Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310309/2/Kü/Se

Linz, 09.08.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn J F, G, P, vom 23.11.2006, gegen Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21. Juni 2006, UR96-100-2006, wegen Übertretung des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1997 (Oö. AWG 1997) zu Recht erkannt:

 

 

  I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.      Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1.   Mit Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21. Juni 2006, UR96-100-2006, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 6 Abs.1 der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 13.9.1993 über die Trennung und getrennte Lagerung, Bereitstellung, Sammlung und Abfuhr von Abfällen – Oö. Abfalltrennungsverordnung iVm § 43 Abs.1 Z2 lit.a Oö. Abfallwirtschaftsgesetz 1997 (Oö. AWG 1997) eine Geldstrafe von 500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 100 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als Inhaber einer Gewerbeberechtigung für Abfallsammler und –verwerter nicht dafür gesorgt, dass die Vorschriften der Abfalltrennungsverordnung, des AWG, des AWG 2002 sowie der Gewerbeordnung eingehalten werden. Anlässlich einer Überprüfung der Betriebsanlage auf Grdst. Nr. …, KG. T, am 08.11.205 wurde durch die Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik des Landes folgendes festgestellt:

Auf der ehemaligen zur Kompostierung genutzten Fläche lagerte ein Gemisch von Grünschnitt, Shreddermaterial sowie Biotonnenabfälle mit einer Kubatur von ca. 250 m³ in Haufenschüttung. Diese Abfälle wiesen bereits starke Verpilzungen auf bzw. konnten bereits starke anaerobe Abbauvorgänge mit Sickerwasserbildung und starker Geruchsentwicklung festgestellt werden. Weiters lagerten ca. 10 m³ frisch angeliefertes Biotonnenmaterial auf dieser Fläche. Auf unbefestigter Fläche lagerten ein Gemisch aus Grünschnitt und ungehäckseltem Baum- und Strauchschnitt mit einer Gesamtkubatur von ca. 500 m³.

1) Die o.a. biogenen Abfällte hätten gemäß den Bestimmungen der . Abfalltrennungsverordnung einer ordnungsgemäßen Kompostierung zugeführt werden müssen. Diese Abfälle waren jedoch nur unsachgemäß zwischengelagert."

 

Begründend wurde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen ausgeführt, dass der im Spruch angeführte Sachverhalt anlässlich einer am 8.11.2005 durchgeführten unangekündigten Überprüfung durch Organe der Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik, Umweltüberwachung, des Amtes der Oö. Landesregierung festgestellt worden und zur Anzeige gebracht worden sei. Aufgrund dieser Anzeige sei dem Bw der Sachverhalt nachweislich mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.2.2006 zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit eingeräumt worden, entweder persönlich bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu erscheinen oder einen mit der Sachlage vertrauten, schriftlich bevollmächtigten, eigenberechtigten Vertreter zu entsenden oder sich schriftlich zu rechtfertigen. Gleichzeitig sei er darauf aufmerksam gemacht worden, dass das Strafverfahren ohne seine weitere Anhörung durchgeführt würde, wenn er von der Möglichkeit sich zu rechtfertigen keinen Gebrauch machen würde. Dieser Fall sei nun eingetreten, weshalb wie im Spruch angeführt zu entscheiden gewesen sei.

 

2.   Dagegen richtet sich die am 23.11.2006, gleichzeitig mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, eingebrachte Berufung. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27. November 2006, UR96-100-2006, wurde dem Antrag des Bw auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand stattgegeben. Die Berufung vom 23.11.2006 ist somit als rechtzeitig anzusehen.

 

Begründend führt der Bw aus, dass er den Strauchschnitt im Herbst 2005 schreddern lassen habe und gleichzeitig mit der Firma V aus P die Abholung vereinbart habe, um die gesetzliche Frist von einer Woche nach dem Schreddern einhalten zu können, was auch immer pünktlich erledigt worden sei. Den Termin habe er mit einer Sekretärin vereinbart.

 

Weil nach einer Woche das Schreddergut noch immer nicht abgeholt worden sei, habe er nochmals bei der Firma V angerufen. Die Dame vom Büro habe ihm mitgeteilt, dass sie das Problem mit ihrem Chef abklären würde. Nach ein paar Tagen habe Herr V angerufen, dass er die Kompostierung eingestellt habe und kein Material übernehmen könne. Nach diesem Gespräch habe er sich nach anderen Firmen erkundigt, welche das Schreddermaterial und eventuell auch das Biotonnenmaterial übernehmen könnten. Die Firma N aus S habe ihm zugesagt, in den nächsten 14 Tagen das gelagerte Material abzuholen. Inzwischen sei von der Landesregierung eine Kontrolle gekommen und das Verfahren eingeleitet worden. Nach der Kontrolle habe, wie versprochen, innerhalb von 14 Tagen die Firma N das Material abgeholt. Die Entsorgungsscheine würde er der Behörde vorlegen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Schreiben vom 27. November 2006 die Berufung samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw ist im Besitz einer gewerbebehördlichen Bewilligung für die Zwischenlagerung von bestimmten biogenen Materialien auf Grundstück Nummer …, KG T.

