Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530748/2/Re/Sta

Linz, 20.11.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufungen von A K und U R, S, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. S S, L, Ing. R N und E N-Z, V, sowie B und M A, S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28. September 2007, Zl. Ge20-2007, betreffend die Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Imbissstube mit Gastgarten gemäß § 359b GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

Der bekämpfte Bescheid vom 28. September 2007, Ge20-2007, wird behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen (ergänzenden) Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Gewerbebehörde I. Instanz zurückverwiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.2 und § 67a Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG);

§§ 359b Abs.1 und 2  und 112 Abs.3 sowie § 359a Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem bekämpften Bescheid vom 28. September 2007, Ge20-2007, über das Genehmigungsansuchen der Frau M H, S, gemäß § 359b GewO 1994 iVm § 1 Z1 der Verordnung des BMWA, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind (BGBl. Nr. 850/1994 idF BGBl. II Nr. 19/1999), festgestellt, dass die geplante Imbissstube mit einer täglichen Betriebszeit bis 24.00 Uhr am Gst. Nr.  der KG. S, die im § 359b GewO 1994 idgF festgelegten Voraussetzungen erfüllt. In der Begründung wurde ausgesprochen, dass dieser Bescheid als Genehmigungsbescheid für die Anlage gelte. Weiters, dass die gegenständliche Betriebsanlage dem § 359b Abs.2 iVm § 1 Z1 der Verordnung des BMWA, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, unterliegt, weil es sich um eine Betriebsanlage zur Ausübung des Gastgewerbes, in der weniger als 200 Verabreichungsplätze bereit gestellt werden und in der weder musiziert noch zB mit einem Tonbandgerät Musik wiedergegeben wird, handle. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die Anlage dem Stand der Technik entspreche und dass durch die Errichtung und den Betrieb bei Einhaltung der vorgeschriebenen Aufträge voraussehbare Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt würden. Im Rahmen der Begründung zu den Nachbareinwendungen wurde unter anderem festgestellt, dass aus dem Gastraum keine unzumutbaren Belästigungen durch Lärm und Geruch für die Nachbarn zu erwarten seien, die Nachbarn K und R in unmittelbarer Nähe einen Restaurantbetrieb mit Gastgarten betreiben würden und für den Betrieb des Gastgartens auf die gesetzlichen Bestimmungen des § 112 Abs.3  GewO 1994 sowie der Verordnung der Marktgemeinde S betreffend Betriebszeiten für Gastgärten auf und entlang öffentlicher Verkehrsflächen mit 24.00 Uhr, hingewiesen werde.

 

Gegen diesen Bescheid haben die Anrainer B und M A, Ing. R N und E N-Z sowie A K und U R, letztere vertreten durch Rechtsanwältin Mag. S S, L, innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit den Vorbringen, die Imbissstube auf Gst. Nr.  der KG. S erfülle nicht die in § 359b GewO 1994 festgelegten Voraussetzungen. Weiters sei die geforderte Betankung des Gastankes vom Privatgrund aus ausgeschlossen und auf öffentlichem Gut nicht erlaubt. Die Antragstellerin allein könne nicht 40 Verabreichungsplätze betreuen. Mit der Schutzbehauptung sollten nur die Auflagen des Arbeitsinspektorates entfallen. Der vom Land Oberösterreich geforderte Abstand von 2 m zum vor der Imbissstube vorbeiführenden Geh- und Radweg sei nicht eingehalten. Interessenskonflikte mit dem Publikum zum nahe gelegenen exklusiven Speiselokal der Berufungswerber seien vorherprogrammiert, Umsatzeinbußen seien zu erwarten. Für den Betrieb einer weiteren Imbissstube sei kein Bedarf. Die Frage der Befähigung der Antragstellerin zur Führung des Imbissstandes sei nicht geprüft worden. Die Entwicklung des dort wohnhaften minderjährigen Kindes der Berufungswerber sei bei den genehmigten Betriebszeiten von 10.00 Uhr bis 24.00 Uhr gefährdet. Die öffentliche Ruhe sei gestört. Die Verwendung des Begriffes "knapp" im Auftragspunkt 5. sei zu unbestimmt. Das vereinfachte Genehmigungsverfahren sei unzulässig. Von der Betriebsanlage würden unzumutbare Belästigungen wie Geruch, Lärm, Rauch, ausgehen, weiters werde die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs gefährdet. Die Erstellung des auf Grund der über 22.00 Uhr hinausgehenden Betriebszeit unbedingt erforderlichen Lärmprojektes sei unterblieben. Aus Sicht des Landschafts- und Naturschutzes sei eine Verlegung der Hütte in Richtung L erforderlich. Die Lebensqualität der Anrainer werde erheblich verschlechtert. Vorstellbar sei notfalls ein im ersten Ansuchen angeführter Standort, dieser sei von allen Anwesenden als der geeignetere angesehen worden. Für die Abluftentsorgung sei eine Filteranlage vorzuschreiben. Gut bewachsener Baum- und Strauchbestand werde zerstört.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  iVm § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  Ge20—37-84-01-2007.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.      das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.      die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.      die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.      die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.      eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

