Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110738/20/Kl/Rd/Sta

Linz, 18.03.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des H B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. N N, R, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 20.11.2006, VerkGe96-101-1-2006, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungs­gesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 23.1.2008, zu Recht erkannt:

 

I.    Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.   Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 290,60 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding  vom 20.11.2006, VerkGe96-101-1-2006, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von     1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG iVm Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002 verhängt, weil er als Unternehmer mit dem Sitz in  H, I R, am 27.4.2006 gegen 15.30 Uhr auf der Innkreis-Autobahn A8, bei Strkm 75,500, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen  und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen , deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: H B,  H, I R, Lenker: M Ö, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats (Staatsbürgerschaft: Türkei) ist, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (7 Neufahrzeuge) von der Niederlande durch Österreich mit einem Zielort in der Türkei (grenzüberschreitender gewerblicher Güterkraftverkehr) durchgeführt hat, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde.   

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und begründend ausgeführt, dass Hr. S B vom Bw mit Bestellungsurkunde vom 1.4.2004 zum verantwortlichen Beauftragten bestellt wurde. Weiters wurde ein an den hessischen Verwaltungsgerichtshof gerichteter Schriftsatz vorgelegt, der sich mit der Problematik der Ausstellung von Fahrerbescheinigungen an Drittstaatsangehörigen auseinandersetzt. Der Bw vertritt auch die Ansicht, dass durch die von den österreichischen Behörden geübte Verwaltungspraxis den Lastkraftwagenfahrern faktisch untersagt sei jeglicher Tätigkeit nachzukommen. Von dieser Verwaltungspraxis ausgehend sei sowohl eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit als auch der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu sehen und müsse berücksichtigt werden, dass die nationalen Vorschriften unter Berücksichtigung der europäischen Regelungen auszulegen sind. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Milderungsgründe sei die verhängte Geldstrafe überdies als überhöht anzusehen.

Zudem werde ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Bestimmung des § 23 Abs.3 GütbefG idF BGBl. Nr. 23/2006, wonach auch strafbar im Sinne der dort zitierten Bestimmungen ein Unternehmer ist, wenn er die dort zitierten Verpflichtungen oder normierten Gebote und Verbote im Ausland verletzt, dem Gemeinschaftsrecht widerspreche und daher rechtswidrig sei. Darüber hinaus wurde rechtswidrigerweise § 23 Abs.1 Z8 GütbefG angelastet; tatsächlich wäre aber im konkreten Fall § 23 Abs.1 Z3 GütbefG anzulasten gewesen, weshalb der Bescheid auch aus diesem Grunde rechtswidrig sei, da § 23 Abs.1 Z8 leg.cit. nur dann anzulasten sei, wenn eine vorhandene Fahrererlaubnis/Fahrerbescheinigung nur nicht mitgeführt wurde.

Es werde daher beantragt, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen in eventu eine Ermahnung auszusprechen in eventu die verhängte Geldstrafe im Sinne des § 20 VStG herabzusetzen.    

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat mit Erkenntnis vom 25.4.2007, VwSen-110738/2/Kl/Rd/Pe, über die Berufung abgesprochen, in dem der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstraf­verfahren eingestellt wurde.

Dagegen wurde vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Amtsbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Der Verwaltungs­gerichtshof hat im Erkenntnis vom 17.12.2007, Zl. 2007/03/0128, - mit diesem wurde das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates aufgehoben – auf die Ausführungen im Erkenntnis vom 15. November 2007, Zl. 2007/03/0127, verwiesen. Im letztgenannten wurde ausgesprochen, dass eine Fahrerbescheinigung keine Gemeinschaftslizenz darstellt und sich daher die Rechtsansicht des Oö. Verwaltungssenates, wonach die Durchführung einer der Gemeinschaftslizenz unterliegenden Güterbeförderung, ohne dass – obgleich der Fahrer Drittstaatsangehöriger ist – eine Fahrerbescheinigung vorliegt, unter § 23 Abs.1 Z3 iVm § 7 Abs.1 GütbefG zu subsumieren sei, als nicht zutreffend erweist. Auch der Umstand, dass in § 25 Abs.2 GütbefG nunmehr die geänderte Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 ausdrücklich zitiert ist,  vermag daran nichts zu ändern, da bereits vor dieser Novelle des GütbefG mit der Bezugnahme auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/1992 (ohne einzelne Änderungen ausdrücklich anzuführen) eine im Hinblick auf den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts zulässige dynamische Verweisung auf die jeweils gültige Fassung dieser Verordnung gegeben war, wie sich auch aus dem zitierten Erkenntnis vom 19.10.2004, Zl. 2004/03/0087, ergibt.

