Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252025/8/Py/Hue

Linz, 11.03.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung der Frau N O, L, T, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. Februar 2008, Zl. 0028382/2006, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte     Geldstrafe auf 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17         Stunden herabgesetzt wird.

 

II.     Der Beitrag der Berufungswerberin zu den Verfahrenskosten der       Erstbehörde verringert sich auf 50 Euro. Zum Berufungsverfahren        ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. Februar 2008, GZ. 0028382/2006, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen Übertretung des § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG 1975 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 33 Stunden verhängt.

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als persönlich haftende Gesellschafterin und somit als gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ der Firma C Z O OEG, B,  L, zu verantworten, dass von dieser von 10.11.2006 bis 30.11.2006 der nigerianische Staatsbürger O S, geboren , als Arbeiter in den Betriebsstätten B bzw. B beschäftigt wurde, obwohl für diesen weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde."

 

In der Begründung führt der angefochtene Bescheid unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, dass der Bw ein Schuldentlastungsbeweis mit ihrer Rechtfertigung, der Ausländer hätte ihr die Heiratsurkunde gezeigt, sie habe aber nicht gewusst, dass dieser nicht mit seiner Gattin im gemeinsamen Haushalt lebe und die Bw ihn auch bei der Sozialversicherung angemeldet habe, nicht gelungen sei.

 

Zur Strafhöhe wird ausgeführt, dass als strafmildernd und straferschwerend keine Umstände zu Tage getreten seien. Unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, wie sie von der Bw im Zuge der Einvernahme bzw. Stellungnahme bekannt gegeben worden seien, könne mit der Verhängung der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 4. März 2008. Darin bringt die Bw vor, dass sie die Strafe anerkenne und sie sich für ihre Unachtsamkeit entschuldigen möchte. Aufgrund der näher dargelegten Einkommens- und Familiensituation wird die Reduktion der Strafe beantragt.

 

3. Mit Schreiben vom 19. Jänner 2009 legt die belangte Behörde die Berufung vom 4. März 2008 samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Dem Finanzamt Linz wurde als am Verfahren beteiligte Organpartei vom Oö. Verwaltungssenat mittels Schreiben vom 2. Februar 2009 Gelegenheit gegeben, zum Berufungsvorbringen eine Stellungnahme abzugeben. Dieses brachte vor, dass bei der Strafbemessung durch die Erstbehörde bereits alle strafmildernden und erschwerenden Gründe sowie die Einkommensverhältnisse berücksichtigt worden seien. Der Unabhängige Verwaltungssenat möge deshalb das erstbehördliche Straferkenntnis bestätigen.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gem. § 51e Abs.3 Z2 VStG abgesehen werden, da sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe der verhängten Geldstrafe richtet und die Durchführung einer Berufungsverhandlung von keiner Partei beantragt worden ist.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Da sich die Berufung ausschließlich gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen.

 

5.2. Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Die Erstbehörde hat bei der Strafbemessung weder strafmildernde noch straferschwerende Umstände gewertet. Unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, wie sie von der Bw im Zuge der Einvernahme bzw. Stellungnahme bekannt gegeben worden seien, habe mit der Verhängung der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden können.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind jedoch mehrere – und bisher nicht berücksichtigte – Milderungsgründe zutage getreten: Neben dem Wohlverhalten nach der Tat und der Tatsache, dass der Ausländer beim Sozialversicherungsträger angemeldet war ist der Umstand zu berücksichtigen, dass die Bw ein Tatsachengeständnis abgelegt hat. Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates wird zusätzlich auch die überlange Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens als mildernd gewertet. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates 27 Monate vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Für das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen kommt es nicht auf die Zahl der Milderungs- und Erschwernisgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung – somit dem Gewicht nach – im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhalts an und ist danach zu beurteilen (vgl. u.a. VwGH 92/02/0095 v. 27.2.1992).

Unter Zugrundelegung der vorgenannten Milderungsgründe und im Hinblick auf die besondere Situation, in der sich die Bw nach der tragischen Ermordung ihres Gatten befindet, erscheint es vertretbar unter Anwendung des ao. Milderungsrechtes (§ 20 VStG) die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen, zumal auch Erschwernisgründe im Verfahren nicht hervorgekommen sind.

 

Die Taten bleiben jedoch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre, da bei Beschäftigung illegaler Arbeitskräfte der zu erwartende volkswirtschaftliche Schaden nicht unbedeutend ist. Mit der nunmehr verhängten Strafe ist nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates die erforderliche Sanktion gesetzt, um die Bw in Hinkunft nachhaltig von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.  

 

6. Gem. § 64 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe mit 10 % der verhängten Strafe neu festzusetzen. Da die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren gem. § 65 VStG nicht zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

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