 

Gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen ergibt, dass

 

1.      jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

 

2.      das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt, die elektrische Anschlussleistung der  zur  Verwendung  gelangenden  Maschinen  und  Geräte  300 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des   § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69 a) vermieden werden.

 

 

das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten, 4 Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; statt durch Hausanschlag kann das Projekt aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn bekannt gegeben werden; nach Ablauf der im Anschlag oder der persönlichen Verständigung angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn, die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage .... . Nachbarn (§ 75 Abs. 2) haben keine Parteistellung .... .

 

Wie der zitierten Gesetzesstelle zu entnehmen ist, ist somit im vereinfachten Verfahren bereits durch den Gesetzgeber ausdrücklich festgelegt, dass Nachbarn grundsätzlich keine Parteistellung genießen, sondern ihnen prinzipiell nur Anhörungsrechte zukommen. Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch in seinem Erkenntnis vom 3.3.2001, G 87/00, festgestellt, dass zwar einerseits dieser Ausschluss der Parteistellung der Nachbarn zum Vorliegen der materiellen Genehmigungsvoraussetzungen nicht verfassungswidrig ist, davon jedoch andererseits zu unterscheiden ist, dass den Nachbarn eine beschränkte Parteistellung hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens überhaupt vorliegen, zukommt. Diese beschränkte Parteistellung ergibt sich aus einer gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 359b Abs.1 der GewO.

 

Aus dieser beschränkten Parteistellung der Nachbarn hinsichtlich der Frage der Überprüfung der Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens ergibt sich jedenfalls die Verpflichtung der Behörde, die diesbezüglichen Parteienrechte der Nachbarn zu wahren und ihnen Gelegenheit zur Geltendmachung der entsprechenden rechtlichen Interessen zu geben.

 

Gemäß § 359b Abs.2 GewO 1994 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit durch Verordnung Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs.1 zu unterziehen sind, weil auf Grund der vorgesehenen Ausführung der Anlagen (insbesondere der Beschaffenheit und Wirkungsweise der Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, der elektrischen Anschlussleistung der eingesetzten Maschinen und Geräte, der Betriebsweise, der räumlichen Ausdehnung der Anlage, der Art und Menge der in der Anlage gelagerten, geleiteten, umgeschlagenen, verwendeten oder hergestellten Stoffe) nach Art, Ausmaß und Dauer der Emissionen dieser Anlagen zu erwarten ist, dass die gemäß § 74 Abs.2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden.

 

Gemäß § 1 Z 1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Verfahrens zu unterziehen sind (BGBl. Nr. 850/1994, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 19/1999) sind Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs.1 Z2 bis 4 GewO 1994, in denen bis zu 200 Verabreichungsplätze bereit gestellt werden und in denen weder musiziert noch, zB mit einem Tonbandgerät, Musik wiedergegeben (nicht unter dieses Musizieren bzw. Wiedergeben von Musik fällt bloße Hintergrundmusik, die leiser ist als der übliche Gesprächston der Gäste) wird, dem vereinfachten Verfahren gemäß § 359b Abs.1 GewO 1994 zu unterziehen.

 

Gemäß § 112 Abs.3 GewO 1994 idgF dürfen Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, jedenfalls von 8.00 Uhr bis 23.00 Uhr betrieben werden, wenn sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen, lautes Sprechen, Singen und Musizieren in ihnen vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind. Gastgärten, die sich weder auf öffentlichem Grund befinden, noch an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, dürfen jedenfalls von 9.00 Uhr bis 22.00 Uhr betrieben werden, wenn sie die Voraussetzungen des ersten Satzes erfüllen. Die Gemeinde kann mit Verordnung abweichende Regelungen betreffend die Gewerbeausübung in Gastgärten für solche Gebiete festlegen, die insbesondere wegen ihrer Flächenwidmung, ihrer Verbauungsdichte, der in ihnen bestehenden Bedürfnisse iSd § 113 Abs.1 und ihrer öffentlichen Einrichtungen, wie Krankenhäuser, Altersheime, Bahnhöfe, Theater, Sportplätze und Parks, diese Sonderregelung rechtfertigen.

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen, wenn der vorliegende Sachverhalt mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Die Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde hat ergeben, dass dem gegenständlichen Verfahren der Antrag der M H um Erteilung der gewerberechtlichen Bewilligung für den Neubau einer Jausenhütte mit Leergutlager in S auf Gst. Nr.  der KG.  S vom 1. März 2006 zu Grunde liegt. Das Ansuchen langte somit eindeutig nach Inkrafttreten der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten BGBl. II Nr. 19/1999,  mit welcher Anlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Verfahren gemäß § 359b Abs.1 GewO 1994 zu unterziehen sind, bei der Behörde ein. Bereits an dieser Stelle ist klar zu stellen, dass die oben zitierte und im Verfahren angewandte Verordnung BGBl. Nr. 850/1994 idF BGBl. II Nr. 19/1999 dem Rechtsbestand angehört und durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 2004, G 124/03, V 86/03-10, nicht behoben wurde.

 

Im Verfahren wurde durch Vorprüfung der Projektsunterlagen zweifelsfrei und unbestritten festgestellt, dass das Projekt unter Bezugnahme auf § 1 Z1 der oben zitierten Verordnung dem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 359b Abs.1 zu unterziehen ist. Im Rahmen der durchgeführten mündlichen Verhandlung zum gegenständlichen Vorhaben wurde zwar grundsätzlich eine Einzelfallprüfung über die Auswirkungen des Projektes zB gegenüber Anrainer vorgenommen. Der Verhandlungsschrift vom 18. April 2006 ist jedoch in Bezug auf die Auswirkungen des Gastgartens und den damit beantragten Betriebszeiten bis 24.00 Uhr zu entnehmen, dass betriebsbedingte Schallimmissionen bei den nächstgelegenen Wohnobjekten im Wesentlichen durch den Gastgartenbetrieb verursacht werden und somit gegenüber den Ereignissen im Gastraum dominant seien. Nach Rücksprache des beigezogenen Sachverständigen mit dem Verhandlungsleiter wurde jedoch auf eine schalltechnische Beurteilung des Gastgartens im Verfahren "auf Grund der Rechtslage" nach der Gewerbeordnung verzichtet. Im bekämpften Bescheid führte die belangte Behörde hiezu lediglich aus, dass für den Betrieb des Gastgarten auf die gesetzlichen Bestimmungen im § 112 Abs.3 GewO 1994 sowie auf die Verordnung der Marktgemeinde S, die Betriebszeiten für Gastgärten auf und entlang öffentlicher Verkehrsflächen mit 24.00 Uhr festlegt, hingewiesen werde.

 

Eine Einzelfallbeurteilung der Emissionssituation, hervorgerufen durch den beantragten und projektsgegenständlichen Gastgarten, ist somit nicht erfolgt. Dies offensichtlich auf Grund einer bereits überholten Judikatur zu § 112 Abs.3 GewO, vormals § 148 Abs.1 leg.cit. und zu Unrecht:

§ 112 Abs.3 GewO (vormals § 148 Abs.1) biete keine Betriebszeitengarantie für Gastgärten. Die zitierte Bestimmung bietet keine Rechtsgrundlage für den Betrieb eines genehmigungspflichtigen, aber nicht genehmigten Gastgartens (VwGH 21. Mai 1996, Zl. 95/04/0219). § 112 Abs.3 GewO 1994 regelt die Gewerbeausübung in Gastgärten. Wie der Verwaltungsgerichtshof, auch unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes wiederholt dargelegt hat, ist auch ein dem § 148 Abs.1 GewO 1994 (jetzt: § 112 Abs.3) zu unterstellender Gastgartenbetrieb unter den Voraussetzungen des § 74 GewO 1994 genehmigungspflichtig und daher gemäß § 77 Abs.1 leg.cit. "erforderlichenfalls" – wenn auch nicht hinsichtlich der durch § 148 Abs.1 GewO 1994 festgelegten Betriebszeiten – unter Auflagen zu genehmigen. Das bedeutet - auch unter Bedachtnahme auf die bereits vorliegende Judikatur der Unabhängigen Verwaltungssenate – dass der Betrieb eines solchen Gastgartens nur genehmigt werden kann, wenn durch die gleichzeitige Vorschreibung allenfalls erforderlicher Auflagen sichergestellt ist, dass ausgehend von den im Gesetz festgelegten Betriebszeiten die im § 74 Abs.2 Z1–5 GewO 1994 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstige nachteilige Einwirkungen vermieden werden können (UVS Oberösterreich vom 21.10.2003, VwSen-530031/2; UVS Steiermark vom 23.03.2005, GZ. 43.19-31/2004). Auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind somit die von einem dem § 112 Abs.3 unterliegenden Gastgarten ausgehenden auf die Nachbarn einwirkenden Lärmimmissionen im Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen und erforderlichenfalls Auflagen zur Erreichung der sich aus § 74 Abs.2 ergebenden Schutzzwecke vorzuschreiben (VwGH 17. März 1998, 96/04/0078)

 

Dieser Judikatur hat sich offensichtlich auch der Gesetzgeber in der Gewerberechtsreform von 2002 insofern angeschlossen, als der mit der Novelle 1998 dem damaligen § 148 Abs.1 angefügte letzte Satz „Im Rahmen eines Verfahrens zur Genehmigung einer Betriebsanlage oder ihrer Änderung, das sich auch oder nur auf einen Gastgarten erstreckt, der die Voraussetzungen des ersten oder zweiten Satzes erfüllt, dürfen ihn Ansehung des Gastgartens keine Auflagen für den Lärmschutz vorgeschrieben werden und ist auch die Versagung der Genehmigung dieses Gastgartens auf Gründen des mit seinem Betrieb ursächlich im Zusammenhang stehenden Lärms unzulässig“ in die entsprechende Nachfolgeregelung des § 112 Abs.3 nicht übernommen wurde. Der AB 1998 führt hiezu aus, dass dieser Satz als eine dem Sinn und der Zielsetzung des § 148 entsprechende ausdrückliche Klarstellung in das Gesetz aufgenommen wird, um allfällige Vollzugsschwierigkeiten hintan zu halten. Die Gewerberechtsform 2002 hat eben diesen Satz des § 148 Abs.1 in die Nachfolgeregelung des § 112 Abs.3 nicht übernommen. Obgleich seinerzeit nach dem zitierten Ausschlussbericht 1998 nur als Klarstellung dienend, darf bezweifelt werden, dass der Entfall dieses Satzes noch zur Interpretation des verbleibenden Textes des § 112 Abs.3 erster und zweiter Satz berechtigt, dass im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren hinsichtlich Lärmschutz (auch) für den der Betriebszeitengarantie unterliegenden Zeitraum keinerlei Auflagen vorgeschrieben werden dürfen (siehe Grabler-Stolzlechner-Wendl, Gewerbeordnung, Kommentar, 2. Auflage, SpringerVerlag, § 112 Abs.3 Rz25).

 

Die Erstbehörde hat zwar über das dem Verfahren zu Grunde liegende Ansuchen um Genehmigung der Betriebsanlage mit Gastgarten eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Berufungswerber haben in diesem Zusammenhang auch Einwendungen, einerseits in Bezug auf die Anwendbarkeit des vereinfachten Verfahrens, andererseits auch wegen befürchteter Lärmemissionen u.a. vorgebracht.

