werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 20 Euro und im Punkt 2) 30 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Wider den Berufungswerber wurden mit dem o.a. Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn wegen der Übertretungen nach § 97 Abs.5 u. § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 100 Euro und 2) 150 Euro und für den Nichteinbringungsfall je 48 Stunden verhängt, weil er am 10.6.2006, um 18.32 Uhr, als Lenker des Pkw, Kennzeichen, im Gemeindegebiet von Moosdorf, auf der Haberstorfer Landesstraße und der B 156, nächst Strkm. 35,950,

1. das deutlich sichtbare Zeichen mittels erhobenen Armes gegebenen Aufforderung zum Anhalten durch ein Organ der Straßenaufsicht keine Folge geleistet habe, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre.

2. nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort im ursächlichen Zusammenhang stand, das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten habe.

 

2. In der fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber sinngemäß aus, es sei ihm wegen seiner schlechten finanziellen Lage nicht möglich die Strafe zu bezahlen.

Er weise darauf hin, dass seinerseits eine Fahrerflucht sicher nicht vorliegen würde, zumal er ja tatsächlich angehalten hätte.

Ein Handzeichen des Polizeibeamten sei von ihm nicht wahrgenommen worden und daher würde höchstens ein Übersehen seinerseits vorliegen.

Er ersuche daher, die Strafe bedingt auszusprechen oder zumindest wesentlich zu reduzieren. Andernfalls müsste er die Ersatzfreiheitsstrafe antreten. Für ihn als bisher unbescholtenen Bürger wäre dies eine unverhältnismäßig hohe Strafe. Vor allem wenn man bedenke, dass die ursprüngliche Organmandatsstrafe lediglich € 50 gewesen wäre, die er nur deshalb nicht bezahlt habe, weil er nur € 30 an Bargeld bei sich gehabt habe. Er hätte den Beamten auch gebeten, ihm einen Zahlschein zu geben, um die € 50 zu überweisen. Dies sei ihm aber verweigert worden.

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war in Verbindung mit einem Ortsaugenschein angesichts überwiegend bestreitenden Berufungsvorbringens gemäß § 51e Abs.1 VStG durchzuführen.

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes und durch Anhörung des Berufungswerbers im Rahmen der Berufungsverhandlung. Beigeschafft und im Rahmen der Berufungsverhandlung eingesehen wurde eine digitale Straßenkarte aus dem Oö. Rauminformationssystem – DORIS, sowie die Einvernahme des Meldungslegers Abt.Insp. H. C anlässlich der vor Ort durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Eine Vertreterin der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung ebenfalls teil.

 

4. Der Berufungswerber lenkte am 10.6.2006 um 18.32 Uhr seinen Pkw aus Richtung Feldkirchen kommend auf der Haberstorfer Landesstraße in Richtung B156. Dort fand zum oben angeführten Zeitpunkt nach einem schweren Verkehrsunfall mit Personenschaden für die fotogrammetrische Unfallspurenauswertung eine Sperre der B156 statt. Vor Ort befanden sich zwei Polizeibeamte und Organe der Feuerwehr. Der Meldungsleger, Abt.Insp. C, befand sich etwa in der Mitte der Haberstorfer Landesstraße, ca. 15 m hinter dem Kreuzungsschnittpunkt zur B156 und gab dem sich an seinen Standort annähernden Berufungswerber durch erhobenen Arm das Zeichen zum Anhalten.

Der Berufungswerber fuhr jedoch ohne dieses Zeichen zu beachten am Meldungsleger vorbei und bog nach links in die B156 ein. Dabei überfuhr er ein etwa in der Mitte der Haberstorfer Landesstraße aufgestelltes, etwa 6 cm hohes und aus Hartgummi bestehendes Markierungskreuz und das dabei befindliche Nummerschild "2". Das Markierungskreuz zerbrach dabei und wurde unbrauchbar (Bild 04 d. Aktes). Dessen Sachwert ist mit 15 bis 20 Euro zu beziffern.

