Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390241/5/SR/Sta VwSen-390242/5/SR/Sta

Linz, 14.01.2009

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Christian Stierschneider über die Berufungen des 1) F S und 2) der MP GmbH, beide vertreten durch die P E H B Rechtsanwälte GmbH, E,  S, gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 28. März 2008, GZen 1) BMVIT-635.540/0430/07, 2) BMVIT-635-540/0501/07, 3) BM VIT-635-540/0514/07, 4) BMVIT-635-540/0569/07, 5) BMVIT-635-540/0555/07, 6) BMVIT-635-540/0462/07, 7) BMVIT-635-540/0467/07, 8) BMVIT-635-540/0563/07, 9) BMVIT-635-540/0551/07, 10) BMVIT-635-540/0568/07, 11) BMViT-635-540/0566/07, 12) BMVIT-635-540/0557/07, 13) BMVIT-635-540/0546/07, 14) BMVIT-635-540/0543/07,  15) BMVIT-635-540/0510/07, 16) BMVIT-635-540/0502/07, 17) BMVIT-635-540/0544/07, 18) BMVIT-635-540/0541/07, 19) BMVIT-635-540/0567/07, 20) BMVIT-635-540/0548/07, 21) BMVIT-635-540/0507/07, 22) BMVIT-635-540/0508/07, 23) BMVIT-635-540/0553/07, 24) BMVIT-635-540/0499/07, 25) BMVIT-635-540/0574/07, 26) BMVIT-635-540/0562/07, 27) BMVIT-635-540/0559/07, 28) BMVIT-635-540/0552/07, 29) BMVIT-635-540/0556/07, 30) BMVIT-635-540/0550/07, 31) BMVIT-635-540/0558/07, 32) BMVIT-635-540/0564/07, 33) BMVIT-635-540/0547/07, 34) BMVIT-635-540/0573/07, 35) BMVIT-635-540/0561/07, 36) BMVIT-635-540/0554/07, 37) BMVIT-635-540/0542/07, 38) BMVIT-635-540/0540/07, 39) BMVIT-635-540/0565/07 und  40) BMVIT-635-540/0539/07 wegen Übertretungen nach dem Telekommunikationsgesetz 2003, BGBl. I Nr. 70/2003, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 133/2005 zu Recht erkannt und beschlossen:   

Der Berufung des F S wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Die Berufung der MP GmbH wird als verspätet zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24, 45 und 66 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. §§ 63 Abs. 5 und 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungs­ver­fahrens­gesetz 1991 – AVG;

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 28. März 2008, GZen (siehe Präambel),  wurde der Berufungswerber F S (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Hr. F S hat es als Geschäftsführer, und damit als gem. § 9 Abs. 1 VStG, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001, zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Fa. M GmbH, A, S, zu verantworten, dass entgegen § 107 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz 2003, BGBl, I Nr. 70/2003, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 133/2005, durch dieses Unternehmen die nachstehend angeführten Werbeanrufe (Werbung für billigeren Telefontarif und für Vertragsabschluss mit der Fa. M GmbH) durchgeführt wurden, indem Mitarbeiter von vertraglich beauftragten Vertriebspartnern Werbegespräche mit den nachstehenden angeführten Personen geführt haben, ohne dass der jeweils angerufene Teilnehmer oder eine Person, welche vom Teilnehmer zur Benützung seines Anschlusses ermächtigt wurde, eine vorherige Einwilligung zu diesem Anruf erteilt hat, und zwar:

 

1) am 15.10.2007 um ca. 09:00 Uhr bei Frau U-H A, R, S, unter der Telefonnummer

2) am 10.09.2007 um die Mittagszeit bei Frau B A, K, R, unter der Tel. Nr.

3) am 31.08.2007 um 11.30 Uhr bei Herrn W F, S,  N, unter der Tel. Nr.

4) am 06.09.2007 um ca. 12:40 Uhr bei Herrn Dl G S, A K, F, unter der Tel. Nr.

5) am 17.09.2007 zwischen 10:55 und 11.15 Uhr bei Frau E T, K, A, unter der Tel. Nr.,

6) am 23.10.2007 um ca. 10.30 Uhr bei Herrn G M, S, W, unter der Tel. Nr.

7) am 22.10.2007 zwischen 12:00 und 13:00 Uhr bei Herrn J S, I, W, unter der Tel. Nr.

8) am 23.10.2007 am Vormittag bei Herrn K W, K, W, unter der Tel. Nr.

9) am 22.10.2007 um ca. 11:00 Uhr bei Herrn A M, M, H., unter der Tel. Nr.

10) am 20.09.2007 um 11:00 Uhr bei Frau W M, H, E, unter der Tel. Nr.

11) am 20.10.2007 um ca. 12:00 Uhr bei Herrn P K, K, S, unter der Tel. Nr.

12) am 24.10.2007 um 14:00 Uhr bei A H, T,  S, unter der Tel. Nr.

13) am 20.09.2007 um 11:34 Uhr bei Herrn G O, H, B, unter der Tel. Nr.

14) am 15.10.2007 um ca. 11:00 Uhr bei Frau A S, L B, M unter der Tel. Nr.

15) am 02.10.2007 um 18:00 Uhr bei Herrn P R, B,  P, unter der Tel. Nr.

16) am 31.10.2007 um 10:00 Uhr bei Frau S T, M,  L, unter der Tel. Nr.

17) am 06.11.2007 um 14:30 Uhr bei Herrn R H, K, G, unter der Tel. Nr.

18) am 07.11.2007 um ca. 10:30 Uhr bei Herrn H T, W, P, unter der Tel. Nr.

19) am 06.11.2007 um 08:45 Uhr bei Frau Mag. I M, S, G, unter der Tel. Nr.

20) am 05.11.2007 um ca. 11:00 Uhr bei Frau A S, U, N, unter der Tel. Nr.

21) am 22.11.2007 um 15:30 Uhr bei Herrn H B, K,  R, unter der Tel. Nr.

22) am 22.11.2007 um 11:45 Uhr bei Frau S L, H, H, unter der Tel. Nr.

23) am 14.11.2007 um 13:37 Uhr bei Frau B S, B,  S, unter der Tel. Nr.

24) am 15.11.2007 um 10:13 Uhr bei Herrn L H, W,  G, unter der Tel. Nr.

25) am 27.11.2007 um ca. 15:00 Uhr bei Frau A S, L, E, unter der Tel. Nr.

26) am 16.11.2007 um ca. 12:00 Uhr bei Herrn M B, B, W, unter der Tel. Nr.

27) am 06.11.2007 um 19:30 Uhr bei Herrn J W, F, G, unter der Tel. Nr.

28) am 20.11.2007 um 13:30 Uhr bei Frau T L, P, F, unter der Tel. Nr.

29) am 20.11.2007 um ca. 13:30 Uhr bei Herrn G W, H,  S, unter der Tel. Nr.

30) am 26.11.2007 um 12:55 Uhr bei Herrn H O, F, G, unter der Tel. Nr.

31) am 30.11.2007 um 09:11 Uhr bei Herrn J D, S, S unter der Tel. Nr.

32) am 03.12.2007 um 11:00 Uhr bei Herrn H E, B, H, unter der Tel. Nr.

33) am 03.12.2007 um 10:13 Uhr bei Herrn P U, I J,  U, unter der Tel. Nr.

34) am 04.12.2007 nachmittags bei Frau H K, A S,  W, unter der Tel. Nr.

35) am 06.12.2007 um 14:20 Uhr bei Frau E R, P, R, unter der Tel. Nr.

36) am 06.12.2007 um 13:15 Uhr bei Herrn C S, H, F, unter der Tel. Nr.

37) am 11.12.2007 um 14:00 Uhr bei Herrn B H, K, H., unter der Tel. Nr.

38) am 10.12.2007 um 18:00 Uhr bei Frau M S, P,  L, unter der Tel. Nr.

39) am 11.12.2007 um 16:15 Uhr bei Herrn T W (W KG), S,  H, unter der Tel. Nr.

40) am 13.12.2007 um 13:30 Uhr bei Herrn J G, H, B, unter der Tel. Nr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

Zu 1) bis 40) jeweils § 107 Abs. 1 iVm § 109 Abs. 3 Zif. 19 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl. I Nr. 70/2003, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 133/2005

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

 

Geldstrafe von:       

 

Zu 1) bis 5) jeweils 200.- Euro (Gesamt: 1000.- €)

 

 

 

Zu 6) bis 40) jeweils 500.- Euro (Gesamt: 17,500.-€)

Insgesamt daher:

 

18,500.- Euro

 

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von    

jeweils 12 Stunden (Gesamt 60 Stunden; bzw. 2 Tage und 12 Stunden)

 

jeweils 30 Stunden (Gesamt 1050 Stunden; bzw. 43 Tage und 18 Stunden)

Insgesamt daher:          1110 Stunden

bzw. 46 Tage und 6 Stunden

 

          gemäß

 

§ 109 Abs. 3 Zif. 19 TKG

 

 

 

§ 109 Abs. 3 Zif. 19 TKG

 

 

 

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

1850.- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet).

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 20,350.- Euro."

 

Begründend führte die belangte Behörde in der Sachverhaltsfeststellung u.a. aus, dass der Geschäftsführer der Firma S & E in G, ein Vertriebspartner der MP GmbH bestätigt habe, dass die Firma S & E auf Grund vertraglicher Vereinbarungen mit Kundenakquisition beauftragt worden sei, die Werbeanrufe aber von Agenturen, die von C beauftragt wurden, durchgeführt worden seien. Von der "Fernmeldebehörde G" sei ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Geschäftsführer der Firma S & E eingeleitet worden. Nach ausführlicher Sachverhaltswiedergabe stellte die belangte Behörde fest, dass sich die MP GmbH zum Zwecke der Kundenakquisition eines "Pyramidenvertriebssystems" bediene. Durch das Pyramidenvertriebssystem sei eine jederzeitige Widerrufsmöglichkeit nicht gewährleistet und Einwilligungen, welche anderen Unternehmen gegenüber abgegeben worden seien, seien keine Zustimmungen im Sinne des § 107 TKG. 

 

Vertraglich sei die "VSR" zu Geschäftsabschlüssen entsprechend den Weisungen der MP GmbH beauftragt und berechtigt worden, Untervertriebspartner einzusetzen. Dabei sei vertraglich festgehalten worden, dass die Anrufe gesetzeskonform vorzunehmen seien. Da die MP GmbH ihr gegenüber abgegebene "Einwilligungen" zu Anrufen nicht vorgelegt habe, sei von einem Nichtvorhandensein der Einwilligungen auszugehen.

 

In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, dass sie örtlich zuständig sei, da die Gesetzesverletzungen der MP GmbH zuzurechnen seien, als Tatort der Sitz des Unternehmens anzusehen sei, "auch wenn der tatsächlich durchgeführte Anruf von einem anderen Ort (durch einen Untervertriebspartner) durchgeführt" worden wäre. Aufgrund der Rufnummernunterdrückung habe der anrufende Teilnehmer und damit auch nicht der Ort des Anrufes festgestellt werden können. "Dem Rechtsschutzbedürfnis des Beschuldigten sei aber ausreichend insofern entsprochen, als der Beschuldigte durch die sonstige Tatumschreibung (Datum, Uhrzeit, betroffener Telefonanschluss, betroffener Teilnehmer) nicht Gefahr laufe ein weiteres Mal wegen derselben Gesetzesverletzung zur Verantwortung gezogen zu werden".

 

Auf Grund der Anzeigen qualifizierte die belangte Behörde die Anrufe als Werbeanrufe und rechnete diese mit Hinweis auf den mit der T A AG geschlossenen Vergleich der MP GmbH zu. Ergänzend führte die belangte Behörde dazu aus, dass die Anrufe aufgrund der vorliegenden Auftragsverhältnisse im Namen der MP GmbH stattgefunden hätten, der Beschuldigte als Vertreter der MP GmbH durch sein Verhalten, insbesondere auch dadurch, dass die von der Firma R angekauften Daten über Auftrag oder zumindest über Duldung der MP GmbH verwendet worden seien, die unzulässigen Werbeanrufe daher ursächlich veranlasst habe und diese der MP GmbH somit unmittelbar zuzurechnen seien. Der Beschuldigte gehe selbst davon aus, dass "die Vertriebspartner" an seine Weisungen gebunden seien. "Diese seien zwar formalrechtlich selbstständige Unternehmen", hinsichtlich der Werbeanrufe aber weisungsgebunden und gehalten, nach einem vorgegebenen Drehbuch vorzugehen. Die Vertragspartner (Untervertriebspartner) seien daher als Erfüllungsgehilfen der MP GmbH anzusehen und deren rechtswidriges Handeln der MP zuzurechnen. In der Eingabe vom 6. Februar 2008 habe der Beschuldigte angeführt, dass die "Vertriebspartner" ausdrücklich angewiesen worden seien, ausschließlich Kunden anzurufen, welche eine Zustimmungserklärung erteilt haben. "Aus diesem Weisungsverhältnis, welches rechtlich nicht anders zu beurteilen" sei, "als wenn die Werbeanrufe durch Mitarbeiter der MP unmittelbar durchgeführt worden wären, leite sich ab, dass die Anrufe der MP zuzurechnen sind".

Bei der Einrichtung eines derartigen Vertriebssystems hätte der Beschuldigte dafür sorgen müssen, dass auch ein entsprechendes wirkungsvolles Kontrollsystem eingerichtet werde. Die in den Verträgen vorgesehenen Pönalzahlungen könnten ein funktionierendes Kontrollsystem nicht ersetzten und der Beschuldigte könne sich durch diese vertraglichen Vereinbarungen nicht seiner ihn obliegenden Verpflichtungen befreien. Weiters führte die belangte Behörde aus:

"Durch die vertragliche Ermächtigung an die VSR, Untervertriebspartner in einem Pyramidenvertriebssystem einzusetzen, wobei der Beschuldigte keinen unmittelbaren Zugriff auf den jeweiligen Vertragspartner mehr hat, um ordnend eingreifen zu können, trifft ihn jedenfalls ein Verschulden, weil er es unterlassen hat, gleichzeitig mit der Einrichtung dieses Vertriebssystems auch für ein dementsprechendes wirksames Kontrollsystem zu sorgen."  

Im Anschluss daran setzte sich die belangte Behörde mit dem Verschulden des Beschuldigten auseinander und legte anschließend dar, warum den Beweisanträgen des Beschuldigten nicht nachzukommen war. 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, welches den Rechtsvertretern des Beschwerdeführers am 3. April 2008 und den Rechtsvertretern der MP GmbH am 2. April 2008 zugestellt wurde, richten sich die in einem Schriftsatz gemeinsam verfassten und am 17. April 2008 per E-Mail bei der belangten Behörde eingebrachten Berufungen. Im Gegensatz zur rechtzeitig eingebrachten Berufung des Bw ist jene der MP GmbH als verspätet anzusehen.   

 

Nach allgemeinen Ausführungen zum Unternehmen, der Wirtschaftslage und den gerichtlichen Auseinandersetzungen mit der T A TA AG führt der Berufungswerber aus, dass man versuchen würde, Kunden unter anderem im sogenannten Telefonmarketing zu werben. Dazu würde man sich eigenständiger Call-Center bedienen.

 

Die Betreiber dieser Call-Center seien Vertriebspartner. Diese Vertriebspartner würden als Call-Center sogenannte "Call-Center-Agents", das sind jene Mitarbeiter, die letztlich die Telefonate mit den Kunden führen würden, beauftragen. Die erfolgten Anrufe würden gemäß eines streng vorgegebenen "Drehbuchs" mit einem Gesprächsleitfaden, in welchem genau vorgeschrieben sei, wie die Vertriebspartner gegenüber dem Kunden aufzutreten hätten, erfolgen. Für den telefonischen Vertragsabschluss existiere ein zweites "Drehbuch". Allfällige telefonische Vertragsabschlüsse würden mittels Tonband aufgenommen und zur weiteren Prozesssicherung von einer namentlich genannten Basler Firma auf ihre Eindeutigkeit hin überprüft. Nicht völlig zweifelsfreie Anmeldungen würden ausgeschieden werden.

 

Weder Mitarbeiter der MP GmbH noch Mitarbeiter von Vertriebspartnern würden irreführende Angaben tätigen. Der Vorwurf des sogenannten "Cold-Callings" sei völlig ungerechtfertigt. Die beauftragten Vertriebspartner würden zur Führung des Telefonmarketings Kundenadressen von der Firma "R" (einem Adressverlag) ankaufen. Dieser Adressverlag erhalte die Kundenadressen in der Regel über Preisausschreiben. Die Kunden würden die Zustimmung zur Verarbeitung und Weitergabe ihrer Daten sowie zur telefonischen Kontaktaufnahme durch Unternehmen erteilen. Die Vertragspartner bzw. deren Call-Center-Agents seien angewiesen, keine wie immer gearteten irreführenden Angaben zu tätigen und diesen seien Kündigungen angedroht bzw. mittlerweile auch Verträge beendet worden. Die Vertriebspartner würden ihre Mitarbeiter laufend schulen, weitere zusätzliche Maßnahmen seien nicht zumutbar und es treffe den Bw kein wie immer geartetes Verschulden.

 

Die Vorwürfe der belangten Behörde  und die bezughabenden Ausführungen im Straferkenntnis seien unrichtig. Der Bw gehe davon aus, dass die Vertriebspartner über die Erlaubnis verfügen würden, die betroffenen Personen jeweils telefonisch kontaktieren zu dürfen.

