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VwSen-100264/19/Weg/Ri

Linz, 24.04.1992

VwSen - 100264/19/Weg/Ri Linz, am 24. April 1992 DVR.0690392 H S, S; Straferkenntnis wegen mehrerer Übertretungen der StVO 1960 Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des H S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W M, vom 13. November 1991 gegen die Fakten 1, 2, 3 und 4 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 14. Oktober 1991, VerkR96-269-1991/Wa, auf Grund des Ergebnisses der am 8. April 1992 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

Der Berufung wird hinsichtlich aller Fakten stattgegeben, das angefochtene Erkenntnis behoben und das Verfahren diesbezüglich eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991, i.V.m. § 24, § 44a, § 45 Abs.1 Z.1 und Z.3, § 51 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991.

Entscheidungsgründe:

I. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1. § 20 Abs.2, 2. § 52 Z.24, 3. § 20 Abs. 2 und 4. § 20 Abs. 2 jeweils StVO 1960 Geldstrafen von 1. 5.000 S, 2. 500 S, 3. 2.500 S und 4. 5.000 S, im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von 1. 168 Stunden, 2. 48 Stunden, 3. 84 Stunden und 4. 168 Stunden verhängt, weil dieser am 12. Jänner 1991 um 21 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen von M, B, über die M Landesstraße nach A gelenkt hat. Dabei hat er 1. seinen PKW im Ortsgebiet von M auf der B, beginnend ab Haus Nr. bis zur Kreuzung mit der B123 mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h und auf der M Landesstraße von Str.km. 0,150 bis Str.km. 0,500 mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h gelenkt und dadurch die für das Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h mißachtet 2. hat er das an der Kreuzung M Landesstraße, mit der Bundesstraße 3 angebrachte Vorschriftszeichen "Halt" mißachtet; 3. hat er auf der M Landesstraße zwischen der sogenannten Mlandkreuzung ab Str.km. 1,600 und dem Ortsgebiet von A (Str.km. 4,150) die für Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h mißachtet, indem er eine Geschwindigkeit von 140 km/h fuhr; 4. hat er seinen PKW zwischen Str.km. 4,150 und 4,600 auf der M Landesstraße im Ortsgebiet von A mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h gelenkt und dadurch die für das Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h mißachtet.

Außerdem wurde als Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz bezogen auf die Fakten 1 bis 4 ein Betrag von 1.300 S in Vorschreibung gebracht.

II. Diesem Straferkenntnis liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens M vom 14. Jänner 1991 und das auf dieser Anzeige aufgebaute ordentliche Verfahren der Erstbehörde zugrunde.

III. Der Berufungswerber wendet dagegen in der Berufungsschrift vom 13. November 1991 sinngemäß ein, daß die von der Erstbehörde zum Vorwurf gemachten Geschwindigkeitsüberschreitungen technisch nicht möglich seien, bzw. im Nachfahren nicht beobachtet werden hätten können und bemängelt, daß seinen Anträgen auf Einholung eines straßenverkehrstechnischen Gutachtens seitens der Erstbehörde nicht nachgekommen worden sei.

IV. Die Berufung ist rechtzeitig. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß mit der Berufungsvorlage der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Sachentscheidung berufen ist. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, war hinsichtlich dieser Verwaltungsübertretungen das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen. Nachdem ein ausdrücklicher Verzicht auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung von den Parteien des Verfahrens nicht abgegeben wurde, war eine solche anzuberaumen. Zu dieser wurden neben den Parteien des Verfahrens der Meldungsleger Rev.Insp. N als Zeuge sowie der straßenverkehrstechnische Amtssachverständige OAR. Ing. E A geladen.

