Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163000/6/Sch/Ps

Linz, 21.05.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn R H, geb. am, H, D, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. R N, B, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10. Jänner 2008, Zl. VerkR96-8048-2007 Be, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrs­ordnung (StVO) 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16. Mai 2008 zu Recht erkannt:

 

I.                   Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.                Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 60 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10. Jänner 2008, Zl. VerkR96-8048-2007 Be, wurde über Herrn R H wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen, verhängt, weil er am 22. Juli 2007 um 19.16 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der A1 Westautobahn bei Strkm. 192,460 im Gemeindegebiet von Sattledt in Fahrtrichtung Wien gelenkt habe, wobei er die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten habe. Die gefahrene Geschwindigkeit betrug 208 km/h.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 30 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Die Verteidigungslinie des Berufungswerbers geht dahin, dass er zwar die Lenkereigenschaft zum Zeitpunkt der Anhaltung nicht in Abrede stellt, zwischen der Radarmessung der mit dem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit und der Anhaltung habe jedoch ein Fahrerwechsel stattgefunden gehabt.

 

Dazu ist seitens der Berufungsbehörde auszuführen:

Unbestritten ist, dass der Berufungswerber als Lenker eines Fahrzeuges auf der A1 Westautobahn, Richtungsfahrbahn Wien, bei der Autobahnraststätte Ansfelden Süd von einem Polizeibeamten – dieser wurde bei der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommen – angehalten worden war. Grund für die Anhaltung war die Meldung eines anderen Polizeibeamten, der im Bereich der Autobahnausfahrt Sattledt Radarmessungen durchgeführt hatte. Hiebei war ihm ein mit besonders hoher Fahrgeschwindigkeit die Messstelle passierendes Fahrzeug aufgefallen. Diesen Umstand hat er über Funk weiter gegeben, woraufhin der Meldungsleger, wie oben geschildert, eingeschritten ist. Bei der Anhaltung, und auch das ist unbestritten geblieben, hat der Berufungswerber mit keinem Wort darauf hingewiesen, dass er das Fahrzeug an der Messstelle nicht gelenkt hatte, sondern zwischenzeitig, angeblich auf dem Pannenstreifen, ein Fahrerwechsel erfolgt sei. Der Meldungsleger hatte daher auch keinen Grund, die beiden weiteren im Fahrzeug befindlich gewesenen Personen in irgendeiner Form in diese Richtung zu befragen. Für ihn war der nachvollziehbare Eindruck entstanden, dass niemand anderer als jene Person, die bei der Anhaltung das Fahrzeug gelenkt hatte, auch vorher, also bei der Messstelle, Lenker gewesen war. Der Berufungswerber hat daher, aus welchen Gründen auch immer, die erste sich bietende Gelegenheit, auf die – angeblich oder tatsächlich – vorher nicht vorgelegene Lenkereigenschaft seiner Person hinzuweisen, ungenützt gelassen.

 

Aufgrund der vom Meldungsleger der Tatortbehörde übermittelten Anzeige hat diese vorerst eine Strafverfügung erlassen, die vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers rechtzeitig beeinsprucht wurde. Begründend wurde ausgeführt:

"Der Beschuldigte hat die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen, er hat das Fahrzeug zum angegebenen Tatzeitpunkt am angegebenen Vorfallsort nicht gelenkt".

Auch in dieser Eingabe ist von einem konkreten anderen Lenker nicht die Rede.

 

Die Behörde hat hierauf – Schreiben vom 31. Oktober 2007 – gegenüber dem Berufungswerber eine Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 zur Lenkerbekanntgabe abgefertigt, wobei allerdings festzuhalten ist, dass dieser, wie schon aus der Polizeianzeige hervorgeht, nicht Zulassungsbesitzer des angefragten Fahrzeuges ist, vielmehr kommt diese Eigenschaft seinem Vater Mag. Dr. H H zu. Die gegenständliche Anfrage war daher an sich unzulässig, dieser Umstand wäre aber einer Auskunftserteilung im materiellen Sinn nicht entgegen gestanden. Nachdem dieser Fehler von der Erstbehörde insofern korrigiert worden war, als eine entsprechende Anfrage an den zutreffenden Zulassungsbesitzer ergangen war und dieser den Berufungswerber als Person, die die gewünschte Auskunft erteilen könne, benannt worden war, hat die Erstbehörde eine entsprechende Aufforderung an den Berufungswerber, allerdings zu Handen des ausgewiesenen Rechtsvertreters, abgefertigt. In seiner Stellungnahme dazu verweist Letzterer darauf, dass die Erteilung von Auskünften gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 nicht von der ihm seitens seines Mandanten eingeräumten Vollmacht erfasst sei und hat begründet mit diesem rein formellen Standpunkt keine inhaltliche Auskunft erteilt.

 

Bei der Berufungsverhandlung wurde der Rechtsmittelwerber – er war ohne Begleitung seines Rechtsvertreters erschienen – neuerlich nach dem angeblichen Lenker zum Messzeitpunkt befragt, auch hier entschlug sich der Genannte näherer Angaben.

 

Somit ist während der Amtshandlung, des gesamten erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahrens und des Berufungsverfahrens zu keinem Zeitpunkt konkret eine andere Person als Lenker zum Messzeitpunkt benannt worden. Es kann daher nur der einzig nachvollziehbare Schluss gezogen werden, dass der Berufungswerber der Lenker war.

 

Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die von einem Beschuldigten bei der ersten Vernehmung gemachten Angaben erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kommen (VwGH 25.06.1999, Zl. 99/02/0076 u.a.).

 

In diesem Sinne leidet die Glaubwürdigkeit des Berufungswerbers schon aus diesem Grunde sehr beträchtlich, da er bereits bei der Amtshandlung Gelegenheit gehabt hätte, auf die sehr wesentliche Frage der Lenkereigenschaft entsprechend einzugehen. Stattdessen hat er den vom Polizeibeamten erhobenen Vorwurf der vorangegangenen massiven Geschwindigkeits­überschreitung völlig unbestritten belassen.

 

Nicht einmal während des Verwaltungsstrafverfahrens ist er, wie schon oben ausführlich dargelegt, in Richtung eines anderen Fahrzeuglenkers konkret geworden.

 

Nach § 45 Abs.2 AVG ist eine Tatsache nicht erst dann als erwiesen anzunehmen, wenn sie mit absoluter Sicherheit erweislich ist. Es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlich ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.04.1995, Zl. 94/07/0033).

 

In diesem Sinne spricht faktisch alles für die Lenkereigenschaft des Berufungswerbers und kann daher diese als hinreichend erwiesen angesehen werden.

 

Die Lenkereigenschaft eines Beschuldigten kann – im Gegensatz zur offenkundigen Ansicht des Berufungswerbers – nicht nur im Wege einer Aufforderung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 ermittelt werden, vielmehr handelt es sich bei der Feststellung, wer ein Kfz gelenkt hat, um einen Akt der Beweiswürdigung iSd § 45 Abs.2 AVG (VwGH 29.03.1989, Zl. 88/03/0116, 0117 u.a.). In diesem Sinne ist die oben durchgeführte Beweiswürdigung erfolgt.

 

Hinsichtlich der Verlässlichkeit der gegenständlichen Geschwindigkeitsmessung mittels Radargerät wurden keine Einwände erhoben und können aus dem vorgelegten Verfahrensakt auch nicht die geringsten Hinweise in diese Richtung entnommen werden. Das Messergebnis kann daher als Beweismittel des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung gelten.

 

Zur Strafbemessung ist zu bemerken:

Der Berufungswerber hat die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h durch die von ihm eingehaltene Fahrgeschwindigkeit von 208 km/h höchst beträchtlich überschritten. Solche Geschwindigkeits­überschreitungen unterlaufen einem Fahrzeuglenker keinesfalls mehr versehentlich, sondern sie werden bewusst in Kauf genommen. Ein derartig gravierendes Delikt kann nur vorsätzlich begangen werden, gleichgültig, ob in dem verwendeten Fahrzeug bei der hohen Geschwindigkeit auffällige Motor- oder Außengeräusche wahrnehmbar sind oder nicht. Ein Fahrzeuglenker darf bekanntlich die gefahrene Geschwindigkeit nicht seinem Gehör anvertrauen, sondern steht ihm hiefür der Geschwindigkeitsmesser des Fahrzeuges zur Verfügung.

 

Angesichts dieser Erwägungen ist die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro keinesfalls als überhöht anzusehen. Hiebei wurde der dem Berufungswerber zukommende Milderungsgrund der verwaltungs­straf­rechtlichen Unbescholtenheit hinreichend berücksichtigt.

 

Auch wenn man davon ausgeht, dass der Berufungswerber als Student über kein nennenswertes selbständiges Einkommen in Geld verfügt, muss ihm die Bezahlung der Verwaltungsstrafe zugemutet werden, da auch Unterhalts­leistungen, etwa Kost und Logis seitens der Eltern, Berücksichtigung zu finden haben (VwGH 09.03.1988, Zl. 87/03/0279).

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

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