Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108529/14/Bi/Be

Linz, 10.03.2003

 

 

 VwSen-108529/14/Bi/Be Linz, am 10. März 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M, vom 3. September 2002 gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von V vom 20. August 2002,VerkR96-12429-2002, wegen Übertretung der StVO 1960, auf Grund des Ergebnisses der am 6. März 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
 

Der Berufung wird Folge gegeben und Punkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses hinsichtlich Schuld- und Strafausspruch aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 , 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Punkt 1) des oben bezeichneten Straferkenntnisses wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.2 iVm 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.162 Euro (16 Tage EFS) verhängt, weil er am 30. März 2002 um 23.00 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen in einem offensichtlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in D, auf der D von K kommend in Richtung W bis auf Höhe des Hauses D Nr.9 gelenkt habe. Obwohl vermutet habe werden können, dass er diese Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand durchgeführt habe - es seien bei ihm deutliche Alkoholisierungsmerkmale wie deutlicher Alkoholgeruch aus dem Mund, veränderte Sprache, leicht gerötete Augenbindehäute festgestellt worden - habe er sich am 31. März 2002 um 00.00 Uhr im Landeskrankenhaus V gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 116,20 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 6. März 2003 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, der Behördenvertreterin Frau W und der Zeugen M, BI K, RI P, Insp. G und Dr. G durchgeführt.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe sich hauptsächlich auf die Aussage Dris G gestützt, der aber selbst gesagt habe, er könne keine ausführlichen Feststellungen zu Protokoll gegen, weil er anderweitig beschäftigt gewesen sei. Es werde auch nicht darauf Rücksicht genommen, das er schwere Verletzungen erlitten habe, die auch seinen Geisteszustand und seinen körperlichen Gesamtzustand stark beeinflusst hätten. Der Bw beantragt die Einvernahme dreier namentlich genannter Zeugen, die mit ihm den Abend verbracht hatten, im Übrigen Verfahrenseinstellung.

In der Verhandlung schränkte der Bw die zwar formell gegen das gesamte Straferkenntnis gerichtete, jedoch nur im Hinblick auf Punkt 1) begründete Berufung ausdrücklich auf diesen Punkt des Straferkenntnisses ein.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und die oben genannten Personen zeugenschaftlich, die Ehegattin des Bw unter Hinweis auf ihr Entschlagungsrecht, alle unter Hinweis auf § 289 StGB, einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw lenkte am 30. März 2002 gegen 23.00 Uhr den angeführten Pkw nach einem Gasthausaufenthalt, bei dem er nach eigenen Angaben gegenüber BI K an der Unfallstelle 4 bis 5 Bier getrunken hatte, nach Hause, wobei der in D von der Straße abkam und beim Versuch, wieder auf diese zu gelangen, mit einem Obstbaum kollidierte. Er erlitt bei dem Unfall insofern schwere Verletzungen, als er sich einen - sofort offensichtlichen - Bruch des rechten Sprunggelenkes sowie - erst später diagnostiziert - Brüche des Brustbeines, der Nase und des Schlüsselbeines zuzog. An die Geschehnisse nach dem Unfall und im Krankenhaus konnte sich der Bw nicht mehr erinnern bzw. kannte er diese nur aus den Erzählungen seiner Gattin. Dem an der Unfallstelle erschienenen BI K, der mit dem schon im Rettungswagen liegenden Bw ein Gespräch führte, schilderte er seinen Alkoholkonsum in einem bestimmten Gasthaus. Laut BI K bestanden beim Bw zu diesem Zeitpunkt keine Anzeichen von Unzurechnungsfähigkeit, allerdings nahm er im Rettungswagen Alkoholgeruch aus dem Mund des Bw sowie veränderte Sprache und gerötete Augenbindehäute wahr. Auf Grund seiner sich daraus ergebenden Vermutung, der Bw könnte sich beim Lenken des Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben, entschloss sich BI K, der kein Gerät zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mitführte, dazu, über die Bezirksleitstelle Beamte des GP V zur Durchführung eines Alkotests ins Krankenhaus V zu entsenden, wohin der Bw gebracht wurde.