V. Auf Grund des Ergebnisses dieser am 8. April 1992 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der auch alle geladenen Personen erschienen sind, ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevante Sachverhalt:

Zum Faktum 1: Es zeigte sich, insbesondere durch das diesbezügliche Gutachten des straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen sowie durch die vom Vertreter der belangten Behörde vorgelegte Skizze im Zusammenhalt mit den Aussagen des Meldungslegers, daß die zu diesem Faktum gemachte Umschreibung der Tatörtlichkeit so ungenau ist, daß von einer ausreichenden Konkretisierung der Tat im Sinne des § 44a VStG nicht gesprochen werden kann. Einerseits hat der Berufungswerber nicht ab Str.km 0,150 die ihm angelastete Überschreitung der im Ortsgebiet erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 50 km/h zu vertreten, sondern allenfalls ab Str.km 0,270. Erst ab diesem Punkt konnte er unter Zugrundelegung der Beschleunigungswerte die Geschwindigkeit von 100km/h erreicht haben. Der Vorwurf, bis Str.km 0,500 die Geschwindigkeit um 50 km/h überschritten zu haben erwies sich ebenfalls als unrichtig, da zwischen Str.km 0,452 und Str.km 0,691 eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h verordnet ist. Obwohl - wie das Verhandlungsergebnis zeigte - der Berufungswerber mit unverminderter Geschwindigkeit faktisch bis A weiterfuhr und vor allem das Ortsgebiet von M bis knapp zur Kreuzung mit der B3 heranreicht, wurde diese Geschwindigkeitsüberschreitung im Straferkenntnis nicht erwähnt. Verbleibt aus dem Faktum 1 lediglich die ab der Bahnhofstraße bis zur Kreuzung mit der B123 festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung um 30 km/h. Eine Aufteilung der verschiedenen Delikte in diesem Faktum (§ 20 Abs.2 und § 52 Ziff.10a) auch im Hinblick auf die dann adäquate Geldstrafe läßt sich nicht vornehmen, so daß auch diese auf der B festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung nicht sanktioniert werden kann. Zum Faktum 2: Beim Tatvorwurf im Straferkenntnis, das an der Kreuzung M Landesstraße mit der Bundesstraße 3 angebrachte Vorschriftszeichen "Halt" mißachtet zu haben, sind mehrere Begehungsvarianten hinsichtlich dieser Mißachtung denkbar. Es ist nämlich nicht angeführt, durch welche Verhaltensweise es konkret zu dieser Mißachtung gekommen ist. Beispielsweise hätte angeführt werden müssen, daß der Beschuldigte nicht angehalten hat. Aus diesem Grund ist auch dieser Tatvorwurf im Sinne des § 44a zu wenig konkretisiert und ist durch diese allgemeine Formulierung der Beschuldigte in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt gewesen.

Zu den Fakten 3 und 4: Hier stellte der straßenverkehrstechnische Amtssachverständige fest, daß die vom Meldungsleger zur Anzeige gebrachten Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht in dieser Form wahrgenommen werden konnten, daß also die in der Anzeige getroffenen Feststellungen, die schließlich Grundlage für das Straferkenntnis waren, technisch nicht nachvollziehbar sind.

VI. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG ist von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht erwiesen werden kann. Selbiges trifft gemäß § 45 Abs.1 lit.c zu, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen. Wie schon ausgeführt, enthält der Spruch des Straferkenntnisses hinsichtlich der Fakten 1 und 2 eine den rechtsstaatlichen Erfordernissen nicht gerecht werdende Tatbeschreibung, da einmal die Örtlichkeit der Tat falsch angeführt wurde und zum anderen die Verhaltensweise, die zur Mißachtung des "Halt" führte, nicht enthalten ist. Hinsichtlich der Fakten 3 und 4 war die Anzeige und in weiterer Folge der aus der Anzeige übernommene Tatvorwurf so ungenau und übertrieben, daß eine technische Nachvollziehbarkeit nicht gegeben war, somit die dort beschriebene Tat nicht als erwiesen anzusehen ist.

Nachdem seit Begehung der Tat schon mehr als 6 Monate vergangen sind, ist es dem unabhängigen Verwaltungssenat im derzeitigen Verfahrensstand verwehrt, eine Individualisierung oder Konkretisierung des Spruches vorzunehmen, weshalb hinsichtlich aller Fakten mit einer Einstellung vorzugehen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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