Weiters vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, dass sich aus dem klaren Wortlaut der Bestimmung des § 23 Abs.1 Z8 GütbefG ergibt, dass der Unternehmer der ihn treffenden Verpflichtung auch dann nicht nachkommt, wenn er eine erforderliche Fahrerbescheinigung gar nicht besorgt hat, sodass er sie dem Fahrer bei der Güterbeförderung auch nicht übergeben kann. Auch in diesem Fall hat er nicht dafür gesorgt, dass eine erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wird.

Zwar trifft es zu, dass für die Durchführung einer der Gemeinschaftslizenz unterliegenden grenzüberschreitenden Güterbeförderung, ohne dass der Unternehmer über eine Gemeinschaftslizenz verfügt, eine gesonderte Strafnorm in § 23 Abs.1 Z3 iVm § 7 Abs.1 Z1 GütbefG vorgesehen ist; da jedoch im Hinblick auf die Fahrerbescheinigung keine dieser Bestimmung entsprechende Spezialnorm vorliegt, ist eine Bestrafung nach § 23 Abs.1 Z8 GütbefG nicht ausgeschlossen.

 

3.2. Im fortgesetzten Verfahren wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung am 23.1.2008 durchgeführt, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers hat an der Verhandlung teilgenommen und im Wesentlichen  sein Berufungsvorbringen dargelegt. Der vorgeworfene Sachverhalt wurde nicht bestritten und kann daher der Entscheidung als erwiesen zugrunde gelegt werden. Es wurde Werkverkehr, für welchen keine Gemeinschaftslizenz erforderlich sei, eingewendet und es wurden über Aufforderung Beförderungspapiere (Carnet Tir, Ladeliste, CMR-Frachtbrief) vorgelegt.

 

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Zur Bestellung des S B zum verantwortlichen Beauftragten:

 

Gemäß § 9 Abs.3 VStG kann eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.

 

Gemäß § 9 Abs.4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungs­befugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungs­strafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

 

Wie aus dem vorgelegten Akt entnommen werden kann, wurde vom Bw in seiner Stellungnahme vom 14.8.2006 ua ein an S B adressiertes Schreiben, in welchem ihm der Aufgabenbereich "Fuhrpark" und "Einsatz der Fahrer" ausdrücklich zur Verantwortung übertragen wurde, vorgelegt. Dieses Schreiben wurde mit 1.4.2004 datiert und sowohl von H B als auch von S B unterfertigt.

 

4.1.2.  Aus dem § 9 Abs.3 und Abs.4 VStG ist zu schließen, dass der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird, klar abzugrenzen ist. Erfolgt eine klare Abgrenzung nicht, so liegt keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vor. Die Verwaltungsstrafbehörden sollen nicht in die Lage versetzt werden, Ermittlungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht, insbesondere über die Größe, Lage und Verwendung der einzelnen Betriebsräume, anstellen zu müssen. Sie sollen auch der Aufgabe enthoben sein, die Bestellung (ihren Nachweis) einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen, um zu klären, welcher Inhalt einer diesbezüglich nicht eindeutigen Erklärung beizumessen ist (vgl. VwGH vom 9.8.1994, 94/11/0207, 0208, 7.4.1995, 94/02/0470, 29.4.1997, 96/05/0282 ua). Das Tatbestandsmerkmal des klar abzugrenzenden Bereiches im Sinne des § 9 Abs.4 VStG muss schon beim Nachweis der Zustimmung des verantwortlichen Beauftragten vorgelegen haben und darf nicht erst während des anhängigen Strafverfahrens - durch Klarstellung im Rahmen des Beweisverfahrens - entscheidend ergänzt werden (vgl. VwGH vom 24.2.1995, 94/09/0171, 29.4.1997, 96/05/0282).  In der Übertragung von bestimmten Aufgaben innerhalb eines Unternehmens an einzelne Beschäftigte liegt noch nicht die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit (vgl. VwGH vom 14.9.2001, 2000/02/0181).

 

Der genannte Aufgabenbereich umfasst die Disposition und Überwachung von Fahrzeugen und Fahrern, nicht jedoch die Beschaffung und Kontrolle der Fahrerbescheinigungen, sodass eine klare Zuständigkeit des benannten Beauftragten für Fahrerbescheinigungen nicht ersichtlich ist.

 

Eine weitere wesentliche Voraussetzung, um von einem "verantwortlichen Beauftragten" im Sinne des § 9 Abs.3 VStG, der die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit anstelle des Inhabers des Unternehmens trägt, sprechen zu können, ist zufolge des § 9 Abs.4 VStG die nachweisliche Zustimmung des Betreffenden zu seiner Bestellung.

 

Dass der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten ausdrücklich durch den Bestellten zugestimmt wird, geht aus dem Schreiben vom 1.4.2004 nicht expressis verbis hervor. Dieser Nachweis der ausdrücklichen Zustimmung muss nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Zeitpunkt der Tat schon vorhanden sein und kann nicht nachträglich erbracht werden.

 

Weiters wird im oa Schreiben auch keine verwaltungsstrafrechtlich relevante Anordnungsbefugnis, so zB welche Sanktionsmöglichkeiten dem Bestellten bei Zuwiderhandlungen offenstehen,  angeführt, welche ebenfalls eine Voraussetzung für eine Übertragung der Verantwortungspflicht darstellt.

 

Da sohin aus der  vorgelegten "Bestellungsurkunde" weder ein klar abgegrenzter Aufgabenbereich für Fahrerbescheinigungen samt dazugehöriger Anordnungs­befugnis erkennbar ist noch ein ausdrücklicher Zustimmungsnachweis, dass der Bestellte die verwaltungsstraf­rechtliche Verantwortung bei Verwaltungsübertretungen anstelle des Bw übernimmt, vorliegt, war vom Nichtvorliegen einer rechtswirksamen Bestellung des S B zum verantwortlichen Beauftragten auszugehen.

 

4.2. Gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden.

 

Strafbar ist nach Abs.1 Z3, Z6, Z8 oder Z11 ein Unternehmer auch dann, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen oder die in der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 normierten Gebote und Verbote im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgt (§ 23 Abs.3 leg.cit.).

 

Gemäß § 23 Abs.4 leg.cit. hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z3 und Z8 bis Z11 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 die Geldstrafe mindestens 1.453 Euro zu betragen.

 

Gemäß § 25 Abs.2 GütbefG ist, soweit in diesem Bundesgesetz auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verwiesen wird, die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten, ABl. L95 vom 9.4.1992, S.1, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 1.3.2002, Abl. L76 vom 19.3.2002, S.1,  anzuwenden.

 

Gemäß Art.3 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 (kurz: EU-VO genannt), unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß Art.3 Abs.3 EU-VO wird die Fahrerbescheinigung von einem Mitgliedstaat gemäß Art.6 jedem Verkehrsunternehmer ausgestellt, der Inhaber einer Gemeinschaftslizenz ist und der in diesem Mitgliedstaat Fahrer, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, rechtmäßig beschäftigt oder Fahrer rechtmäßig einsetzt, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind und ihm als Arbeitskraft gemäß den Bestimmungen zur Verfügung gestellt werden, die in diesem Mitgliedstaat für die Beschäftigung und die Berufsausbildung von Fahrern durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften und gegebenenfalls Tarifverträge nach den in diesem Mitgliedstaat geltenden Vorschriften festgelegt wurden. 

 

4.3. Als erwiesen und vom Bw unbestritten belassen steht fest, dass der Bw als Unternehmer mit dem Sitz in  H, I R, am 27.4.2006 gegen 15.30 Uhr mit dem Sattelzugfahrzeug Kz: , Anhänger Kz:  eine gewerbsmäßige grenzüberschreitende Güterbeförderung, und zwar von den Niederlanden durch Österreich mit einem Zielort in der Türkei durch den Fahrer M Ö, durchführen hat lassen, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde, indem keine Fahrer­bescheinigung beantragt und vom Lenker mitgeführt wurde.

Es wurde daher der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt, weil nach den obzitierten Bestimmungen bei Verwendung eines Fahrers, welcher Staatsangehöriger eines Drittlandes ist, der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung mit einer Fahrerbescheinigung unterliegt und sohin der Bw als Unternehmer dafür zu sorgen gehabt hätte, dass vom eingesetzten Lenker eine Fahrerbescheinigung mitgeführt wird. Wie bereits unter Punkt 4.1. ausgeführt, ist es dem Bw nicht gelungen, die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit auf S B als vermeintlichen verantwortlichen Beauftragten abzuwälzen, sodass diese an ihm haften bleibt.

 

Diese Übertretung hat der Bw aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung gehört zu den Ungehorsams­delikten und reicht daher fahrlässige Tatbegehung, die vermutet wird, aus für eine Strafbarkeit. Eine Entlastung ist dem Bw hingegen nicht gelungen. Insbesondere hat der Bw kein Vorbringen gemacht, welche Maßnahmen er getroffen hat, die mit gutem Grund die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften erwarten lassen.

Da gegen den Bw bereits zahlreiche Verwaltungsstrafverfahren anhängig waren bzw noch anhängig sind, muss er Kenntnis davon haben, dass eine Fahrerbescheinigung vonnöten ist und auch mitzuführen ist. Im Übrigen ist ihm die Erforderlichkeit auch bekannt und hat er ein entsprechendes Ansuchen an das Regierungspräsidium Gießen gerichtet. Aus seinen zahlreichen grenzüberschreitenden Fahrten muss er Kenntnis über die Vorgangsweise der EU-Länder haben und hätte er entsprechende rechtliche Schritte, nötigenfalls auch Rechtsmittel in Deutschland zur Ausstellung einer Fahrerbescheinigung ergreifen müssen. Dass er solches angestrebt hat, wird von ihm nicht behauptet. Es hat der Bw somit auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten, dass ein gewerblicher Gütertransport über die Grenze durch einen türkischen Lenker ohne Fahrerbescheinigung vorgenommen wurde.

 

4.4. Wenn der Bw in seiner Berufung vermeint, dass Firmen mit Agenturverträgen – wie im gegenständlichen Fall -  und/oder bilateralen Verkehren nicht unter den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 fallen, ist auf das jüngst ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.9.2007, BVerwG 3 C 49.06, VGH 2 UE 2037/05, hinzuweisen. Diesem Urteil liegt ein dem Beschwerdefall gleichgelagerter Sachverhalt zugrunde. Unter Hinweis auf die Bestimmung des Art.3 Abs.3 der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 ist Voraussetzung für die Erteilung der Bescheinigung, dass der Fahrer rechtmäßig beschäftigt ist oder rechtmäßig eingesetzt wird, wobei letzteres heißt, dass er gemäß den Bestimmungen zur Verfügung gestellt wird, die in Deutschland für die Beschäftigung solcher Fahrer durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften festgelegt wurden. In Randnummer 13ff legt das Bundesverwaltungsgericht ausführlich und nachvollziehbar dar, dass die Erlaubnispflicht für die Überlassung des türkischen Fahrers durch die türkische Tochterfirma nicht wegen der besonderen Stellung entfällt, die türkische Arbeitnehmer im Hinblick auf das Assoziierungsabkommen EWG – Türkei genießen. Ebenso wenig scheidet eine Erlaubnispflicht deswegen aus, weil das dem Einsatz des Fahrers zugrundeliegende Rechtsverhältnis nicht als Arbeitnehmerüberlassung zu qualifizieren wäre. Es wird dargelegt, dass das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vor der Stillhalteklausel des Zusatzprotokolls in Kraft getreten ist. Auch sieht das Bundesverwaltungsgericht in der Erstattung der Personalkosten und dem durch die Verleihtätigkeit mittelbar zu erzielenden wirtschaftlichen Vorteil Gewerbsmäßigkeit gegeben. Das Konzernprivileg hingegen kommt nicht zum Tragen, weil wesentlicher Inhalt der Arbeitsverhältnisse ist, dauerhaft für die deutsche Firma zu arbeiten, weshalb eine vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung zu verneinen ist. Leistet ein Lenker eine Arbeit dauerhaft in einem in Deutschland ansässigen Unternehmen, liegt es nahe, dass mit dieser Gestaltung die inländischen arbeits- und sozialrechtlichen Standards unterlaufen werden sollen, die im Falle einer Anstellung im Inland gelten würden. Gerade dies soll durch die Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungs­gesetzes verhindert werden. "Die gewählte Gestaltung läuft auch dem Zweck der EG-Bestimmungen zur Fahrerbescheinigung zuwider, die erklärtermaßen ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen und zu niedrigen Löhnen und daraus resultierenden Gefährdungen der Verkehrssicherheit und Wettbewerbsverzerrungen entgegenwirken sollen (vgl. Erhebungsgründe 6 und 7 zu der Verordnung [EG] Nr. 484/2002)".  

 

Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates muss angesichts dieser Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes davon ausgegangen werden, dass der Bw bei Beibehaltung seiner bisherigen Gepflogenheiten bezüglich Fahrereinsatz auch künftighin keine Fahrerbescheinigungen erhalten wird und, sofern er weiterhin gewerbliche Gütertransporte wie im vorliegenden Fall durchführt, auch der verwaltungsrechtlichen Strafbarkeit in Österreich ausgesetzt sein wird.

 

4.5. Soweit sich die Berufung gegen die Bestimmung des § 23 Abs.3 GütbefG richtet, ist auf § 2 Abs.2 VStG zu verweisen, wonach nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen. Eine solche Sonderbestimmung stellt § 23 Abs.3 GütbefG dar. Allerdings ist dem Berufungswerber beizupflichten, dass nach Art. 6 Abs.4 der VO (EWG) Nr. 881/92 idF VO(EG) Nr. 484/2002 der Verkehrsunternehmer dem Fahrer die Fahrerbescheinigung zur Verfügung zu stellen hat, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt, und gemäß Art. 11 Abs.2 dieser VO, wenn die zuständigen Behörden eines Mitgliedsstaates die Kenntnis davon erhalten haben, dass eine Zuwiderhandlung gegen diese Verordnung von einem Transportunternehmer eines anderen Mitgliedsstaates begangen wurde, den Mitgliedsstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Zuwiderhandlung festgestellt worden ist, hievon die zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedsstaates unterrichtet, und die zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedsstaates ersuchen kann, die Zuwiderhandlung gemäß dieser Verordnung zu ahnden. Allerdings ist darin keine ausdrückliche Verpflichtung zu sehen.

 

4.6. Der in der Berufungsverhandlung eingewendete Werkverkehr liegt ebenfalls nicht vor. Die aus den vom Berufungswerber vorgelegten Beförderungspapieren hervorgehenden Absender und Empfänger lassen keinen Zusammenhang zum Berufungswerber bzw. der Fa. K Transporte (als Frachtführer) erkennen.

 

5. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde ist von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Diesen Ausführungen wurde auch in der Berufung nichts entgegengesetzt und wurden keine bei der Strafbemessung zu berücksichtigenden Umstände vorgebracht. Die belangte Behörde hat auf den besonderen Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung und auf das Verschulden hingewiesen, insbesondere ist darauf Bedacht zu nehmen, dass mangels einer Fahrerbescheinigung eine Kontrollmöglichkeit grenzüberschreitender Transporte eingeschränkt wird. Es wurde gegen den Bw die Mindeststrafe verhängt. Angesichts des Unrechts- und Schuldgehaltes der Tat ist diese gerechtfertigt und war zu bestätigen. Eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG kommt nicht in Betracht, da ein Überwiegen der Milderungsgründe nicht vorgelegen ist.  Vielmehr wurden keine Milderungsgründe festgestellt. Auch liegt kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten des Bw nicht erheblich hinter dem in der jeweiligen Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Es war daher sowohl die verhängte Geld- als auch die Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

 

6. Da die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe gemäß § 64 VStG festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

 

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