 

Im Verfahren liegen jedoch weder lärmtechnische Projektsunterlagen der Konsenswerberin, noch entsprechende Ermittlungsergebnisse im Wege des Amtssachverständigendienstes, welche jedoch nur über Auftrag der Behörde zum entsprechenden Beweisthema gutachtlich erstellt werden, auf bzw. diesem zu Grunde. Die belangte Behörde hat somit,  wie der Verhandlungsschrift eindeutig zu entnehmen ist, kein Ermittlungsverfahren über die von der, zum Verfahrensgegenstand zugehörigen, Gastgartenfläche ausgehenden und auf die Nachbarn einwirkenden Emissionen wie zB Lärm etc, durchgeführt.

 

Die Vervollständigung der erforderlichen Einzelfallbeurteilung in Bezug auf Lärm würde bedeuten, dass der Konsenswerber zunächst als Projektsunterlage im Grunde des § 353 Z.2 lit.a GewO 1994 die für die Beurteilung des Projekts und der zu erwartenden Emissionen der Anlage im Ermittlungsverfahren erforderlichen Unterlagen bzw. Angaben vorzulegen hat. Darauf basierend wäre die Feststellung des Ist-Zustandes und darauf aufbauend die Beurteilung der zu erwartenden zusätzlichen Emissionen in Bezug auf die Nachbarn, nach Art und Ausmaß, erforderlich. In der Folge wäre es, soweit erforderlich, aufbauend auf der lärmtechnischen Begutachtung, Aufgabe des medizinischen Amtsachverständigen festzustellen, wie sich allenfalls zusätzlich zu erwartende Emissionen auf die Nachbarn auswirken, um der Behörde eine Grundlage für die im Rechtsbereich zu beantwortende Frage zu bieten, ob durch Emissionen Nachbarn in ihrer Gesundheit gefährdet oder unzumutbar belästigt werden. Wenngleich auch im vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren gemäß § 359b GewO 1994 eine mündliche Verhandlung mit Beiziehung sämtlicher Parteien nicht zwingend vorgesehen ist, erachtete bereits die Erstbehörde eine solche offensichtlich als erforderlich, einerseits um Parteienstellungnahmen einzuholen, andererseits um Sachverhaltsfragen zu klären und Sachverständigengutachten beizuschaffen.

 

Ob nun die beantragte Genehmigung zum Betrieb der Gesamtbetriebsanlage inkl. Gastgarten im gegenständlichen Verfahren im Hinblick auf die zu schützenden Nachbarinteressen des § 74 Abs.2 Z1 bis 5 GewO 1994 allenfalls unter Vorschreibung von Auflagen und Beachtung der vollständigen Projektsunterlagen zu genehmigen ist, kann von der Berufungsbehörde nicht auf Grund der vorliegenden Aktenlage entschieden werden, weil dem Oö. Verwaltungssenat im erstinstanzlichen Verfahren beizuschaffende Sachverhaltsgrundlagen und Ermittlungsergebnisse nicht vorliegen und somit wesentliche Umstände zu ergänzen sind. Für deren Feststellung hält der Unabhängige Verwaltungssenat zumindest eine Verhandlung mit Sachverständigenbeweis für unvermeidlich im Sinne des § 66 Abs.2 AVG.

 

Das ergänzend durchzuführende Ermittlungsverfahren sollte auch zum Anlass genommen werden, weitere Berufungsinhalte, wie den angesprochenen Widerspruch in Bezug auf die Betankung des Gastankes auf Privatgrund, den Abstand von 2 m zum vorbeiführenden Geh- und Radweg, die allfällig erforderliche Filteranlage für die Abluftentsorgung zumindest ergänzend zu behandeln und diesbezüglich eindeutige Klarstellungen zu treffen. Dem Berufungsvorbringen in Bezug auf Auflagepunkt 5. wäre jedenfalls zu folgen und diese Auflage entsprechend eindeutig zu konkretisieren.

 

Abschließend wird zur oben diskutierten Gastgartenproblematik auf die jüngste Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen: (12. September 2007, 2007/04/0100, 27. Juni 2007, 2007/04/0111).

 

Insgesamt war daher auf Grund der dargelegten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

Beschlagwortung:

Gastgarten – Einzelfallprüfung, § 359b GewO

 

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