Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240439/18/Gf/Ta/An

Linz, 10.03.2003

 

 

 VwSen-240439/18/Gf/Ta/An Linz, am 10. März 2003

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des H B, D, M, vertreten durch RA Dr. M K, S, W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 17. Juni 2002, Zl. SanRB96-6-2002, wegen einer Übertretung der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 17. Juni 2002, Zl. SanRB96-6-2002, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Wochen) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, dass von dieser im Zeitraum zwischen dem 21. März 2001 und dem 7. Februar 2002 in insgesamt 32 Fällen hinsichtlich ihrer Verbrauchsfrist falsch bezeichnete S und S in Verkehr gebracht worden seien; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 5 Z. 2 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975 i.d.F. BGBl.Nr. I 98/2001 (im Folgenden LMG), i.V.m. § 4 Z. 5 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 72/1993 i.d.F. BGBl.Nr. II 462/1999 (im Folgenden: LMKV), begangen, weshalb er nach § 74 Abs. 5 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 24. Juni 2002 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 8. Juli 2002 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.


2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass nach dem Österreichischen Lebensmittelbuch (im Folgenden: ÖLMB) für frische S und S das Verpackungsdatum gleichzeitig als Verbrauchsfrist gelte. Dem Rechtsmittelwerber sei es aber jeweils gezielt nur darauf angekommen, sein neuartiges Verpackungssystem, mit dem frischer S auch mehrere Tage haltbar gemacht werden könne, als eine gleichwertige Alternative am Markt zu installieren.

Im Zuge der Strafbemessung sei von vorsätzlicher Begehungsweise in Form eines fortgesetzten Deliktes mit gravierender Schädigung von Konsumenteninteressen auszugehen gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, dass sich sein Unternehmen bereits seit Jahrzehnten mit dem Vertrieb von frischen F beschäftige. In jüngster Zeit sei man zur Verpackung nach der MAP-Technologie ("modified atmosphere packaging") übergegangen, bei der unter einer luftundurchlässigen Folie die sauerstoffreiche Luft durch ein das Bakterienwachstum hemmendes Gasgemisch verdrängt wird; demgegenüber basieren die Festlegungen des ÖLMB noch auf der früher gängigen Verpackungsweise auf Styroportassen mit luftdurchlässiger Folie. Die MAP-Methode sei wissenschaftlich anerkannt und finde bereits im gesamten EU-Bereich Verwendung, wobei hinsichtlich diverser Produkte Mindesthaltbarkeits- bzw. Verbrauchsdaten zwischen 7 und 14 Tagen beobachtet werden könnten, während die verfahrensgegenständlichen Waren ohnehin höchstens mit einer Mindesthaltbarkeitsdauer von 5 Tagen gekennzeichnet gewesen seien.

Mangels Tatbestandsmäßigkeit der angelasteten Übertretungen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Kirchdorf sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 4. März 2003, zu der als Partei der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter sowie der Sachverständige Dr. F G von der Lebensmitteluntersuchungsanstalt der Stadt W erschienen sind.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 5 LMG i.V.m. § 4 Z. 5 LMKV begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen, der verpackte Waren nicht mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum kennzeichnet.

4.2. Anders als in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses dargestellt ergibt sich die Festsetzung, dass für frische S nur eine Verbrauchsfrist von einem Tag - nämlich: der Tag der Verpackung - gilt, nicht aus dem ÖLMB selbst, sondern aus einem auf den §§ 53 und 54 LMG fußenden Gutachten des Ständigen Hygieneausschusses der Codexkommission (vgl. den dementsprechenden Erlass des BKA vom 9. Juli 1997, Zl. 32035/6-VI/B/1b/97).

Mit Erlass des BMfSSG vom 6. Dezember 2002, Zl. 32035/1-VII/13/02, wurde dieses Gutachten u.a. dahin geändert, dass die Verbrauchsfrist für frische, unter Schutzatmosphäre verpackte S durch geeignete Lagerversuche zu ermitteln ist.

4.3. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, die verfahrensgegenständlichen Waren mit einer mehr als eintägigen Aufbrauchsfrist gekennzeichnet in Verkehr gebracht zu haben und hiefür auch verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich zu sein. Der Sinn dieser Vorgangsweise liege für ihn vielmehr ausschließlich darin, den Nachweis dafür zu erbringen, dass durch eine neue Verpackungsmethode eine längere Haltbarkeit für S erreicht werden kann, wie dies nunmehr auch durch den Erlass des BMfSSG vom 6. Dezember 2002 ex post bestätigt wird. Dem entsprechend wurden von ihm auch Gutachten verschiedener Lebensmitteluntersuchungsanstalten über bereits vor dem Tatzeitpunkt durchgeführte Lagerversuche von unter Schutzatmosphäre verpackten S vorgelegt. In diesen Lagerversuchen sind durchwegs Verbrauchsfristen von mehreren Tagen ermittelt worden.

4.4. Auch die Aussage des Sachverständigen im Zuge der vom Unabhängigen Verwaltungssenat am 4. März 2003 durchgeführten öffentlichen Verhandlung hat ergeben, dass durch diese vom Unternehmen des Beschwerdeführers praktizierte neuartige Verpackungsmethode, bei der Sauerstoff entzogen wird, das Wachstum der aeroben Keime verlangsamt werden kann, wodurch der Verderb entscheidend hinausgezögert wird, sodass eine Verlängerung der Haltbarkeitsfrist für S auf 4 bis 5 Tage durchaus denkbar ist.

4.5. Die dem gegenständlichen Strafverfahren zu Grunde liegenden Untersuchungen der Lebensmitteluntersuchungsanstalten stützten sich jeweils auf den früheren Erlass des BKA aus dem Jahr 1997, aus dem hervorging, dass S nur dann ordnungsgemäß gekennzeichnet sind, wenn ausschließlich der Tag der Verpackung angeführt ist.

Zwischenzeitlich geht der Ständige Hygieneausschuss selbst davon aus, dass bei S längere Haltbarkeitsfristen denkbar sind, wenn und soweit diesbezüglich entsprechende Lagerversuche durchgeführt wurden.

Da der Beschwerdeführer bezüglich seiner Verpackungsmethode entsprechende Gutachten über Lagerversuche aus der Zeit vor der Tatbegehung vorgelegt hat, die jeweils entsprechende mehrtägige Haltbarkeitsfristen bestätigen, stellen die ihm angelasteten Tatvorwürfe sohin keine Verwaltungsübertretungen dar.

4.6. Daher war der vorliegenden Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. G r o f

 
 

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