Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-162885/6/Bi/Se

Linz, 07.03.2008

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau C P, S, vom 14. November 2007 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Steyr vom 25. Oktober 2007, S-ST/07, wegen Übertretungen der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 6. März 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

 

    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren in beiden Punkten ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 2 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§4 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 Geldstrafen von  1) und 2) je 100 Euro (50 Stunden EFS) verhängt, weil sie es am 19. September 2007, 18.40 Uhr, in Steyr, Pachergasse, als Lenkerin des Pkw   unter­lassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei 1) das von ihr ge­lenk­­te Fahrzeug sofort anzuhalten und 2) die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten unterblieben sei.

Gleichzeitig wurden ihr Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 20 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäfts­ver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 6. März 2008 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwe­sen­heit der Bw durchgeführt. Der Vertreter der Erstinstanz war entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie sei sich keiner Schuld bewusst, sie habe einen Unfall nicht bemerkt und halte ein Hinüberkommen auf den rechten Fahrstreifen durch sie für ausgeschlossen, weil sie sonst dem versetzt rechts beinahe schon neben ihr fahrenden Lkw hineingefahren wäre. Die Unfallgegnerin sei, als sie zu Hause angekommen sei, auf einmal da gewesen und habe sie lautstark aufgefordert eine Schulderklärung zu unterschreiben, ansonsten würde sie zur Polizei gehen. Die Daten seien unter Vorlage der Papiere ausgetauscht worden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die Bw gehört und die schriftlichen Ausführungen der Erstinstanz berücksichtigt wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die Bw lenkte am Vorfallstag ihren Pkw in Steyr auf der Pachergasse in Höhe Nr.3 bei Grünlicht der VLSA auf dem linken Fahrstreifen in Richtung Färbergasse; rechts vor ihr fuhr ein Lkw der Fa H, wobei sie fast schon auf Höhe dieses Lkw war. Ein rechts versetzt hinter oder neben ihr fahrender Pkw war ihr, wie bereits in erstinstanzlichen Verfahren, nicht in Erinnerung, allerdings konnte sie sich an einen "Schepperer" erinnern und dann seien die von ihr im Koffer­raum transportierten Blumentöpfe umgefallen – sie habe zu Hause lauter Scherben im Kofferraum vorgefunden. Sie meinte, über eine Unebenheit, insbesondere einen etwas tiefer liegenden Kanaldeckel, gefahren zu sein, von einem Anstoß habe sie nichts mitbe­kommen und war nach Hause gefahren. Dort stellte sie fest, dass die ihr unbekannte Zeugin S ihr offenbar nachge­fahren war, weil diese auf einmal da war und sie anschrie, sie sei an ihren Pkw angefahren. Die Zeugin verlangte von ihr eine schriftliche Erklärung eines Schuldeinge­ständnisse zu unterschreiben, was die Bw ablehnte, weil sie einen Verkehrsunfall nicht wahrgenommen habe. Nach Schadensfeststellung tauschten beide Frauen ihre Daten aus, wobei beide sich gegenseitig die Papiere aus­händigten – bereits in der Anzeige ist angeführt, dass die Zeugin S gegenüber dem Mel­dungs­leger am Telefon erklärt hatte, dass sie von der Bw  Namen, Adresse, Telefonnummer und Versicherungsdaten erhalten hatte. Die Bw erklärte in der Verhandlung, die Zeugin habe die Daten aus ihren Papieren abgeschrieben, die sie definitiv in der Hand gehabt habe. Die Zeugin habe ihr gegenüber erklärt, wenn sie die Schuldeingeständniserklärung nicht unter­schreibe, werde sie sie wegen Fahrerflucht anzeigen – das hat sie auch getan. Die Versicherung warte ab, diesbezüglich habe sie Forderungen geltend gemacht. Sie sei sich hinsichtlich Zustandekommen des Anstoßes keiner Schuld bewusst und habe den Schepperer auf das Umfallen der Tontöpfe aber nicht auf die Nähe zu einem anderen Pkw zurückgeführt.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfalls­ort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

Gemäß § 4 Abs.5 StVO haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, diese Personen die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Voraussetzung für die Anhalte- und Meldepflicht der lit.a und des Abs.5 ist als objektives Tatbestandsmerkmal der Eintritt eines Sachschadens und in objektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbe­stand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusst­sein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sach­schaden zu erkennen vermocht hätte (vgl VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417, uva).

 

Ein Sachschaden ist bei dem Vorfall insofern entstanden, als beim Pkw der Bw an der rechten hinteren Tür eine Eindellung mit Lackabrieb und beim Pkw S an der linken vorderen Stoßstangenecke ein Abrieb vorhanden waren.

Die Schilderungen der Bw im Hinblick auf das Scheppern, das sie mit dem Um­fallen der transportierten Tontöpfe und gleichzeitigem Passieren eines etwas tieferliegenden Kanaldeckels im dortigen Bereich als Fahrbahnuneben­heit in Verbindung brachte, ist nach Auffassung des UVS nicht von der Hand zu weisen. Die Bw hat glaubhaft ausgeführt, dass sie keinesfalls auf die rechte Fahrspur hinüberkommen hätte können, weil sie dann mit dem Lkw touchiert wäre. Wer letztlich den Verkehrsunfall verursacht hat, muss offenbleiben.

Aus diesen Überlegungen war der Berufung wegen Nichterweisbarkeit des Tatvorwurfs im Hinblick auf die Wahrnehmung des Anstoßes in subjektiver Hinsicht Folge zu geben.

 

Hinsichtlich Punkt 2) des Straferkenntnisses war bereits nach den telefonischen Angaben der Anzeigerin von einem Datenaustausch in qualifizierter Form auszu­gehen. Die Bw hat in der Verhandlung glaubwürdig dargelegt, sie habe der Zeugin ihr Führer­schein­etui gegeben, in dem sich Führerschein, Zulassungs­schein und Versicher­ungs­karte befunden hätten und diese habe daraus die Daten notiert. Die Zeugin habe ihr die Daten auf die gleiche Art nachgewiesen. Zur Anzeige sei es nur gekommen, weil die Bw sich geweigert habe, schriftlich die Schuld am Zustande­kommen des Unfalls zuzugeben.

Dem ist aus der Sicht des UVS nichts entgegenzuhalten, weshalb auf der Grund­lage des § 45 Abs.1 Z2 VStG spruchgemäß zu entscheiden war. Naturgemäß fallen keine Verfahrenskostenbeiträge an.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

Tatvorwürfe nicht erweisbar -> Identitätsaustausch erfolgte und Papieren -> Einstellung

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum