Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530876/11/Re/Sta VwSen-530919/2/Re/Sta

Linz, 15.05.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufungen von Herrn und Frau
Dr. G und Mag. I S, H,  G,

1.) vom 22. Dezember 2008, gegen den Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 3. Dezember 2008, Ge20-4101/31-2007, betreffend die Nichtzuerkennung einer Parteistellung im Verfahren nach
§ 359b GewO 1994,  sowie

2.) vom 5. September 2008 gegen den Bescheid vom 26.3.2008, Ge20-4101/25-2007, betreffend die Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung

zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung vom 22. Dezember 2008 wird, soweit sie sich auf den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung im gewerberechtlichen Genehmigungs­verfahren betreffend die Errichtung (Neubau) und den Betrieb eines Heizkraftwerkes "P C" auf dem Gst. Nr. , KG. O, Marktgemeinde G bzw. die Zuerkennung der Parteistellung zur Klärung der Vorfrage, ob im zitierten Verfahren ein vereinfachtes Verfahren gemäß § 359b Abs.1 Z2 GewO 1994 zulässig ist, bezieht, Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid vom 3. Dezember 2008, Ge20-4101/31-2007, in seinen Spruchpunkten I und II behoben. Gleichzeitig wird festgestellt, dass den Berufungswerbern im gegenständlichen Verfahren zur Frage, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens überhaupt vorliegen, insofern eine eingeschränkte Parteistellung zukommt.

 

II.              Die Berufung vom 5. September 2008 gegen den Bescheid vom 26. März 2008, Ge20-4101/25-2007, wird als unzulässig zurückgewiesen. 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359a und 359b Abs.1 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem bekämpften Bescheid vom 3. Dezember 2008, Ge20-4101/31-2007, hat die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land den Antrag der Berufungswerber vom 5. September 2009 auf Zuerkennung der Parteistellung im gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren betreffend die Errichtung (Neubau) und den Betrieb eines Heizkraftwerkes "P C" im Standort G bzw. die Zuerkennung der Parteistellung zur Klärung der Vorfrage, ob im zitierten Verfahren ein vereinfachtes Verfahren gemäß § 359b Abs.1 Z2 GewO 1994 zulässig ist, als unzulässig zurückgewiesen. Dies unter Hinweis auf § 8 AVG und § 75 Abs.2 GewO 1994 und im Wesentlichen mit der Begründung, das erstinstanzliche Verfahren habe ergeben, dass außerhalb einer Entfernung von 100 m von der verfahrensgegenständlichen Anlage mit keiner NO2-Zusatzbelastung gerechnet werden müsste. Der Kreis der in Frage kommenden Nachbarn sei daher auf diesen Umkreis von 100 m eingeschränkt. Die Liegenschaft der Berufungswerber liege mehr als 100 m vom Emissionsort der Betriebsanlage der Antragstellerin entfernt. Das Heizhaus einschließlich Abgasführung weise zumindest 120 m zur Grundgrenze der Berufungswerber auf, weshalb die Berufungswerber keine Nachbarn im Sinne des § 75 Abs.2 seien. Mangels Nachbarstellung sei daher auch der Antrag auf Parteistellung zurückzuweisen. Auch zur Klärung der Vorfrage, ob ein vereinfachtes Verfahren gemäß § 359b GewO 1994 zur Genehmigung betreffend die Errichtung des Heizkraftwerkes durchzuführen sei, setze Nachbarstellung im Sinne des § 75 Abs.2 GewO voraus und wurde diese Nachbarstellung bereits im Spruchpunkt I verneint. Aus diesem Grund sei auch im Verfahren nach § 359b kein materiellrechtlicher und auch kein verfahrensrechtlicher Anspruch auf Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zulässig. Die Zulässigkeit des gewerbebehördlichen Verfahrens nach § 359b GewO 1994 ergab sich darüber hinaus auf Grund des Vorliegens aller kumulativ geforderten Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle. Das Ermittlungsverfahren habe ergebe, dass die Anlagengenehmigung unter Auflagen erteilt worden sei und somit eine Gefährdung nach § 74 Abs.2 Z1 GewO 1994 auszuschließen und unzumutbare Belästigungen nach § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt würden.

