Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230648/5/BR

Linz, 17.02.1998

VwSen-230648/5/BR Linz, am 17. Februar 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn D gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems, vom 14. Oktober 1997, Zl. Sich96-221-1997, nach der am 17. Februar 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 21, § 24, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 VStG.

II. Es entfallen daher sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat mit Straferkenntnis vom 14. Oktober 1997, Zl. Sich96-221-1997 über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 82 Abs.1 Z4 iVm § 15 Abs.2 Z2 (? gemeint allenfalls Abs.1 Z2) Fremdengesetz eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt, weil er sich als kroatischer Staatsangehöriger seit 15. September 1995 mit einer insgesamt 9-monatigen Unterbrechung nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, da er keine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz besitze und er darüber hinaus während dieses Aufenthaltes sich nicht zu Besuchs- bzw. touristischen Zwecken im Bundesgebiet aufgehalten habe, sondern sei er einer selbständigen Erwerbstätigkeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. P GesmbH nachgegangen. Er hätte daher hiefür bereits zum Zeitpunkt der Einreise über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügen müssen.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß der Aufenthalt des Berufungswerbers nicht bloß touristischen Zwecken gedient habe. Sie schloß, trotz der Einräumung einer insgesamt 9-monatigen Unterbrechung des Aufenthaltes in Österreich, eine "de-facto" ständige Aufhältigkeit des Berufungswerbers in Österreich und die Ausübung einer Beschäftigung neben der als Geschäftsführer, auch durch Arbeiten auf dem Bau. Er hätte daher bereits zum Zeitpunkt der Einreise einer Aufenthaltsbewilligung bedurft.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner durch seinen ag. Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung. Er macht Mangelhaftigkeit des erstbehördlichen Verfahrens und unrichtige und unvollständige Tatsachenfeststellung sowie unrichtige Beweiswürdigung geltend. Im Ergebnis vermeint er, daß es durchaus üblich sei, bei jeder Ausreise bzw. Einreise nach Kroatien einen Stempel im Reisepaß anzubringen. Er habe sich keinesfalls jeweils länger als drei Monate in Österreich aufgehalten, wobei er darzulegen versuchte, daß sein Aufenthalt als sichtvermerksfrei zu qualifizieren sei. Er beantragt die Anberaumung einer Berufungsverhandlung und die Verfahrenseinstellung.

3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Da mit der Berufung auch Tatsachen bestritten wurden und auch ein diesbezüglicher gesonderter Antrag gestellt wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 51e Abs.1 VStG). 4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes, Zl. Sich96-221-1997. Ferner wurde Beweis erhoben durch Verlesung der im Rahmen der Berufungsverhandlung vorgelegten Urkunden (Beil.\ 1 bis 3) und die Vernehmung des Bruders des Berufungswerbers, Herrn A, als Zeugen und des Berufungswerbers als Beschuldigten.

5. Folgender Sachverhalt war als erwiesen zu erachten:

5.1. Der Berufungswerber ist seit September 1994 mit zahlreichen teils kurzen, teils aber auch längeren Unterbrechungen in Österreich aufhältig. Er ist laut Gesellschaftsvertrag vom 4. Oktober 1994 Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma P Gesellschaft mit beschränkter Haftung, mit dem Sitz in E. Er ist mit einer Stammeinlage von 275.000 S = 55% geleistet davon vom Berufungswerber 137.500 S, der Hauptanteilinhaber (Firmenbuchauszug v. 9.10.1995). Die Firma wurde nach Konkursabweisung mangels Vermögen vom 6. Februar 1997 gemäß Generalversammlungsbeschluß vom 16. April 1997 mit den gleichen Gesellschaftern und bei unveränderten Stammeinlagen fortgeführt (Firmenbucheintragung v. heutigem Datum). Gemäß dem Bescheid des AMS Kirchdorf/Krems vom 20.10.1997 wurde dem Berufungswerber gemäß seinem Antrag vom 17. 9. 1997 gemäß § 2 Abs.4 AuslBG festgestellt, daß er einen persönlichen wesentlichen Einfluß auf die Geschäftsführung dieser Firma ausübt und daher als selbständiger Erwerbstätiger anzusehen ist und damit nicht der Beschäftigungsbewilligung des AuslBG unterliegt. Aus dem vorgelegten Reisepaß des Berufungswerbers gehen mehrere Ausreisen des Berufungswerbers nach Kroatien hervor, wobei er laut den zeugenschaftlichen Angaben des Bruders des Berufungswerbers regelmäßig nach Kroatien, wo seine Ehefrau und sein Kind aufhältig sind, ausgereist ist. Es wurde dabei glaubhaft dargetan, daß nicht sämtliche Ausreisen in seinem Paß vermerkt wurden. Zutreffend ist, daß er sich anläßlich der jeweiligen Ausreisen nicht polizeilich abmeldete, wofür er rechtliche Überlegungen als Begründung nennt. 5.1.1. Auf Grund der Aktenlage und der ergänzenden Vorbringen und Feststellungen läßt sich ein mit einer für ein Strafverfahren erforderlichen zeitlichen Genauigkeit ein Tatvorwurf nicht (mehr) rekonstruieren. 6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:

