Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521816/2/Bi/Se

Linz, 08.01.2008

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn C R, W, vom 22. November 2007 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 31. Oktober 2007, VerkR21-895-2006, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und Anordnung der unverzüglichen Ablieferung des Führerscheins nach Rechtskraft des Bescheides, zu Recht erkannt:

 

 

      Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) die von der BH Vöcklabruck am 16. September 2002, VerkR20, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 24 Abs.1, 25 Abs.1, 26, 7 Abs.3 und 7 Abs.1 Z2 FSG für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen und gemäß § 29 Abs.3 FSG die unverzügliche Ablieferung des Führerscheins nach Rechtskraft des Bescheides angeordnet.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 16. November 2007.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz  AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei seit 17. September 2007 bei der B P S GmbH in W als Maschinenschlosser ange­stellt. Ein Entzug der Lenkberechtigung hätte die Beendigung dieses Dienstver­hältnisses zur Folge. Er sei erleichtert, dass ihm diese Chance gegeben worden sei, wieder Fuß zu fassen. Er habe sich bei seinen Freigängen und nach der Entlassung (er sei 9 Monate gesessen) in die seriöse Obhut seines Onkels und Taufpaten begeben, weil seine Eltern geschieden seien. Er habe seine Freizeit auch bei dessen Familie verbracht. Sein Onkel habe einen Zeltverleih und er helfe bei diversen Arbei­ten – das wurde von E R, dem Onkel des Bw, bestätigt. Auch der Arbeitsvertrag wurde vorge­legt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 8. März 2007, 25 Hv 4/07 s, wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils ver­suchten gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch gemäß §§  127, 128 Abs.2, 129 Z1 und 2, 130 1., 3. und 4. Fall und 15 Abs.1 StGB, teils als Beteiligter nach §12 3. Fall (in 40 Fällen, Tatzeitraum 2004 bis zuletzt 11. November 2005) sowie wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs.1 und 2 StGB (Herbst 2005) und wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs.1 StGB (Oktober 2005) zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, davon 10 Monate unbedingt, unter Anrechnung der Vorhaft vom 25.10.2006 bis 8.3.2007, verurteilt wurde. Der Rest der unbedingten Freiheitsstrafe wurde mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 16. Juli 2007 bedingt (Probezeit drei Jahre) nachgesehen.

Laut Urteilsbegründung ist der 1984 geborene Bw insofern gerichtlich vorbestraft, als er mit Urteil des LG Wels vom 13. Dezember 2005, 15 HV 178/2005B, wegen § 164 Abs.1, 2 und 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt wurde.  ­

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht
mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrs­sicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ... Z2 sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken eines Kraftfahrzeuges gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird. Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z10 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung ua gemäß § 131 StGB (räuberischer Diebstahl) oder eine dieser gleichzuhaltenden strafbare Handlung begangen hat.

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuver­lässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß §7 Abs.3 Z10 FSG gilt eine strafbare Handlung gemäß § 131 StGB (räuberischer Diebstahl: "Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betreten, Gewalt gegen eine Person anwendet oder sie mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben bedroht, um sich oder einem Dritten die weggenommene Sache zu erhalten, ist ... zu bestrafen.") als bestimmte Tatsache, wobei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch andere besondere Diebstähle dem in § 7 Abs.3 Z10 FSG genannten räuberischen Diebstahl an Unrechtsgehalt und Bedeutung gleichge­halten werden und daher eine bestimmte Tatsache gemäß Abs.3 darstellen können, nämlich als Ver­brechen qualifizierte wiederholte Einbruchs­dieb­stähle über einen langen Begehungs­zeitraum mit zahlreichen Diebstahlshand­lungen (vgl VwGH 11.4. 2000, 99/11/0328; uva).

Der Bw hat in insgesamt 40 Tathandlungen im Zeitraum von Frühjahr 2004 bis November 2005 durch Einbrüche in Fahrzeuge und Gebäude, Aufbrechen von Behältnissen, Fenstern, Garagentüren und Sperrvorrichtungen allein und zusammen mit Beteiligten gewerbsmäßig Diebstähle begangen (bzw dieses in 10 Fällen versucht), weshalb auch die im Urteil des Landesgerichtes Wels angeführten strafbaren Handlungen gemäß §§ 127, 128 Abs.2, 129 Z1 und 2, 130 1., 3. und 4. Fall und 15 Abs.1 StGB als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z10 FSG anzusehen sind. Dass die Begehung derartiger Delikte durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen typischer­weise erleichtert wird, besteht kein Zweifel.  

Die genannten bestimmten Tatsachen sind unter Berücksichtigung der Mindestent­ziehungsdauer gemäß § 25 Abs.3 FSG, das sind drei Monate, einer Wertung gemäß § 7 Abs.4 FSG zu unterziehen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der bei der 1984 geborene Bw zu einer großteils teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, von der er 9 Monate tatsächlich in Form der U-Haft absolviert hat. Ihm wurde die 2002 erworbene Lenkberechtigung bislang noch nie entzogen.

 

Im Hinblick auf die Einbruchsdiebstähle erstreckt sich der Tatzeitraum bis November 2005, dh die Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab diesem Zeitpunkt anzunehmen. Unter Zugrundelegung der Entziehungsdauer laut angefoch­tenem Bescheid wäre eine Verkehrsunzuverlässigkeit seit November 2005 gegeben und wäre nunmehr für weitere 6 Monate eine solche gegeben, dh beim Bw bestünde eine 32monatige Verkehrsunzuverlässigkeit, gerechnet ab Rechtskraft (Zustellung) der Berufungsent­scheidung. Da die Entziehungsdauer der vorzunehmenden Prognose entspricht, ab welchem Zeitpunkt wiederum ein Bestehen der Verkehrszuverlässigkeit anzunehmen ist, und der Bw offenbar nicht nur seine persönlichen Verhältnisse neu geordnet hat, sondern ihm auch die Chance einer beruflichen Sicherstellung mit einem geregelten Einkommen eröffnet wurde, wobei er auch erstmals eine Haftstrafe tatsächlich verbüßt hat und ihm dadurch die Konsequenzen seines strafbaren Handelns auf diese Weise deutlich vor Augen geführt wurden,  ist aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates doch eher eine weit positivere Zukunftsprognose insofern anzunehmen, als beim Bw mittlerweile die Verkehrszuverlässigkeit wieder besteht und eine Entziehung der Lenkberechtigung unterbleiben kann, zumal öffentlichen Interessen, ihn wegen Verkehrsunzuverlässigkeit von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen, nicht mehr begründbar sind (vgl VwGH 24.8.1999, 99/11/0166; uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

32 Monate Verkehrsunzuverlässigkeit wegen sehr positiver Zukunftsprognose nicht begründbar -> Aufhebung

 

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