 

2. Gegen diesen Bescheid haben Dr. G und Mag. I S, S, mit Schriftsatz vom 22.12.2008 innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, mit Schriftsatz vom 5. September 2008 sei ein Antrag auf Parteistellung im Verfahren oder zumindest zur Klärung der Vorfrage in Bezug auf die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens eingeräumt worden. Die Zurückweisung wurde im Wesentlichen mit der Entfernung der Liegenschaft der Berufungswerber von 120 m von der Heizanlage bei gleichzeitigem Ergebnis einer maximalen Emissionsentfernung von 100 m begründet.  Es würde daher keine Beeinträchtigung bei der Liegenschaft geben und sei daher die Einräumung der Parteistellung ausgeschlossen. Die angenommene Entfernung von 120 m sei jedoch falsch, da das Heizwerk näher als an der beantragten Stelle zur Heilstättensiedlung errichtet worden sei. Auch bei projektsgemäßer Errichtung sei ein Abstand von maximal 100 bis 105 m zwischen Grundgrenze und Heizhaus gegeben. Die Stellungnahme des luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen würde einer gutachtlichen Überprüfung nicht standhalten. Die 100 m-Grenze würde sich lediglich auf eine NO2-Zusatzbelastung nicht jedoch auf andere in Betracht kommende Emissionen beziehen. Ein Gutachten sei in Auftrag gegeben und würde nach Vorliegen voraussichtlich im Jänner 2009 nachgereicht werden. Mit Nachtrag zur Berufung vom 10. Februar 2009 wurde das Ergebnis der Unterlagenüberprüfung durch den TÜV Austria, datiert mit 19. Jänner 2009, vorgelegt. Darin wird ausgeführt, dass das zu Grunde liegende luftreinhaltetechnische Gutachten zumindest in formalen Belangen nicht vollständig nachvollziehbar sei, da die Immissionsberechnung nicht nachvollziehbar sei, die Anwendbarkeit der Rechtsvorschrift ÖNORM M 9440 nicht erläutert worden sei, die Kaminhöhenberechnung nicht nachvollziehbar sei, die Zusatzbelastungen für BM10 und NO2 jedoch tatsächlich sehr gering seien.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  i.V.m. § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  Ge20-4101/31-2007 sowie durch Einholung eines ergänzenden Gutachtens des luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen der Abteilung Umwelt-, Bau- und Anlagentechnik des Amtes der Oö. Landesregierung unter Wahrung des Parteiengehörs.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, soweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

 

Gemäß § 75 Abs.2 GewO 1994 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst ständig beschäftigten Personen.

 

Gemäß § 42 Abs.1 AVG  i.d.g.F. hat eine gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt ; § 13 Abs.5 zweiter Satz ist nicht anwendbar .

Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

Nach der geltenden Rechtslage kommt somit Nachbarn ex lege Parteistellung in den regulären Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage zu und zwar auf Grund des § 8 AVG iVm mit den, den Nachbarn zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 oder 5 der Gewerbeordnung. Erfolgt jedoch eine ordnungsgemäß kundgemachte mündliche Verhandlung betreffend die Genehmigung der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage so hat dies im Sinne der zit. Rechtsvorschriften die Folge, dass Nachbarn ihre Parteistellung verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung zulässige Einwendungen erheben. Durch die Erhebung zulässiger und rechtzeitiger Einwendungen von Nachbarn in Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage bleibt deren Parteistellung aufrecht. Dies aber nur in dem Rahmen und Umfang, soweit zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben wurden. Umgekehrt verlieren die Nachbarn ihre Stellung als Partei, soweit sie nicht zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben haben.

 

Eine zulässige Einwendung im Sinne des § 42 Abs.1 AVG liegt vor, wenn der Nachbar Verletzungen im subjektiven Recht geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muss jedenfalls entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechts behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist (VwGH 10.12.1991, 91/04/0229). Die Wahrnehmung anderer als eigener subjektiv-öffentlicher Rechte steht den Nachbarn nicht zu.

 

Gemäß § 356 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.

 

Gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen ergibt, dass

 

1.     jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

 

2.     das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt, die elektrische Anschlussleistung der  zur  Verwendung  gelangenden  Maschinen  und  Geräte  300 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des   § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69 a) vermieden werden.

 

 

das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten, 4 Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; statt durch Hausanschlag kann das Projekt aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn bekannt gegeben werden; nach Ablauf der im Anschlag oder der persönlichen Verständigung angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn, die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage .... . Nachbarn (§ 75 Abs. 2) haben keine Parteistellung .... .

 

Wie der zitierten Gesetzesstelle zu entnehmen ist, ist somit im vereinfachten Verfahren bereits durch den Gesetzgeber ausdrücklich festgelegt, dass Nachbarn grundsätzlich keine Parteistellung genießen, sondern ihnen prinzipiell nur Anhörungsrechte zukommen. Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch in seinem Erkenntnis vom 3.3.2001, G 87/00, festgestellt, dass zwar einerseits dieser Ausschluss der Parteistellung der Nachbarn zum Vorliegen der materiellen Genehmigungsvoraussetzungen nicht verfassungswidrig ist, davon jedoch andererseits zu unterscheiden ist, dass den Nachbarn eine beschränkte Parteistellung hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens überhaupt vorliegen, zukommt. Diese beschränkte Parteistellung ergibt sich aus einer gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 359b Abs.1 der GewO.

 

Aus dieser beschränkten Parteistellung der Nachbarn hinsichtlich der Frage der Überprüfung der Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens ergibt sich jedenfalls die Verpflichtung der Behörde, die diesbezüglichen Parteienrechte der Nachbarn zu wahren und ihnen Gelegenheit zur Geltendmachung der entsprechenden rechtlichen Interessen zu geben.

 

Die Einsichtnahme in den Verfahrensakt ergibt, dass die belangte Behörde auf Grund des Antrages der B Oö. reg.GenmbH vom 17. Dezember 2007 um Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Hackgutfeuerung, Heizhaus und Hackgutlager im Standort H, KG. O, angesucht hat. Die belangte Behörde hat nach Vorprüfung der Projektsunterlagen, dies auch unter Beiziehung von luftreinhaltetechnischen und lärmtechnischen Amtssachverständigen, mit Kundmachung vom 13. Februar 2008 die Durchführung eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 359b GewO 1994 kundgetan, dies auch durch Anschlag an der Amtstafel sowie Anordnung eines Anschlages an den unmittelbar benachbarten Häusern und unter Hinweis auf das Anhörungsrecht für Nachbarn binnen 2 Wochen.

 

Mit Verständigung vom 13. Februar 2008 wurde ein Ortsaugenschein unter Beiziehung eines gewerbe- und anlagentechnischen, luftreinhaltetechnischen und lärmtechnischen sowie brandschutztechnischen Amtssachverständigen und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates und der Standortgemeinde sowie von Verfahrensparteien anberaumt und durchgeführt. Von Nachbarn bzw. Verfahrensparteien wurden Einwendungen im Rahmen dieses Ortsaugenscheines nicht eingebracht. Die Beurteilung des Projektes durch die beigezogenen Amtssachverständigen hat ergeben, dass durch den Betrieb der Anlage bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen unzumutbare Belästigungen oder Gefährdungen von Anrainerschutzinteressen nicht zu besorgen sind.

 

Mehrere Monate nach Zustellung des Genehmigungsbescheides haben sich die Berufungswerber bei der belangten Behörde über das gegenständliche Verfahren erkundigt, die Ausfolgung von Kopien beantragt und einen Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung sowie einen Antrag Aufhebung des Genehmigungsbescheides angekündigt (Aktenvermerk vom 26. August 2008). In der Folge erging der nunmehr bekämpfte und oben in den wesentlichen Aussagen zitierte Bescheid vom 3. Dezember 2008, Ge20-4101/31-2007, betreffend die Zurückweisung der Anträge auf Zuerkennung der Parteistellung im gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren bzw. auf Zuerkennung der Parteistellung zur Klärung der Vorfrage, ob das vereinfachte Genehmigungsverfahren zulässiger Weise angewendet wurde. Als wesentliches Element für die Begründung des bekämpften Bescheides wird ein vom lufttechnischen Amtssachverständigen in der Vorprüfung der Unterlagen angesprochene 100 m Entfernung angegeben, innerhalb derer noch mit einer NO2-Zusatzbelastung gerechnet werden müsste. Daraus wurde geschlossen, dass in einem Abstand von über 100 m keinerlei Immissionen mehr eintreten können.

 

Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde ergänzend zu den erstinstanzlichen lufttechnischen Ausführungen eine Stellungnahme des lufttechnischen Amtssachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung zur konkreten Frage betreffend allfälligen Emissionen außerhalb des erwähnten 100 m-Umkreises eingeholt. Dieser stellt in seiner, im Berufungsverfahren dem Parteigehör unterzogener ergänzenden gutächtlichen Stellungnahme vom 23. März 2009 fest:

"Bei der durchgeführten Abschätzung der zu erwartenden Erhöhung an Luftschadstoffimmissionen nach ÖNORM M 9440 wurde ersichtlich, dass bei direkter Windanströmung in ca. 100 m Entfernung eine maximale Immissionskonzentration durch emittierte Luftschadstoffe zu erwarten ist, die dort eine Zunahme der Gesamtbelastung um ca. 1 % der Kurzzeit-Immissionsgrenzwerte (ohne Berücksichtigung der Schadstoffreduktion durch Wegfall der bestehenden Ölheizung) erreichen kann.

Mit zunehmender Entfernung (der Abstand vom Emissionspunkt zum Grundstück der Berufungswerber Dr. G und Mag. I S, H,  S, beträgt ca. 108 m) ist mit einer weiteren Verdünnung und daher mit einer weiteren Reduzierung von Luftschadstoffkonzentration zu rechnen, was bedeutet, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch außerhalb des
100 m Umkreises mit einer nur sehr geringen Erhöhung von Luftschadstoff­konzentrationen zu rechnen sein wird.

Dazu wird aber festgehalten, dass Änderungen bei Luftschadstoffkonzentrationen erst ab einer Größenordnung von über 5 % messtechnisch realistisch erfassbar sind und wie schon im Gutachten angeführt wurde, es sich dabei schon in einer Entfernung von 100 m und insbesondere darüber hinaus um einen irrelevanten Zusatzbelastungsbeitrag handelt.

Im Leitfaden UVP und IG-L des Umweltbundesamtes 2007 wird zur messtechnischen Erfassbarkeit angeführt, dass die kombinierte Messunsicherheit bei den klassischen Luftschadstoffen bei 5 – 10 % liegt. Die kombinierte Messunsicherheit für einen Luftschadstoff in einem Messnetz zur Luftüberwachung nach IG-L berechnet sich dabei aus den Unsicherheiten bei der Probenahme, der zeitlichen Stabilität und der Kalibrierung.

 

Im "Leitfaden UVP und IG-L, Hilfestellung im Umgang mit der Überschreitung von Immissionsgrenzwerten von Luftschadstoffen in UVP-Verfahren" des Umweltbundesamtes ist festgelegt, dass eine Genehmigung dann nicht versagt werden darf, wenn die durch die Emissionen der Anlage bedingte Zusatzbelastung 3 % des Kurzzeit-Immissionsgrenzwertes und 1 % des Langzeit-Immissionsgrenzwertes nicht überschritten wird.

Außerhalb von Sanierungsgebieten nach IG-L belasteten Gebieten (Luft) gemäß
§ 3 Abs.8 UVP-G 2000 und sonstigen Gebieten, in denen die Grenzwerte überschritten werden, kann als Bagatellgrenze eine Zusatzbelastung von 3 % des Grenzwertes für den Jahresmittelwert festgelegt werden.

 

Nachdem es sich im vorliegenden Fall weder um ein UVP-Verfahren, noch um ein ausgewiesenes Sanierungsgebiet nach IG-L bzw. um ein Gebiet mit Überschreitung von Immisisonsgrenzwerten handelt und durch die gegenständliche Anlage auch keine Tendenz in Richtung Grenzwertüberschreitungen erkennbar ist, kommt umso mehr das so genannte "Irrelevanzkriterium" zum Tragen.

 

Wie die Berechnungsergebnisse zeigen, liegen die Zusatzbelastungen durch Luftschadstoffe aus der Biomasseheizung unter 3 % der jeweiligen Immissionsgrenzwerte."

 

Abschließend stellt der lufttechnische Amtssachverständige fest, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden konnte, dass bei den nächstliegenden Wohnnutzungen die gemäß IG-L festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden.

 

