Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-710000/26/BMa/Se

Linz, 21.04.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung der P G vom 4. Dezember 2007 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 20. November 2007 wegen Vorschreibung von Maßnahmen bei der Rinderhaltung zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die Punkte 1) und 2) der mit Mandatsbescheid vom 3. Oktober vorgeschriebenen Maßnahmen, gegen die die Vorstellung mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 20. November 2007, Pol01-64-1-2007, abgewiesen wurde, wie folgt lauten:

"1.) Die Anzahl der gehaltenen Rinder ist bis zur Erbringung des Nachweises des Vorhandenseins der der Anzahl der Rinder entsprechenden Betreuungskapazität (das Vorhandensein dieser ist behördlich zu beurteilen) auf maximal 5 Rinder zu reduzieren.",

bei Punkt 2.) der vorgeschriebenen Auflagen tritt an Stelle der Wortgruppe "Die Rinder", die Wortgruppe "Die verbleibenden 5 Rinder".

In der Rechtsgrundlage wird zusätzlich § 39 Abs. 1 Tierschutzgesetz (BGBl. I Nr. 118/2004 idF BGBl. I Nr. 35/2008) angeführt.

Im Übrigen wird die Berufung hingegen abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Folgendes Verwaltungsgeschehen wird festgestellt:

 

1.1. Mit Bescheid vom 20. November 2007, Zl. Pol01-64-1-2007, wurde die Vorstellung gegen den Bescheid vom 3. Oktober 2007, Zl. Pol01-64-2007, abgewiesen, dieser Bescheid bestätigt und ausgesprochen, dass dieser vollinhaltlich aufrecht bleibt. Mit Bescheid vom 3. Oktober 2007 wurden der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) für die weitere Haltung von Rindern Maßnahmen und Einschränkungen vorgeschrieben. Diese lauten wie folgt:

 

" 1) Die Anzahl der gehaltenen Rinder ist auf maximal 5 Rinder zu reduzieren

 

  2) Die Rinder sind im nordwestseitig gelegenen Hauptstall unterzubringen,

      in dem

      a) eine Selbsttränkeeinrichtung zu installieren ist und

         b) vorhandene Fensteröffnungen so zu erweitern oder neue Fensteröffnungen      vorzusehen sind, damit über mindestens 8 Stunden pro Tag eine       Lichtstärke von mindestens 40 Lux gewährleistet wird, bzw. die      Fensteröffnungen mindestens 3% der Stallbodenfläche aus machen.

 

3) Bei den Rindern mit den Ohrmarken-Nr. AT und AT

      a) ist die Kette zu entfernen und durch einen Halfter oder Halsgurt zu     ersetzen und

      b) sind die jeweils vorhandenen und zum Teil eitrigen Wunden entsprechend    zu versorgen.

 

4) Bei allen Rindern ist eine Klauenpflege durchzuführen.

 

5) Eine ordnungsgemäße Einstreu auf den Standflächen ist sicherzustellen.

 

6) Die Liegeflächen der Tiere müssen trocken und so gestaltet sein, dass alle Tiere gleichzeitig und ungehindert liegen können.

 

7) Es ist sicherzustellen, dass

      a) die Futterbarren bzw. das vorhandene Futter weder durch die Kühe selbst   noch von anderen Tieren verschmutzt werden können;

      b) die Tiere ausreichend mit Futter und Wasser versorgt werden;

      b) die Anbindevorrichtungen die Tiere nicht verletzen können; Ketten, Seile,     Halsbänder oder andere Anbindevorrichtungen sind regelmäßig auf ihren       Sitz zu überprüfen und den Körpermaßen der Tiere anzupassen;

      c) der Zustand der Klauen regelmäßig überprüft und bei Bedarf eine        Klauenpflege durchgeführt wird;"

 

Im Punkt 8 dieses Bescheides wurde für die Erfüllung der vorgeschriebenen Maßnahmen und Einschränkungen hinsichtlich der Punkte 1 und 2 eine Frist bis 20. November 2007 eingeräumt. Alle anderen Maßnahmen (Punkte 3, 4, 5, 6 und 7) seien sofort nach Erhalt des Bescheides umzusetzen.

 

1.2. Begründend wurde in diesem Bescheid unter anderem ausgeführt die Rinderhaltung würde in Anbindehaltung auf einem Boden mit wandständigen Futtertrögen ohne Selbsttränkeeinrichtung erfolgen. Der Lichteinfall sei minimal, da lediglich ein kleines Fenster vorhanden sei. Das Ablesen der Ohrenmarken-Nummern sei zum Zeitpunkt der Kontrolle nur unter Zuhilfenahme einer Taschenlampe möglich gewesen. Das Rind mit der Ohrenmarken-Nummer AT  sei an einer Säule angebunden gehalten, obwohl der Boden durch unterschiedlich hohe Steinplatten uneben und daher nicht als Stand- oder Liegefläche geeignet sei. Bei 4 von 15 Rindern seien die Anbindevorrichtungen (Ketten) bzw. deren Überprüfung derart vernachlässigt, dass bleibende Narbenzüge festgestellt worden waren. Bei den Rindern mit der Ohrenmarken-Nummer AT und AT sei die Kette sogar in einer eitrigen Wunde gelegen. Beim Rind mit der Ohrenmarken-Nummer AT sei das Klauenhorn stark angewachsen gewesen. Weiters sei eine Klauenpflege bei sämtlichen Rindern vorzunehmen. Die Einstreu habe bei allen Rindern gefehlt. Es gebe keine frei zugänglichen Tränkeeinrichtungen. Die Wasserversorgung erfolge über Eimer, eine ausreichende Wasserversorgung sei nicht sichergestellt. Die Qualität und Menge des gelagerten Rauhfutters stelle keine ausreichende Ernährung sicher und während der Kontrolle sei angeblich Streumaterial bei Vorlage sofort gierig aufgenommen worden. Der Ernährungszustand der Tiere sei jedenfalls mindergut. Die Tatsache, dass Einstreu auf den Standflächen gänzlich fehle und das sofortige Wegschlecken von dem Heulager entnommenen Feinteilen (Heublumen) durch die Rinder seien ein eindeutiger Hinweis auf mangelnde Fütterung. Die Futterbarren auf der Hofseite des Stalles würden größere Kotmengen enthalten. In Anwesenheit des Amtstierarztes sei eine Scheibtruhe Kot aus dem Futtertrog entfernt worden. Die erforderlichen Arbeiten würden laut Angaben der Bw ausschließlich von ihr und ihrem Knecht ausgeführt werden, weil ihre Schwester keine schweren Arbeiten mehr verrichten könne. Anlässlich der Kontrolle sei von der Bw eine Änderung der Anbindevorrichtung, Intensivierung der Fütterung, eine Weidehaltung und das Organisieren einer Klauenpflege erklärt worden.

Bei einer weiteren Kontrolle am 19. September 2007 sei festgestellt worden, dass keine Verbesserung bzw. Änderung in der Tierhaltung eingetreten sei.

 

Zusammenfassend stellte die Erstbehörde fest, dass durch ungeeignete Standflächen, fehlende Einstreu, mangelnden Lichteinfall in beiden Ställen, unzureichende Wasser- und Futterversorgung, mangelnde Betreuungskapazität und durch Vernachlässigen der Kontrolle der Anbindevorrichtung den Rindern zum Teil bzw. insgesamt Schmerzen, Leid und Schäden zugefügt würden. Vom Amtstierarzt sei zwar das Bemühen, den Tieren die nötige Betreuung zu sichern, bemerkt worden, jedoch ändere dies nichts an der Tatsache, dass die Bw offensichtlich nicht mehr in der Lage sei, die von ihr gehaltenen Tiere im Sinne des Tierschutzgesetzes zu betreuen und zu versorgen. Eine Einhaltung der den Zielen und Vorgaben des Tierschutzgesetzes entsprechenden Tierhaltung könne nur durch die im Spruch des Bescheides vorgeschriebenen Maßnahmen gewährleistet werden. Dies auch deshalb, weil aufgrund der gegebenen Haltungsbedingungen der Verdacht der Tierquälerei bestehe.

 

1.3. Gegen diesen ihr am 8. Oktober 2007 zugestellten Bescheid erhob die Bw Vorstellung an die Bezirkshauptmannschaft Perg und ersuchte im Wesentlichen um Fristverlängerung zur Umsetzung der Maßnahmen.

Sie gab an, sie werde den Rinderbestand bis 30. April 2008 um 4 reduzieren, die restlichen 10 würden genügend Platz haben, sodass alle gleichzeitig liegen könnten. Die Klauenpflege der Tiere werde sie termingerecht erledigen. Bei Außenarbeiten würde ihr bei Bedarf immer eine zusätzliche Person helfen und sie habe genügend Futtervorräte für den Winter. Sie sei immer sehr um ihre Tiere bemüht gewesen und werde diese auch weiterhin bestmöglich versorgen.

 

1.4. Die Tierschutzombudsfrau Oö. teilte mit Mail vom 5. November 2007 mit, ein weiterer Aufschub bei der Reduzierung sowie eine höhere erlaubte Tierzahl (10 anstatt wie im Bescheid vorgeschrieben 5 Tiere) seien nicht zu rechtfertigen. Eine sichere Wasserversorgung sei so bald wie möglich zu gewährleisten. Eine Erhöhung der Lichtstärke im Bereich, in dem die Tiere gehalten würden, sei dringend, eine Verbesserung der Situation erst mit Ende Mai 2008 erscheine deutlich zu lang. Eine Anbindung der Tiere an den Hörnern entspreche nicht den Bestimmungen des TSchG. Die Anbindung an den Hörnern müsse umgehend beendet werden. Aufgrund der schweren Mängel in der Tierhaltung sei eine weitere Verlängerung der Frist nicht gerechtfertigt.

 

1.5. Daraufhin erging vom Bezirkshauptmann von Perg der nunmehr beim Unabhängigen Verwaltungssenat bekämpfte Bescheid vom 20. November 2007. Diesem wurde im Wesentlichen der Sachverhalt des Bescheides vom 3. Oktober 2007 zugrunde gelegt und mit Ausführungen zur eingebrachten Vorstellung und jenen der Tierschutzombudsstelle ergänzt. Weiters wurde ausgeführt, am 29. Oktober 2007 sei eine Stellungnahme des Amtstierarztes eingelangt. Darin sei im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Mindestfensterfläche von 3% und damit eine Lichtstärke vom 40 Lux im Tierbereich jedenfalls erforderlich sei und eine Fristverlängerung zur Umsetzung der Maßnahme nicht angemessen erscheine, weil diese Mindestfensterfläche durch Umgestaltung auch ohne größere bauliche Maßnahmen erreicht werden könnten. Nicht primär das Platzangebot sei Grund für die Beanstandung, sondern vielmehr die Beschaffenheit der Standplätze und insbesondere die Betreuungskapazität durch die vorhandenen Personen. Eine ausreichende Wasserversorgung mit geeignetem Trinkwasser sei jedenfalls dann sicher gestellt, wenn Rinder ständig freien Zugang zu Wasser angeboten werde. Bei einer Wasserversorgung mittels Tränkeeimer könnte aufgrund der Betreuungskapazität lediglich bei einer Anzahl von 5 Rindern von einer ausreichenden Wasserversorgung ausgegangen werden.

Aufgrund der schweren Mängel in der Tierhaltung und des Verdachts der Tierquälerei sei eine Verlängerung der festgesetzten Fristen nicht zu rechtfertigen.

 

1.6. In einer Vorsprache bei der Bezirkshauptmannschaft Perg wurde von P G Berufung erhoben und vorgebracht, man solle den Bescheid abändern und ihr alle Tiere lassen, weil sie eine Abnahme nicht "durchstehen" würde. Sie habe mittlerweile auch regelmäßig Hilfe bei den Außenarbeiten.

 

Dies wurde in einem Aktenvermerk festgehalten. In diesem scheint auch auf, dass mit dem Amtstierarzt eine Telefonat geführt wurde, das ergab, dass anlässlich der Kontrolle eine Verbesserung der Tierhaltung festgestellt habe werden können. Dies sei allerdings zu relativieren, weil die Bw im Rahmen eines Telefonats ca. 1,5 Stunden vor der Kontrolle Kenntnis von dieser erlangt habe. In diesem Kontrollbericht führt der Amtstierarzt zusammenfassend aus, das an der Säule angebundene Rind verfüge über einen ausreichend großen und ebenen, auch eingestreuten Liegebereich. Die Futterbarren seien bei allen Rindern sauber gewesen, zum Zeitpunkt der Kontrolle sei den Rindern Heu zur Verfügung gestanden und eine ausreichende Tränkung der Tiere sei an diesem Tag bereits erfolgt gewesen. Die Klauen seien in einem zufriedenstellenden Zustand gewesen. Die Schäden durch unsachgemäße Anbindehaltung hätten sich gebessert, wobei jedoch einzelne Rinder durch Anbindung um die Hörner fixiert gewesen seien. Zum Zeitpunkt der Kontrolle sei eine ausreichende Lichtstärke durch Fensteröffnungen, offene Stalltüren und künstliche Beleuchtung vorhanden gewesen. Das entscheidende Kriterium für die Weiterführung der Rinderhaltung stelle die Betreuungskapazität dar und nur eine Verringerung des Tierbestandes bedeute für die Behörde eine zufriedenstellende Lösung.

 

2.1. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Perg hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates ergibt sich aus § 33 Abs.2 TSchG. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt der belangten Behörde und zusätzliche Ermittlungen durchgeführt, die den Parteien zur Abgabe einer Stellungnahme zur Kenntnis gebracht wurden. Da sich bereits aus dem Verwaltungsakt in Verbindung mit den Parteienvorbringen und den Erhebungen durch den Verwaltungssenat der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. Vom Unabhängigen Verwaltungssenat wurden folgende entscheidungs­relevante ergänzende Erhebungen getätigt:

 

3.1. Das Urteil des BG Perg vom 10. Dezember 2007 wurde angefordert, wonach P G wegen Tierquälerei nach § 222 Abs.1 Z1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Wochen, die unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen worden war, verurteilt wurde.

Telefonisch wurde eruiert, dass derzeit ein zweites Verfahren wegen Tierquälerei beim BG gegen die Rechtsmittelwerberin anhängig ist.

 

3.2. Über Auftrag des Unabhängigen Verwaltungssenat wurde vom Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/ Veterinärdienst, neuerlich eine Überprüfung der Tierhaltung der P G durch einen Amtstierarzt zur Frage, ob sich der in der Begründung des Bescheids des Bezirkshauptmanns von Perg vom 3. Oktober, Pol01-64-2007, dargestellte Sachverhalt nunmehr geändert habe, durchgeführt. Dabei wurde folgender Befund und folgendes Gutachten erstellt:

 

"Befund:

 

Vorauszuschicken ist, dass dem Gefertigten sowohl das Anwesen als auch dessen Bewohner aus vorangegangenen Besuchen wohl bekannt sind.

Es erfolgte zuerst eine Besichtigung der Gesamtlage:

 

Das Anwesen verfügt als Zufahrt nur über einen von Schnee ungeräumten Karrenweg. Es waren keine Fußspuren zu erkennen und nur eine oder zwei Spuren von der Befahrung dieses Weges mit einem Fahrzeug mit schmalen Reifen, die schon etwas abgerundet und nicht frisch aussahen. Der Gefertigte betrat das Gebäude um 11.00 Uhr über die Hinterseite und traf dort im Hof zuerst den K W an, der soeben das Haus verließ und sich mit seiner Mistkarre zu schaffen machte. Frau P G stand bereits im ersten Stall und nahm auch gerade ihre Arbeit mit dem Kommentar in G, dass sie auch zu Mittag füttern würde. Erst später erschien die M G. Für die Beleuchtung sind nun Glühbirnen vorgesehen, die erst während der Kontrolle eingeschaltet wurden und selbige ermöglichten.

 

 

Veränderungen zur Begründung des obzitierten Bescheides:

 

Es wurden nach wie vor dieselben Tiere gehalten.

Das Rind AT 250137811 wurde nicht mehr an einer Säule angebunden gehalten.

Die eitrigen Wunden der Rinder AT 250139111 und AT 210801642 waren vernarbt (s. Fotodokumentation).

Die Einstreu fehlte bei den 11 Kühen und Kalbinnen im größeren Stall 2, bei den übrigen 4 Rindern im ersten Stall war sie ausreichend.

Die Wasserversorgung erfolgte nach wie vor über Eimer (siehe dazu: Aktuelle Befunde). Der Ernährungszustand aller Rinder ist nach wie vor mindergut.

Die Futterbarren waren leer.

Die Versorgung der Tiere erfolgte nach wie vor durch die drei genannten Personen. Spuren regelmäßiger Besuche von Dritten waren nicht zu erkennen. Die Kühe waren großteils um die Hörner angebunden.

 

Gutachten:

 

Bis auf die erfolgreiche Behandlung der Verletzungen durch die Ketten, offensichtlich durchgeführter Klauenpflege und geringfügiger Änderung der Anbindeplätze sind zur Begründung des Bescheides keine Änderungen festzustellen. Insbesondere haben sich die für das Wohlbefinden der Rinder wesentlichen Eigenschaften dieser Haltung, nämlich die mangelnde Futter- und Wasserversorgung, nicht geändert.

 

Aktuelle Befunde:

 

Die Kotkonsistenz war bei allen Rindern geldrollenartig. Auch der auf dem Misthaufen befindliche Kot wies diese Konsistenz auf, die dadurch zu Stande kommt, dass der an Wassermangel leidende Organismus versucht, möglichst viel Flüssigkeit aus dem Dickdarminhalt zurück zu gewinnen. Der Dickdarm kontrahiert sich dabei stark um Flüssigkeit abzupressen, wodurch sich der Kot als Abdruck der Dickdarmstruktur (Poschen) darstellt.

 

Der Gefertigte forderte unter dem Angebot der persönlichen Mithilfe Frau P G auf, die Tiere zu tränken. Sie benutzte dazu einen Eimer, den sie mit einem Plastikgefäß bis auf etwa 8-10 l befüllte. Die Rinder im Stall 2 stürzten sich wie wild auf die angebotene Flüssigkeit und kämpften auch gegeneinander und leckten noch jeden kleinen Rest vom blanken Boden auf. (Siehe die beiden Filme)

 

Dies kommentierte Frau G wie auf der Tonwiedergabe zu hören. Sie sollten nicht so viel trinken, da sie nur wieder Durchfall bekämen, sie würden später noch ein Tringa (Warmes Wasser mit Getreideschrot) erhalten. Zum Gefertigten äußerte Sie sich, dass die Rinder heute morgen und auch gestern und sonst immer das Trinken verweigert hätten. Vom kalten Wasser würden die Rinder außerdem krank werden, weshalb man die Errichtung einer Selbstränkeanlage nicht wolle.

Die Rinder des Stalles 1 nahmen kein Wasser auf, weil sie offenbar kurz zuvor getränkt worden waren. Die Einstreu war noch auffallend nass.

 

Abschätzung des Wasserbedarfs für die 11 Rinder des Stalles 2. Man kann bei fast ausschließlicher Heuvorlage von einem Wasserbedarf von 20 l pro Tier und Tag ausgehen. Damit muss eine Menge von 220 l zu den Rindern geschafft werden, was 22 Einzelaktionen pro Tag für die Betreuungspersonen bedeutet.

 

Gutachten:

 

Alle Rinder des Bestandes leiden unter Mangel an Wasser. Seitens der Besitzerin besteht offensichtlich keinerlei Einsicht in dieses Grundbedürfnis der Tiere, weshalb mit einer diesbezüglichen Verbesserung durch die Tierhalterin oder sie allenfalls beauftragte Dritte keinesfalls zu rechnen ist."

 

3.3. Der Bw wurde die Möglichkeit eingeräumt, zu den neuen Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen. Die Frist zur Stellungnahme wurde über Ersuchen der Bw, weil diese vorbrachte, ihr Anwesen sei durch Sturmschäden schwer beschädigt worden und aufgrund einer Erkrankung könne sie die Stellungnahme nicht fristgerecht vorlegen, wiederholt verlängert. Letztmalig wurde der Bw eine Frist bis zum 4. April 2008 für das Einlangen der Stellungnahme beim UVS gewährt. Telefonisch teilte die Bw mit, die Tiere hätten genug Wasser zu trinken, weil sie Wasser einleiten habe lassen. Die Bw wurde aufgefordert, ihre Behauptungen entsprechend zu belegen.

Während offener Frist zur Abgabe einer Stellungnahme durch die Tierschutzobfrau Oö langte die Stellungnahme der Bw ein, mit der sie Befund und Gutachten des Amtstierarztes vom 16. Jänner 2008 in wesentlichen Punkten bestritt.

Mit Schreiben vom 11. April 2008 wurde sie nochmals aufgefordert, ihre Angaben entsprechend zu belegen.

Ca. 1 Stunde vor Ablauf der ihr gesetzten Frist ersuchte sie abermals unter Hinweis auf ihre verzweifelte Situation (ihre Schwester sei krank, sie müsse Holzarbeiten verrichten, sie sei schon ganz fertig und werde auch krank werden, sie habe geweint, etc.) neuerlich um Fristverlängerung.

Sie wurde vom zuständigen Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats darauf hingewiesen, dass die gesetzten Fristen bereits mehrmals verlängert worden waren und abgelaufen seien.

 

3.4. Am 18. April 2008 langte die Stellungnahme der Tierschutzombudsfrau Oö vom 17. April 2008 ein, die darauf hinwies, dass sowohl bei der Kontrolle im Jänner 2008 als auch bei früheren Kontrollen deutliche Mängel in der Tierhaltung – insbesondere sowohl eine mangelnde Wasser- als auch Futterversorgung – festgestellt worden seien. Die mangelnde Futterversorgung werde auch durch die Beurteilung der Körperkondition mit mindergut bestätigt.

In ihrer Stellungnahme gebe sich die Bw , wie bereits auch im Gutachten von HR Dr. G angeführt, uneinsichtig, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, dass ohne entsprechende Vorschreibungen die Tierhaltung selbständig verbessert werde.  

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 35 Abs.6 TSchG sind dem Tierhalter Änderungen der Haltungsform oder der Anlagen, in denen die Tiere gehalten werden, oder sonstige Maßnahmen vorzuschreiben, mit denen innerhalb einer angemessenen Frist eine den Zielen und sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechende Haltung erreicht werden kann, wenn die Behörde bei einer Überwachungshandlung feststellt, dass Tiere nicht den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder den darauf gegründeten Verordnungen oder Bescheiden entsprechend gehalten werden.

 

Über die allgemeinen Grundsätze der Tierhaltung in § 13 TSchG hinaus wurden Mindestanforderungen für die Haltung von Rindern in der Anlage 2 der ersten Tierhaltungsverordnung erlassen, die die Bestimmungen des TSchG spezieller ausführen.

 

Gemäß § 14 TSchG müssen für die Betreuung der Tiere genügend Betreuungspersonen vorhanden sein, die über die erforderliche Eignung sowie die erforderlichen Kenntnisse und beruflichen Fähigkeiten verfügen.

