Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281101/29/Wim/LA

Linz, 13.02.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn A K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W W, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10.06.2008, Zl. Ge96-152-2007/HW, wegen einer Übertretung des ArbeitnehmerInnen­schutzgesetzes, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 01.12.2008 zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt.

 

II.        Der Berufungswerber hat zusätzlich als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 200 Euro zu leisten, dass sind 20 % der verhängten Strafe.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber wegen Übertretung des  § 130 Abs.1 Z16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) in Verbindung mit § 3 Abs.1 Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro, im nicht Einbringungsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden sowie ein 10%iger Verfahrenskostenbeitrag verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin G  GmbH, Geschäftsanschrift T, O, folgende Übertretung der Arbeitsmittelverordnung (wie vom Arbeitsinspektorat Linz anlässlich einer Unfallerhebung am 17.01.2007 angezeigt wurde) zu verantworten:

 

Die Arbeitgeberin G  GmbH hat am 17.01.2007 in der Arbeitsstätte S, G, den Arbeitnehmer G I (geb.) am Arbeitsplatz beschäftigt, obwohl das zur Verfügung gestellte Arbeitsmittel (Prüfvorrichtung der Fa. R, Baujahr: 2007) für die Dichtheitsprüfung hinsichtlich Konstruktion, Bau und weiterer Schutzmaßnahmen nicht den geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen (MSV) entsprach.

So war bei der Prüfungsvorrichtung zwischen der Druckplatte des Zylinders und dem Rahmen beim Öffnungsvorgang zur Entnahme des Werkstückes eine Quetschstelle gegeben und war diese nicht gemäß § 40 MSV abgesichert.

 

Dies stellt eine Übertretung des § 3 Abs. 1 AM-VO dar, wonach ArbeitgeberInnen nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen dürfen, die hinsichtlich Konstruktion, Bau und weiterer Schutzmaßnahmen den für sie geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen entsprechen. Zu diesen Rechtsvorschriften gehören die in den Anhängen A und B angeführten Vorschriften wie zum Beispiel die MSV."

 

 

2.      Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und darin zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass die alleinige Verantwortlichkeit für alle technischen bzw. sicherheitstechnischen Fragen auf die beiden leitenden Mitarbeiter der G  GmbH, nämlich an Herrn G Z sowie Herrn DI P M übertragen worden seien. In Ihren Funktionen seien die beiden Herren allein verantwortlich gewesen für alle im Zusammenhang mit den von ihnen geleiteten Abteilungen auftretenden technischen und sicherheits­technischen Fragen. Den Beschuldigten träfe im Hinblick auf diese klare und unmissverständliche Kompetenzverteilung keinerlei Verschulden.

 

Die Druckprüfvorrichtung, bei deren Betätigung sich schlussendlich der gegenständliche Unfall ereignet habe, sei im Auftrag von der Firma R in T hergestellt worden. An der Auftragserteilung sowie der Auftragsabwicklung sei der Berufungswerber in keinster Weise beteiligt gewesen. Auf Grund von vorausgegangenen Aufträgen sei der Firma R das Pflichtenheft für Bearbeitungsvorrichtungen der Sondermaschinen der Firma G  GmbH bestens bekannt gewesen und läge dieses Pflichtenheft sämtlichen Aufträgen zugrunde. Auf Seite 3 dieses Pflichtenheftes werde unter der Überschrift "Arbeitssicherheit" ausdrücklich darauf hingewiesen, dass keine Quetsch- und Scherstellen vorhanden sein dürften. Auf der dem Auftrag beigelegten Konstruktionszeichnung sei definitiv keine Quetschstelle oder irgendeine andere nicht den einschlägigen Normen entsprechende Stelle vorhanden gewesen. Diese vorgegebene Konstruktion sei jedoch von der Firma R während des Produktionsvorganges ohne vorherige Rücksprache mit der Firma G und ohne nachträgliche Verständigung, somit ohne jedes Wissen und insbesondere ohne jede Zustimmung abgeändert worden. Diese Konstruktionsänderung sei bei Lieferung und Inbetriebnahme dem direkt zuständigen Mitarbeiter von der Firma G Herrn J F nicht aufgefallen.

 

Der Beschuldigte habe jegliche ihm zumutbare und mögliche Sorgfalt aufgewendet um sicherzustellen, dass die bestellte Prüfvorrichtung allen technischen Vorschriften und insbesondere allen Arbeitnehmerschutzvorschriften gemäß MSV bzw. AM-VO entsprechen würde. Mehr an Aufwand und Sorgfalt zur Sicherstellung der Einhaltung aller einschlägigen Sicherheits- und Schutzvorschriften wäre dem Beschuldigten zweifelsfrei weder möglich noch zumutbar gewesen.

Zum Beweis für dieses Vorbringen wurde zusätzlich die Einholung eines Gutachtens eines maschinenbautechnischen Sachverständigen bzw. eines maschinensicherheitstechnischen Sachverständigen beantragt.

 

Weiters wurde vorgebracht, dass gegenüber dem Beschuldigten mittlerweile Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs.1 VStG eingetreten sei, da die erste Verfolgungshandlung erst nach Ablauf der 6-monatigen Verfolgungsverjährungs­frist gesetzt worden sei.

 

 

3.1.   Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 01.12.2008, bei der neben dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers sämtliche von ihm angeführten Verantwortlichen sowie der anzeigende Arbeitsinspektor und der Eigentümer der Fa. R als Zeugen einvernommen wurden. Weiters wurde der Konstruktionsauftrag samt Anhang übermittelt.

 

3.2.   Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

3.2.1. Der Berufungswerber war zum Tatzeitpunkt sowohl handels- als auch gewerberechtlicher Geschäftsführer der G  GmbH.

 

Die Anzeige der Bestellung eines verantwortlich Beauftragten für Arbeit­nehmersicherheit an das Arbeitsinspektorat Linz lag vor dem gegenständlichen Arbeitsunfall nicht vor.

 

Mit E- Mail vom 04.12.2006 wurde durch die Firma G  GmbH, Abt. Konstruktionsbüro, die Firma R, Einzelunter­nehmen des Herrn K R in T, beauftragt eine Druckprüfanlage für eine bestehende Maschine der G zu fertigen bzw. anzupassen. Diesem Auftrag waren Konstruktionsskizzen und schematische Darstellungen über die zu fertigende Vorrichtung angeschlossen. Darin war für den vorgesehenen hydraulischen Stempel keine Druckplatte eingezeichnet. Von der Firma R wurde jedoch bei der Ausführung eine solche Druckplatte angebracht um eine bessere Druckverteilung auf den unterzutauchenden Prüfteil zu gewährleisten.

Die Druckprüfanlage ist dafür vorgesehen gefertigte Teile für die Automobilindustrie auf ihre Dichtheit zu prüfen. Dazu werden sie in diese Maschine eingespannt und mittels des hydraulischen Stempels für eine bestimmte Zeit unter Wasser gedrückt, mit Druck beaufschlagt und so auf ihre Dichtheit geprüft. Der Absenkvorgang wird ausgelöst mittels Zweihandbedienung. Nach Ablauf der voreingestellten Prüfdauer erfolgte ein automatisches Auffahren der Maschine; ebenso kam es zu einem Auffahren der Maschine vor Abschluss des Prüfvorganges, sofern der Notausschalter gedrückt wurde. Das Auffahren, das heißt Anheben des geprüften Teiles aus dem Wasser erfolgte nicht ruckartig sondern eher langsam.

Beim Auffahren der Vorrichtung kam es zwischen dieser Druckplatte und dem oberen Rahmenteil zu einer Quetschstelle, da diese Druckplatte bis 0,8 cm an den Rahmen heran fuhr, und damit zur Verletzung der Finger des betroffenen Arbeitnehmers.

 

Beim Einbau der Vorrichtung durch die Firma R und bei der anschließenden Funktionsprüfung bestand ein großer Zeitdruck, da der LKW für die zu prüfenden und zu liefernden Teile bereits im Werk war. Es wurde deshalb keine förmliche Abnahmeprüfung durchgeführt, sondern wurden nach einer Funktionsprüfung und den entsprechenden Einstellarbeiten vom Arbeitnehmer die einzelnen Druckprüfungen durchgeführt, wobei es in der Folge zum beschriebenen Arbeitsunfall am 17.01.2007 kam.

 

3.2.2. Die Aufforderung zur Rechtfertigung an den Berufungswerber erfolgte im Erstverfahren mit Schreiben vom 29.08.2007, zugestellt am 31.08.2007. Gegenüber dem zweiten handelsrechtlichen Geschäftsführer Herrn Dkfm. Dr. H G erfolgte eine Aufforderung zur Rechtfertigung gleichen Inhalts mit Schreiben vom 06.03.2007, zugestellt am 13.03.2007.

 

3.3.   Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie insbesondere auch aus den Aussagen der im Berufungsverfahren einvernommenen Zeugen. Insbesondere der zum damaligen Zeitpunkt als technischer Leiter bei der Firma G beschäftigte Zeuge G Z hat dezidiert angegeben, dass es keine Abnahmeprüfung für die Maschine gegeben hat. Auch der Zeuge J F, zum Tatzeitpunkt Leiter der Konstruktion bei der Firma G hat ausgesagt, dass nur eine Funktionsprüfung stattgefunden hat und allgemein ergibt sich aus den Aussagen, dass ein sehr großer Zeitdruck bestanden hat, zumal für den Abtransport der Teile schon der LKW bereit stand. Der Zeuge K R hat im Grunde zwar gesagt, dass es eine Abnahme gegeben hat, bei der grundsätzlich einmal die Funktion geprüft wurde. Ein Abnahmeprotokoll konnte auch vom Berufungs­werber nicht vorgelegt werden.

Überdies wurde erst nach dem Arbeitsunfall das dafür vorgesehene Formularblatt "Konstruktionscheckliste Vorrichtungen Übernahmeblatt Vorrichtungen" um die Punkte 37 bis 39 ergänzt, wobei der zu prüfende Punkt 38 lautet: "Keine Quetsch- und Scherstellen vorhanden!", wie der Zeuge Z bestätigt hat. Es hätte auch beim Abarbeiten der dazumals vorgesehenen Punkte diese Gefahrenstelle rein nach der Checkliste nicht erkannt werden können.

 

Die Beiziehung eines maschinentechnischen bzw. sicherheitstechnischen Sachverständigen war entbehrlich, da einerseits für den Unabhängigen Verwaltungssenat offenkundig ist, dass diese Quetschstelle und in der Folge der Arbeitsunfall zustande gekommen ist, da die Druckplatte am hydraulischen Stempel angebracht worden und dieser zu weit aufgefahren ist. Es ist schon aus den vorliegenden Konstruktionsskizzen abzuleiten, dass für den Fall, dass eine Druckplatte zusätzlich am Stempel angebracht wird und diese beim Auffahren bis 0,8 cm an den Rahmen heran fährt, in jedem Fall eine Quetschstelle entsteht. Diese hätte bei entsprechender Sorgfalt auch erkannt werden müssen, da ebenfalls schon aus den Konstruktionsunterlagen ersichtlich ist, dass es sich dabei um keine besonders komplexe oder gar unübersichtliche Vorrichtung gehandelt hat und der Bereich der Quetschstelle auch durchaus einsehbar war. Es ist daher auch dafür kein weiterer Sachverständigenbeweis mehr notwendig. Diese Gefahrenstelle war nicht eine verdeckte sondern eine praktisch offensichtliche, der aber keine Bedeutung zugemessen wurde, da das Auffahren des Hubzylinders sehr langsam vor sich ging und daher anscheinend nicht erwartet wurde, dass ein Arbeitnehmer hier seine Hand bzw. seine Finger bis zum Ende des Auffahrvorgangs dort belässt.

