Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300773/2/WEI/Eg

Linz, 19.11.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der M A, J, B, vertreten durch Mag. Dr. G M. P und Mag. Dr. R H. S, Rechtsanwälte in B, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 7. Dezember 2006, Zl. Pol 96-2006, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Spielapparategesetz 1999 (LGBl Nr. 53/1999) zu Recht erkannt:

 

 

I.                     Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

 

II.         Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG; § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie ließen mit Ihrem Einverständnis an einem öffentlichen Ort und zwar in Ihrem Lokal "B", B, S, einen Geldspielapparat der Marke Comet aufstellen. Als Verfügungsberechtigte über den Aufstellort des zuvor bezeichneten Geldspielapparates haben Sie jedenfalls am 14.3.2006 (Tag der Kontrolle) einen Verstoß gegen ein Verbot gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 des Oö. Spielapparategesetzes 1999 (diese Bestimmung verbietet das Aufstellen von Geldspielapparaten) geduldet.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 10 Abs. 1 Z. 3 Oö. Spielapparategesetz 1999 idgF."

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Bwin gemäß § 10 Abs 2 Oö. Spielapparategesetz 1999 iVm. § 20 VStG 1991 eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden der Bwin ferner 150 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin zu Handen ihres Rechtsvertreters am 3. Jänner 2007 zugestellt worden ist, richtet sich die rechtzeitig am 13. Jänner 2007 bei der belangten Behörde per Fax eingelangte Berufung, mit welcher in der Hauptsache die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich im Wesentlichen der nachstehende Gang des Verfahrens und S a c h v e r h a l t :

 

2.1. Mit Anzeige der Stadtpolizei Braunau am Inn vom 26. März 2006, Zl. 1-48-2006, wurde der belangten Behörde angezeigt, dass, wie im Zuge eines Außendienstes am 14. März 2006, um 20.50 Uhr, von zwei Polizeibeamten im Lokal der Firma 'B’ in B, S, festgestellt worden sei, zwei Geldspielapparate der Marke "Comet" und "Geldwechsler" aufgestellt waren und in Betrieb gestanden seien. Zur Beschreibung der Geldspielautomaten wurde angeführt, dass der Geldspielautomat der Marke "Comet" an der Wand montiert und eingeschaltet gewesen wäre und der Einsatz für ein Spiel 1 Euro betrage; der Einsatz für ein Spiel am Geldspielapparat der Marke "Geldwechsler" betrage ebenfalls 1 Euro.

 

Zum Zeitpunkt der Amtshandlung sei die Geschäftsführerin M A selbst im Lokal anwesend gewesen. Sie habe gegenüber dem Beamten angegeben, dass die Automaten in Betrieb stünden und auch gespielt würden. Sie selbst würde nie mehr als 20 Euro Spielgewinn an die Spieler auszahlen. Ihrer Meinung nach sei dies legal.

 

Mit Ladungsbescheid vom 4. Mai 2006 wurde der Bwin zur Last gelegt, sie habe mit ihrem Einverständnis an einem öffentlichen Ort und zwar in ihrem Lokal "B", B, S, einen Geldspielapparat der Marke Comet sowie einen Geldspielapparat der Marke "Geldwechsler" aufstellen lassen. Als Verfügungsberechtigte über den Aufstellort habe sie jedenfalls am 14. März 2006 (Tag der Kontrolle) einen Verstoß gegen ein Verbot gemäß § 3 Abs 1 Z 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 geduldet.

 

In ihrer Rechtfertigung zeigte sich die Bwin vertreten durch ihre Rechtsvertreter Mag. Dr. G M. P und Mag. Dr. R M. S grundsätzlich einsichtig, wendete jedoch ein, dass die in § 10 Abs 2 Oö. Spielapparategesetz vorgesehene Mindeststrafe von 2.000 Euro viel zu hoch sei und diese Mindeststrafe bei Vorliegen keiner weiteren Erschwernisgründe nicht dem Sachlichkeitsgebot des Art. 7 B-VG entspreche. Im konkreten Fall sei kein Schaden entstanden und sei ein allfälliger Verstoß als geringfügig einzustufen, weshalb der Antrag auf Absehung einer Strafe und Erteilung einer Ermahnung, in eventu Unterschreiten der vorgesehenen Mindeststrafe gestellt wurde. Hinsichtlich des Gerätes "Geldwechsler" führte die Bwin aus, dass es sich um keinen Geldspielapparat handelt, sondern um einen Geldwechsler, welcher dazu dient, einem potentiellen Spieler am "Comet" das Wechseln von Geldscheinen in Münzen zu ermöglichen. Das Geldwechselgerät habe einen Geldscheineinzug, wobei nach Einlegen eines 5 Euro Scheines dieser Wert in 1 Euro Münzen wieder ausgegeben werde. Zu diesem Tatvorwurf wurde die Verfahrenseinstellung beantragt.

 

In der Folge hat die belangte Behörde ohne weiteres Ermittlungsverfahren das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

2.2. In ihrer Berufung machte die Bwin geltend, dass sich der Tatvorwurf auf den Umstand beziehe, dass sich der Geldspielapparat zu einem bestimmten Zeitpunkt betriebsbereit befunden hat und die Bwin geduldet hat, dass dieser Apparat, nachdem er aufgestellt wurde, zum Tatzeitpunkt noch immer aufgestellt war und somit nicht das Aufstellen sondern das Dulden des Aufgestelltseins vorgeworfen wurde, was jedoch vom Verbot nach § 10 Abs 1 Z 3 Oö. Spielapparategesetz nicht erfasst ist. Darüber hinaus wurde wiederum die Strafhöhe bekämpft.