 

Offenkundig auf Grund einer irrigen Rechtsansicht habe die belangte Behörde sämtliche gestellten Beweisanträge abgewiesen. Offenbar gehe die belangte Behörde von einer Beweislastumkehr aus. Tatsache sei, dass im Verwaltungsstraf­verfahren dem Beschuldigten ein schuldhaft gesetztes tatbestandsmäßiges Verhalten nachzuweisen sei; es sei denn, es handle sich um ein Ungehorsamsdelikt und der Beschuldigte habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihn kein Verschulden treffe.

 

Im gegenständlichen Fall sei schlüssig begründet worden, dass (wenn überhaupt) die vom Bw eingesetzten Vertriebspartner bzw. deren Call-Center-Agents verantwortlich wären. Ferner sei auf Grund der Vertragslage davon auszugehen, dass sämtliche Zustimmungserklärungen vorlägen. Deshalb seien auch die Verträge mit den Vertriebspartnern offen gelegt worden.

 

Die vom Gesetzgeber geforderte Glaubhaftmachung der Unschuld sei daher erfolgt. Sohin habe die belangte Behörde nachzuweisen, dass die betreffenden Anzeiger keine Zustimmung zu einem Telefonanruf erteilt haben.

 

Dem gegenüber habe sich die belangte Behörde, ohne auch nur das geringste Beweisverfahren durchzuführen, auf die vorliegenden Anzeigen verlassen. Ferner habe sich die belangte Behörde  nicht damit auseinandergesetzt, wer den Tatbestand des Cold-Collings tatsächlich erfüllt habe. Da sich der Bw selbstständiger Vertriebspartner bedient und diese wiederum selbstständige Call-Center-Agents eingesetzt haben, sei die unmittelbare Tatbegehung dem Bw nicht vorwerfbar. Wenn überhaupt käme nur eine Beitragstäterschaft in Betracht.

 

Die Abweisung sämtlicher Beweisanträge bzw. die Nichtdurchführung eines wirklichen Ermittlungs- bzw. Beweisverfahrens stelle einen erheblichen Verfahrensmangel dar.

 

Zu Unrecht habe die belangte Behörde  festgestellt, dass "der Firma MP gegenüber abgegebene Zustimmungserklärungen nicht vorliegen würden". Auf Grund der im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Vertriebsverträge und der darin enthaltenen Formulierungen und Bestimmungen stehe fest, dass die Vertriebspartner verpflichtet seien, nur Kunden zu kontaktieren, die eine entsprechende Zustimmungserklärung abgegeben haben.

 

Nach Wiedergabe relevanter Vertragsbestimmungen hält der Bw fest, dass die Firma MP den Vertrieb bzw. das Telefonmarketing über selbstständige Vertriebspartner durchführe, den Vertriebspartnern die Weisung erteilt worden sei, ausdrücklich unbedenkliches Adressmaterial zu verwenden und die Vertriebspartner aufgefordert worden wären, Adressen nur von professionellen Adressverlagen zu kaufen. Diese Maßnahmen seien vom Bw kontrolliert worden. Beim Zukauf des Adressmaterials bzw. der Personendaten sei ausdrücklich bestätigt worden, dass dagegen keine rechtlichen Bedenken bestehen würden. Sohin seien nicht nur Weisungen erteilt worden, sondern auch entsprechende Verträge abgeschlossen worden. Den Bw traf daher keinerlei Veranlassung anzunehmen, dass die Vertriebspartner die gesetzlichen Vorschriften verletzen würden.

 

Zu Unrecht habe die belangte Behörde angenommen, dass der abgeschlossene Vergleich zwischen der Firma MP und der T A TA AG quasi ein Eingeständnis beinhalte, dass die Telefonwerbung tatsächlich von der Firma MP durchgeführt bzw. der Firma MP zurechenbar wäre. Aus den Vergleichsvereinbarungen lasse sich keinesfalls der Schluss ziehen, dass die Telefonate dem Bw zurechenbar wären.

 

Nach Ausführungen zu den Zustimmungserklärungen verweist der Bw darauf, dass er die unzulässigen Werbeanrufe keineswegs ursächlich veranlasst oder geduldet habe. Die Anrufe seien daher ihm nicht unmittelbar zuzurechnen. Die Vertragspartner seien verpflichtet gewesen, nur Personen telefonisch zu kontaktieren, die eine entsprechende Zustimmungserklärung abgegeben haben.

 

Die belangte Behörde unterscheide zwischen den angeblichen Gesetzesverletzungen vor dem 19. September 2007 und solchen nach diesem Datum. Dies mit der Begründung, dass am 19. September 2007 bereits eine Mahnung an den Bw ergangen wäre, die die Aufforderung enthalten habe, sich um eine gesetzeskonforme Durchführung der Werbekampagne zu kümmern. Dieser Mahnung sei lediglich ein Telefonanruf zu Grunde gelegen. Auf Grund dieses einen Telefonanrufes sei er sicher nicht gehalten gewesen, österreichweit sämtliche Vertriebspartner hinsichtlich der Kundenakquisition zu kontrollieren. Trotzdem sei bereits zum damaligen Zeitpunkt an sämtliche Vertriebspartner die Aufforderung hinausgegangen, die Mitarbeiter allesamt erneut umfangreich zu informieren.

 

Ausführlich bringt der Bw vor, warum ihm weder vorsätzliches noch fahrlässiges Handeln vorgeworfen werden könne. Abschließend beantragt er daher die Anberaumung einer Berufungsverhandlung, Aufnahme der angebotenen Beweise, ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und in eventu einen Ermahnungsausspruch.

 

3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt (der u.a. 40 Anzeigen!! beinhaltet) zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg zu den in der Präambel angeführten 40  Geschäftszahlen.  

 

3.1. Aus der Aktenlage ergibt sich folgender Gang des Verfahrens:  

 

3.1.1. Mit Schreiben vom 17. September 2007 teilte die belangte Behörde dem Bw mit, dass Frau B W Anzeige erstattet habe, da sie Mitarbeiter des Unternehmens des Bw am 13. September 2007 zweimal und am 14. September 2007 einmal zu Werbezwecken angerufen hätten, obwohl sie keine vorherige Zustimmung für diese Werbeanrufe erteilt habe.

 

3.1.2. Eine anschließend durchgeführte Firmenbuchabfrage ergab, dass der Bw  die MP GmbH seit dem 22. Juni 2007 selbstständig vertritt.

 

3.1.3. Auf Grund dieser Anzeige wurde der Bw als verantwortlicher Geschäftsführer der MP GmbH darauf hingewiesen, dass eine derartige Verhaltensweise unzulässig und nach dem TKG strafbar sei. Als strafrechtlich verantwortlicher Geschäftsführer der MP GmbH habe der Bw dafür zu sorgen, dass in seinem Unternehmen die diesbezüglichen Bestimmungen des TGK beachtet  werden und Werbeanrufe ohne vorhergehende Einwilligung zukünftig unterbleiben. Für den Fall weiterer Anzeigen müsse er mit der Einleitung von Verwaltungsstraf­verfahren und der Verhängung von Geldstrafen bis zu 37.000 Euro rechnen.

 

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29. Oktober 2007 lastete die belangte Behörde dem Bw an, als Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der MP GmbH, dafür verantwortlich zu sein, dass ein Anruf zu Werbezwecken (Werbung für günstigeren Telefontarif) ohne vorherige Zustimmung der Anzeigerin vorgenommen worden sei.

 

3.1.4. Auf Grund dieser und zwei weiterer Aufforderungen (BMVIT-635.540/0462/02 und BMVIT-635.540/0467/07 vom 6.11.2007) gab der Bw, vertreten durch seine Rechtsvertreter, eine Stellungnahme ab und bestritt die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen. In der Rechtfertigung brachte der Bw zum Ausdruck, dass die Kunden die Zustimmung zur Verarbeitung und Weitergabe ihrer Daten sowie zur telefonischen Kontaktaufnahme durch Unternehmen erteilt hätten und die MP GmbH den Vertriebspartnern den Ankauf der Adressen bezahlt habe. Die MP GmbH sei daher berechtigt, die genannten Personen anrufen zu lassen.

 

Vor dem Landesgericht Salzburg sei unter der Zahl 5CG 193/07i zu selbiger Thematik ein Verfahren zwischen der T A TA AG und der MP GmbH anhängig gewesen. Dieses Verfahren habe mit einem Vergleich geendet. Dabei habe sich die T A TA AG für die Zukunft verpflichtet, dass sie sämtliche Datensätze seitens der MP GmbH als tatsächlich von fremder Stelle zugekauft anerkenne und dass mit dem Adressverlag R vertraglich vereinbart worden sei, dass eine Zustimmung im Sinne des § 107 TKG vorliege.

 

Das Verwaltungsverfahren sei daher ohne Durchführung eines Beweisverfahrens einzustellen.

 

Zu Beweiszwecken werde ausgeführt, dass eine Zustimmungserklärung zu den inkriminierten Anrufen erteilt worden sei. Im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren treffe den Bw kein Verschulden. Selbst wenn man von einer Verantwortlichkeit ausginge, habe die Übertretung keinerlei Folgen gehabt und es sei von einer Verhängung der Strafe abzusehen. Allenfalls sei auf Grund der Geringfügigkeit eine Ermahnung auszusprechen.

 

3.1.5. Nach diversen Fristerstreckungsanträgen legte der Bw mit Schreiben vom 19. Dezember 2007 eine Vergleichsausfertigung des Landesgerichtes Salzburg vom 12. November 2007, 5Cg 193/07i  und einen undatierten Vertrag zwischen der Werbe- und Handelsagentur R und der CT S & E GmbH vor. Im Anschluss daran stellte der Bw den Antrag, den Geschäftsführer der Firma CT zum Beweis dafür zu befragen, dass der Bw keineswegs gegen § 107 TGK verstoßen habe.

 

In der Vergleichsausfertigung wird unter Punkt 4 wie folgt ausgeführt:

"Soferne die beklagte Partei für künftige Fälle nachweisen kann, dass sie Datensätze von fremder Stelle zugekauft hat und vom Verkäufer dazu vertraglich vereinbart ist, dass eine Zustimmung im Sinne des § 107 TGK vorliegt, wird die klagende Partei der beklagten Partei gegenüber eine allenfalls fehlende Zustimmung nicht aufgreifen und sich direkt an die Verantwortung des Verkäufers halten."

 

Im § 1 des Vertrages zwischen der Werbe- und Handelsagentur R (Vertragspartner 1) und der CT S & E GmbH (kurz Vertragspartner 2) wird der Vertragsgegenstand wie folgt umschrieben:

 

"Der Vertragspartner 1 erklärt über eine Datenbank an Kundenadressen, so auch Konsumenten, zu verfügen. Er garantiert zur Verwendung und Verwertung, so auch entgeltlich an Dritte, dieser Kundendaten berechtigt zu sein und von jedem einzelnen Kunden entsprechende, schriftliche Zustimmungserklärung zu besitzen. CT und die der CT angeschlossenen Vertriebspartner werden nunmehr diese Kundendaten zur Bewerbung und/dem Verkauf von Telekommunikationsprodukten im Zuge des Projektes Talk-Talk verwenden und verwerten."

 

Im § 4 Z. 1 des Vertrages werden die Rechte und die Pflichten des Vertragspartners 1 wie folgt festgelegt:

 

"Der Vertragspartner 1 hat dafür zu sorgen, dass die Erlangung der Kundendaten sowie der nunmehrige Verkauf derselben nur in korrekter Art und Weise, nach strikten Vorgaben des Gesetzes, so insbesondere DSG und TKG und keinerlei rechtliche Bedenken bestehen, die den Ruf und das Ansehen von CT gefährden könnten, insbesondere im Sinne des DSG oder im Sinne des Wettbewerbsrechts. Der Vertragspartner 1 bestätigt dem Vertragspartner 2 CT, dass bei auftragskonformer Durchführung seines Auftrages kein Verstoß gegen das österreichische Gesetz vorliegt. Für etwaige eintretende Haftung hält der Vertragspartner 1 den Vertragspartner 2 CT schadlos."

 

3.1.6. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2007 urgierte die belangte Behörde die in der Verhandlung vom 21. November 2007 in Aussicht gestellte Vertragsübermittlung.

 

3.1.7. Im Schreiben vom 20. Dezember 2007 gaben die Rechtsvertreter des Bw bekannt, dass sie weitere Aufforderungen zur Rechtfertigung erhalten hätten. Diesbezüglich würden sie die bisherige Verantwortung aufrecht erhalten und darauf hinweisen, dass die genannten Teilnehmer/innen sehr wohl entsprechende Zustimmungserklärungen erteilt hätten.

 

3.1.8. Im Schreiben vom 3. Jänner 2008 erteilte die belangte Behörde  dem Bw einen Auftrag zur Vorlage der Zustimmungserklärungen.

 

3.1.9. Im Zuge der mündlichen Befragung am 23. Jänner 2008 ersuchten die Rechtsvertreter um Fristverlängerung zur Vorlage des Vertrages zwischen der Firma MP und dem Callcenter CT. Die belangte Behörde ersuchte den Bw, binnen einer Frist von 14 Tagen, die Zustimmungserklärungen der angerufenen Personen vorzulegen.

 

3.1.10. Im Schreiben vom 6. Februar 2008 teilten die Rechtsvertreter des Bw mit, dass trotz ihrer Anforderung die Vertriebspartner weder den Vertrag noch die Zustimmungserklärungen übermittelt haben. Auf Grund dieses Verhaltens seien den Vertragspartnern rechtliche Konsequenzen angedroht worden. Nach Ersuchen um Fristverlängerung beantragte der Bw die Einvernahme sämtlicher Meldungsleger zum Beweis dafür, dass die Zustimmungserklärungen sehr wohl erteilt worden wären. Die entsprechenden Zustimmungserklärungen seien über Preisausschreiben eingeholt worden. Es sei durchaus möglich, dass sich die Meldungsleger nicht an ihre Zustimmung erinnern könnten. Abschließend wurde die Einvernahme von Herrn J S beantragt.

 

3.1.11. Mit Schreiben vom 21. Februar 2008 gab die belangte Behörde der MP GmbH bekannt, dass ein Strafverfahren gegen den Geschäftsführer geführt und die MP GmbH zum Verfahren als Partei beigezogen werde. Dem Schreiben wurde als Anlage der Hinweis auf die derzeit 40 anhängigen Verwaltungsstrafverfahren beigefügt.

 

3.1.12. Am 22. Februar 2008 langte ein mehr als 200 Seiten umfassendes Konvolut von Verträgen ein, die auszugsweise wie folgt wiedergegeben werden:

 

*)      Vertriebsvereinbarung (A) zwischen der MP GmbH, A,  S nachfolgend "Unternehmerin" genannt und der VSR V R & Co., vertreten durch die Geschäftsführer B und R R, K,  M, nachfolgend "Vertriebspartner" genannt.

 

Präambel

 

Die Unternehmerin vertreibt im Rahmen einer Vertriebsvereinbarung Telekommunikationsdienstleistungen und –produkte der Firma MP GmbH, S für Privat- und Geschäftskunden. Die Unternehmerin beabsichtigt, die Dienstleistungen der Firma MP GmbH im Bereich der Telekommunikation zur Gewinnung neuer Kunden auf dem Gebiet der Republik Österreich künftig mit Hilfe des Vertriebspartners zu vertreiben. Der Vertriebspartner soll hierbei der Firma MP GmbH Neukunden vermitteln.

 

Zu diesem Zweck werden die folgenden Vereinbarungen getroffen:

 

§ 1 Rechtliche Stellung des Vertriebspartners

 

1.                 Der Vertriebspartner ist als selbständiger Handelsvertreter i.S.d. HVertG tätig. Der Vertriebspartner vermittelt hierbei Geschäftsabschlüsse zwischen der Firma MP GmbH und Kunden. Er ist zum Inkasso nicht berechtigt und darf die Firma MP GmbH sowie auch die Unternehmerin rechtsgeschäftlich nicht vertreten.

2.                 Er ist berechtigt, seine Tätigkeit im Wesentlichen frei zu gestalten. Die Kosten und Risken seiner Geschäftstätigkeit trägt der Vertriebspartner selbst.

3.                 Als selbständiger Handelsvertreter i.S.d. HVertG ist der Vertriebspartner verpflichtet Umsatz-, Gewerbe- und Einkommenssteuer an die zuständigen Stellen abzuführen.

 

§ 2 Einschaltung Dritter/Haftung

 

..........

 

3. Der Vertriebspartner ist der Unternehmerin verantwortlich, dass die Untervertriebspartner entsprechend den Vereinbarungen dieses Vertrages handeln. Der Vertriebspartner hat die Untervertriebspartner zur Einhaltung des sich gemäß Anlage 1 zu diesem Vertrag ergebende Pflichtenkatalogs ("Coce of Conduct")  zu verpflichten.

 

 

§ 3 Tätigkeitsbereich

 

Die Unternehmerin überträgt dem Vertriebspartner die Werbung neuer Kunden für die in der Anlage 2 näher bezeichneten Produkte der Firma MP GmbH. Die Produktpalette ist kein verbindlicher Bestandteil des Vertrages. Die Unternehmerin hat das Recht, die in der Anlage 2 näher bezeichneten Produkte einzuschränken oder zu erweitern.

 

 

§ 4 Pflichten des Vertriebspartners

 

1.                 Der Vertriebspartner verpflichtet sich, die ihm übertragenen Aufgaben bzw. die Vermittlung der Telekommunikationsdienstleistungen entsprechend den Weisungen der Unternehmerin wahrzunehmen und die Interessen der Unternehmerin zu wahren. Diese Weisungen sind vertriebs- bzw produktbezogen.

2.                 Der Vertriebspartner ist im Übrigen in seiner Arbeitseinteilung frei. Weder besteht eine Anwesenheitspflicht im Unternehmen der Unternehmerin, noch ist er an bestimmte Arbeitszeiten oder einen Arbeitsort gebunden, sollte sich nicht aus der Natur der Aufgaben Gegenteiliges ergeben.

 

……

 

§ 6 Vertragsstrafe

 

1.                 Der Vertriebspartner verpflichtet sich, in den im folgenden genannten Fällen in jedem Einzelfall und unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhanges eine Vertragsstrafe in Höhe von € 5.000,00 an die Unternehmerin zu zahlen:

·               Unberechtigte fristlose Kündigung des Vertrages durch den Vertriebspartner oder anderweitige rechtsgrundlose Lösung vom Vertrag;

·               Verstoß gegen eine der in § 2 Ziff. 3., § 4 sowie § 5 des Vertrages geregelten Pflichten des Vertriebspartners.

2.                  Weitergehende Schadenersatzansprüche der Unternehmerin bleiben unberührt.

 

 

 

 

§ 7 Provision

 

1.                 Der Vertriebspartner hat einen Anspruch auf Provision für die während der Dauer der Vertriebsvereinbarung durch seine Vermittlung zwischen der Firma MP und Kunden abgeschlossenen Verträge. Entstehungsvoraus­setzungen, Fälligkeit und Höhe der Provision ergibt sich aus Anlage 3 (A zu diesem Vertrag.

2.                 Mit dieser Provision ist sämtliche Tätigkeit des Vertriebspartners einschließlich aller ihm in Erfüllung dieser Vereinbarung entstandener Kosten, Auslagen und Aufwendungen wie bspw. Fahrt- und Reisekosten, Bürokosten, Porto, Telefon- und Telefaxgebühren abgegolten.

 

 ...........

 

 

Anlage 1 (Verpflichtungserklärung) zur Vertriebsvereinbarung zwischen der MP GmbH, A,  S, nachfolgend "Unternehmerin" genannt und der VSR – V R & Co., vertreten durch die Geschäftsführer B und R R, K,  M, nachfolgend "Vertriebspartner" genannt.

 

Der Vertriebspartner verpflichtet sich, die von ihm eingesetzten Untervertriebspartner zur Einhaltung folgender Verhaltensrichtlinien zu verpflichten:

  1. Gegenüber Kunden in gepflegter und korrekter Kleidung aufzutreten.
  2. zur Vermeidung von Missverständnissen über die Identität der Auftraggeberin ein Namensschild zu tragen.
  3. sofort zu Beginn des Kundenkontaktes klarzustellen, dass sie für Produkte der Firma MP werben und nicht den Eindruck zu erwecken, Mitarbeiter der T A zu sein.
  4. ausschließlich die von der Firma MP GmbH über die Unternehmerin zur Verfügung gestellte Werbung, Formulare und Vertragsunterlagen zu verwenden.
  5. an den überlassenen Vertragsformularen sowie –unterlagen und Preislisten keine nachträglichen Veränderungen – insbesondere keine Streichungen – vorzunehmen.
  6. den Kunden vollumfänglich und korrekt über die Vertragsbedingungen zu informieren und ihm umfassend und wahrheitsgemäß etwaige Fragen zu dem Vertragsinhalt zu beantworten; Fragen, deren Beantwortung infolge fehlender Information nicht möglich ist, nur nach Rückversicherung bei der Unternehmerin zu beantworten.
  7. den Kunden in den Fällen, bei denen eine Grundgebühr für den vermittelten Preselection-Vertrag anfällt, hierüber ausdrücklich zu informieren.
  8. den Kunden darauf hinzuweisen, dass die Anschlussgebühren separat anfallen und separat berechnet werden.
  9. vor Vertragsschluss die Identität des Kunden anhand eines amtlichen Ausweises oder Reisepasses – bei Geschäftskunden mittels eines Auszuges aus dem Handels-, Vereins-, Genossenschafts- oder Partnerschaftsregister – zu überprüfen und einen Vertragsschluss nur mit solchen Kunden zu vermitteln, deren Identität festgestellt werden konnte.
  10.  die Vertragsformulare sorgfältig und vollständig auszufüllen.
  11.  den Kunden Durchschriften sämtlicher Vertragsunterlagen und Preislisten auszuhändigen.
  12.  getätigte Abschlüsse der Unternehmerin wöchentlich zur Weiterbearbeitung zu übermitteln und somit die Einhaltung der dem Kunden zugesagten Fristen sicherzustellen.
  13.  an den Ausbildungs- und Schulungsveranstaltungen der Unternehmerin bzw. der Firma MP GmbH teilzunehmen.
  14.  die im Rahmen der Vermittlungstätigkeit erhaltenen personenbezogenen Daten Dritten nicht zugänglich zu machen und persönliche Aufzeichnungen hierüber nach Abrechnung der Vermittlungsprovision sofort zu vernichten und die Bestimmungen des (Datenschutzgesetzes – DSG) des Telekommunikationsgesetzes (TKG) sowie alle sonst einschlägigen Bestimmungen zu beachten.
  15.  Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses sämtliche in Ihrem Besitz befindliche Unterlagen und Materialien der Firma MP GmbH  sowie der Unternehmen unverzüglich und vollständig am Sitz der Unternehmerin herauszugeben.
  16.  nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Geschäftsgeheimnisse, die die Unternehmerin oder die Firma MP GmbH betreffen und während der Tätigkeit bekannt wurden, auch nach Beendigung des Vertrages nicht zu verwerten oder Dritten mitzuteilen.
  17.  nach Beendigung des Vertragsverhältnisses keine Kunden der Firma MP GmbH auf eine andere Telefongesellschaft umzuwerben.

 

…….

 

Sowohl der Vertrag als auch die Anlagen wurden von den Vertragspartnern am
23. August 2007 unterfertigt.

 

*)      Vertriebsvereinbarung zwischen der VSR – V R & Co., vertreten durch den GF B und R R, K, M, nachfolgend "Unternehmerin" genannt und der C (T) L, vertreten durch den Direktor W H, C S, F, A, nachfolgend "Vertriebspartner" genannt.

 

Präambel

 

Die Unternehmerin vertreibt im Rahmen einer Vertriebsvereinbarung Telekommunikationsdienstleistungen und –produkte der Fa. MP GmbH (A) für Privat- und Geschäftskunden. Die Unternehmerin beabsichtigt die Produkte der Fa. MP GmbH  (Austria) zur Gewinnung neuer Kunden auf dem Gebiet Österreich künftig mit Hilfe des Vertriebspartners öffentlich zu vermarkten. Der Vertriebspartner soll hierbei der Fa. MP GmbH (A) Neukunden vermitteln und zwar durch das Telefonmarketing. 

Zu diesem Zweck werden die folgenden Vereinbarungen getroffen:

 

§ 1 Rechtliche Stellung des Vertriebspartners

 

1.      Der Vertriebspartner ist als selbständiger Handelsvertreter i.S.d. § 81 HGB tätig. Der Vertriebspartner vermittelt hierbei Geschäftsabschlüsse zwischen der Fa. MP GmbH (Austria) und Kunden. Er ist zum Inkasso nicht berechtigt und darf die Fa. MP GmbH (Austria) sowie auch die Unternehmerin rechtsgeschäftlich nicht vertreten.

2.      Er ist berechtigt, seine Tätigkeit im Wesentlichen frei zu gestalten. Die Kosten und Risiken seiner Geschäftstätigkeit trägt der Vertriebspartner selbst.

3.      Als selbständiger Handelsvertreter i.S.v. § 84 I HGB ist der Vertriebspartner verpflichtet, Umsatz-, Gewerbe- und Einkommenssteuer an die zuständigen Stellen abzuführen.

 

 

§ 2 Pflichtenkatalog /Einschaltung Dritter / Haftung

 

….....

 

3. Der Vertriebspartner ist der Unternehmerin verantwortlich, dass die Untervertriebspartner entsprechend den Vereinbarungen dieses Vertrages handeln.  Der Vertriebspartner hat die Untervertriebspartner insbesondere zur Einhaltung der Regeln zu verpflichten, die sich aus dem Pflichtenkatalog Anlage 1 zu diesem Vertrag ergeben. Der Pflichtenkatalog gilt auch für den Vertriebspartner, soweit er unmittelbar selbst vermittelnd tätig wird.

 

.......

 

§ 3 Tätigkeitsbereich

 

Die Unternehmerin überträgt dem Vertriebspartner die Werbung neuer Kunden für die in der Anlage 2 näher bezeichneten Produkte der Fa. MP GmbH (A). Die Produktpalette ist kein verbindlicher Bestandteil des Vertrages. Die Unternehmerin hat das Recht die in der Anlage 2 näher bezeichneten Produkte einzuschränken oder zu erweitern.

 

§ 4 Pflichten des Vertriebspartners

 

1. Der Vertriebspartner verpflichtet sich, die ihm übertragenen Aufgaben entsprechend den Weisungen der Unternehmerin wahrzunehmen und die Interessen der Unternehmerin zu wahren.

2. Gesonderte – weitergehende – Verpflichtungen, die sich auf den Schutz der vermittelten Kunden beziehen, ergeben sich aus der Anlage 4 zu diesem Vertrag.

 

…..

 

§ 6 Vertragsstrafe

 

1. Der Vertriebspartner verpflichtet sich, in den im Folgenden genannten Fällen, in jedem Einzelfall und unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhanges eine Vertragsstrafe von € 5.000,00 an die Unternehmerin zu zahlen.

·               unberechtigte fristlose Kündigung des Vertrages durch den Vertriebspartner oder        anderweitige grundlose Lösung vom Vertrag;

·               Verstoß gegen eine der in § 2 Ziff 3, § 4 sowie § 5 des Vertrages geregelten    Pflichten des Vertriebspartners.

2. Ein weitergehendes Vertragsstrafenversprechen ergibt sich aus der Anlage 4 zu diesem Vertrag.

3. Weitergehende Schadenersatzansprüche der Unternehmerin bleiben unberührt.

 

Anlage 1 (Verpflichtungserklärung) zur Vertriebsvereinbarung Telefonmarketing zwischen der VSR – V R & Co., vertreten durch die Geschäftsführer B und R R, K,  M, nachfolgend "Unternehmerin" genannt und der C (T) L, vertreten durch den Direktor W H, C S, F, A, nachfolgend "Vertriebspartner" genannt.

 

Der Vertriebspartner verpflichtet sich, die von ihm eingesetzten Untervertriebspartner zur Einhaltung folgender Verhaltensrichtlinien zu verpflichten:

 

1.      Dem Vertriebspartner ist bekannt, dass eine Werbung mit Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung oder gegenüber sonstigen Marktteilnehmern ohne deren zumindest mutmaßliche Einwilligung unzulässig und wettbewerbswidrig im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (vgl. § 7 II Nr. 2 UWG) ist. Gleiches gilt für die Werbung unter Verwendung von automatischen Anrufmaschinen, Faxgeräten oder elektronischer Post (vgl. § 7 II Nr. 3 UWG). Im Hinblick auf diese zitierten gesetzlichen Regelungen gewährleistet der Vertriebspartner, dass Telefonanrufe gegenüber Verbrauchern ausschließlich dann erfolgen, wenn eine wirksame Einwilligung im Sinne des Gesetzes vorliegt. Gegenüber sonstigen Marktteilnehmern sind die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften einzuhalten.

2.      Wird das Fehlen der Einwilligung oder mutmaßlicher Einwilligung von Verbrauchern sonstigen Marktteilnehmern oder Dritten (Verbraucherverbänden u.a.) gerügt, so wird der Vertriebspartner die schriftliche Einwilligung des Verbrauchers oder die mutmaßliche Einwilligung des sonstigen Marktteilnehmers unverzüglich – spätestens innerhalb von 24 Stunden – durch Übersendung des Originals nachweisen. Für den Fall der Inanspruchnahme der Unternehmerin oder der Firmen SC T OHG und der MP GmbH wegen eines Wettbewerbsverstoßes wird der Vertriebspartner darüber hinaus alle Informationen und Unterlagen unverzüglich zur Verfügung stellen, die die Abwehr von etwaigen Unterlassungsansprüchen u.a. erfordert.

......

 

Die Verträge und Anlagen wurden von den Vertragsparteien am 10. bzw. am 15. Jänner 2008 unterfertigt.

 

3.1.13. Mit Bescheid vom 4. März 2008 hat die belangte Behörde die Anträge vom 6. Februar 2008 auf Verlängerung der Frist zur Vorlage des zwischen der Firma MP und der Firma CT abgeschlossenen Vertrags betreffend die Durchführung von Werbeanrufen und auf Einvernahme sämtlicher Meldungsleger zum Beweis dafür, dass diese eine Zustimmungserklärung erteilt haben, gemäß § 39 Abs. 2 AVG abgewiesen.

 

3.1.14. Zeitgleich teilte der Bw mit Schreiben vom 4. März 2008 mit, dass das bisher erstattete Vorbringen (sämtliche Stellungnahmen und vorgelegten Urkunden) als Rechtfertigung für alle nunmehr anhängigen Verfahren zu betrachten sei. Die verfahrensgegenständlichen Anrufe seien nicht von der MP GmbH, sondern von selbstständigen Vertriebspartnern durchgeführt worden. Der Bw habe als Geschäftsführer der MP GmbH bereits mehrfach die Weisung erteilt, ausschließlich Anrufe zu tätigen, wenn die jeweilige Zustimmung des Kunden vorliege. Der Vertrag zwischen der CT S & E GmbH und der C (T) Lläge ihm selber noch nicht vor. Sobald er diesen erhalte, werde er ihn selbstverständlich umgehend der belangten Behörde übermitteln. Abschließend wurde die Einvernahme aller Meldungsleger zum Beweis dafür beantragt, dass die Zustimmungserklärungen sehr wohl erteilt worden wären.

 

3.1.15. Zu den eingelangten Anzeigen (insgesamt 40) wurde der Bw umgehend zur Rechtsfertigung aufgefordert. Der Tatvorwurf blieb wie in der Aufforderung vom 29.  Oktober 2007 unverändert.

 

3.1.16. In der Stellungnahme vom 6. März 2008 hat der Bw den verwaltungsstrafrechtlichen Vorwurf bestritten und wiederum auf die gerichtliche Auseinandersetzung mit der T A TA AG hingewiesen. Ergänzend wurde diesbezüglich der Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 25. Februar 2008, 4Cg 12/08s vorgelegt, wonach der Antrag der klagenden Partei (T A TA AG) auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung kostenpflichtig abgewiesen worden sei.

 

Weiters wurde vorgebracht, dass der Vertrieb zur Gänze an selbstständig und eigenverantwortlich tätige Unternehmen ausgegliedert worden sei. Die Firma MP GmbH habe die Firma VSR-V R & Co mit dem Telefonmarketing beauftragt. Diese ihrerseits habe wiederum die Firma CT S & E GmbH als Vertriebspartner beauftragt. Wie in Erfahrung gebracht werden konnte, habe letztgenannte Firma in der Folge Untervertriebspartner wie die C (T) Ltd., V D GmbH, C 24, die Firma K M P C Int. LTD, die Firma P F, Vertrieb & Marketing, S V D R, das pro P C T S e.U., beauftragt. Die jeweiligen Vertriebsverträge seien bereits vorgelegt worden. Das ursprüngliche Vorbringen, wonach die Firma CT S & E GmbH direkter Vertriebspartner der Firma MP GmbH gewesen sei, wäre unrichtig und habe auf einem Informationsfehler der Rechtsvertreterin beruht. Der österreichische Markt bzw. die streitgegenständlichen Kunden würden von der Firma CT S & E GmbH betreut und diese habe das gesamte Adressmaterial von der Firma W- und H R zugekauft. Dabei sei auf die §§ 1 und 4 des o.a. Vertrages (siehe Punkt 3.1.5) zu verweisen.

 

Abschließend wurden bereits gestellte Beweisanträge wiederholt und ergänzend die Einvernahme des Bw beantragt.

 

3.1.17. Mit Schreiben vom 12. März 2008 legte der Bw eine schwer lesbare Kopie eines Vertrages zwischen der C T L und der CT S & E GmbH in englischer Sprache vor. Im Schriftsatz hat der Bw angeboten, bei Bedarf ein beglaubigte Übersetzung zu übermitteln.

 

3.1.18. Im Schreiben vom 26. März 2008 ersuchte der Bw um Bekanntgabe eines Termins zur Einvernahme seiner Person vor der belangten Behörde.

 

3.1.19. Mit FAX vom 11. Juni 2008 teilte der Rechtsvertreter des Bw mit, dass der seinen Vertriebspartner CT S & E GmbH beauftragte Adressverlag, I M C N.V. teilweise Zustimmungserklärungen ausgehoben und überlassen habe. In Ergänzung zur Berufung würden sie vorgelegt. Die Zustimmungserklärungen würden wie in dem vorgelegten Format archiviert und verwaltet. Die einzelnen "Opt In" würden zu Zigtausenden extra aufbewahrt und gelagert. Diese könnten nicht einfach ausgehoben werden. Deshalb würden die Adressen EDV-mäßig archiviert, sodass sie leichter aufgefunden werden können. Ein Verstoß gegen das Telekommunikationsgesetz liege nicht vor. Die Vertriebspartner würden tatsächlich über die entsprechenden Zustimmungserklärungen verfügen und hätten daher die betroffenen Personen telefonisch kontaktieren dürfen. 

 

3.2. Aufgrund der Aktenlage steht folgender Sachverhalt fest:

 

In der Zeit zwischen 31. August 2007 und 13. Dezember 2007 wurden die im Spruch des angeführten Straferkenntnisses unter den Z. 1 bis 40 angeführten Personen angerufen und ihnen Angebote für einen billigeren Telefontarif unterbreitet. Aufgrund dieser Anrufe haben sie Anzeigen erstattet, da sie ihrer Ansicht nach keine Einwilligung zum Erhalt von Werbeanrufen erteilt hätten. Den Anrufer konnten die Anzeiger u.a. deshalb nicht benennen, da die Anrufe mit unterdrückter Rufnummer vorgenommen worden sind. Als Urheber der Anrufe wurde die Firma MP angesehen, da Vertragsabschlüsse zu deren Gunsten beabsichtigt waren. 

 

Welcher Dienstnehmer die Anrufe tatsächlich vorgenommen hat bzw. welchem Vertriebs- und Vertragspartner der MP GmbH diese Dienstnehmer zuzurechnen sind, hat die belangte Behörde nicht ermittelt. Woher die Anrufe erfolgt sind, wurde ebenfalls nicht erhoben.

 

Die MP GmbH hat die VSR – V R & Co mit dem Telefonmarketing beauftragt und dieser freigestellt, sich zur Vertragserfüllung anderer Unternehmen zu bedienen. Bei der VSR handelt es sich um ein eigenverantwortlich tätiges Unternehmen. Die rechtsgeschäftliche Vereinbarung ist umfassend und stellt keinesfalls nur auf vorbereitende Tätigkeiten für eigene Leistungen der MP GmbH ab. Nach der vertraglichen Konstruktion wurde das Telefonmarketing insgesamt und nicht bloß einzelne die MP GmbH von Gesetzes wegen treffende Verpflichtungen ausgelagert. In diversen vertraglichen Bestimmungen wird wiederholt die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen gefordert. Ein "Weisungsrecht" ist nur an den "Vertragspartner" (d.h. an das Unternehmen und nicht an einen Dienstnehmer) vorgesehen und soll die Einhaltung der vertraglichen Bestimmungen gewährleisten. Bei Verstößen gegen die Rechtsordnung kann beispielsweise die Vertragsauflösung in Aussicht gestellt werden. Die MP GmbH hatte – abgesehen von einer Vertragsauflösung wegen Vertragsbruchs – weder auf die unmittelbar handelnden Täter noch auf die in Frage kommenden Unternehmen rechtliche Einflussmöglichkeiten.

 

In zwei Fällen hat die belangte Behörde gegen den Bw wegen derselben Tat neuerlich ein Straferkenntnis erlassen (H K, Tatzeit: 4.12.2007, Straferkenntnis vom 28. März 2008, Spruchpunkt 34 und Straferkenntnis vom 6. Mai 2008, Spruchpunkt 45; S L, Tatzeit: 22.11.2007, Straferkenntnis vom 28. März 2008, Spruchpunkt 22 und Straferkenntnis vom 6. Mai 2008, Spruchpunkt 17). 

 

3.3. Auch wenn die unmittelbaren Täter nicht ermittelt worden sind, geht selbst die belangte Behörde davon aus, dass es sich bei diesen um Dienstnehmer
"formalrechtlich selbständiger Unternehmen" gehandelt hat und sie nicht der MP GmbH angehört haben. Entgegen der Annahme der belangten Behörde unterlagen diese Dienstnehmer nicht den Weisungen der MP GmbH. Durch das angesprochene Weisungsrecht ist der Auftraggeber (die MP GmbH) berechtigt, ausschließlich dem Vertrags- und Vertriebspartner im Rahmen der vertraglich übertragenen Aufgaben (Vermittlung der Telekommunikations­dienstleistungen) vertriebs- bzw. produktbezogene Anordnungen zu erteilen, um die Vertragserfüllung sicherstellen zu können. In der Begründung  hat die belangte Behörde dargelegt, dass der Bw durch die "eingesetzten Untervertriebspartner keinen unmittelbaren Zugriff auf den jeweiligen Vertragspartner" mehr hatte. Daraus ist zu folgern, dass die belangte Behörde davon ausgeht, dass der Bw auch keine Weisung an die Dienstnehmer der Untervertriebspartner, d.h. an die unmittelbaren Täter, erteilen konnte.

 

Obwohl die Ausführungen des Bw in Randbereichen Unschärfen aufweisen, ist sein auf die vorgelegten Verträge gestütztes Vorbringen als glaubhaft anzusehen. Daher war seiner schlüssigen Verantwortung zu folgen und davon auszugehen, dass die vorliegenden Werbeanrufe von Dienstnehmern selbständiger und eigenverantwortlicher Unternehmen vorgenommen worden sind.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 107 Abs. 1 TKG sind Anrufe – einschließlich das Senden von Fernkopien – zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers unzulässig. Der Einwilligung des Teilnehmers steht die Einwilligung einer Person, die vom Teilnehmer zur Benützung seines Anschlusses ermächtigt wurde, gleich. Die erteilte Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden; der Widerruf der Einwilligung hat auf ein Vertragsverhältnis mit dem Adressaten der Einwilligung keinen Einfluss.

 

Nach dem § 109 Abs. 3 Z. 19 TKG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37.000 Euro zu bestrafen, wer entgegen § 107 Abs. 1 Anrufe zu Werbezwecken tätigt.

 

4.2. Zu den Spruchpunkten I und II:

 

4.2.1. Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist; ........

 

Nach Lehre und Rechtsprechung kommt dem Spruch des Straferkenntnisses besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw.

 

Der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG ist (nur) dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wieder­auf­nahme­verfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (siehe hiezu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1521).

 

Dass es im Bescheidspruch zufolge der Z. 1 der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z. 2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, dass es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern dass die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falls zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwenigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt (vgl dazu näher Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1522 mwN).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl. allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601).

 

Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl. VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs. 4 AVG (vgl. etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl. u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl. VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

 

Die Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten muss daher das ihm zur Last gelegte Handeln - im Falle des Unterlassens durch Beschreibung jener Handlung, die er hätte setzen müssen und nach Auffassung der Behörde rechtswidriger Weise nicht gesetzt hat - unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z. 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß § 44a Z. 2 VStG näher konkretisieren und individualisieren (VwGH vom 7.9.1990, Zl. 85/18/0186).

 

Der vorliegende Sachverhalt lässt zwar denkmöglich ein strafwürdiges Verhalten des Bw erkennen. Dieses wurde dem Bw aber nicht einmal ansatzweise angelastet. Schon im Hinblick darauf wird der Spruch des angefochtenen Bescheides den Erfordernissen des § 44a VStG nicht gerecht. 

 

4.2.2. Sowohl im Spruch bzw. in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses als auch im Vorlageschreiben bringt die belangte Behörde  zum Ausdruck, dass der Bw als Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma MP GmbH zu verantworten habe, dass "durch dieses Unternehmen die angeführten Werbeanrufe geführt wurden, indem Mitarbeiter von vertraglich beauftragten Vertriebspartnern Werbegespräche" mit Personen ohne deren vorherige Einwilligung zu derartigen Anrufen geführt haben.

 

4.2.2.1. Verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Pflichten können auch juristische Personen treffen. Da diese jedoch nicht in gleicher Weise wie natürliche Personen strafrechtlich verantwortlich gemacht werden können, wurde mit § 9 VStG eine entsprechende Regelung getroffen. Danach ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die juristische Person strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Die Verantwortung nach § 9 VStG kommt dann zum Tragen, wenn andere Personen im Rahmen der juristischen Person den strafbaren Tatbestand verwirklichen. 

 

Wie bereits Walter/Thienel (Verwaltungsverfahrensgesetze II2 [2000], 172) zutreffend ausgeführt haben, "kann das verantwortliche Organ nur für solche Verhaltensweisen Dritter gestraft werden, die der juristischen Person bzw. dem Unternehmer zugerechnet werden können; Voraussetzung dafür ist jedenfalls, dass es sich um ein Gebot handelt, das auch die juristische Person bzw. den Unternehmer trifft, und nicht ausschließlich den unmittelbaren Täter. Welche Verhaltensweisen der juristischen Person bzw. dem Unternehmer zuzurechnen sind, richtet sich nach den Organisationsvorschriften der juristischen Person und –  soweit es um juristische Personen des Zivilrechts und Einzelunternehmer   geht  –   auch nach den Grundsätzen des Zivilrechts".

 

Die Bestrafung des verantwortlichen Organs setzt zwar die vom unmittelbaren Täter begangene Tat voraus, gründet sich aber auf Seiten des verantwortlichen Organs auf ein anderes Verhalten.

 

Davon ausgehend, dass § 9 VStG nicht in verfassungswidriger Weise eine strafrechtliche Verantwortung für fremdes Verhalten statuiert, folgert Thienel (Verwaltungsverfahrensrecht3 [2004], 405), "dass sich die Strafbarkeit des verantwortlichen Organs darauf gründet, dass dieses keine genügenden Vorkehrungen getroffen hat, um die Verwirklichung des Tatbestandes durch den unmittelbaren Täter zu unterbinden. Insofern normiert  § 9 VStG ein spezifisches Unterlassungsdelikt, wonach die verantwortlichen Organe der juristischen Person verpflichtet sind, die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mittel sicherzustellen. Sie sind strafbar, wenn sie diese Pflicht verletzen und sie daran ein Verschulden trifft".