4.1. Bezogen auf die Aussagen des lufttechnischen Amtssachverständigen ist es primär nicht von wesentlicher Bedeutung, ob sich das Grundstück der Berufungswerber noch innerhalb des 100 m-Umkreises oder bereits um wenige Meter außerhalb desselben befindet. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich auch außerhalb des 100 m-Umkreises eine - wenn auch sehr geringe – Erhöhung von Luftschadstoffkonzentrationen ereignen kann. Bezogen auf diese technisch somit nicht vollständig ausschließbare Möglichkeit einer Emissionserhöhung bei den Berufungswerbern ergibt sich, dass die Berufungswerber jedenfalls als Nachbarn im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung anzusehen sind, da der Nachbarbegriff gemäß § 75 Abs.2 GewO 1994 nicht eine tatsächliche Gefährdung oder Belästigung von Anrainern erfordert, sondern entscheidend für die Nachbarstellung bereits die bloße Möglichkeit einer Gefährdung oder Belästigung ist. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt Anrainer nur dann keine Nachbarstellung zu, wenn jede von der Anlage ausgehende Gefährdung oder Belästigung von vornherein  und zur Gänze ausgeschlossen wäre (VwGH 23.1.2002, 2001/04/0135). Hingegen ist es bei der Beantwortung dieser Frage nicht erforderlich zu prüfen, ob durch die nicht von vornherein ausschließbaren Immissionen tatsächlich Belästigungen, gegebenenfalls unzumutbare Belästigungen, Gefährdungen oder die Überschreitung von Irrelevanzgrenzen zu besorgen sind. Aus diesen Gründen wurde daher unter Spruchteil I des bekämpften Bescheides der Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung im gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren unter Bezugnahme auf § 75 Abs.2 GewO 1994 iVm § 8 AVG zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen und war dieser Ausspruch zu beheben.

 

4.2. Im Verfahren gemäß § 359b Abs.1 GewO 1994 haben Nachbarn, wie der oben zitierten Gesetzesstelle zu entnehmen ist, im vereinfachten Verfahren ex lege keine Parteistellung, sondern kommen ihnen prinzipiell nur Anhörungsrechte zu.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch in seinem Erkenntnis vom 3. März 2001, G 87/00, festgestellt, dass zwar dieser Ausschluss der Parteistellung zum Vorliegen der materiellen Genehmigungsvoraussetzungen nicht verfassungswidrig ist, davon jedoch zu unterscheiden ist, dass dem Nachbarn eine beschränkte Parteistellung hinsichtlich der Frage zukommt, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens überhaupt vorliegen. Diese beschränkte Parteistellung ergibt sich aus einer gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 359b Abs.1 der Gewerbeordnung. Aus dieser beschränkten Parteistellung der Nachbarn hinsichtlich der Frage der Überprüfung der Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens ergibt sich jedenfalls die Verpflichtung der Behörde, die diesbezüglichen Parteienrechte der Nachbarn zu wahren und ihnen Gelegenheit zur Geltendmachung der entsprechenden rechtlichen Interessen zu geben. Die im Spruchteil II des bekämpften Bescheides als unzulässig formulierte Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung der Parteistellung zur Klärung der Vorfrage, ob das gewerberechtliche Genehmigungsverfahren im gegenständlichen Fall in Form eines vereinfachten Verfahrens zulässig ist, erfolgte daher, da ebenfalls im Zusammenhalt mit § 75 Abs.2 GewO 1994 ausgesprochen, ebenfalls zu Unrecht und war daher auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage ebenfalls zu beheben.

 

4.3. Die Zurückweisung des Antrages auf ersatzlose Behebung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land von 26. März 2008, Ge20-4101/25-2007, mit welchem die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die verfahrensgegenständliche Anlage erteilt worden ist, erfolgte zwar im Ergebnis zu Recht, jedoch zu Unrecht mit der Begründung, der Antrag sei mangels Parteistellung zurückzuweisen. Vielmehr ist im gegenständlichen Verfahren, wie oben dargestellt, von einer eingeschränkten Parteistellung der Berufungswerber im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 359b Abs.1 GewO 1994 auszugehen. Wesentlich für die im Ergebnis richtige Zurückweisung ist hingegen der Umstand, dass eine – Rechtswirkungen entfaltende – Zustellung dieses materiellen Genehmigungsbescheides vom 26. März 2008, Ge20-4101/25-2007, an die Berufungswerber, nicht vorliegt. Der Zustellverfügung des Genehmigungsbescheides sind die Berufungswerber nicht zu entnehmen und kann die Aushändigung von Kopien zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt an einen der Berufungswerber nicht als nachweisbare Zustellung an die Berufungswerber im Sinne der Bestimmungen des Zustellgesetzes angesehen werden.

 

5. Aus diesem Grunde konnte auch den Berufungsvorbringen vom 5. September 2008 gegen den Bescheid vom 26. März 2008, Ge20-4101/25-2007, betreffend die Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Heizkraftwerkes "P C" nicht Folge gegeben werden, sondern war diese Berufung im Spruchteil II. dieser Berufungsentscheidung mangels rechtswirksamer Zustellung der Erfolg zu versagen und letztlich zurückzuweisen.

 

Insgesamt war daher auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

 

 

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