Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-590197/4/SR/Sta

Linz, 02.12.2008

 

 

 

 

B  E  S  C  H  L  U  S  S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Alfred Grof, Beisitzerin Mag. Gerda Bergmayr-Mann, Berichter Mag. Christian Stierschneider) über die Berufungen des Dipl. Volkswirtes H O, des G K, der M R, der H P, des G P, der H D, der H B, des H H, des J K, der E R, des K R, des Dipl. Ing. B S und der C P gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 2. Oktober 2008, SanRB-121509/5-2008-Hau, wegen der Anordnung von Maßnahmen nach dem Bundesgesetz über Sicherheitsanforderungen und weitere Anforderungen an Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher (Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG), BGBl I Nr. 13/2006, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 121/2008, wie folgt beschlossen:

 

 

 

Die Berufungen werden als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG; § 39 LMSVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat mit Bescheid vom 2. Oktober 2008, GZ.: SanRB-121509/5-2008-Hau, der "Wasserversorgung der Wasser­gemeinschaft S" gemäß § 39 Abs. 1 Z. 12 LMSVG iVm. § 5 Abs. 2 und 4 der Trinkwasserverordnung, BGBl. II Nr. 3004/2001, zuletzt geändert mit BGBl. II Nr. 121/2007, wie folgt aufgetragen:

 

"1. Der Wassergemeinschaft S wird aufgetragen Befunde und Gutachten der letzten 5 Jahre über allfällig durchgeführte Untersuchungen gemäß Anhang II Trinkwasserverordnung betreffend das Wasser der Wassergemeinschaft S der zuständigen Behörde (Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/Lebensmittelaufsicht, Bahnhofplatz 1, 4021 Linz) bis spätestens 31. Oktober 2008 vorzulegen.

2. In der Folge sind Untersuchungen des Wassers gemäß dem Untersuchungsumfang und den Untersuchungshäufigkeiten nach Anhang II Trinkwasserverordnung von der Agentur gemäß § 65 LMSVG, den Untersuchungsanstalten der Länder gemäß § 72 LMSVG oder von einer gemäß   § 73 LMSVG hiezu berechtigten Person durchführen zu lassen. Befund und Gutachten darüber sind unverzüglich der unter Punkt 1. genannten Behörde vorzulegen."     

 

In der Begründung führt die belangte Behörde einleitend aus, dass die "Wassergemeinschaft S" wiederholt aufgefordert worden sei, der Untersuchungspflicht gemäß 3 5 Z. 2 Trinkwasserverordnung nachzukommen und Befunde und Gutachten darüber der zuständigen Behörde vorzulegen. Dieser Aufforderung sei die "Wassergemeinschaft S" nicht nachgekommen.

 

Mit Schreiben vom 25. August 2008 sei der "Wassergemeinschaft S" daher mitgeteilt worden, dass eine bescheidmäßige Vorschreibung der Untersuchungen beabsichtigt sei und der Wassergemeinschaft gemäß § 45 AVG die Gelegenheit eingeräumt werde, dazu binnen 3 Wochen Stellung zu nehmen. Das Schreiben wurde allen Berufungswerbern zugestellt.  

 

Innerhalb offener Frist habe der Berufungswerber Dipl. Volkswirt H O ausgeführt, dass er kein "Mit-Betreiber" einer Wasserver­sorgungsanlage sei, sondern lediglich für seine Liegenschaft S ein grundbücherlich sichergestelltes Recht der "Brunnen-Mitbenützung" an der Liegenschaft EZ  (Eigentümerin M R) habe. Weiters habe der Berufungswerber G K in Vertretung der Liegenschaftseigentümer im Wesentlichen vorgebracht, dass die Liegenschaftseigentümer kein Unternehmen im Sinne der lebensmittelrechtlichen Vorschriften seien, eine Gemeinschaft nicht vorliege und keiner der betroffenen Liegenschaftseigentümer Wasser für irgendeine Gemeinschaftsversorgung abgebe oder in Verkehr bringe. Das Wasser werde von den Liegenschaftseigentümern ausschließlich für deren familiäre Zwecke genutzt. Alleine der Umstand, dass das Wasser aus einer Quelle bezogen werde, mache die einzelnen Liegenschaftseigentümer noch zu keiner Gemeinschaft. Eine Gemeinschaft nach bürgerlichem Recht liege dann vor, wenn das Eigentum an der nämlichen Sache mehreren Personen ungeteilt zukommen würde. Es werde aber behauptet, dass keine Merkmale einer Gemeinschaft bei der "Wassergemeinschaft S" gegeben seien. Eine Wasseruntersuchung sei jedoch freiwillig und zeitgerecht durchgeführt worden. Das Wasser sei für den menschlichen Gebrauch uneingeschränkt nutzbar. Die Vorlage des Untersuchungsbefundes sei jedoch unterblieben, um die Erlassung eines Bescheides zu erwirken.

 

Nach Darlegung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der Verweise auf das Vorbringen der Berufungswerber geht die belangte Behörde davon aus, dass von den Berufungswerbern im Wesentlichen ein Brunnen, eine gemeinsame Ableitung und ein gemeinsamer Hochbehälter zur Wasserversorgung gemeinschaftlich genutzt werde. Der Gesetzgeber habe durch die Erweiterung des Begriffes des Inverkehrbringens "genau diese Gemeinschaftsversorgungen, bei denen die Versorgung einer Gemeinschaft von mehreren Personen vorliege", erfassen wollen und daher sei es unerheblich, auf  welche Rechte sich das Recht zur Wasserentnahme stütze. Daran vermöge "auch das mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 20. Februar 2008, Wa-244/1992-Pu festgestellte Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes nichts zu ändern, da hier wasserrechtliche Vorschriften gelten" würden. Das Vorliegen eines familiären Verbandes werde nicht behauptet und der Einwand, dass   jeder Liegenschaftseigentümer das Wasser nur für seinen familiären Verbrauch zuleite, sei "für das Bestehen einer Gemeinschaftsversorgung nicht mehr von Bedeutung".

 

Aufgrund des aufgezeigten Sachverhaltes sei die bescheidmäßige Anordnung der im Spruch "angeführten Maßnahmen" erforderlich gewesen. Die angeführten "Maßnahmen" seien verhältnismäßig und die Durchführung zumutbar. 

 

2. Der vorliegende Bescheid weist als Adressatin und Verpflichtete die "Wassergemeinschaft S" auf und wurde den Berufungswerbern teilweise am 7. bzw. am 8. Oktober 2008 mit RSb zugestellt. Innerhalb offener Frist haben diese das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und die ersatzlose Bescheidaufhebung beantragt.  

 

Begründend wird im Wesentlichen vorgebracht, dass eine "Wassergemeinschaft
S" nicht existiere und das LMSVG nicht anwendbar sei, da die Berufungswerber keine Unternehmer im Sinne des § 1 Abs. 1 LMSVG wären und das Wasser ausschließlich für den häuslichen Gebrauch verwendet werde. Auch liege kein Inverkehrbringen nach § 3 Z. 9 LMSVG vor, da keiner der Berufungswerber Wasser für Zwecke einer Gemeinschaftsversorgung abgebe.

 

Nach weitergehenden Ausführungen (Wassergemeinschaft, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Vorlage von Untersuchungsergebnissen der letzten fünf Jahre, Androhung von Verwaltungsstrafen) weisen die Berufungswerber darauf hin, dass der Bescheid keinen "Bescheidadressaten" enthalte und nur an "mehrere Privatpersonen" ergangen sei. Es lasse sich der Zustellung kein Hinweis entnehmen, dass diese in einem Zusammenhang mit der "Wassergemeinschaft S" stehe.    

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Landeshauptmannes von Oberösterreich zu Zl. SanRB-121509/5-2008-Hau; da sich bereits daraus der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ und im Wesentlichen nur Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 8 AVG sind Personen, auf die sich die Tätigkeit der Behörde  bezieht, Beteiligte und insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

 

Nach § 9 AVG ist die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen, wenn die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen.

