Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252103/2/Gf/Mu

Linz, 28.04.2009

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des F G V gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 6. April 2009, GZ 23112/2008, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (mitbeteiligte Partei: R D, G, vertreten durch RA Mag. G E, G) zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 6. April 2009, GZ 23112/2008, wurde das gegen die mitbeteiligte Partei wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 i.d.F. BGBl.Nr. I 31/2007 (im Folgenden: ASVG), eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der mitbeteiligten Partei seitens der Rechtsmittelwerberin angelastet worden sei, als Obmann eines Vereines während eines von diesem veranstalteten Pokerturnieres zwei Personen gegen Entgelt beschäftigt zu haben, ohne jene vor Arbeitsantritt beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens habe jedoch nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden können, dass jene beiden Personen tatsächlich beim Verein der mitbeteiligten Partei beschäftigt gewesen seien; vielmehr hätte mit gleichwertiger Berechtigung auch davon ausgegangen werden können, dass die Arbeitnehmer bei einer vom Verein verschiedenen GmbH angestellt gewesen und erst in der Folge von dieser dem Verein überlassen worden seien. Im Zweifel sei daher das Strafverfahren einzustellen gewesen.

1.2. Gegen diesen ihr am 17. April 2009 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 23. April 2009 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Begründend bringt die beschwerdeführende Amtspartei vor, dass im Wege einer (nachträglichen) Anfrage beim zuständigen Sozialversicherungsträger festgestellt habe werden können, dass „beide Arbeitnehmer am Kontrolltag angemeldet wurden“. Darüber hinaus ergebe sich die Entgeltlichkeit der Arbeitsverhältnisse daraus, dass der Verein der mitbeteiligten Partei als Arbeitgeber für diese Arbeitnehmer einen Lohnzettel bei der Abgabenbehörde abgegeben habe.

Daher wird beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren im Sinne der Anzeige fortzuführen.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates Linz zu GZ 23112/2008; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und auch die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 4 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Bescheid eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat über die vorliegende Berufung erwogen:

3.1.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG handelt derjenige ordnungswidrig und begeht damit eine Verwaltungsübertretung – für die er (im Erstfall) mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, sofern die Tat weder von den Gerichten zu ahnden noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist –, der als Dienstgeber entgegen den Bestimmungen des ASVG Meldungen oder Anzeigen entweder nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden bzw. binnen 7 Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden, wobei diese Anmeldeverpflichtung gemäß § 33 Abs. 1a ASVG auch in zwei Schritten erfüllt werden kann, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

Nach § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit über­wiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs. 1 Z. 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.

3.1.2. Aus der Zusammenschau der mit § 111 Abs. 1 ASVG beginnenden Verweisungskette ergibt sich somit, dass sich das Tatbild dieses (bloß kursorisch als „Nichtmeldung beim Sozialversicherungsträger“ bezeichenbaren) Deliktes aus mehreren Einzelelementen zusammensetzt, die jeweils gemäß § 44a Z. 1 VStG im Spruch eines Straferkenntnisses – neben den nicht deliktsspezifischen und in diesem Sinne allgemeinen Erfordernissen (wie z.B. Zeit und Ort der Begehung) – kumulativ oder alternativ einer entsprechenden Konkretisierung bedürfen, nämlich, dass

 

         1. ein Dienstgeber, der für die Erfüllung der Meldepflicht keinen Bevoll-

             mächtigten bestellt hat (vgl. § 35 Abs. 1 und 3 ASVG),

         2. einen Dienstnehmer

         3. in einem Verhältnis persönlicher und

             wirtschaftlicher Abhängigkeit               vgl. § 4 Abs. 2 (und 4) ASVG

         4. gegen Entgelt (vgl. § 49 ASVG)

         5. beschäftigt hat,

         6. der in der Krankenversicherung pflichtversichert, nämlich entwe-

             der

                   a) vollversichert (vgl. § 4 Abs. 1 ASVG) oder

                   b) (insbesondere infolge des Nichterreichens der Geringfügigkeits-

                       grenze des § 5 Abs. 2 ASVG) zumindest teilversichert (vgl. § 7

                       Z. 1 und § 8 Abs. 1 Z. 1 ASVG) und

                   c) nicht gemäß § 5 ASVG ausgenommen ist und

         7. hierüber entweder eine Meldung oder eine Anzeigeentweder

             in einem oder in zwei Schritten (vgl. § 33 Abs. 1a ASVG) – entweder

                   a) nicht erstattet oder

                   b) falsch erstattet oder

                   c) nicht rechtzeitig erstattet hat (vgl. § 33 Abs 1 ASVG).