 

Am 8.11.2005 wurde von einem Sachverständigen der Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik des Amtes der Oö. Landesregierung das Betriebsgelände des Bw unangekündigt überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass die mit dem genannten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck genehmigte Lagerhalle für biogene Abfälle noch nicht errichtet worden ist.

 

Im Zuge der Begehung wurde vom Sachverständigen festgestellt, dass auf einer ehemaligen zur Kompostierung genutzten Fläche ein Gemisch von Grünschnitt, Schreddermaterial und Biotonnenabfälle mit einer Kubatur von 250 m³ in Haufenschüttung gelagert war. Diese Abfälle haben bereits starke Verpilzungen aufgewiesen und konnten vom Sachverständige starke anaerobe Abbauvorgänge mit Sickerwasserbildung und starker Geruchsentwicklung festgestellt werden. Außerdem sind 10 m³ frisch angeliefertes Biotonnenmaterial auf dieser Fläche gelagert gewesen.

 

Auf unbefestigter Fläche lagerte ein Gemisch aus Grünschnitt und ungehäckseltem Baum- und Strauchschnitt mit einer Gesamtkubatur von ca. 500 m³.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Befund des Sachverständigen vom 22. November 2005. Diese Feststellungen des Sachverständigen sind vom Bw auch nicht in Zweifel gezogen worden, sondern hat dieser die Situation damit erklärt, dass er die biogenen Materialien deshalb länger zwischenlagern musste, da von der Firma, die regelmäßig diese Abfälle abgenommen hat, die Kompostierung eingestellt wurde und daher Materialien nicht mehr übernommen wurden. Der Bw hatte daher eine andere Firma für die Übernahme dieser Materialien zu suchen und hat dies einige Zeit in Anspruch genommen, weshalb es zu den vom Sachverständigen beschriebenen Zwischenlagerungen biogener Materialien gekommen ist.

 

5.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß Art. 10 Abs.1 Z12 B-VG ist Bundessache die Gesetzgebung und die Vollziehung in den Angelegenheiten der Abfallwirtschaft hinsichtlich gefährlicher Abfälle, hinsichtlich anderer Abfälle nur soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften vorhanden ist.

 

Mit der Erlassung des AWG 2002 nahm der Bund seine Bedarfskompetenz hinsichtlich nicht gefährlicher Abfälle in wesentlich größerem Umfang als im Vorgängergesetz in Anspruch. Galt das AWG 1990 zur Gänze nur für gefährliche Abfälle und für nicht gefährliche Abfälle nur ausnahmsweise, so gilt das AWG 2002, das nahezu alle abfallwirtschaftliche Belange einschließlich des Anlagenrechts umfassend regelt, nunmehr zur Gänze für gefährliche und nicht gefährliche Abfälle. Den Landesgesetzgebern verbleiben daher nur mehr enge Regelungsbereiche, wie vor allem die kommunale Abfallsammlung (Piska, Das Recht des Abfallmanagementes, Band I Grundlagen, Seite 197).

 

 

 

§ 23 Abs.1 AWG 2002 lautet:

Zur Verwirklichung der Ziele und Grundsätze der Abfallwirtschaft, zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Materialeffizienz und zur Sicherstellung der umweltgerechten Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Abfällen wird der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ermächtigt, unter Bedachtnahme auf die Vorgaben des Bundes-Abfallwirtschaftsplans, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit mit Verordnung festzulegen:

1.    die Abfälle, die getrennt zu sammeln sind;

2.    die Behandlung, der die Abfälle zuzuführen sind;

3.    Anforderungen an die Sammlung, Lagerung und Beförderung von Abfällen; dies gilt nicht für die Bereitstellung und die kommunale Sammlung und Abfuhr von nicht gefährlichen Siedlungsabfällen;

4.    Anforderungen an die Behandlung von Abfällen nach dem Stand der Technik einschließlich der Anforderungen an die bei der Behandlung entstehenden Produkte oder Abfälle und die dem Stand der Technik entsprechenden diesbezüglichen Messverfahren;

5.    Aufzeichnungs-, Nachweis- und Meldepflichten, soweit diese für die Überprüfung der Verpflichtungen gemäß Z 1 bis 4 erforderlich sind.

 

Aufgrund dieser Regelung stellt sich die Frage, ob Trennungspflichten für (bestimmte) nicht gefährliche Abfälle von der Erlassung einer Verordnung gemäß § 23 Abs.1 Z1 AWG 2002 abhängen, oder der einfache Bundesgesetzgeber seine Bedarfskompetenz bereits durch Einräumung dieser Verordnungsermächtigung in Anspruch genommen hat und den Ländern somit keine Regelungsermächtigung mehr zukommt.

 

Zu dieser Frage wurde von Mayer, Abfallwirtschaft: Bemerkungen zur Bedarfskompetenz des Bundes, Ecolex 1997, auf Seite 54 ausgeführt, dass dadurch, dass der Bundesgesetzgeber eine gesetzliche Regelung schafft, die durch Verordnung näher durchzuführen ist, er die betreffende Angelegenheit bereits insofern regelt, als er alle wesentlichen Grundsätze bestimmt und der Verwaltungsbehörde nur mehr die Durchführung dieser Prinzipien überlässt.

 

In Berücksichtigung dieser Rechtsmeinung ist bereits durch eine entsprechende Verordnungsermächtigung im AWG 2002 die Bedarfsgesetzgebungskompetenz vom Bundesgesetzgeber in Anspruch genommen worden und hat somit der Bundesgesetzgeber die Kompetenz für die Regelung von Trennungspflichten für nicht gefährliche Abfälle an sich gezogen. Dies bedeutet andererseits, dass die Länder nur mehr jene Bereiche regeln dürfen, die vom sachlichen Geltungsbereich des § 23 AWG 2002 nicht erfasst sind. Entsprechend der Regelung des § 23 Abs.1 Z3 Halbsatz 2 AWG 2002 betrifft diese Regelungskompetenz der Länder nur mehr die kommunale Sammlung und Abfuhr von nicht gefährlichen Siedlungsabfällen.

 

Regelungen über Trennungspflichten des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1997 bzw. der Oö. Abfalltrennungsverordnung, sofern sie sich nicht nur auf die Bereitstellung und die kommunale Sammlung und Abfuhr von nicht gefährlichen Siedlungsabfällen beziehen, wurde deswegen die Kompetenzgrundlage entzogen und derogieren nach herrschender Lehre die Bestimmungen des AWG 2002 diesen landesrechtlichen Vorschriften (vgl. dazu Piska, Das Recht des Abfallmanagements, Band I: Grundlagen, Seite 204 ff. und die dort genannten Literaturhinweise).

Mit BGBl. Nr. 68/1992 hat der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie die Verordnung über die getrennte Sammlung biogener Abfälle kundgemacht, welche gemäß BGBl. Nr. 456/1994 mit 1. Jänner 1995 in Kraft getreten ist. Gemäß § 1 Z1 der Verordnung über die getrennte Sammlung biogener Abfälle sind natürliche, organische Abfälle aus dem Garten- und Grünflächenbereich, insbesondere Grasschnitt, Baumschnitt, Laub, Blumen und Fallobst vom Geltungsbereich dieser Verordnung umfasst.

 

Entsprechend der oben gezeigten Rechtslage ist davon auszugehen, dass die getrennte Erfassung, Lagerung und Sammlung biogener Abfälle bundesrechtlichen Vorschriften, insbesondere den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, sowie der Verordnung über die getrennte Sammlung biogener Abfälle unterliegen. Gegenständlich wurde von der Erstinstanz der am 8.11.2005 verwirklichte Sachverhalt nach den Bestimmungen des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1997 in Zusammenschau mit den Bestimmungen der Oö. Abfalltrennungsverordnung beurteilt. Nach der gezeigten Rechtslage sind allerdings die landesgesetzlichen Vorschriften auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht mehr anzuwenden.

 

Mit anderen Worten bedeutet dies, dass der Bw die ihm angelastete Übertretung nach dem Oö. Abfallwirtschaftsgesetz 1997 nicht begangen hat, da die Regelungen dieses Gesetzes auf den gegenständlichen Sachverhalt seit Inkrafttreten des AWG 2002 nicht mehr Anwendung finden. Aus diesem Grund hat der Bw die ihm angelastete Übertretung des Oö. AWG 1997 nicht begangen, weshalb der Berufung Folge zu geben war, gleichzeitig das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

6. Da das gegenständliche Strafverfahren einzustellen war, entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Kühberger

 

 

 

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