Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162346/8/Ki/Da

Linz, 02.10.2007

 

 

 

                                                          E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des A S, H, N, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. K F und Dr. C A,  L, F, vom 10.07.2007, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 20.06.2007, VerkR96-848-2006, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 02.10.2007 zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.    Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten­beiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm  §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

                                                     Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 20.06.2007, VerkR96-848-2006, den Berufungswerber für schuldig befunden:

 

1.      Er sei als Lenker des Fahrzeuges, Kennzeichen , Personenkraftwagen M1, Fiat Punto, weiß, mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe sein Fahrzeug nicht sofort angehalten,

2.      er sei mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichen Zusammenhang gestanden und habe nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt, obwohl es auch mit dem Geschädigten zu keiner gegenseitigen Namens- und Anschriftsnachweisung gekommen war.

 

Als Tatort wurde jeweils "Gemeinde Linz, Gemeindestraße Ortsgebiet, Landstraße vor dem Hause Nr. ....." und als Tatzeit "28.01.2006, 12:25 Uhr" angeführt.

 

Er habe dadurch § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 (Faktum 1) bzw. § 4 Abs.5 StVO 1960 (Faktum 2) verletzt.

 

Gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 wurde hinsichtlich Faktum 1 eine Geldstrafe in Höhe von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 84 Stunden) und hinsichtlich Faktum 2 gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.

 

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 45 Euro (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 10.07.2007 Berufung, dies im Wesentlichen mit der Argumentation, dass das Strafverfahren mangels eindeutigen Nachweises der Schadensverursachung einzustellen sei.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 02.10.2007. An dieser Verhandlung nahm der Berufungswerber im Beisein seines Rechtsvertreters teil, als Zeuge wurde W E (Lenker des angeblich beschädigten Fahrzeuges) einvernommen, als verkehrstechnischer Amtssachverständiger nahm Ing. J L (Amt der Oö. Landesregierung) teil. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt.

 

Laut vorliegender Unfallanzeige der Verkehrsinspektion des Stadtpolizeikommandos Linz vom 15.02.2006 kam am 04.02.2006 um 10:35 Uhr der Zeuge E zum Stützpunkt der VI und erstattete gegen den Lenker des PKW, Kennzeichen  die Anzeige, da dieser gegen seinen PKW gestoßen sei und anschließend Fahrerflucht begangen hätte. Der Anzeiger habe sich gerade gegenüber seinem geparkten PKW befunden, als sich bei diesem die Alarmanlage einschaltete. E habe gesehen, dass gerade der vorgenannte PKW ausgeparkt worden sei und offenbar gegen sein Fahrzeug gestoßen war. E habe sich dann zu seinem Fahrzeug begeben und Nachschau gehalten, er habe eine gebrochene Kennzeichenhalterung gesehen, welches er jedoch nicht als Schaden gewertet hätte. Der ausparkende PKW sei in der Zwischenzeit weitergefahren. Als Lenker dieses PKW`s konnte der nunmehrige Berufungswerber ausgeforscht werden.

 

Laut Behauptung des Beteiligten seien der Parksensor, die vordere Stoßstange und die vordere Kennzeichenhalterung des von ihm abgestellten Fahrzeuges beschädigt worden.

 

Der Berufungswerber bestritt bereits im erstbehördlichen Verfahren den ihm zur Last gelegten Sachverhalt und verwies im Wesentlichen unter anderem darauf, dass sein KFZ mit einer Anhängervorrichtung ausgestattet sei, welche bedeutend niedriger wäre als die Höhe der angeblichen Schäden an der oberen Kennzeichenhalterung und am Parksensor des Fahrzeuges des Zeugen.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige hat im erstinstanzlichen Verfahren diesbezüglich ein Gutachten erstellt (VT-010000/6664-2006-LJ). Darin führt er aus, dass durch eine Kontaktierung (Anstoß) an die Kunststoffstoßstange – ursprünglich an der Kennzeichenhalterung angenommen – es durchaus möglich ist, dass die dokumentierten Schäden entstanden sein können. Im Zuge des Anstoßes wird die Kennzeichenhalterung auf die Kunststoffverkleidung gedrückt. Dadurch verformt sich diese und es kommt dann zu Spannungen am Kunststoffteil. Je nach Spannungsverlauf können dann Beschädigungen auch an nicht kontaktierten Flächen und/oder Übergängen entstehen, die letztlich einreißen und eine bleibende Verformung verursachen. Es werde somit festgestellt, dass der Schadenseintritt durch die im Akt beschriebene Kontaktierung verursacht worden sein kann.

 

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung bestätigte der Beschuldigte, dass er im Rahmen des Ausparkens das Fahrzeug des Zeugen offensichtlich berührt hat, jedenfalls wurde die Alarmanlage dieses Fahrzeuges ausgelöst. Er habe zum Ausparken mehrmals (mindestens dreimal) nach vor- bzw. rückwärts fahren müssen. Dass er einen Schaden verursacht hätte, habe er nicht bemerkt und es habe auch Herr E nicht entsprechend reagiert.