3.2. Hinsichtlich jener von der Rechtsmittelwerberin im gegenständlichen Fall angesprochenen Tatbestandselemente – nämlich der Arbeitnehmereigenschaft der beiden im Zuge der Kontrolle am 16. April 2008 betretenen Personen in Bezug auf die mitbeteiligte Partei als Arbeitgeber einerseits und die Entgeltlichkeit des Arbeitsverhältnisses andererseits – ist zunächst (und ganz unabhängig von der Frage, ob daneben im vorliegenden Fall auch die übrigen in 3.1. angeführten Deliktselemente erfüllt sind !) darauf hinzuweisen, dass auch die von der Beschwerdeführerin vorgelegten (nachträglichen) „Versicherungsdatenauszüge“ insoweit wiederum keine eindeutige, zweifelsfreie Zuordnung ermöglichen.

Schon den der Anzeige der Rechtsmittelwerberin vom 15. Mai 2008 angeschlossenen Beilagen (Personenblätter, Auszüge aus dem Elektronischen Datensammelsystem der Sozialversicherungsträger und Versicherungsdatenauszüge [Stand: 17. April 2008]) war nur zu entnehmen, dass die beiden Arbeitnehmer ausschließlich bei einer GmbH, nicht jedoch im Verein der mitbeteiligten Partei beschäftigt waren.

Aus den nunmehr vorgelegten Versicherungsdatenauszügen – Stand: 21. April 2009 – geht wiederum nur hervor, dass am Tattag (16. April 2008) – bloß – einer dieser beiden Arbeitnehmer auch, aber nicht ausschließlich beim Verein der mitbeteiligten Partei gemeldet war.

Aus diesem Umstand kann jedoch insgesamt gerade nicht geschlossen werden, dass zum Tatzeitpunkt eine Meldung nach § 33 Abs. 1 ASVG erforderlich gewesen bzw. die gesetzlich erforderliche Meldung unterlassen worden wäre. Denn zum einen lag ja für einen der beiden Arbeitnehmer, nämlich die GmbH, offensichtlich ohnehin eine entsprechende Meldung vor – diesbezüglich könnte lediglich fraglich sein, ob diese Meldung zeitgerecht und ordnungsgemäß erstattet wurde; und zum anderen kann allein aus dem Umstand, dass der zweite Dienstnehmer seitens des Vereines der mitbeteiligten Partei überhaupt nicht gemeldet wurde, noch nicht e contrario abgeleitet werden, dass eine Pflicht bestanden hätte, diesen zu melden. Denn eine demensprechende Verpflichtung bestand für die mitbeteiligte Partei offensichtlich nämlich dann schon von vornherein nicht, wenn der Arbeitnehmer zum Tatzeitpunkt eben nicht bei deren Verein beschäftigt war.

Vor diesem Hintergrund wäre daher nicht die mitbeteiligte Partei als Obmann und damit außenvertretungsbefugtes Organ des Vereines, sondern offensichtlich die zur Vertretung der GmbH nach außen berufene Person verwaltungsstrafrechtlich zu belangen gewesen. (Ob dies ohnehin [auch] erfolgt ist, kann jedoch dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt nicht entnommen werden und ist auch nicht Gegenstand des hier konkret vorliegenden Verfahrens.)

3.3. Damit – und ganz abgesehen davon, dass auf Grund der Ergebnisse des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens auch die übrigen zuvor unter 3.1.2. angeführten Tatbestandselemente nicht entsprechend konkretisiert werden konnten (so z.B. insbesondere jenes der Entgeltlichkeit, weil die von der Rechtsmittelwerberin angeführten „Lohnzettel für die Arbeitnehmer an die Abgabenbehörde durch den Verein als Arbeitgeber“ de facto nirgends aufscheinen) – erweist sich aber im Ergebnis der Spruch des angefochtenen Bescheides, wonach die Arbeitgebereigenschaft der mitbeteiligten Partei in ihrer Funktion als Vereinsobmann nicht mit der erforderlichen Sicherheit erwiesen werden kann, sodass ihr auch kein solcherart formulierter Tatvorwurf angelastet werden kann, als zutreffend.

Die gegenständliche Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abzuweisen.

Ob allenfalls z.B. die mitbeteiligte Partei in einer anderen Funktion oder eine andere Person als Vertreterin eines anderen Dienstgebers etc. verwaltungsstrafrechtlich zu belangen gewesen wäre, war hingegen in dem durch den Spruch des angefochtenen Bescheides eingegrenzten Rahmen des gegenständlichen Rechtsmittelverfahrens schon von vornherein nicht zu prüfen.

3.4. Darüber hinaus ist im gegebenen Zusammenhang noch auf Folgendes hinzuweisen:

3.4.1. Grundsätzlich ist zwar das anzeigende Organ nicht dazu verpflichtet, der Behörde von sich aus in vollem Umfang jene Beweise zu liefern, die zur Strafbarkeit eines Beschuldigten führen. Dies deshalb, weil eben nicht die Exekutive, sondern die Behörde als „Herrin des Verfahrens“ anzusehen ist. Dies bedeutet im gegebenen Zusammenhang, dass die amtswegige Ermittlungspflicht die Behörde trifft, d.h. dass sie die erforderlichen Beweise grundsätzlich aus eigenem zu erheben hat; hiebei kann sie allerdings u.a. auch die Exekutivorgane im Weisungsweg zur Beschaffung bestimmter Beweise verhalten.

Dieses grundsätzliche gegenseite Über- und Unterordnungsverhältnis verkehrt sich jedoch gleichsam dort ins Gegenteil, wo es um Beweise geht, die – wie dies bei Inspektionsorganen, die in einer Doppelfunktion zugleich Behördencharakter mit Parteistellung aufweisen, häufig der Fall ist – aus dem Verfügungsbereich der anzeigenden Behörde selbst stammen, hier z.B. die in der Berufung monierten „Lohnzettel an die Abgabenbehörde“. Denn auf der anderen Seite trifft ja auch den Beschuldigten eine entsprechende Mitwirkungspflicht (vgl. z.B. die Nachweise bei W. HauerO. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Wien 2004, S. 1412 ff).

Im Ergebnis resultiert somit eine gleichsam „kumulative“ amtswegige Ermittlungspflicht mit der Konsequenz, dass eine von der Amtspartei derart begründete Berufung, dass die Strafbehörde solche Beweise, die aus dem Verfügungsbereich der anzeigenden Behörde selbst stammen, nicht adäquat berücksichtigt hätte, in Wahrheit nur den Zweck hat, das bereits abgeschlossene Ermittlungsverfahren nach der Bescheiderlassung – und zwar, da das Verwaltungsverfahren kein Neuerungsverbot kennt – in vollem Umfang neuerlich in Gang zu setzen, um bis dahin versäumte Beweise nachzutragen. 

3.4.2. Diese unter den derzeit maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften an sich sogar legitime Vorgangsweise findet jedoch einerseits (ab dem 1. November 2009) ihre Grenze in der Fristbestimmung des § 51 Abs. 7 VStG in jener Fassung, die ihr durch BGBl.Nr. I 142/2008 zukommt (wonach ein Straferkenntnis ohne Einschränkung ex lege außer Kraft tritt, wenn seit dem Einlangen der Berufung 15 Monate vergangen sind), und andererseits auch darin, dass es nach der Konzeption der Art. 129 ff B‑VG keinesfalls Aufgabe der Unabhängigen Verwaltungssenate ist, originär und investigativ solche Beweise, die eine Strafbarkeit des Beschuldigten intendieren, zu erheben: Denn die UVS sind von Verfassungswegen lediglich zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit, nicht aber auch dazu berufen, selbst die Verwaltung zu führen; in diesem Sinne sind daher auch die Verfahrensvorschriften des AVG und VStG teleologisch restriktiv zu interpretieren.