Der § 15. FrG lautet:

Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf, 1. wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Teiles und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind oder 2. wenn ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde oder 3. solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991, BGBl.Nr.8/1992, zukommt. (2) Auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs.1 Z 1 halten sich Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie auf Grund eines Schubabkommens (§ 4 Abs.4) oder internationaler Gepflogenheit rückgenommen werden mußten oder auf Grund einer Durchbeförderungserklärung (§ 38) oder einer Durchlieferungsbewilligung gemäß § 47 des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes (ARHG), BGBl. Nr.529/1979, eingereist sind. (3) Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes eines Fremden im Bundesgebiet richtet sich nach 1. der durch zwischenstaatliche Vereinbarung, Bundesgesetz oder Verordnung getroffenen Regelung oder 2. der Befristung der Bewilligung oder des Sichtvermerkes.

6.1. Hier wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, daß er sich als kroatischer Staatsbürger seit 15. September 1995 mit einer insgesamt 9-monatigen Unterbrechung nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, da er keine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz besitze und er darüber hinaus während dieses Aufenthaltes er sich nicht zu Besuchs- bzw. touristischen Zwecken im Bundesgebiet aufgehalten habe, sondern sei er einer selbständigen Erwerbstätigkeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. P GesmbH nachgegangen. Er hätte daher hiefür bereits zum Zeitpunkt der Einreise über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügen müssen. Aus dem Akt kann nicht entnommen werden, wann diese inkriminierten Aufenthalte konkret stattgefunden haben bzw. wann diese unterbrochen wurden.

Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 VStG festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat laut Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des VwGH. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984 Slg. 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a Z1 leg.cit. erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen läßt (siehe obzit. Judikat). Diesen Anforderungen wird hier die Erstbehörde mit dem im Hinblick auf die Tatzeit erhobenen Tatvorwurf nicht gerecht. Auch die sonstigen als Verfolgungshandlungen in Betracht kommenden Verfahrensschritte (Ladungsbescheid vom 5.9.1997 und die Beschuldigtenvernehmung) implizieren keine innerhalb der Frist nach § 31 Abs.1 gesetzten tauglichen Verfolgungshandlungen (§ 32 Abs.2 VStG). Der oben wiedergegebene Tatvorwurf entspricht insbesondere deshalb nicht der Vorschrift des § 44a VStG, weil er durch den Hinweis "mit 9-monatiger Unterbrechung" die Tatzeit weitgehend unbestimmt läßt und damit nicht mehr erkennen läßt, welcher Tatzeit (Zeitraum) nun tatsächlich zur Last gelegt werden wollte. Dadurch bedingt ist eine erhebliche inhaltliche Einschränkung des Verteidigungsrechtes. Mit einer nahezu beliebigen zeitlichen Variation könnte ein weiterer Zeitraum innerhalb dieses nicht näher determinierten Zeitspektrums herausgegriffen und zu einem neuen Tatvorwurf erhoben werden. Schließlich fehlt es an konkreten Feststellungen im Hinblick auf die Ausübung der die Strafbarkeit begründenden Tätigkeit(en) und einer Abgrenzbarkeit zu einer allfälligen sichtvermerksfreien Zeitspanne des Aufenthaltes. Das Straferkenntnis leidet daher an einen auch von der Berufungsbehörde nicht mehr sanierbaren Mangel und belastet dieses aus den oben ausgeführten Gründen mit Rechtswidrigkeit (vgl. etwa VwGH 28.6.1993, 93/10/0013). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob für den Aufenthalt zur Ausübung dieser Erwerbstätigkeit in Österreich ein bloß touristischer Aufenthaltstitel ausreicht oder nicht und ob eine regelmäßige Ausreise den dreimonatigen sichtvermerksfreien Aufenthaltszeitraum je von neuem zu laufen beginnen läßt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r

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