Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521742/2/Zo/Jo

Linz, 06.11.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des F F, geboren , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A W, vom 26.09.2007, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 17.09.2007, Zl. F07/061009, wegen Abweisung eines Antrages auf Erteilung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z3 und 8 Abs.2 Führerscheingesetz sowie § 3 Abs.1 Z4 FSG-GV.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die BPD Linz wies mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag des Berufungswerbers auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung ab. Dies wurde damit begründet, dass aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens unter Berücksichtigung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers nicht gegeben sei.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass er jahrelang keine Fahrzeuge mehr gelenkt habe, jedoch bereit sei, sich Fahrstunden zu nehmen und eine Beobachtungsfahrt durchzuführen. Es habe kein Grund vorgelegen, ihm diese Möglichkeit zu verwehren.

 

Er weise zwar derzeit eine mangelnde Fahrpraxis auf, habe seine Lenkberechtigung aber schon im Jahr 1976 erworben und sei zum Teil auch als Berufskraftfahrer tätig gewesen wobei er jährlich ca. 80.000 km zurückgelegt habe.

 

Aus dem vorgelegten Laborbericht ergebe sich, dass er gute Laborwerte habe und keineswegs zum Alkoholmissbrauch neige. Sein Gesundheitszustand sei daher, mit Ausnahme der Gelenke, als allgemein gut zu bezeichnen.

 

Auch aus der verkehrspsychologischen Stellungnahme könne keine Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen abgeleitet werden.

 

Es sei nicht Aufgabe des Polizeiarztes, eine allfällige Verkehrsvorgeschichte festzustellen, dies sei allenfalls im Rahmen der rechtlichen Beurteilung der Behörde möglich, nicht aber durch den Arzt. Aus welchen Gründen der Polizeiarzt zum Schluss kommt, dass ein Alkoholabusus vorliege, sei nicht nachvollziehbar und entbehre jeder Grundlage. Hinsichtlich der Beobachtungsfahrt sei auch keine schriftliche Stellungnahme beigeschafft worden, sodass die Beurteilung nicht nachvollziehbar sei.

 

Seit seiner letzten "Vormerkungen" seien Jahre verstrichen und die alten Vorfälle dürften nicht mehr berücksichtigt werden. Es liege weder Alkoholabusus vor, noch habe er sonstige Erkrankungen, die ein Nichtausfolgen der Lenkerberechtigung rechtfertigen würden. Es hätte ihm zumindest die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, eine befristete Lenkberechtigung zu erhalten.

 

Er lebe in wohlgeordneten Verhältnissen und sei sozial integriert. Er sei gesundheitlich geeignet, Kraftfahrzeuge zu lenken. Die Behörde hätte ihm die Chance einräumen müssen, durch Fahrstunden wiederum eine Fahrpraxis zu erhalten.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist. Eine solche wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber hat in den Jahren 1987, 1988, 1992, 1995 und 1996 jeweils ein Alkoholdelikt als Lenker eines Kraftfahrzeuges begangen. Zwischen 1998 und 2000 wurde er fünfmal beim Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkberechtigung betreten. Alle diese Vorfälle liegen mehr als 5 Jahre zurück, in den letzten 5 Jahren scheinen keinerlei Vormerkungen auf. Der Berufungswerber beantragte am 26.06.2001 die Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasse B, dieser Antrag wurde mit rechtskräftigem Bescheid vom 21.08.2001 abgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass der Berufungswerber wegen eines Alkoholdeliktes im Jahr 1999 zum damaligen Zeitpunkt noch nicht verkehrszuverlässig war.

 

Am 07.11.2002 beantragte er neuerlich die Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasse B, wobei im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine verkehrspsychologische Untersuchung sowie die Beibringung von Leberbefunden verlangt wurde. Diese Befunde hat der Berufungswerber nicht beigebracht, weshalb auch dieser Antrag abgewiesen wurde.

 

In dem nunmehr relevanten Verfahren beantragte der Berufungswerber am 09.02.2007 die Erteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B. Im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung wurde die Vorlage verschiedener Blutlaborwerte (insbesondere GOT, Gamma-GT und CD-Tect) sowie eine verkehrspsychologische Untersuchung verlangt. Die vorgelegten Blutlaborwerte befinden sich innerhalb der Norm, die verkehrspsychologische Untersuchung vom 03.08.2007 kam zu dem Ergebnis, dass eine Bereitschaft zu verkehrsangepasstem Verhalten im eingeschränkten Bereich angenommen werden könne, allerdings die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit derzeit nicht gegeben sei. Dies wurde damit begründet, dass der Berufungswerber zwar in den kraftfahrspezifischen Leistungsbereichen der Reaktionssicherheit und reaktiven Belastbarkeit sowie der Sensomotorik ausreichende Ergebnisse erzielte, in allen anderen Leistungsbereichen (Konzentrationsfähigkeit, selektive Aufmerksamkeit, diskriminative Reizbeantwortung und logisches Denken) jedoch Defizite festgestellt wurden. Ausreichende Kompensationsmöglichkeiten können dafür auch aufgrund seiner mangelnden Fahrpraxis derzeit nicht angenommen werden.

