Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522004/7/Sch/Ps

Linz, 14.08.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn G H, geb., K, W, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. W D, Dr. H M, Mag. A D M.B.L. und Dr. E R M.B.L., K, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 5. Juni 2008, Zl. VerkR.07/416950, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und anderen Maßnahmen zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Bescheid vom 5. Juni 2008, Zl. VerkR.07/416950, die Herrn G H am 31. Juli 2000 erteilte Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 24 Monaten, gerechnet ab 11. Juni 2008 – Zustellung des Bescheides –, mangels Verkehrszuverlässigkeit entzogen. Für die selbe Dauer wurde ihm das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges ausdrücklich verboten. Außerdem wurde dem Berufungswerber das Recht aberkannt, während der Dauer der Entziehung von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Verfügt wurde zudem der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid.

Als Rechtsgrundlagen für die obigen Maßnahmen wurden die §§ 24 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z3, Z9 und Abs.4, 32 Abs.1, 30 Abs.1 und andere Führerscheingesetz (FSG) sowie § 64 ABs.2 AVG angeführt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 67d Abs.2ff AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber ist mit Urteil des Bezirksgerichtes L vom 16. Juli 2008, Zl. U 27/07b, wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung nach § 80 StGB zu einer teilbedingten Geldstrafe verurteilt worden. Er hat demnach am 4. August 2007 gegen 16.45 Uhr in Oberneukirchen als Lenker eines Pkw dadurch, dass er beim Linksabbiegen von der Waxenbergerstraße zum Feuerwehrzeughaus den Vorrang des entgegenkommenden, von F E gelenkten Pkw missachtete, fahrlässig den Tod des F E herbeigeführt, da dadurch beide Fahrzeuge annähernd frontal kollidierten, wobei F E derart schwer am Körper verletzt wurde, dass er am Morgen des 6. August 2007 verstarb.

 

Das der Berufungsbehörde vom Gericht übermittelte Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.

 

Der hier verfahrensgegenständliche Entziehungsbescheid ist von der Erstbehörde vor Fällung des Urteils ergangen. Im Wesentlichen stützt sich dieser Bescheid auf die Annahme bzw. Feststellung, der Berufungswerber habe ein besonders gefährliches Verhalten an den Tag gelegt. Dies sei durch den Verkehrsunfall nachdrücklich dokumentiert. Die Behörde zitiert im Hinblick auf das Vorliegen von besonders gefährlichen Verhältnissen ein Judikat des Verwaltungsgerichts­hofes aus dem Jahr 1985.

 

In dem erwähnten Gerichtsurteil vom 16. Juli 2008 ist allerdings von besonders gefährlichen Verhältnissen nicht die Rede und wurde die Tat vom Gericht auch nicht unter die Bestimmung des § 81 StGB subsumiert.

 

Der Berufungswerber war nämlich weder alkoholbeeinträchtigt noch können dem Aktenvorgang irgendwelche anderen Sachverhaltselemente entnommen werden, die auf eine besondere Gefährlichkeit der Tat hindeuteten. Vielmehr handelte es sich um eine "bloße" Vorrangverletzung, wenngleich mit tödlichen Folgen für den Zweitbeteiligten. Aus letzterem Umstand kann aber nicht die besondere Gefährlichkeit des Verhaltens des Berufungswerbers abgeleitet werden, da es auf das Ausmaß von Unfallfolgen nicht ankommt (VwGH vom 20.02.2001, Zl. 91/11/0317, u.a.).

 

Schließlich spricht gegen die Rechtsansicht der Erstbehörde auch die demonstrative Aufzählung jener Umstände in § 7 Abs.3 Z3 FSG, die an sich geeignet sind, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen. Hieraus kann schlüssig abgeleitet werden, dass zu dem an sich schon strafbaren Verhalten noch ein zusätzlicher Faktor hinzukommen muss, der die besondere Gefährlichkeit herbeizuführen geeignet ist, etwa die Begehung bestimmter Delikte vor Einrichtungen, die von Kindern frequentiert werden, auf Schutzwegen, bei schlechten Sichtverhältnissen etc.. Somit kann, auf den konkreten Fall bezogen, nicht jede Vorrangverletzung – mögen die Folgen auch dramatisch sein – sogleich zur Entziehung der Lenkberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit führen.

 

Aus Anlass der Berufung war daher der angefochtene Bescheid zur Gänze zu beheben, unabhängig davon, dass das Rechtsmittel primär gegen die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung gerichtet war (VwGH vom 30.01.1996, Zl. 95/11/0383, u.a.).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

S c h ö n

 

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