 

4.2.2.2. Im vorliegenden Fall stellt sich daher die Frage, ob der Außenvertretungsbefugte der MP GmbH für ein tatbestandsmäßiges Verhalten von Dienstnehmern anderer juristischer Personen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich gemacht werden kann.

 

Die belangte Behörde hat im Begleitschreiben zum Vorlageakt auf zahlreiche Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen. Den angeführten Erkenntnissen wurden auszugsweise "Rechtssätze" beigefügt (beispielsweise zu VwGH vom 14.12.1998, 98/17/0309: "Die Abwälzung strafrechtlicher Verantwortlichkeit auf andere Personen ist ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich"). Diese sind auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden, da sie ausschließlich zum Kontrollsystem ergangen sind. In dem Zusammenhang kann dem Verwaltungsgerichtshof nicht unterstellt werden, dass er mit seinen Ausführungen zum Kontrollsystem auch eine Strafbarkeit des zur Vertretung nach außen berufenen Organs für das Fehlverhalten von Dienstnehmern eines Dritten begründen wollte. Im Ergebnis würde dies zu einer unzulässigen Ausweitung der Strafnorm führen und einen Verstoß gegen den Grundsatz "nullum crimen sine lege" bedeuten. 

 

So hat der Verfassungsgerichtshof zu Recht angenommen, dass Art. 7 EMRK stillschweigend auch einen Grundsatz voraussetzt, dass strafrechtliche Verantwortlichkeit nur an eigenes Verhalten angeknüpft sein darf. Die Verfassungskonformität eines als "Unternehmensstrafrecht" konstruierten Geldbußensystems hänge somit davon ab, inwieweit dabei echte "Strafen" verhängt werden und Verhalten sanktioniert wird, das der juristischen Person selbst zurechenbar ist (siehe Walter/Mayer/Kuscsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007], 1557).

 

Zur Verdeutlichung ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof den Aufbau eines entsprechenden Kontrollsystems in solchen Fällen gefordert hat, in denen "rechtsgeschäftliche Aufgaben `außer Haus´ durch Dritte durchgeführt werden sollen". Eingeschränkt ist die Überwachungspflicht aber auf die Dritten übertragene Aufgaben, die eine Voraussetzung für die Erfüllung eigener Verpflichtungen sind (dazu VwGH vom 14.12.1998, Zl. 98/17/0309: Mit der rechtsgeschäftlichen Weitergabe vorbereitender Tätigkeiten kann dem Dritten nicht auch eine dem Übertragenden  selbst von Gesetzes wegen treffende Verpflichtung [z.B.: Erstattung der Anzeigenabgabe] überbunden werden.). Unbestritten können eigene gesetzliche Verpflichtungen rechtsgeschäftlich nicht delegiert werden.

 

Telefonmarketing stellt innerhalb des gesetzlichen Rahmens eine erlaubte Tätigkeit dar. Die vertragliche Beauftragung eines selbständig und eigenverantwortlich tätigen Dritten, Kunden für ein bestimmtes Unternehmen oder einen bestimmten Zweck zu werben, kann weder als eine Weitergabe vorbereitender Tätigkeiten noch als die Übertragung von einem selbst treffende gesetzliche Verpflichtung angesehen werden.

 

Nach § 109 Abs. 3 Z. 19 TKG begeht eine Verwaltungsübertretung wer entgegen § 107 Abs. 1 Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers tätigt. Unmittelbarer Täter ist demnach der Anrufer.

 

In den Berufungsfällen hat die MP GmbH andere, eigenverantwortlich tätige Unternehmen als Geschäftspartner vertraglich mit dem Telefonmarketing beauftragt. Diese rechtsgeschäftliche Vereinbarung ist umfassend und stellt keinesfalls nur auf vorbereitende Tätigkeiten für eigene Leistungen der MP GmbH ab. Abgesehen davon, dass in diversen vertraglichen Bestimmungen wiederholt die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen gefordert wurde, hat die MP GmbH nach der vertraglichen Konstruktion das Telefonmarketing insgesamt und nicht bloß einzelne sie von Gesetzes wegen treffende Verpflichtungen ausgelagert. Auch wenn der Bw in der Stellungnahme vom
4. März 2008 von "Weisungen" an die Vertragspartner gesprochen hat, ist bei Wertung des gesamten Vorbringens und Bedachtnahme auf die Vertragsunterlagen davon auszugehen, dass damit ausschließlich eine "Einflussnahme auf den/die Vertragspartner" zu verstehen ist, wonach diesen bei (weiteren) Verstößen gegen die Rechtsordnung die Vertragsauflösung in Aussicht gestellt werden sollte.

 

Wie nach der Aktenlage feststeht, wurden die vorliegenden Anrufe ausschließlich von Dienstnehmern selbständiger und eigenverantwortlich geführter Unternehmen durchgeführt. Die MP GmbH hatte – abgesehen von einer Vertragsauflösung wegen Vertragsbruchs – weder auf die unmittelbar handelnden Täter noch auf die in Frage kommenden Unternehmen rechtliche Einflussmöglichkeiten.

 

Ein allfällig strafrechtlich relevantes Verhalten von Dienstnehmern anderer selbständig und eigenverantwortlich tätig gewordener Unternehmen, die noch dazu umfassend beauftragt worden sind,  kann dem Bw unter Hinweis auf seine Stellung als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (§ 9 Abs. 1 VStG) der MP GmbH nicht zum Vorwurf gemacht werden. Eine Haftung für fremdes Fehlverhalten ist nur nach zivilrechtlichen Kriterien der §§ 1313a und 1315 ABGB, nicht aber im Strafrecht über die Vorschrift des § 9 VStG hinausgehend möglich.

 

4.2.3. Inwieweit dem Bw ein Vorwurf im Hinblick auf die Beteiligungsregelung des § 7 VStG gemacht werden kann, wurde im angefochtenen Straferkenntnis nicht erörtert. Die belangte Behörde hat dazu weder Erhebungen gepflogen noch Bezug habende Feststellungen getroffen. Aufgrund der fehlenden Tatanlastung bedarf das Thema keiner weiteren Erörterung.

 

4.2.4. Da dem Bw ein Vorwurf entsprechend der Anlastungen der belangten Behörde nicht gemacht werden kann, er die angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht begangen hat, war das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG aufzuheben und das Strafverfahren diesbezüglich einzustellen. Spruchgemäß war kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

 

 

4.3. Zum Spruchpunkt III:

 

Die MP GmbH hat wegen der in § 9 Abs. 7 VStG normierten Solidarhaftung - erschließbar - Berufung gegen das vorliegende Straferkenntnis erhoben. 

 

4.3.1. Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser.

 

Diese Bestimmung ist aufgrund des § 24 VStG auch im Verwaltungsstraf­verfahren anzuwenden.

 

Unstrittig steht fest, dass den Rechtsvertretern der MP GmbH das vorliegende Straferkenntnis am 2. April 2008 nachweislich zugestellt worden ist. Die Rechtsmittelfrist hat daher mit Ablauf des 16. April 2008 geendet.

 

Da der Bw die Berufung erst am 17. April 2008 (FAX-Kennung: 17-04-2008 16:50:14) eingebracht hat, war diese als unzulässig, weil verspätet zurückzuweisen.

 

4.3.2. Zur Solidarhaftung ist erläuternd auszuführen:

 

Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haften juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragen verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

 

Angesichts dieser rechtlichen Folgen einer  Bestrafung wird die mithaftende juristische Person durch die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens in ihren rechtlichen Interessen berührt und sie hat daher auch Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren (§ 8 AVG iVm. § 24 VStG).

 

Walter/Mayer (zuletzt in der 8. Auflage ihres Grundrisses des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts [2003], Rz 780) kommen aufgrund der Parteistellung der juristischen Person zum Ergebnis, dass sich der gesonderte Abspruch der Haftung durch einen verfahrensrechtlichen Bescheid erübrigt und die Haftung der juristischen Person im Straferkenntnis auszusprechen ist. Dagegen steht der juristischen Person das Recht der Berufung zu, in der sie alles geltend zu machen vermag, was geeignet ist, ihre Haftung zu mindern oder auszuschließen. Dieser Ansicht ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21. November 2000, Zl. 99/09/0002 gefolgt.    

Im vorliegenden Verfahren wurde die MP GmbH zwar als Partei dem Verfahren beigezogen, jedoch hat die belangte Behörde  unterlassen, die Haftung im Straferkenntnis auszusprechen.

 

Die bloße Bescheidzustellung an eine ausschließlich im Adressatenfeld erwähnte juristische Person führt mangels eines Abspruches über ihre Haftung im Spruch des Straferkenntnisses zu keiner Beschwer.

 

Im Falle der Rechtzeitigkeit der Berufung hätte diese als unzulässig zurückgewiesen werden müssen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Christian Stierschneider

 

 


 

 

 

RECHTSSATZ

 

VwSen-390241/5/SR/Sta  vom 14. Jänner 2009                 


 

 

 

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