 

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.   § 40 Maschinen-Sicherheitsverordnung lautet:

(1) Zum Schutz der gefährdeten Personen vor Gefährdungen durch bewegliche Teile, die am Arbeitsprozess teilnehmen, wie etwa Schneidwerkzeuge, Pressenstößel, Walzen, in Bearbeitung befindliche Werkstücke, müssen ver­wendet werden:

 

1. wo immer möglich feststehende trennende Schutzeinrichtungen entsprechend

    den Anforderungen gemäß §§ 41 und 42,

2. andernfalls

     2.1. bewegliche trennende Schutzeinrichtungen entsprechend den An-­    forderungen gemäß §§ 41 und 44   oder

            2.2. andere Schutzeinrichtungen wie

            2.2.1 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion, wie etwa Licht­-­      schranken, Schaltmatten, oder

            2.2.2. ortsbindende Schutzeinrichtungen, wie etwa Zweihandschaltungen,        oder

            2.2.3. automatisch abweisende Schutzeinrichtungen entsprechend den   Anforderungen gemäß §§ 41 und 46.

 

(2) Können jedoch bestimmte am Arbeitsprozess teilnehmende bewegliche Teile während ihres Betriebes auf Grund von Arbeitsgängen, die das Eingreifen der Bedienungspersonen in ihrer Nähe erfordern, nicht oder nur teilweise gesichert werden, so müssen diese Teile, soweit technisch möglich, versehen werden mit:

1. feststehenden trennenden Schutzeinrichtungen entsprechend den Anforderungen gemäß §§ 41 und 42, sodass ein Erreichen der für den Arbeitsgang nicht verwendeten beweglichen Teile nicht möglich ist, und

2. verstellbaren trennenden Schutzeinrichtungen entsprechend den Anforderungen gemäß §§ 41 und 45, um den Zugang auf die für den Arbeitsgang unbedingt notwendigen beweglichen Teile zu beschränken.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z16 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Arbeitsmittelverordnung dürfen ArbeitgeberInnen nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen, die hinsichtlich Konstruktion, Bau und weiterer Schutzmaßnahmen den für sie geltenden Vorschriften über Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen entsprechen. Zu diesen Rechtsvorschriften gehören die in den Anhängen A und B angeführten Vorschriften sowie der 4. Abschnitt.

Die Maschinensicherheitsverordnung ist im Anhang A angeführt.

 

4.2.   Der objektive Tatbestand des Arbeitsunfalls und die Ursachen dafür wurden durch den Berufungswerber nicht bestritten. Es ist nach dem Verfahrensergebnis als erwiesen anzusehen, dass den oben beschriebenen Vorschriften des § 40 MSV nicht entsprochen wurde, indem die Vorrichtung so ausgestaltet und betrieben wurde, dass eine ungesicherte Quetschstelle bestanden hat.

 

4.3.   Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungs­handlung (gemäß § 32 Abs.2 und 3) vorgenommen worden ist. Gemäß Abs.2 leg.cit. beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen 6 Monate.

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Gemäß Abs.3 leg.cit. gilt eine Verfolgungshandlung, die gegen einen zur Vertretung nach außen Berufenen gerichtet ist, auch als Verfolgungshandlung gegen die anderen zur Vertretung nach außen Berufenen und die verantwortlich Beauftragten.

 

Die Aufforderung zur Rechtfertigung an den Berufungswerber erfolgte im Erstverfahren zwar erst mit Schreiben vom 29.08.2007, zugestellt am 31.08.2007. Gegenüber dem zweiten handelsrechtlichen Geschäftsführer Herrn Dkfm. Dr. H G erfolgte eine Aufforderung zur Rechtfertigung gleichen Inhalts aber bereits mit Schreiben vom 06.03.2007, zugestellt am 13.03.2007. Letzte war eindeutig noch innerhalb der 6-monatigen Verfolgungsverjährungs­frist. Somit ist von einer rechtzeitigen Verfolgung des Berufungswerbers auszu­gehen.

 

4.4.   Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortlich Beauftragte zu bestellen, denen für das gesamte Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Arbeitsinspektionsgesetz 1993 wird die Bestellung von verantwortlich Beauftragten erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt dem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist.

 

Vom Berufungswerber wurde weder eine dezidierte Bestellung eines konkreten verantwortlichen Beauftragten nachgewiesen noch eine Meldung vor der Tat beim Arbeitsinspektorat. Auch von Seiten des Arbeitsinspektorates wurde in der Anzeige angeführt, dass keine schriftliche Meldung über die Bestellung eines verantwortlich Beauftragten eingelangt ist. Somit liegt keine rechtswirksame Bestellung vor und hat grundsätzlich der Berufungswerber als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer für die Übertretung einzustehen.

 

4.5.   Hinsichtlich des Verschuldens ist zunächst auszuführen, dass es sich bei der gegenständlichen Übertretung um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt gemäß § 5 Abs.1 VStG handelt, bei dem Fahrlässigkeit ohne Weiteres anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Um ein Verschulden auszuschließen muss der Berufungswerber ein entsprechend wirksames Kontrollsystem eingerichtet haben. Dazu hat er initiativ von sich aus darzulegen, dass er alle Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht aus, sondern entscheidend ist deren wirksame Kontrolle.

 

Wenn der Berufungswerber anführt, dass es im Unternehmen eine entsprechende Aufgabenverteilung mit entsprechenden Verantwortlichkeiten gegeben hat, so mag dies durchaus zutreffen. Ein wirksames Kontrollsystem konnte der Berufungswerber jedoch nicht nachweisen. So hat sich gerade im konkreten Fall gezeigt, dass beim bestehenden Zeitdruck keine ordnungsgemäße Abnahme durchgeführt wurde und selbst wenn dies erfolgt wäre, das damals in Verwendung gestandene Prüfprotokoll nicht einmal Punkte betreffend die Kontrolle von Quetschstellen enthalten hat. Überdies hat offensichtlich niemand kontrolliert, ob tatsächlich eine ordentliche Abnahmeprüfung durchgeführt wurde und muss diesbezüglich angemerkt werden, dass gerade in Fällen des Zeitdruckes umso mehr Sorge getragen werden müsste, dass Belange des Arbeitnehmerschutzes hier entsprechend wahrgenommen werden, da gerade in derartigen Situationen verstärkt die Gefahr von Arbeitsunfällen besteht.

Auch wenn der verletzte Arbeitnehmer durch sein Verhalten durchaus für den Unfall mitverantwortlich war, muss doch festgestellt werden, dass ohne der entsprechenden Quetschstelle bzw. wenn schon früher die Steuerung so umgestellt worden wäre, dass der Stempel nicht so weit auffährt, der Arbeitsunfall nicht passiert wäre.

 

Der Berufungswerber muss sich aufgrund eines mangelnden Kontrollsystems somit das Verhalten seiner Arbeitnehmer und auch seiner leitenden Angestellten zurechnen lassen und kann sich nicht durch bloße allgemeine Ausführungen über deren Funktion und Verantwortungsbereich von seiner Verantwortung entziehen.

Er hat die Übertretung somit auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

 

4.6.   Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass dabei keine Mängel festgestellt werden konnten.

Die Erstbehörde hat zu Recht festgestellt, dass keine Milderungsgründe vorliegen. Generell muss berücksichtigt werden, dass durch die Verwaltungsübertretung ein doch schwerer Arbeitsunfall verursacht wurde. Auch das Einkommen des Berufungswerbers wurde entsprechend berücksichtigt.

 

Die Erstbehörde hat somit ihr Ermessen gemäß § 19 VStG im Sinne des Gesetzes ausgeübt. Überdies wird die verhängte Strafe als geeignet angesehen, den Berufungswerber in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten und erscheint diese auch aus generalpräventiver Sicht geeignet allgemein derartige Übertretungen nach Möglichkeit hintanzuhalten. Zudem ist die verhängte Geldstrafe mit nicht einmal 14 % der Höchststrafe noch im unteren Bereich des Strafrahmens.

 

 

5.      Der vorgeschriebene zusätzliche Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungs­verfahren ergibt sich aus den angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 20.10.2010, Zl.: 2009/02/0109-5

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