Wäre daher der gegenständlichen Berufung stattzugeben gewesen, so hätte dies (i.S. einer weiteren, in § 66 Abs. 4 AVG nicht explizit genannten Ausnahme, die sich systematisch besehen als eine Folge der vorgenannten teleologischen Reduktion darstellt) lediglich zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, nicht jedoch – wie dies der Rechtsmittelwerberin mit ihrem Berufungsantrag dahin, „das Verwaltungsstrafverfahren im Sinne der Abgabenbehörde fortzuführen“ offenbar vorschwebt – darüber hinaus auch dazu geführt, dass der Oö. Verwaltungssenat – und zwar erstmals und anstelle der belangten Behörde – selbst ein Straferkenntnis erlässt.

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

Rechtssatz:

 

VwSen-252103/2/Gf/Mu vom 28. April 2009

 

Art. 129 ff B-VG; § 66 Abs. 4 AVG; § 25 VStG

Amtswegigkeit und Organpartei: Grundsätzlich ist zwar das anzeigende Organ nicht dazu verpflichtet, der Behörde von sich aus in vollem Umfang jene Beweise zu liefern, die zur Strafbarkeit eines Beschuldigten führen. Dies deshalb, weil eben nicht die Exekutive, sondern die Behörde als „Herrin des Verfahrens“ anzusehen ist. Dies bedeutet, dass die amtswegige Ermittlungspflicht die Behörde trifft, d.h. dass sie die erforderlichen Beweise grundsätzlich aus eigenem zu erheben hat; hiebei kann sie allerdings u.a. auch die Exekutivorgane im Weisungsweg zur Beschaffung bestimmter Beweise verhalten.

Dieses grundsätzliche gegenseite Über- und Unterordnungsverhältnis verkehrt sich jedoch gleichsam dort ins Gegenteil, wo es um Beweise geht, die – wie dies bei Inspektionsorganen, die in einer Doppelfunktion zugleich Behördencharakter mit Parteistellung aufweisen, häufig der Fall ist – aus dem Verfügungsbereich der anzeigenden Behörde selbst stammen, hier z.B. die in der Berufung monierten „Lohnzettel an die Abgabenbehörde“. Denn auf der anderen Seite trifft ja auch den Beschuldigten eine entsprechende Mitwirkungspflicht.

Im Ergebnis resultiert somit eine gleichsam „kumulative“ amtswegige Ermittlungspflicht mit der Konsequenz, dass eine von der Amtspartei derart begründete Berufung, dass die Strafbehörde solche Beweise, die aus dem Verfügungsbereich der anzeigenden Behörde selbst stammen, nicht adäquat berücksichtigt hätte, in Wahrheit nur den Zweck hat, das bereits abgeschlossene Ermittlungsverfahren nach der Bescheiderlassung – und zwar, da das Verwaltungsverfahren kein Neuerungsverbot kennt – in vollem Umfang neuerlich in Gang zu setzen, um bis dahin versäumte Beweise nachzutragen. 

Diese unter den derzeit maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften an sich sogar legitime Vorgangsweise findet jedoch einerseits (ab dem 1. November 2009) ihre Grenze in der Fristbestimmung des § 51 Abs. 7 VStG in jener Fassung, die ihr durch BGBl.Nr. I 142/2008 zukommt (wonach ein Straferkenntnis ohne Einschränkung ex lege außer Kraft tritt, wenn seit dem Einlangen der Berufung 15 Monate vergangen sind), und andererseits auch darin, dass es nach der Konzeption der Art. 129 ff B‑VG keinesfalls Aufgabe der Unabhängigen Verwaltungssenate ist, originär und investigativ solche Beweise, die eine Strafbarkeit des Beschuldigten intendieren, zu erheben: Denn die UVS sind von Verfassungswegen lediglich zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit, nicht aber auch dazu berufen, selbst die Verwaltung zu führen; in diesem Sinne sind daher auch die Verfahrensvorschriften des AVG und VStG teleologisch restriktiv zu interpretieren.

Wäre daher einer Berufung einer Amtspartei stattzugeben, so hätte dies (i.S. einer weiteren, in § 66 Abs. 4 AVG nicht explizit genannten Ausnahme, die sich systematisch besehen als eine Folge der vorgenannten teleologischen Reduktion darstellt) lediglich zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, nicht jedoch  darüber hinaus auch dazu zu führen, dass der UVS – und zwar erstmals und anstelle der belangten Behörde – selbst ein Straferkenntnis erlässt.

 

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