Der Meldungsleger gab daraufhin ein Pfeifsignal ab, um den Berufungswerber neuerlich zur Anhaltung zu bringen, was vorerst jedoch ebenfalls erfolglos blieb. Erst der von der Anhalteabsicht des Meldungslegers Abt.Insp. C aufmerksam gewordene Feuerwehrmann, der etwa 50 bis 70 m auf der B156 in Richtung Salzburg stand, konnte den Berufungswerber schließlich zum Anhalten bringen.

Der durch den Meldungsleger folglich mit Missachtung des Haltezeichens und dem Überfahren der Markierungstafel konfrontierte Berufungswerber war schließlich nicht bereit das ihm wegen des Nichtanhaltens angebotene Organmandat in Höhe von 21 Euro zu begleichen. Aus diesem Grunde wurde wg. der Übertretung des Punktes 1) die Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn erstattet. Von dort wurde schließlich das Verhalten des Berufungswerbers auch noch als Übertretung nach § 4 Abs.1 lit.a StVO gewertet und auch diesbezüglich eine Geldstrafe ausgesprochen, welche im Zuge des ordentlichen Verfahrens gegenüber dem mit der Strafverfügung verhängten Strafausmaß im Punkt 1) halbiert und im Punkt 2) von 350 auf 150 Euro ermäßigt  wurde.

Dass ein Markierungskreuz den oben angeführten Sachwert hat, ist ebenso nicht zu bezweifeln, als ein Überfahren eines solchen Gegenstandes, den der Berufungswerber ja zugegebener Weise auf der Fahrbahn stehen sah, nicht unbemerkt bleiben konnte.

Wenn demnach noch mit geringer Geschwindigkeit etwa 70 m weitergefahren wird und es dort zu einer Anhaltung kommt, ist damit auch die Tatsache nicht sofort angehalten zu haben evident.

 

4.1. Der Berufungswerber machte auch im Rahmen der Berufungsverhandlung einen sehr uneinsichtigen Eindruck. Er bestritt weiterhin sowohl das Anhaltezeichen und im Ergebnis auch das Überfahren des Markierungskreuzes. Hinsichtlich dieses Punktes wollte er jedoch nicht ausschließen diese auf der Straße befindliche Markierung nicht doch überfahren zu haben. Er legte dem Verhandlungsleiter eine von ihm angefertigte Handskizze vor, worin diese Markierung im Ergebnis inhaltsgleich wie auf dem Foto eingezeichnet wurde. Im Gegensatz zur Darstellung des Meldungslegers vermeinte er jedoch etwa drei Minuten am Kreuzungsbereich mit der B156 gestanden zu sein ehe er von dort nach links in Richtung Salzburg abbog und dann etwa 50 m weiter vorne (er vermeinte im Bereich des ersten Leitpflocks) von einem Feuerwehrmann angehalten wurde. Er bestreitet die Wahrnehmung des Anhaltezeichens des Meldungslegers und gibt an, der Meldungsleger hätte von ihm 50 Euro an OM-Strafe einheben wollen, die er an sich bereit gewesen wäre zu bezahlen, aber er nur 30 Euro dabei gehabt habe.

Im Gegensatz dazu steht die Darstellung des Meldungslegers, welcher die Zahlungsbereitschaft von 21 Euro verneinte.

Da sich der Berufungswerber etwa auch nicht an seine rechtskräftige Vormerkung wegen eines Überholdeliktes im Jahre 2003 und an ein Alkoholdelikt aus dem Jahr 1999 bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Land zu erinnern vermochte, wirft dies allein ein Schlaglicht auf seine Glaubwürdigkeit hinsichtlich seiner Verantwortung.