 

Im Krankenhaus wurde der Bw, der in Begleitung seiner ebenfalls an die Unfallstelle gerufenen Gattin, der Zeugin Malli, war, zunächst vom in der Unfallambulanz Dienst habenden Arzt Dr. G erstversorgt, der nach deren Aussage besonderes Augenmerk auf das offensichtlich gebrochene, weil ausgerenkte Sprunggelenk und die Augen des Bw richtete. Die beiden Zeugen RI P und Insp. G, die über Auftrag der Bezirksleitstelle im Krankenhaus erschienen waren, um mit einem mobilen Alkomat einen Alkotest mit dem Bw durchzuführen, fragten Dr. G, ob der Bw aus medizinischer Sicht zu einem Alkotest in der Lage sei, was dieser bejahte, zumal aus seiner Sicht keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Bw zu befürchten war. Nach seiner Aussage in der Verhandlung hatte er zum damaligen Zeitpunkt noch keine Kenntnis vom Bruch des Brustbeines und des Nasenbeines beim Bw. Der Bw war ansprechbar, nach Aussagen sowohl des Arztes als auch von Insp. G zurechnungsfähig, allerdings war aus seiner Mimik offensichtlich, dass er Schmerzen hatte.

 

Insp. G erklärte dem Bw den Grund seiner Anwesenheit und forderte ihn zum Alkotest auf, worauf dieser nur mit "Nein" antwortete, allerdings dafür keinen Grund angab. Trotz Erklärung über die Folgen einer Verweigerung blieb der Bw bei einer nochmaligen Aufforderung zum Alkotest bei "Nein", wieder ohne jede Erklärung, sodass Insp. G die Amtshandlung abbrach.

 

Insp. G gab in der mündlichen Verhandlung an, sein Auftrag habe gelautet, den Bw im Krankenhaus zum Alkotest aufzufordern, wobei ihm angedeutet worden sei, dass dieser einen Unfall gehabt habe, bei dem "Alkohol im Spiel" gewesen sei. Solche Aufträge würden an Beamte des GP V öfters erteilt. Er habe das so verstanden, dass die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung beim ersuchenden Beamten - mit BI K hat Insp. G nicht gesprochen - bereits vorhanden sei und er nicht zusätzlich dies erheben müsse. Er habe daher beim Bw nicht ausdrücklich darauf geachtet, ob dieser Alkoholisierungssymptome aufgewiesen habe. Aufgefallen sei ihm weder ein Alkoholgeruch der Atemluft (er habe sich nicht ausdrücklich zum Bw hingehalten) noch eine veränderte Sprache (der Bw habe nur zweimal "Nein" gesagt, sonst nichts) und er sei in der Unfallambulanz gelegen, sodass auch diesbezüglich nichts festzustellen gewesen sei. Beim Anblick des Bw habe er lediglich nicht ausschließen können, dass dieser Alkohol getrunken habe - er habe leicht gerötete Augen gesehen - aber der Zeuge konnte nichts über das Ausmaß einer Alkoholbeeinträchtigung oder Fahruntüchtigkeit beim Bw sagen, auch deshalb, weil wegen der Häufigkeit ähnlich gelagerter Fälle keine konkrete Erinnerung an den Vorfall bestand. RI P konnte sich an die Amtshandlung bzw. den Bw überhaupt nicht erinnern.

 

M bestätigte zeugenschaftlich sowohl die Aufforderung ihres Gatten zum Alkotest als auch dessen zweimaliges "Nein", gab aber an, er habe offensichtlich Schmerzen gehabt und auch, als der seine schriftliche Zustimmung zur dringend erforderlichen Operation seines Sprunggelenkes geben sollte, dies verweigert, sodass sie ihm massiv zureden musste. Bei der Aufforderung zum Alkotest war sie anwesend, redete ihm aber nicht zu.

