Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521772/5/Ki/Da

Linz, 22.11.2007

 

 

 

                                                          E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn K S, L, A, vom 31.10.2007 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 29.10.2007, AZ: FE-1039/2007, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und weiterer Anordnungen bzw. Maßnahmen zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen sowie die Aberkennung des Rechtes von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen auf 4 Monate, gerechnet ab 9.9.2007, festgesetzt wird. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und § 67a AVG iVm  §§ 7, 24, 25, 29, 30 und 32 FSG; § 64 Abs.2 AVG

 

 

                                                     Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 5.10.2007, AZ: FE-1039/2007, hat die Bundespolizeidirektion Linz dem Berufungswerber u.a. die von der BPD Linz, am 11.10.2006, unter Zl. 06409316, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 7 Monaten gerechnet ab 9.9.2007 entzogen, ihm ausdrücklich das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer von 7 Monaten gerechnet ab Zustellung ab 9.9.2007 verboten, angeordnet, der Führerschein sei unverzüglich der Behörde abzuliefern, die Absolvierung einer Nachschulung des Kurstyps Nachschulung für alkoholauffällige Lenker angeordnet sowie das Recht von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen aberkannt. Ein weiterer Spruchpunkt (Entziehung des Taxilenkerausweises) ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

 

Nach einer gegen diesen Mandatsbescheid erhobenen Vorstellung vom 22.10.2007 hat die Bundespolizeidirektion Linz den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen.

 

Spruchgemäß wurde gem. § 24 Abs.1 FSG der Mandatsbescheid vollinhaltlich bestätigt und es wurde weiters gem. § 64 Abs.2 AVG einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Hinsichtlich Entziehung des Taxilenkerausweises wurde im angefochtenen Bescheid weder im Spruch noch in der Begründung eine Erwähnung gemacht, weshalb die erkennende Berufungsbehörde davon ausgeht, dass dieser Sachverhalt nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides und damit des nunmehr zu führenden Berufungsverfahrens ist.

 

2. Der Rechtsmittelwerber hat gegen den zitierten Bescheid mit Schreiben vom 31.10.2007 berufen und über Verbesserungsauftrag durch die erkennende Berufungsbehörde diese Berufung mit Schreiben vom 16.11.2007 dahingehend ergänzt, dass eine Begründung nachgereicht wurde. Angestrebt wird eine Herabsetzung der Führerscheinentzugsdauer.

 

Diese Berufung wurde von der Bundespolizeidirektion Linz dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, der hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3. Begründend führte die Bundespolizeidirektion Linz aus, dass der Berufungswerber nach einer Anzeige vom 9.9.2007 an diesem Tag um 13: 35 Uhr einen nach dem Kennzeichen benannten PKW in Linz auf der Industriezeile Nr. 78 auf dem Gelände der BP-Tankstelle in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand lenkte. Dabei habe er einen Verkehrsunfall verursacht, wodurch beide unfallbeteiligte PKW beschädigt worden wären. Danach habe er, nach einer kurzen Debatte mit dem Zweitbeteiligten die Unfallstelle verlassen, ohne diesem seinen Namen und seine Anschrift bekannt zu geben.

 

Der Rechtsmittelwerber habe Polizeibeamten gegenüber einen Alkoholkonsum von 1/4 l Weißwein gespritzt und 1 "Martin" noch vor der Unfallaufnahme angegeben, was einen verbotenen Nachtrunk darstelle. Ein durchgeführter Atemluftalkoholtest habe einen Atemluftalkoholgehalt von 0,86 mg/l ergeben, eine Rückrechnung auf den Unfallzeitpunkt mittels medizinischen Sachverständigengutachtens durch den Amtsarzt habe unter Berücksichtigung des angegebenen Nachtrunkes letztendlich einen Alkoholisierungsgrund von 0,68 mg/l ergeben.

 

Bei der Wertung der Tatsachen habe zudem berücksichtigt werden müssen, dass der Berufungswerber einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht, er die daran knüpfenden Pflichten nach § 4 StVO nicht eingehalten, er vor der polizeilichen Unfallaufnahme Alkohol konsumiert und somit den Tatbestand eines verbotenen Nachtrunkes gesetzt habe.

 

In der Berufungsbegründung argumentiert der Rechtsmittelwerber, er sei damals der Meinung gewesen, dass sich das Interspargelände sowie die Tankstelle auf Privatgrund befindet und habe seinen PKW in genau diesem Gelände von der Tankstelle zu seinem Garten unter die Derfflingerbrücke gelenkt, es habe sich dabei um eine Wegstrecke von 100 m gehandelt. Bei der Ausfahrt der Tankstelle sei ihm sein Kontrahent (namentlich genannt) mit seinem PKW entgegen gekommen. Beide seien in Schrittgeschwindigkeit gefahren und zum Stillstand gekommen. Der Kontrahent habe behauptet, dass dessen Fahrzeug leicht beschädigt wurde. Der Berufungswerber sei ebenfalls aus dem PKW ausgestiegen, habe keinen Schaden feststellen können, weshalb er dem Unfallgegner erklärte, dass er in seine Gartenhütte fahren würde. Es sei eine telefonische Rücksprache vereinbart worden und da der Gegner augenscheinlich zustimmte, habe er den Tatort verlassen. Er sei der Meinung, keine Fahrerflucht begangen zu haben, da seine Identität ja bekannt gewesen sei. Auch habe er sich auf dieser kurzen Wegstrecke fahrtauglich gefühlt, er habe mit Sicherheit niemanden gefährdet oder behindert, weshalb ihm eine Entzugsdauer von 7 Monaten als zu hoch bemessen erscheine. Er sei seit dem Jahre 1975 im Besitz einer Lenkberechtigung und noch nie wegen einer Übertretung zur Anzeige gebracht worden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