Demgegenüber waren die Angaben des Zeugen C schlüssig und gut nachvollziehbar. Warum sollte der Zeuge, der erklärte die ganze B156 habe wegen der vorherigen Hubschrauberlandung und der nachfolgenden fotogrammetrischen Auswertungsarbeiten gesperrt und ehestbald wieder freigegeben werden müssen, hier gleichsam eine Amtshandlung zu provozieren geneigt gewesen zu sein. An zwei Fahrzeugen war Blaulicht eingeschaltet. Weshalb sonst als wegen der Verkehrsanhaltung wäre der Meldungsleger einerseits 15 m hinter dem Kreuzungstrichter der B156 und der Feuerwehrmann auf der B156 etwa 70 m in Richtung Eggensberg gestanden. Dem Meldungsleger wird des weiteren nicht zugesonnen eine Organmandatsstrafe in unzulässiger Höhe  einzuheben und die angebliche Zahlungswilligkeit des Berufungswerbers zu verschweigen.

Die zum Teil recht unsachlichen Darstellungen des Berufungswerbers bei der Berufungsverhandlung ließen ihn demgegenüber nicht glaubwürdig  erscheinen.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO haben alle Personen, deren Verhalten als Fahrzeuglenker am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten, ….

Die Anhaltepflicht gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO setzt das Wissen um einen Verkehrsunfall voraus, wobei aber nicht unbedingt das positive Wissen von diesem und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich ist. Vielmehr  genügt es, wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können; diese Tatbestände sind schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte. Weiters muss der Lenker den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine volle Aufmerksamkeit zuwenden; insbesondere bei Fahrmanövern wie dem vorliegenden hat der Lenker des Fahrzeuges erhöhte Aufmerksamkeit walten zu lassen (VwGH 20.3.2002, 99/03/0316 mit Hinweis auf VwGH 28.3.1990, Zl. 89/03/0176).

 

5.2. Der inhaltlich etwas knapp gehaltene Tatvorwurf zur Fahrerflucht war im Sinne des § 44a Abs.1 VStG zu ergänzen.

 

5.3. Nach § 97 Abs.5 StVO 1960 (idF BGBl. I Nr. 52/2005) sind Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle, zwecks anderer, den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffende Amtshandlungen oder zwecks Durchführung von Verkehrserhebungen (wie Verkehrszählungen u. dgl.) zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten.......

Für Anhaltungen gilt § 97 Abs.5 erster Satz StVO, danach werden deutlich sichtbare Zeichen verlangt. Da § 97 Abs.5 StVO nicht nur von Verkehrsposten spricht, können diese Zeichen auch von in einem Kfz sitzenden Organ der Straßenaufsicht abgegeben werden. Da diese Gesetzesstelle nur von Zeichen spricht, fallen darunter zB   Möglichkeiten wie:

1. Aufrichten einer Tafel im Heckfenster des Zivilstreifenwagens "Stop Polizei", 2.   Armzeichen,   3. Handzeichen,   4. Deuten mit dem Zeigefinger,   5. Kopfnicken oder –drehen u.   6. Zeichen mit der roten Signallampe   (vgl. ZVR 1992/171, Hinweis auf VwGH 28.3.1990, 89/03/0183).

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Dem im Ergebnis als ignorant zu bezeichnenden Fahrverhalten des Berufungswerbers kommt vor dem Hintergrund, dass diese angesichts einer Unfallaufnahme und gleichsam vor den Augen der Sicherheitsexekutive vorgenommen wurde, für die Strafbemessung besonderes Augenmerk zu.

Der trotz des Berufungswerbers mit nur 600 Euro dargelegten Einkommens mit 100 bzw. 150 Euro festgelegten Strafe vermag nicht mit Erfolg entgegen getreten werden. Es muss dahingestellt bleiben, dass mit diesem Einkommen der Erwerb und die Erhaltung eines Pontiac des Baujahres 2000 mit einer Motorleistung von über 100 Kw/h nicht ganz logisch scheint.

Letztlich war mit Blick auf fehlende Milderungsgründe und einer gänzlichen Uneinsichtigkeit und des Erschwerungsgrundes einer als besonders rücksichtslos zu bezeichnenden Verhaltensweise an einer wegen Unfallaufnahmearbeiten gesperrten Straße die verhängte Geldstrafe als durchaus tatschuldangemessen zu bestätigen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten. 

 

Dr. B l e i e r

 

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