 

Dr. G bestätigte, dass er bei der Erstversorgung außer dem ausgerenkten Sprunggelenk die Augen des Bw auf - nicht vorhandene - Anzeichen eines Gehirntraumas untersucht habe, ihm jedoch keine roten Augen aufgefallen seien, da er dies ansonsten in seine Aufzeichnungen diktiert hätte. Der Bw sei sicher "geschäftsfähig" gewesen und habe frageadäquate Antworten gegeben. Er habe sich in einer Ausnahme- bzw. Schrecksituation, aber nicht in einem lebensbedrohlichen Schockzustand befunden. Er diktiere normalerweise ihm auffallende Alkoholsymptome in seine Aufzeichnungen, der Bw sei nicht offensichtlich alkoholisiert gewesen. Er habe die Frage der Gendarmeriebeamten, ob ein Alkotest beim Bw möglich sei, nach seinem damaligen Wissenstand beantwortet. Erst danach sei der Brustbeinbruch festgestellt worden. Möglicherweise hätte sich diesbezüglich beim Alkotest der Gesundheitszustand des Bw verschlechtert. Dessen Fehlen jeglicher Erinnerung an die Geschehnisse nach dem Unfall bezeichnete der Zeuge als nachvollziehbar, weil er ja wegen der Sprunggelenksoperation eine Narkose bekommen habe.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates besteht kein Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen sämtlicher vernommener Zeugen. Insbesondere hat Insp. G den nach immerhin 11 Monaten in seiner Erinnerung noch bestehenden Eindruck vom Bw glaubwürdig geschildert und auch die Aussage der Zeugin M war in Bezug auf die von Dr. G anhand der Verletzungsanzeige und seiner Aufzeichnungen dargelegten Verletzungen des Bw schlüssig.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs.2 2.Satz Z1 StVO 1960 sind ua besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht (außerdem) berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist entscheidend, ob der Meldungsleger, als er die Vornahme der Atemluftprobe forderte, einen begründeten Verdacht hatte, dass der Aufgeforderte im Unfallszeitpunkt ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat (vgl Erk v 26. Juni 1981, 3710/80, ua).

Insp. G hat auf ausdrückliches Befragen bestätigt, er habe in Befolgung des Auftrages, den er von der Bezirksleitstelle erhalten habe, gehandelt, als er im Krankenhaus V den Bw nach Befragen des Arztes, ob ein solcher aus gesundheitlichen Überlegungen möglich sei, zum Alkotest aufgefordert habe. Eine Vermutung, der Bw könnte sich beim Lenken des Pkw ca. eine Stunde vorher in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben, lag beim auffordernden Beamten ausdrücklich nicht vor, da er nicht auf Alkoholisierungssymptome achtete und ihm beim Bw keine solchen auffielen. Nach den Aussagen des die Erstversorgung vornehmenden Arztes fielen diesem beim Bw keine geröteten Augen auf, obwohl er diese zur Feststellung eventueller Anzeichen für ein Gehirntraume untersuchte. Der auffordernde Beamte meinte zwar, sich beim Ansichtigwerden des Bw an gerötete Augen erinnern zu können, betonte aber, er könne auf Grund der Vielzahl ähnlicher Fälle keine Zuordnung seiner Erinnerung zum Vorfall mit dem Bw mehr vornehmen.

Abgesehen davon sind nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates gerötete Augenbindehäute alleine keine alkoholspezifischen Merkmale, die für sich eine Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung beim Lenken eines Fahrzeuges zu begründen vermögen.

Die Schilderungen des Bw über seinen Alkoholkonsum gegenüber BI K waren zwar geeignet, bei diesem eine Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung des Bw zu begründen, nicht aber bei Insp. G, der letztlich die Aufforderung zum Alkotest ausgesprochen hat.

 

Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, dass eine wesentliche Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Aufforderung zum Alkotest im gegenständlichen Fall nicht vorlag, weshalb die dem Bw zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht vorzuschreiben waren.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung lag bei Aufforderung der Gendarmeriebeamten nicht vor - Einst.

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