Laut Anzeige des Stadtpolizeikommandos Linz (Verkehrsinspektion) vom 9.9.2007 verursachte der Berufungswerber am 9.9.2007 um 13:35 Uhr in Linz, Industriezeile 78, einen Verkehrsunfall mit Sachschaden und Fahrerflucht. Auf Grund von Symptomen sei ein Alkotest durchgeführt worden. Das Messergebnis habe bei der 1. Messung 0,87 mg/l und bei der 2. Messung 0,86 mg/l betragen. Bei der Erstbefragung habe der Berufungswerber angegeben, er habe vor dem Verkehrsunfall 2 1/4 l Rotwein gespritzt und 1 Halbe getrunken, nach dem Verkehrsunfall habe er sich in seine Gartenhütte begeben und 1/4 l Weißwein gespritzt und 1 Martini getrunken.

 

Eine Rückrechnung des Ergebnisses des Alkotests auf den tatsächlichen Lenkzeitpunkt durch einen medizinischen Sachverständigen ergab letztlich einen relevanten Wert von 0,68 mg/l Atemluftalkoholgehalt.

 

Offensichtlich handelt es sich im vorliegenden Fall um eine erstmalige Übertretung der Alkoholbestimmungen der StVO 1960.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Eine der Voraussetzungen des § 3 Abs.1 FSG ist, dass der Lenker eines Kraftfahrzeuges verkehrszuverlässig sein muss.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit. insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs.3 Z14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

 

Gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 872 Euro bis 4.360 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 10 Tagen bis sechs Wochen zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

 

Unbestritten hat Herr S den als bestimmte Tatsache festgestellten Sachverhalt verwirklicht, indem er am 9.9.2007 einen PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,68 mg/l Atemluftalkoholgehalt bzw. 1,36 Promille Blutalkoholgehalt) auf einer öffentlichen Verkehrsfläche gelenkt hat. Es ist somit vom Vorliegen einer die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierenden bestimmten Tatsache iSd § 7 Abs.1 iVm § 7 Abs.3 FSG auszugehen.

 

Was die gemäß § 7 Abs.4 FSG vorzunehmende Wertung dieser bestimmten Tatsache betrifft, so wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff ist. Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Person, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend analysiert und gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen.

 

Die Begehung von Alkoholdelikten ist grundsätzlich schon für sich alleine in hohem Maße verwerflich und es muss festgestellt werden, dass alkoholbeeinträchtigte Lenker eine potentielle Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs darstellen, weil diese Lenker in Folge ihrer herabgesetzten Konzentrations-, Beobachtungs- und Reaktionsfähigkeit nicht in der Lage sind, die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen zufriedenstellend auszuüben.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz hat im Rahmen der Wertung auch berücksichtigt, dass der Berufungswerber an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt war und er gegen § 4 StVO 1960 verstoßen hat. Dazu wird festgestellt, dass die Verursachung bzw. das Verschulden eines Verkehrsunfalls die aus der Begehung des erstmaligen Alkoholdeliktes hervorgehende Sinnesart nicht unbedingt schwerer ins Gewicht fallend erscheinen lässt. Jedenfalls kann dem Gesetz ein solcher Umstand nicht entnommen werden. Andererseits geht aus den gesetzlichen Bestimmungen aber auch nicht hervor, dass in jedem Fall mit der gesetzlichen Mindestentzugsdauer das Auslangen gefunden werden kann.

 

Wenn auch die Verursachung bzw. das Verschulden an einem Verkehrsunfall nicht schlechthin auf eine negative Gesinnung schließen lassen, so muss doch in Betracht gezogen werden, dass die Nichteinhaltung der Bestimmungen des § 4 StVO 1960 im Rahmen einer Prognose für die betreffende Person belastend zu werten sind. Insbesondere ist im vorliegenden Falle zu bedenken, dass der Rechtsmittelwerber nach dem Verkehrsunfall Alkohol zu sich genommen hat und so letztlich die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erschwert hat.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet daher, dass im vorliegenden konkreten Falle zwar nicht mit der gesetzlichen Mindestentzugsdauer das Auslangen gefunden werden kann, dass jedoch erwartet werden kann, dass nach der nunmehr festgelegten Entziehungsdauer von 4 Monaten die Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers wieder hergestellt ist. Dementsprechend konnte der Berufung teilweise Folge gegeben werden.

 

5.2. In Anbetracht der unter Punkt 5.1. dargelegten Umstände war dementsprechend auch die Dauer der Aberkennung des Rechts, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen sowie das Verbot gem. § 32 FSG entsprechend zu reduzieren.

 

Die Anordnung der Nachschulung für alkoholauffällige Lenker erfolgte zwingend in Befolgung der gesetzlichen Bestimmung (§ 24 Abs.3 FSG), ebenso die Anordnung, dass der Führerschein unverzüglich der Behörde abzuliefern sei (§ 29 Abs.3 FSG).

 

5.3. Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung (einer Berufung) ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentliches Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzugs der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer geboten (VwGH 89/11/0252 vom 20.2.1990 u.a.).

 

 

                                                        Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                                    Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

                                                                Mag. K i s c h

 

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