 

Nach § 16 TSchG darf die Bewegungsfreiheit eines Tieres nicht so eingeschränkt sein, dass dem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden oder es in schwere Angst versetzt wird. Gemäß Abs.2 leg.cit. muss das Tier über einen Platz verfügen, der seinen physiologischen und ethnologischen Bedürfnissen angemessen ist. Die dauernde Anbindehaltung ist gemäß Abs.3 leg.cit. verboten.

Gemäß Abs.4 leg.cit. sind Rindern geeignete Bewegungsmöglichkeiten oder geeigneter Auslauf oder Weidegang an mindestens 90 Tagen im Jahr zu gewähren, soweit dem nicht zwingende rechtliche oder technische Gründe entgegen stehen. Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft durch Verordnung festzulegen, welche Gegebenheiten als zwingende rechtliche oder technische Gründe anzusehen sind.

 

Das Füttern und Tränken von Tieren ist in § 17 TschG geregelt:

Abs. 1:  Art, Beschaffenheit, Qualität und Menge des Futters müssen der Tierart, dem Alter und dem Bedarf der Tiere entsprechen. Das Futter muss so beschaffen und zusammengesetzt sein, dass die Tiere ihr arteigenes mit dem Fressen verbundenes Beschäftigungsbedürfnis befriedigen können.

Abs. 2:  Die Verabreichung des Futters hat die Bedürfnisse der Tiere in Bezug auf das Nahrungsaufnahmeverhalten und den Fressrhythmus zu berücksichtigen.

Abs. 3: Die Tiere müssen entsprechend ihrem Bedarf Zugang zu einer ausreichenden Menge Wasser von geeigneter Qualität haben.

Abs. 4:  Futter und Wasser müssen in hygienisch einwandfreier Form verabreicht werden.

Abs. 5:  Die Fütterungs- und Tränkeeinrichtungen sind sauber zu halten und müssen so gestaltet sein, dass eine artgemäße Futter- und Wasseraufnahme möglich ist. Sie müssen so angeordnet sein und betrieben werden, dass alle Tiere ihren Bedarf decken können.

 

Gemäß 2.4. der Anl.2 der 1. Tierhalteverordnung, BGBl. II Nr. 485/2004 vom 17. 12. 2004, müssen Ställe Fenster oder sonstige offene oder transparente Flächen, durch die Tageslicht einfallen kann, im Ausmaß von mindestens 3% der Stallbodenfläche aufweisen, wenn den Tieren kein geeigneter Zugang ins Freie zur Verfügung steht. Im Tierbereich des Stalles ist über mindestens 8 Stunden pro Tag eine Lichtstärke von mindestens 40 Lux zu gewährleisten.

 

Gemäß § 39 Abs. 1 TSchG kann die Behörde einer Person, die u.a. vom Gericht wegen Tierquälerei wenigstens einmal rechtskräftig bestraft wurde, die Haltung von Tieren aller oder bestimmter Arten für einen bestimmten Zeitraum oder auf Dauer verbieten, soweit dies mit Rücksicht auf das bisherige Verhalten der betreffenden Person erforderlich ist, damit u.a. eine Tierquälerei in Zukunft voraussichtlich verhindert wird.

 

4.2. Aufgrund der Überprüfungen wurde festgestellt, dass die oben angeführten Bestimmungen des Tierschutzgesetzes durch die Bw nicht oder nur teilweise eingehalten werden. Aus den Gutachten ergibt sich, dass die Rinder der Bw nur mangelhaft mit Futter- und Wasser versorgt worden waren. Dies ergibt sich aus dem festgestellten Ernährungszustand als "mindergut" und der Konsistenz des Tierkots, der als geldrollenartig beschrieben wurde. Obwohl die Bw bereits im Oktober darauf hingewiesen worden war, dass sie offensichtlich nicht mehr in der Lage ist, die von ihr gehaltenen Tiere im Sinne des Tierschutzgesetzes zu betreuen und zu versorgen, hat die Bw jedenfalls bis zur Nachkontrolle im Jänner 2008 nicht dafür Sorge getragen, dass sie durch geeignete Personen bei der Erhaltung der Tiere unterstützt wird. Auch wurde eine mangelhafte Anbindehaltung der Rinder aufgezeigt. Aus dem Befund ergibt sich darüberhinaus, dass zwar für die Beleuchtung der Bestallungen Glühbirnen vorgesehen sind, diese aber nicht ständig eingeschaltet sind, sondern erst während der vorgenommenen Kontrolle um 11.00 Uhr eingeschaltet wurden.

