Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163846/2/Bi/Se

Linz, 19.02.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn H P O, T, vom 30. Jänner 2009 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom 30. Dezember 2008, VerkR96-5339-2007-Pm/Pi, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, dass der Schuldspruch insofern geändert wird, als er zu lauten hat: "Sie sind am 22. Jänner 2007 um 10.00 Uhr als Lenker des Pkw     in der Gemeinde Ansfelden, Parkplatz der Fa G M, mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben davon nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Sicherheits­dienststelle verständigt. ..." 

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 30 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs 3 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 150 Euro verhängt, weil er am 22. Jänner 2007 um 10.00 Uhr in Ansfelden, Parkplatz der Fa G M, mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und weder unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verstän­digt noch anderen Beteiligten bzw dem Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nachgewiesen habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 15 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe sich bei der Fa M einen Glasheber ausgeborgt und seine Daten dort im Büro mitgeteilt. Um 13.15 "wurde mit der Fa telefoniert" und dabei bekannt, dass dort zwei Fahrzeuge beschädigt waren, worauf er gesagt habe, dass er von einer Beschädigung nichts bemerkt habe, aber seine Daten dort aufliegen würden. Daher seien keine weiteren Schritte mehr notwendig gewesen, zumal die Daten ohnehin ausgetauscht worden seien. Frau B habe auch nicht mit seiner Gattin gesprochen, weil nur er das Telefon bei sich trage.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht – vom Bw unbestritten – hervor, dass dieser am 22. Jänner 2007 gegen 10.00 Uhr Vormittag mit dem Pkw     bei der Fa G M in A, war.

Gegen 12.00 Uhr wollte M B, die seit 8.15 Uhr dort gearbeitet hatte, mit ihrem dort abgestellten Pkw wegfahren und bemerkte, dass dieser an der linken hinteren Stoßstangenecke und der Seitenwand links hinten beschädigt war und blaue Lackspuren aufwies. Außerdem bemerkte sie, dass beim – nach einem freien Parkplatz – links daneben abgestellten Pkw ihres Kollegen R L der rechte Außenspiegel abgerissen und Dellen an der Beifahrertür und an der hin­teren Tür mit ebenfalls blauen Lackspuren vorhanden waren. Daraufhin wurden alle Firmenkunden mit blauen Fahrzeugen, die am Vormittag bei der Fa gewesen waren, telefonisch kontaktiert – darunter auch der Bw – jedoch kein Verursacher der Schäden gefunden. Um 14.30 Uhr wurde von der Fa M die Polizei verstän­digt, die aber an der Wohnadresse des Bw den blauen auf die Gattin des Bw zugelassenen Pkw nicht vorfinden konnte. Um 15.00 Uhr wurde der Bw telefonisch erreicht, gab aber an, nichts von einer Beschädigung zweier Fahrzeuge bemerkt zu haben. Er wurde zur PI A bestellt, wo er um 15.40 Uhr erschien und zugestand, es sei möglich, dass die Beschädigungen von ihm verursacht worden seien. Sämtliche Schäden wurden fotografiert und Übereinstimmungen der Schäden an den Fahrzeugen – beim vom Bw gelenkten Pkw war das Rücklicht rechts hinten zerbrochen und der Rückfahrscheinwerfer rechts hinten gesprungen, links vorne war eine Delle und ein Kratzer vor dem Außen­spiegel und ein Kratzer von links vorne über die gesamte Länge bis links hinten – festgestellt. Der Alkotest beim Bw verlief negativ.

Anhand der Fotos wurde über Antrag des Bw das technische Gutachten vom 17. Jänner 2008 zur Frage des Unfallhergangs vom technischen Amtssachverstän­digen Dipl-HTL-Ing R H erstellt, der zusammenfassend bestätigte, dass der ggst Verkehrsunfall zweifellos vom Bw verursacht wurde und die Beschä­digung des Pkw L von ihm wegen des knall­artigen Geräuschs beim Bruch des Außen­spiegels akustisch und optisch über den rechten Außenspiegel wahrge­nommen werden musste und der geringe Abstand zum Pkw B hätte ihm auffallen müssen. Im Gutachten wurden anhand von Pkw-Skizzen die Fahrmanö­ver des Bw und alle Beschädigungen schlüssig nachvollzogen.

Der Bw blieb am 31. Jänner 2008 im Rahmen des Parteiengehörs bei seiner Behauptung, er habe von einem Verkehrsunfall nichts bemerkt.

 

Die Zeugin B bestätigte am 7. August 2008 bei der BPD Wels, nachdem sie den Schaden an beiden Pkw bemerkt habe, habe eine Kollegin sämtliche Kunden, die am Vormittag bei der Fa gewesen seien, angerufen. Die Gattin des Bw habe abgehoben und erklärt, an ihrem Pkw sei kein Schaden vorhanden. Um 15.00 Uhr sei der Bw gekommen, um einen aufgeborgten Gegenstand zurückzubringen und die Kollegin habe seinen blauen Pkw auf dem Parkplatz stehen gesehen. Sie habe wegen der übereinstimmenden blauen Lackspuren an den beschädigten Fahrzeu­gen den Bw zur Rede gestellt und er habe ihr seine Versicherungsdaten gegeben, die er bereits von daheim mitgebracht hatte. Wenn nun der Bw ausführt, nur er könne mit der Polizei telefoniert haben, so ist davon auszu­gehen, dass er dabei dezidiert die Unwahrheit gesagt hat.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, diese Personen die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Ver­mögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl E 23.5.2002, 2001/03/0417, mit Vorjudikatur) hat der Lenker eines Fahrzeuges bei und nach riskanten Fahrmanö­vern, bei denen die dringende Gefahr besteht, dass es zu einer Kollision mit einem anderen Straßenverkehrsteilnehmer kommen kann, den Geschehnissen um sein Fahrzeug die volle Aufmerksamkeit zuzu­wen­den und sich – erfor­derli­chen­falls auch durch Nachschau nach dem Anhalten seines Fahrzeuges – davon zu überzeugen, dass es trotz der von ihm herbeige­führten gefährlichen Verkehrs­situation zu keinem Verkehrsunfall gekommen ist (vgl E 26.5.1993, 92/03/0125). Voraussetzung für die Anhalte- und Meldepflicht der lit.a und des Abs.5 ist als objektives Tatbestandsmerkmal der Eintritt eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbe­stand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusst­sein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden zu erkennen vermochte (vgl E  29.6.1994, 92/03/0269).

 

Nach den gutachterlichen Ausführungen von Unfallshergang hat der Bw den von ihm gelenkten Pkw rückwärts zwischen den abgestellten Pkw eingeparkt und beim Einparken den Pkw L und beim Ausparken den Pkw B beschädigt. Dabei befanden sich der Pkw L genau im Blickfeld des rechten Außenspiegels des Pkw des Bw und beim Ausparken fand die Kollision mit dem Pkw B direkt neben dem Bw als Lenkerplatz statt.

Daraus folgt, dass der Bw entweder massiv die Unwahrheit gesagt hat – in diesem Fall wäre die Berufung geradezu mutwillig – oder er hat tatsächlich davon nichts bemerkt, was ihn aber schon deshalb nicht entlasten kann, weil ihm objektive Umstände zu Bewusstsein kommen hätten müssen, die ihn zu genauer Nachschau veranlassen hätten müssen, ob er beim Rückwärtseinparken, dh im Rahmen eines riskanten Fahrmanövers, einen Verkehrsunfall mit Schaden verursacht hat. Hätte er sich entsprechend vergewissert, hätten ihm die Schäden an beiden Fahrzeugen nach dem jeweiligen Fahrmanöver auffallen müssen.

 

Das bei der Fa M aufgrund des ausgeborgten Glashebers die Daten des Bw als solche bekannt waren, ist insofern irrelevant, als der Bw erst viel später überhaupt in Beziehung zu den Schäden gebracht werden konnte. Außerdem ist hier nicht die Fa. M geschädigt worden, sondern Frau B und Herr L als Privatpersonen, zumal es sich auch nicht um Firmenfahrzeuge son­dern um deren Privatfahrzeuge handelte. Der Arbeitgeber der Geschädigten hat lediglich als Vermittler fungiert, weil der Verkehrsunfall auf dem Firmenpark­platz stattgefunden hat.  

Außerdem umfasst der Begriff "ohne unnötigen Aufschub" nur eine sehr kleine Zeitspanne nach einem Verkehrsunfall. Dem Schädiger soll zunächst die Möglich­keit gegeben werden, den/die Geschädigten ausfindig zu machen, um die­sen seine Identität anhand von Führerschein und Zulassungsschein nachzu­wei­sen, damit diese wissen, mit wen sie ihre Schadenersatzforderungen richten können. Wenn das nicht möglich ist, weil sich, wie im ggst Fall, beide nicht bei ihren Fahr­zeugen befinden und dem Bw auch nicht bekannt sein konnte, dass zumindest Frau B über den Arbeitgeber erreichbar sein würde – Herr L hat auswärts gearbeitet – wäre der Bw verpflichtet gewesen, die nächste Sicherheits­dienst­stelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden zu verständigen. Eine gesetz­liche Verpflichtung des Schädigers zum persönlichen Nachweis der Identität dem Geschädigten gegenüber besteht dabei nicht, wohl aber dessen Verpflichtung zur Meldung des Verkehrsunfalls mit Sachschaden an die nächste Polizeidienststelle, wenn der Identitätsnachweis, wie hier, dem Bw nicht möglich ist, weil der Geschädigte nicht anwesend ist.

 

Die PI A erlangte um14.30 Uhr erstmals Kenntnis vom Verkehrsunfall und das auch nicht durch den Bw, sondern durch die Fa. M als Vertreter der Geschädigten. Der Bw selbst wurde erst von der Polizei nach 15.00 Uhr, also ca 5 Stunden nach dem Verkehrsunfall, als Schädiger ausgeforscht.

Der Bw hat damit den ihm nunmehr – nach Korrektur gemäß § 44a Z1 VStG hinsichtlich bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. März 2007 enthaltener Tatbe­standsmerkmale – zur Last gelegten Tatbestand ohne jeden Zweifel verwirk­licht und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verant­wor­ten, zumal ihm die Glaubhaftmachung man­gelnden Verschuldens an der Nicht­meldung des Verkehrs­un­falls im Sinne des § 5 Abs.1 nicht gelungen ist.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.     

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte.

Der Bw ist nicht unbescholten, weist aber auch keine einschlägigen Vormer­kungen auf. Er hat immerhin zwei Fahrzeuge beschädigt. Er bezieht monatlich 700 Euro und hat weder Sorgepflichten noch Vermögen. All das wurde von der Erstinstanz im Sinne des § 19 VStG berücksichtigt, sodass eine Strafherab­setzung nicht für gerechtfertigt erachtet wurde. Dadurch dass keine Ersatzfrei­heitsstrafe verhängt wurde, ist der Bw nicht beschwert.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Datenbekanntgabe beim Arbeitgeber zum Geschädigten aus anderen Gründen ≠ Solidaritätsnachweis -> Bestättigung

 

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