Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240614/2/BMa/Se

Linz, 27.12.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung der O V I, L, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 14. Mai 2007, SanRB96-124-2006, wegen einer Berufung gegen die Strafhöhe zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die nach dem Geschlechtskrankheitengesetz verhängte Geldstrafe auf 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) und die nach dem AIDS-Gesetz verhängte Geldstrafe auf 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Stunden) reduziert wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass das im Spruch ersichtliche Datum "23.12.2007" durch "23.12.2006" ersetzt wird.

 

II.                  Die Kosten für das Verwaltungsverfahren vor der belangten Behörde reduzieren sich auf insgesamt 13 Euro. Für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz  1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw)

1. eine Geldstrafe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) gemäß § 12 Abs.2 Geschlechtskrankheitengesetz wegen einer Übertretung der §§ 1 und 7 der Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, BGBl. Nr. 314/1974 idF BGBl. Nr. 591/1993 iVm § 12 Abs.2 Geschlechtskrankheitengesetz, StGBl. Nr. 152/1945 idF BGBl. Nr. 98/2001 und

2. eine Geldstrafe von 145 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Stunden) gemäß § 9 Abs.1 Z2 AIDS-Gesetz wegen Übertretung der §§ 4 Abs.2 iVm 9 Abs.1 Z2 AIDS-Gesetz, BGBl. Nr. 728/1993 idF BGBl. I Nr. 98/2001 verhängt, weil sie, wie anlässlich einer polizeilichen Kontrolle am 23.12.2006 zwischen 23.40 Uhr und 23.55 Uhr im Bordell "H", L, durch Beamte der Polizeiinspektion L dienstlich festgestellt worden sei, an dieser Örtlichkeit seit jedenfalls 16. Dezember 2006 bis 23. Dezember 2007, 23.00 Uhr, der Prostitution nachgegangen sei und damit gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper geduldet bzw. solche an anderen vorgenommen habe, ohne sich

1. vor Beginn dieser Tätigkeit sowie regelmäßig im Abstand einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten unterzogen zu haben und

2. vor Beginn dieser Tätigkeit sowie periodisch wiederkehrend, mindestens jedoch im Abstand von 3 Monaten einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion unterzogen zu haben.

 

1.2. Begründend wurde zur Strafbemessung im Wesentlichen ausgeführt, die Intention des Geschlechtskrankheitengesetzes bzw. der aus diesem abgeleiteten Verordnungen, ebenso jene des AIDS-Gesetzes sei es, die durch Prostitution entstehenden gesundheitlichen Risiken für Kunden und Prostituierte durch Früherkennung möglichst gering zu halten und insbesondere die weitere Verbreitung solcher Krankheiten zu verhindern. Dazu würden entsprechende amtsärztliche Untersuchungen vor Beginn der Tätigkeit dienen. Weil diesem Erfordernis nicht vollständig nachgekommen worden sei, handle es sich um eine wesentliche Verletzung des gesetzlich geforderten Standards bzw. der zu schützenden Interessen.

 

Für die vorgeworfene Übertretung nach dem AIDS-Gesetz gelte das sinngemäß Gleiche. Einschlägige Vormerkungen würden keine vorliegen, dies sei mildernd berücksichtigt worden. Die vorgenommene ärztliche Untersuchung nach dem Geschlechtskrankheitengesetz habe nicht mildernd gewertet werden können, da diese nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erfolgt sei. Eine Untersuchung nach dem AIDS-Gesetz sei überhaupt nicht durchgeführt worden.

Die Übertretung sei vorsätzlich begangen worden, dies ergebe sich aus der Stellungnahme der Bw, den wiederholten Kontrollen (bei denen regelmäßig die gesetzliche Lage angesprochen worden sei) sowie dem Umstand, dass sie sich als einschlägig Erwerbstätige vor Beginn der Tätigkeit mit den gesetzlichen Erfordernissen auseinandersetzen hätten müssen. Sie habe aus der vorangegangenen Übertretung keine Konsequenzen gezogen, weil es sich im gegenständlichen Fall um eine Zweitanzeige innerhalb einer Woche handle.

Zu ihren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen habe die Bw keine Angaben gemacht, es sei daher auf die im Zuge der Anzeigenerstattung erhobenen Daten zurückgegriffen und angenommen worden, sie sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Es sei davon ausgegangen worden, dass sie kein Vermögen habe und das monatliche Nettoeinkommen aus der Prostitutionstätigkeit jedenfalls 3.000 Euro betrage. Die im Spruch genannten Strafbeträge seien nach Ansicht der Behörde unbedingt erforderlich und auch ausreichend, die Bw von weiteren gleichartigen Übertretungen abzuhalten.

 

1.3. Dieses Straferkenntnis wurde der Bw am 2. Juni 2007 persönlich übergeben. Mit Mail vom 5. Juni 2007 erhob die Bw in englischer Sprache unter Angabe einiger Worte in deutscher Sprache "Einspruch" gegen das Erkenntnis. Dieses als Berufung zu wertende Rechtsmittel wurde am 8. Juni 2007 in deutscher Sprache nochmals per Mail – und damit rechtzeitig – eingebracht.

 

1.4. Mit der als "Einspruch" betitelten Berufung hat die Rechtsmittelwerberin vorgebracht, sie habe vor einigen Tagen einen negativen Bluttest zur Behörde gebracht. Sie habe auch ihre "Doktorzettel" (gemeint die ärztlichen Bestätigungen über Untersuchungen) bei den Kontrollen am 16. und 23. Dezember gehabt und diese Papiere seien der Behörde zur Kenntnis gebracht worden. Sie habe nur leider keinen Stempel im Buch gehabt, weil sie sich damals noch nicht so gut ausgekannt habe, wie das mit dem Buch funktioniere. Sie ersuche ihre Strafe auf 2 mal 36 Euro zu reduzieren. Das Geschäft sei derzeit sehr schlecht für schwarze Mädchen.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bezirkshauptmannes von Linz-Land zu SanRB96-124-2006. Da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet, konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

 

3. Aufgrund der Aktenlage steht folgender Sachverhalt, der für die Strafhöhe maßgeblich ist, fest:

 

3.1. Mangels entsprechender Aufzeichnungen im Vorlageakt ist von der absoluten verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit der Bw auszugehen. Entgegen dem von der belangten Behörde angenommenen Verschuldensgrad von vorsätzlichem Handeln ist im konkreten Fall von Fahrlässigkeit auszugehen, weil die Bw glaubhaft vorgebracht und diese Behauptung auch belegt hat, sie habe sowohl Untersuchungen nach dem AIDS- wie auch nach dem Geschlechtskrankheitengesetz durchgeführt, diese aber nicht in ihrem Gesundheitsbuch eintragen lassen, weil sie sich mit diesem Buch nicht ausgekannt hat.

 

Ein mit 21. Dezember 2006 datiertes Untersuchungsergebnis, wonach die "Lues-Serologie" und die HIV-Serologie jeweils negativ waren, liegt im Akt ein.

 

Negative Folgen der Unterlassung der Untersuchungen sind keine zutage getreten.

 

3.2. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

In ihrer Berufung wendet sich die Bw gegen die Strafhöhe und ersucht, die Strafe auf 2x 36 Euro zu reduzieren.

 

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Zitierung der relevanten Rechtsvorschriften auf jene im bekämpften Bescheid verwiesen.

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folge nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

Hinsichtlich der verhängten Strafe ist die Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafzumessungskriterien des § 19 vorzunehmen hat. Die Behörde erster Instanz hat bei der Strafbemessung eine Schätzung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse vorgenommen, die auch diesem Erkenntnis zu Grunde gelegt wird, weil die Bw kein konkretes Vorbringen dagegen erstattet hat. Sie hat lediglich angegeben, das Geschäft sei derzeit sehr schlecht für schwarze Mädchen.

 

Die Bw hat sich zwar den nötigen Untersuchungen unterzogen, diese jedoch nicht in ihr Gesundheitsbuch eintragen lassen. Bei ihrer Ermessensentscheidung hat die erstinstanzliche Strafbehörde außer Acht gelassen, dass die Nichteintragung der Untersuchungen in das Gesundheitsbuch keine negativen Folgen nach sich gezogen hat.

Im Hinblick auf den geringen Verschuldensgrad und der Folgenlosigkeit der Straftaten konnte die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen auf die nunmehrige Höhe vorgenommen werden. Der Oö. Verwaltungssenat hält die nunmehr verhängten Geldstrafen für ausreichend, um die Bw in Hinkunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Eine weitere Herabsetzung einer der beiden Strafen auf 36 Euro, wie von der Bw beantragt, war aus generalpräventiven Überlegungen abzulehnen. Dies gilt auch für den Fall, dass die Bw mit der Formulierung "ich ersuche sie, meine Strafe auf 2x 36 Euro zu reduzieren", eine Herabsetzung der Strafe auf insgesamt 36 Euro für beide Spruchpunkte des bekämpften Bescheides beantragen wollte, hatte sie doch gegen 2 Bescheide mit jeweils 2 Spruchpunkten gleichzeitig berufen.

Eine Anpassung der Ersatzfreiheitsstrafe prozentuell an die Strafbemessung der Geldstrafe konnte wegen des Verbots der reformatio in peius ( § 51 Abs. 6 VStG) hinsichtlich des Geschlechtskrankheitengesetzes nicht erfolgen, war doch die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe nicht in Relation zur verhängten Geldstrafe festgesetzt, sondern sehr milde bemessen, sodass die verhängten 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe auch noch nicht in Relation zur herabgesetzten Geldstrafe stehend sind. 

 

Eine Berichtigung des Datums im Spruch konnte erfolgen, weil es sich hiebei offensichtlich lediglich um einen Schreibfehler gehandelt hat. Dies ergibt sich auch aus der Begründung des bekämpften Bescheides und den vorangegangenen Verwaltungshandlungen, der Strafverfügung vom 28. Dezember 2006 und der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16. Jänner 2007.

 

4. Gemäß § 64 Abs.2 VStG waren die Kosten für das Verfahren vor der Behörde erster Instanz mit 10% der verhängten Geldstrafe, das sind 5 Euro für den ersten und 8 Euro für den zweiten Spruchpunkt, zu bemessen. Für das Berufungsverfahren war kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gerda Bergmayr-Mann

 

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