 

Aufgrund der Kontrolle und der persönlichen Gespräche des Amtstierarztes im Jänner 2008 mit der Bw wurde festgestellt, dass die Bw keinerlei Einsicht in das Grundbedürfnis der Tiere nach Wasser hat, weshalb mit einer Verbesserung der Tierhaltung durch die Bw selbst oder durch allenfalls durch sie beauftragte Dritte nicht zu rechnen ist.

Der Amtstierarzt bei der Bezirkshauptmannschaft Perg ging dagegen von einer Überforderung der Arbeitskraft bei der Betreuung der gehaltenen 15 Rinder aus und hielt eine Reduktion auf 5 Rinder für ein ausreichendes Betreuungsperson – Tier – Verhältnis für ausreichend.

Aufgrund der Telefonate der Bw, in denen sie immer wieder um Fristverlängerung ersuchte, und ihren Angaben in der schriftlichen Stellungnahme vom 9. April 2008 hatte auch das erkennende Mitglied den Eindruck, dass die Bw durch eine Vielzahl ihr obliegender Pflichten, u.a. wurden von ihr zu behebende Sturmschäden, Forstarbeit, die Betreuung der Schwester, etc. als Grund für das Ersuchen um Fristverlängerung angegeben, überfordert ist.

 

Aus den Gesamtumständen der Tierhaltung und dem Zustand der Tiere, der bei Kontrollen festgestellt wurde, geht hervor, dass sich teilweise ein eklatanter Widerspruch zu den Vorgaben des Tierschutzgesetzes und der zweiten Anlage der ersten Tierhalteverordnung ergibt. Dies resultiert offenbar aus der Überforderung der Arbeitskraft der Bw in Bezug auf die Betreuung der 15 von ihr gehaltenen Rindern, weil aufgrund einer Erkrankung ihrer Schwester, die lt. Angaben der Bw in die Betreuung involviert war, diese keine schweren Arbeiten mehr verrichten kann. Zugunsten der Bw wird daher davon ausgegangen, dass ihr nicht jede Einsicht in das Grundbedürfnis von Tieren fehlt, denn dies hätte ein generelles Tierhalteverbot zur Konsequenz und würde über den bekämpften Bescheid hinausgehen.  

 

Die rechtskräftige Verurteilung der Bw wegen Tierquälerei ist Bestandsvoraussetzung für ein Verbot gem. § 39 Abs. 1 TSchG und lag im Zeitpunkt der Entscheidung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat jedenfalls vor. Gemäß dieser Bestimmung war auch eine Befristung der vorgeschriebenen Maßnahme möglich, sodass bei Gewährleistung einer gesetzeskonformen Tierhaltung die Befristung aufgehoben werden kann.

Eine Reduktion der Anzahl der gehaltenen Rinder kann sich auch zugunsten der Bw auf die spezialpräventiven Gründe, die im Verfahren wegen Tierquälerei abgewogen werden, auswirken.

Der Spruch war zu korrigieren, und das Verbot der teilweisen Tierhaltung

(Reduktion auf 5 Rinder) zeitlich zu begrenzen, weil bei Verbesserung der Betreuungssituation der Grund für die Erlassung des Verbots der teilweisen Tierhaltung nicht mehr vorliegt. Ansonsten waren die Maßnahmen, die auf einen Zustand der gesetzeskonformen Tierhaltung gem. TschG abstellen, zu bestätigen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

 

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