 

Unter Berücksichtigung dieser Untersuchungsergebnisse lautet das amtsärztliche Gutachten auf "nicht geeignet", wobei dies im Ergebnis mit der fehlenden kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit begründet wurde. Das sichere Beherrschen eines Kraftfahrzeuges vor allem in anspruchsvollen Verkehrssituationen sei daher nicht gewährleistet, dies auch im Hinblick auf die fehlende Fahrpraxis. Zur Regeneration der funktionalen Voraussetzungen sei aus Sicht des Amtsarztes eine Alkoholkarenz notwendig, welche durch entsprechende Laborwerte nachzuweisen sei, im Anschluss daran könne eine neuerliche VPU durchgeführt werden.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist gemäß § 8 Abs.2 FSG das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen:

„geeignet“, „bedingt geeignet“, „beschränkt geeignet“ oder „nicht geeignet“. Ist der Begutachtete nach ärztlichem Befund zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder –behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet, oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG „bedingt geeignet“ für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z4 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

 

Gemäß § 3 Abs.4 FSG-GV gelten Besitzer einer Lenkberechtigung, bei denen Erkrankungen oder Behinderungen festgestellt wurden, die nach den nachfolgenden Bestimmungen die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließen würden, dann als geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1, wenn sie

1)     während der der Feststellung der Erkrankung oder Behinderung unmittelbar vorangehenden 2 Jahre Kraftfahrzeuge tatsächlich gelenkt haben und

2)     die Annahme gerechtfertigt ist, dass ein Ausgleich des bestehenden Mangels durch erlangte Geübtheit eingetreten ist.

Der Eintritt dieses Ausgleiches und die Dauer des Vorliegens dieser Eignung ist durch das ärztliche Gutachten nötigenfalls im Zusammenhang mit einer Beobachtungsfahrt festzustellen und darf nur auf höchstens 5 Jahre ausgesprochen werden. Bestehen trotz der durchgeführten Beobachtungsfahrt noch Bedenken über die Eignung des zu Untersuchenden, ist zusätzlich eine verkehrpsychologische Stellungnahme zu seiner kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit einzuholen.

 

5.2. Der Berufungswerber verfügt nach dem Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchung derzeit nicht über die erforderliche kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit. Die verkehrspsychologische Untersuchung wurde mit standardisierten Testverfahren durchgeführt und führte die Beurteilungskriterien nachvollziehbar aus. Demgemäß wurden Defizite bei der Konzentrationsfähigkeit, der selektiven Aufmerksamkeit, der diskriminativen Reizbeantwortung und dem logischen Denken festgestellt. Diesbezüglich ergeben sich auch aus der Berufung keinerlei Hinweise, warum die Ergebnisse dieser verkehrspsychologischen Untersuchung nicht herangezogen werden könnten. Soweit der Berufungswerber vermeint, seine fehlende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit durch die bisherige Fahrpraxis ausgleichen zu können, ist er auf § 3 Abs.4 FSG-GV zu verweisen. Eine Beobachtungsfahrt zur Feststellung, ob der Mangel durch die Geübtheit ausgeglichen werden kann, ist entsprechend dieser Bestimmung nur dann möglich, wenn der Betreffende in den letzten 2 Jahren Kraftfahrzeuge tatsächlich gelenkt hat. Das war aber beim Berufungswerber nicht der Fall. Er hat daher nur die Möglichkeit, seine kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit durch eine neuerliche verkehrspsychologische Untersuchung nachzuweisen. Die vom Amtsarzt dazu ausgesprochene Empfehlung einer Alkoholkarenz ist zur Wiederherstellung der funktionalen Voraussetzungen aufgrund der praktischen Erfahrungen vermutlich zweckmäßig. Allerdings ist dies keine unbedingte Voraussetzung für eine neuerliche Überprüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit. Wenn der Berufungswerber diese – auf welchem Weg auch immer – wiedererlangt hat, hat er die Möglichkeit, wiederum eine Lenkberechtigung zu erwerben.

 

Die Ausführungen des Berufungswerbers hinsichtlich des vom Amtsarzt angeblich festgestellten Alkoholabusus sind nicht entscheidungsrelevant, weil sich das amtsärztliche Gutachten ausschließlich auf die fehlende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit bezieht. Ob aufgrund der sehr auffälligen Vorgeschichte des Berufungswerbers – welche allerdings schon sehr lange zurückliegt – noch weitere Prüfungen seiner Alkoholkonsumgewohnheiten erforderlich sind oder nicht, ist daher in diesem Berufungsverfahren nicht zu beurteilen. Diese Frage mag allenfalls dann eine Rolle spielen, wenn der Berufungswerber seine kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit wiedererlangt hat.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­­­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

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