 

3. Das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon auf Grund der Aktenlage aufzuheben ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 3 Abs 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 ist verboten

 

            1. das Aufstellen von Geldspielapparaten;

 

            2. die Durchführung von Geld- oder Warenausspielungen mit Spielapparaten;

 

            3. ........

 

Gemäß § 10  Abs 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 begeht eine Verwaltungsübertretung,

 

            1. wer gegen ein Verbot gemäß § 3 Abs 1 Z 1 und Z 2 verstößt;

 

            2. wer gegen ein Verbot gemäß § 3 Abs 1 Z 3 und Z 4 verstößt;

 

            3. wer als Verfügungsberechtigter über den Aufstellort einen Verstoß gegen

                 ein Verbot gemäß § 3 duldet;

 

            4. .....

 

Nach § 10 Abs 2 Oö. Spielapparategesetz 1999 ist eine Verwaltungsübertretung gemäß § 10 Abs 1 Z 1, 3, 4, 5 oder 8 leg. cit. mit einer Geldstrafe von 2.000 bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

 

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Dabei sind die Anforderungen an Tatort- und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtsschutzüberlegungen zu messen (vgl u.a. im Anschluss an verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046; VwGH 31.1.1995, 95/05/0008; VwGH 9.9.1998, 97/04/0031). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

 

4.3. Schon der Spruch des Straferkenntnisses erscheint derart mangelhaft, dass er einer zulässigen Korrektur durch den unabhängigen Verwaltungssenat nicht zugänglich ist. Dieser ist nämlich nach § 66 Abs 4 AVG nicht befugt, den Tatvorwurf auszutauschen. Eine Konkretisierung der Tat iSd § 44a Z 1 VStG muss zeitlich und örtlich in Abhängigkeit vom herangezogenen Verwaltungsdelikt so präzise vorgenommen werden, dass der Tatvorwurf unverwechselbar erscheint.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Oö. Verwaltungssenats wird vom gesetzlichen Verbot des Aufstellens nach § 3 Abs 1 Z 1 oder Z 4 (1. Fall) Oö. Spielapparategesetz 1999 der zeitlich und örtlich spezifizierte Vorgang des Aufstellens von Spielapparaten, nicht aber der Zustand des "Aufgestelltseins" in einem bestimmten Zeitpunkt erfasst (vgl ua. VwSen-300371 vom 27.09.2001; VwSen-300378 vom 12.11.2001; VwSen-300435 vom 23.10.2001; VwSen-300388 vom 14.03.2002; VwSen-300528 und 300535 je vom 20.01.2004; VwSen-300653 und 300654 je vom 22.12.2005).

 

Ein wesentlicher Spruchmangel liegt daher schon darin, dass der Vorwurf der Duldung des Aufstellens in zeitlicher Hinsicht nicht konkretisiert wurde. Es genügt nicht, den Zeitpunkt der Kontrolle anzugeben, weil dieser regelmäßig ein ganz anderer ist als der des Aufstellens. Die belangte Behörde hat diesen Kontrollzeitpunkt angeführt, weil sie nicht näher geklärt hat, wann der Spielapparat mit angeblicher Duldung von einer verfügungsberechtigten Person tatsächlich im "B" öffentlich zugänglich aufgestellt worden ist.

 

4.4. Auch der im Spruch ganz allgemein als "Geldspielapparat der Marke Comet" bezeichnete Spielapparat ist nur unzulänglich umschrieben, weil damit dessen Identität keinesfalls unverwechselbar feststeht. Mit einer derart mangelhaften Bezeichnung des Tatobjekts erscheint eine Verwechslungsgefahr geradezu vorgezeichnet, weil das Gerät jederzeit austauschbar wäre. Spielapparate sind grundsätzlich unter Angabe von Art und/oder Type und gegebenenfalls nach Marke und Erzeuger mit den in Betracht kommenden Identifikationsnummern (Serien-, Geräte- und/oder Anlagennummer) zu bezeichnen.

 

Daran vermag auch nichts zu ändern, dass bei der Kontrolle durch Organe der Stadtpolizei Braunau am Inn ein Foto vom Aufstellort des Gerätes angefertigt wurde. Ein solches Foto, auf dem keinerlei Details erkennbar sind, reicht zur unverwechselbaren Identitätsfeststellung nicht aus. Um eine Verwechslung zuverlässig auszuschließen, hätten möglichst viele individualisierenden Merkmale des Gerätes angegeben werden müssen. Darüber hinaus findet sich im vorliegenden Akt der belangten Behörde kein Hinweis auf das im Spielapparat befindliche Spielprogramm. Die Bezeichnung "Geldspielapparat der Marke Comet" ist wenig aussagekräftig und damit nicht ausreichend. Wichtiger ist die Kenntnis der genauen Bezeichnung des im Gerät verwendeten Spielprogramms und seiner Funktionsweise.

 

5. Zusammenfassend ist auf die dargelegten Spruchmängel hinzuweisen, die schon für sich allein das angefochtene Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belasten und zu seiner Aufhebung führen müssen. Unabhängig davon hat die belangte Behörde auch weder hinreichende Erhebungen durchgeführt, noch ausreichende Tatsachenfeststellungen getroffen, um die entscheidungswesentlichen Fragen lösen zu können.

 

Im Ergebnis war aus all den genannten Gründen das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG mangels einer korrekt angelasteten Verwaltungsübertretung und nach § 45 Abs 1 Z 3 VStG wegen längst eingetretener Verfolgungsverjährung einzustellen. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

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