 

Herr W E bestätigte im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Befragung die bereits im erstbehördlichen Verfahren gemachten Angaben, er erklärte, dass er beim Verlassen eines (benachbarten) Sparkassengebäudes eine Alarmanlage gehört hat, welche er zunächst nicht zuordnen konnte. In der Folge habe er festgestellt, dass es sich um die Alarmanlage an seinem Fahrzeug gehandelt hat und er sei über die Straße zu diesem Fahrzeug gegangen und mit der Fernbedienung habe er die Alarmanlage ausgeschaltet. Der Berufungswerber sei letztlich in Richtung Bismarckstraße weggefahren und  habe mit ihm keinen Kontakt aufgenommen. Er habe zunächst eine Beschädigung der Kennzeichenhalterung festgestellt, diesem Umstand aber keine Bedeutung beigemessen. Das Fahrzeug sei zum Vorfallszeitpunkt, nachdem er zuvor von Wien nach Linz gefahren ist, verschmutzt bzw. vereist gewesen und er habe im Laufe der nächsten Tage eine Beschädigung des Parksensors feststellen müssen, dies nachdem eine Reinigung des Fahrzeuges erfolgte. Letztlich habe er dann ca. 1 Woche später die Anzeige erstattet. Einen Zusammenstoß zwischen den beiden Fahrzeugen habe er nicht gesehen.

 

Der verkehrstechnische Amtsachverständige erläuterte in der Folge sein im erstbehördlichen Verfahren abgegebenes Gutachten und bestätigte, dass trotz der Anhängerkupplung die Beschädigungen am Fahrzeug des E durch einen Anstoß durch das Fahrzeug des Berufungswerbers zustande kommen hätten können. Allerdings führte der Sachverständige nunmehr aus, dass durch den ersten Anprall, durch welchen die Alarmanlage ausgelöst wurde, die festgestellten Beschädigungen nicht entstehen konnten, dies insbesondere im Hinblick auf den zunächst sich ergebenden Anstoßwinkel. Diese Beschädigungen hätten allenfalls bei einem zweiten Anstoß entstehen können.

 

Bezüglich Beschädigung der Kennzeichenhalterung führte der Sachverständige aus, dass derartige Fahrzeugteile grundsätzlich gratis nachbeschafft werden könnten.

 

I.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat hierüber erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist. Danach ist eine Bestrafung nur zulässig, wenn nach Durchführung aller Beweise und eingehender Beweiswürdigung keine Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben.

 

Dazu wird im konkreten Falle festgestellt, dass zwar unbestritten bleibt, dass der Beschuldigte zunächst im Rahmen des Ausparkens gegen das Fahrzeug des Zeugen gestoßen ist. Laut Angaben des Sachverständigen führte dieser Umstand jedoch noch nicht zu einer Sachbeschädigung, diesbezüglich hätte es zu einem zweiten Anstoß kommen müssen, welcher ebenfalls nachzuweisen ist. Ob es aber tatsächlich zu einem zweiten Anstoß gekommen ist, kann im vorliegenden Falle nicht erwiesen werden, der Zeuge selbst hat nicht gesehen, dass das Fahrzeug des Beschuldigten gegen sein Fahrzeug gestoßen ist, er ist lediglich durch die ausgelöste Alarmanlage auf den Vorfall aufmerksam geworden. Weiters hat der Beschuldigte ausgeführt, dass er – außer der gebrochenen Kennzeichenhalterung – an seinem Fahrzeug zunächst keinen Schaden festgestellt hat, er führte dies auf eine Verschmutzung bzw. Vereisung zurück. Letztlich wurde die Anzeige erst ca. 1 Woche nach dem Vorfall erstattet und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass entweder bereits vor dem konkreten Vorfall oder aber auch erst danach die Beschädigungen hinsichtlich Parksensor und Stoßstange erfolgten. Jedenfalls nach Angabe des Sachverständigen können diese Schäden nicht durch den ersten Anstoß, durch welchen die Alarmanlage ausgelöst wurde, entstanden sein.

 

In Würdigung all dieser Umstände erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass dem Beschuldigten nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit nachgewiesen werden kann, dass er tatsächlich durch den Anstoß an das Fahrzeug des Zeugen die beschriebenen Schäden und damit den Verkehrsunfall verursacht hat.

 

Nach dem oben erwähnten Grundsatz "in dubio pro reo" können daher dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegten Taten nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit nachgewiesen werden, weshalb in beiden Punkten der Berufung Folge gegeben werden musste und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

                                                        Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                                    Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

                                                                Mag. K i s c h

 

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