 

Die materielle Rechtsfähigkeit, d.h. die abstrakte Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten des materiellen Rechts (Zwangnormen) zu sein, begründet nach § 9 AVG die Parteifähigkeit (Prozessrechtsfähigkeit), d.h. die Fähigkeit Träger von prozessualen Rechten und Pflichten zu sein. Die Rechtsfähigkeit juristischer Personen ergibt sich aus § 26 ABGB. 

 

Verfahrensakte gegen eine nicht existente natürliche oder juristische Person, d.h. gegen Rechtsunfähige, sind unwirksam.

 

4.2.1. Die belangte Behörde dürfte davon ausgegangen sein, dass es sich bei der "Wassergemeinschaft S" um eine juristische Person handelt, und hat dieser in den Spruchpunkten 1 und 2 des angefochtenen Bescheides "Aufträge" erteilt.

 

4.2.2. Ein Blick in das Wasserrechtsgesetz 1959 – WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959, zuletzt geändert durch die WRG-Nov 2006, BGBl. I Nr. 123/2006, zeigt, dass diesem "Wassergemeinschaften" fremd sind.

 

Jedoch hat das WRG im § 74 die Bildung und die Erlangung der Rechtspersönlichkeit von Wassergenossenschaften geregelt.

 

Für die Bildung einer Wassergenossenschaft sind zwei Akte erforderlich: zum einen der Beschluss der Beteiligten, zum anderen der Genehmigungsbescheid der Wasserrechtsbehörde. Rechtspersönlichkeit erlangt die vereinbarte Genossenschaft daher erst mit der behördlichen Anerkennung. Daher kann beispielsweise einer erst in Bildung begriffenen Wassergenossenschaft mangels Rechtspersönlichkeit keine wasserrechtliche Bewilligung erteilt werden (siehe O, WRG2 2007, § 74, Rz 2; VwGH vom 31.1.1984, 83/07/0062).

 

Unstrittig liegt im vorliegenden Fall keine Wassergenossenschaft nach dem WRG vor. Eine Rechtsfähigkeit kann daher nicht aus dem WRG abgeleitet werden.

 

Aus dem Vorlageakt ergibt sich auch sonst kein Hinweis, der auf eine juristische Person und deren Rechtsfähigkeit schließen ließe. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich bei den Berufungswerbern um eine bloße Interessensgemeinschaft handelt, die jedoch keine juristische Person darstellt. Selbst wenn eine "Gesellschaft bürgerlichen Rechts" vorliegen würde, wäre diese nicht parteifähig, da es sich dabei um keine juristische Person handelt.

 

4.2.3. Die vorliegenden "Aufträge" müssen daher, soweit sie gegenüber der "Wassergemeinschaft S" erlassen wurden, als unwirksam angesehen werden, da es sich bei der "Wassergemeinschaft S" um keine existente juristische Person handelt.

 

4.3. Wie der Zustellverfügung dieses Bescheides zu entnehmen ist, hat die belangte Behörde inkonsequenterweise die Zustellung dieser nicht an die "Wassergemeinschaft S" als Normadressaten und Verpflichteten, sondern an die Berufungswerber verfügt.

Durch die Zustellung des vorliegenden Bescheides, dessen normativer Ausspruch sich ausschließlich an eine nicht existente juristische Person richtet, können die Berufungswerber jedoch keinesfalls zu dem in den Spruchpunkten  1 und 2 aufge­tragenen Verhalten verpflichtet werden.

 

Der ihnen gegenüber erlassene Bescheid kann daher keine Rechtswirkungen entfalten und ist als "ins Leere gegangen" zu betrachten.

 

Da eine Rechtsverletzung der Berufungswerber somit nicht einmal ansatzweise möglich ist, waren die Berufungen mangels Rechtsschutzinteresses zurückzuweisen.

 

4.4. Auf die weitergehenden Fragen (Anwendungsbereich des LMSVG; stellt die Vorlageverpflichtung überhaupt eine Maßnahme dar; usw.) war bei diesem Ergebnis nicht mehr einzugehen.  

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von  220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Bundesstempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro
je Berufungswerber angefallen. Entsprechende Zahlscheine liegen bei.

 

 

Dr. Grof

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum