Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150563/16/Re/Hue

Linz, 25.06.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger nach der am 5. Juni 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des O B N, E, S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. T B und Mag. C B, R, P, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 7. März 2007, Zl. BauR96-77-2006/Je, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen   zu vertreten habe, dass er am 6. Dezember 2005 um 15.49 Uhr die maut­pflichtige A1 bei km 171.500, Raststation Ansfelden, Fahrtrichtung Wien, Gemeinde Ansfelden, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Am Kfz sei eine Vignette angebracht gewesen, welche nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale aufgewiesen habe (Schriftzug "ungültig"  bzw. beschädigte oder fehlende Elemente der Sicherheitsstanzung auf der Vignette).

 

2. In der Berufung wird vorgebracht, dass der Bw zur Tatzeit nicht Lenker des gegenständlichen Kfz gewesen sei. Der Bw habe – im Gegensatz zur Annahme im erstbehördlichen Bescheid – zu keinem Zeitpunkt seine Lenkereigenschaft behauptet. In weiteren Ausführungen habe der Bw auch unmissverständlich seine Lenkereigenschaft bestritten. Eine Lenkererhebung sei nicht durchgeführt worden. Das Kfz sei F B zur Verfügung gestellt worden, dessen Zeugeneinvernahme beantragt werde.

 

Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 6. Dezember 2005 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach habe die Vignette Nr. 26417445 am Kfz nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale aufgewiesen.

 

Nach Strafverfügung vom 26. Jänner 2006 brachte der Bw im Wesentlichen vor, dass er 2005 das Auto gewechselt und die alte Vignette vom alten Kfz abgezogen und auf das neue Auto angebracht habe. Er habe nicht gewusst, dass dies einen Verstoß gegen die Mautordnung darstelle.

 

In einer zusätzlichen ASFINAG-Stellungnahme vom 15. Mai 2006 werden im Wesentlichen die Angaben der Anzeige und die Rechtslage wiedergegeben.  

 

Der (Vertreter des) Bw bestritt am 19. Mai 2006 die Lenkereigenschaft des Bw und legte seine Einkommensverhältnisse dar.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Bw vor, dass er Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Kfz sei. Herr B habe sich dieses Fahrzeug am Tattag um etwa 10.00 Uhr ausgeborgt und es um etwa 18.00 Uhr wieder zurückgebracht. Da die Strafverfügung primär an den Bw gerichtet gewesen sei, habe er bei der belangten Behörde angerufen. Dort habe der Bw auch mitgeteilt, dass er sich dabei nichts gedacht hätte, die Vignette aufgrund eines Fahrzeugwechsels umzukleben. Es sei ihm nicht aufgefallen, dass auf der Vignette der Schriftzug "ungültig" aufgeschienen sei. Dem Bw sei zum Zeitpunkt des Telefonats nicht bewusst gewesen, dass er ausdrücklich auf die Lenkereigenschaft eingehen hätte müssen oder sollen. Der Bw sei auch nicht darüber befragt worden. Erst in der Folge sei der Bw darauf gekommen, dass er das Kfz am Tattag nicht gelenkt habe. Ob sich Herr B von einer gültigen Vignette überzeugt habe, könne nicht gesagt werden.  

 

Der als Zeuge einvernommene F B sagte aus, dass er sich an den Tattag aufgrund der Ladung zur Verhandlung erinnern könne. Der Zeuge habe sich das Kfz des Bw am Tattag in der Früh ausgeborgt und am Abend wieder zurückgebracht. Dabei habe B die Vignette nicht überprüft. Er sei über das niederrangige Straßennetz zur Raststation Ansfelden gefahren, um sich dort mit einem Geschäftspartner zu treffen. Nach der Rückkehr zum Kfz sei ein Zettel hinter dem Scheibenwischer angebracht gewesen. Diesen Zettel habe der Zeuge dann dem Bw bei der Rückgabe des Kfz übergeben. Der Bw habe zugesagt, die Angelegenheit abklären zu wollen. Die Sache sei damit für den Zeugen erledigt gewesen.

 

Als weiterer Zeuge wurde das Mautaufsichtsorgan M U einvernommen. Diese sagte aus, dass sie sich an den Tattag oder den konkreten Fall nicht mehr erinnern könne. Am Standort Parkplatz Ansfelden Süd würden an einem solchen Tag etwa 10 – 20 Ersatzmautangebote an den Kfz angebracht. An eine Person in der Nähe des gegenständlichen Kfz habe die Zeugin keine Erinnerung, allerdings wäre in so einem Fall kein Ersatzmautangebot am Fahrzeug befestigt worden. Eine Lichtbildaufnahme des beanstandeten Kfz habe nicht aufgefunden werden können.

 

Eine Kopie des Ersatzmautangebotes wurde zum Akt genommen.

 

Der Bw brachte abschließend vor, dass sich erhärtet habe, dass er das Kfz zur Tatzeit nicht gelenkt habe. Die belangte Behörde habe erstaunlicher Weise keine Lenkererhebung durchgeführt, obwohl dies beantragt worden sei. Beantragt wurde die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Das erstbehördliche Ermittlungsverfahren ist zunächst dahingehend zu bemängeln, dass auch nach dem Bestreiten der Lenkereigenschaft durch den Bw innerhalb der noch offenen Verfolgungsverjährungsfrist der tatsächliche Lenker des gegenständlichen Kfz zur Tatzeit nicht erhoben wurde.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafen von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Ziffer 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Die öffentliche mündliche Verhandlung hat ergeben, dass der Bw zur Tatzeit nicht der Lenker des gegenständlichen Kfz gewesen ist. Dies ergibt sich nicht nur aus den Angaben des Bw sondern vor allem aus der zeugenschaftlichen Einvernahme von F B, der glaubwürdig seine Lenkereigenschaft bestätigt hat. Da der Bw die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

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