Linz, 17.07.2009
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung von Herrn W S, B, L, Frau E S, B, L, Frau R P, B, L, Herr DI G L, B, L, Frau Dr. Ml W, B, L, Frau L D W, B, L, Herr Prof. H S, B, L, Herr M W (richtig wohl: W), B, L, Frau A W (richtig wohl: W), B, L, Frau M W (richtig wohl: W), B, L, Frau L W (richtig wohl: W) , B, L, alle vertreten durch die P A mbH, L, P, sowie des Herrn Mag. F G, S, L, gegen den Genehmigungsbescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. September 2007, GZ. 0061914/2007 ABA Nord, betreffend die Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Kongress- und Veranstaltungszentrums in L, B, Gst. Nr. und , gemäß § 77 GewO 1994, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird insoferne Folge gegeben als dem bekämpften Genehmigungsbescheid vom 21. September 2007 nachstehende ergänzende Projektsabsichten eingefügt werden:
"Beim verfahrensgegenständlichen Projekt werden an den ost- und westseitigen Fassaden innenliegende Verdunkelungsanlagen eingebaut. Im Stiegenhaus, Seminarraum und Bürobereich werden senkrechte Verdunkelungen in Form eines Verdunkelungsrollos mit seitlichen Führungsschienen und elektrischen Antrieb eingebaut. Die Anlage wird an eine Zeitsteuerung angeschlossen, sodass in den Nachtstunden (22.00 Uhr bis 06.00 Uhr) kein Lichtaustritt durch diese Glasflächen stattfindet.
Im Saal des 2. OG werden die ost- und westseitigen Fensterflächen durch innenliegende Holzschiebe-/Klappläden ausgestattet. Bei Veranstaltungen zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr werden diese Holzschiebe-/Klappläden geschlossen, sodass kein Lichtaustritt durch diese Fensterflächen stattfindet."
Weiters wird die Bescheidauflage 5. des bekämpften Bescheides abgeändert und lautet wie folgt:
"Die Verglasungen des Veranstaltungssaales sind in folgender schalltechnischer Qualität herzustellen:
Ostseite: R'w mind. 52 dB
Nord- und Westseite: R'w mind. 45dB ".
Nachstehende zusätzliche Auflage wird vorgeschrieben und ist einzuhalten:
"Die Abluft des Catering-Bereiches ist einer Höhe von mindestens 1 m über First des zu errichtenden Gebäudes, entsprechend einer Höhe von mindestens 23 m über Nullniveau gemäß Einreichplan auszublasen. Es ist ein ungehinderter Austritt der Abluft senkrecht nach oben zu gewährleisten, die Abluftgeschwindigkeit hat mindestens 7 m/s zu betragen."
Darüber hinaus wird der Berufung keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz bestätigt.
Rechtsgrundlagen:
§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)
§§ 359a und 77 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).
Entscheidungsgründe:
1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt hat mit dem Bescheid vom
21. September 2007, GZ. 0061914/2007 ABA Nord, über Antrag des K V in L, L, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Kongress- und Veranstaltungszentrums mit konkret angeführten Betriebszeiten, Veranstaltungsarten sowie limitierter Lärmpegel in L, B, Gst. und der KG. L, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt und Einwendungen von Nachbarn zum Teil als unbegründet abgewiesen und zum Teil als unzulässig zurückgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, aus den Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen ergäbe sich, dass nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten sei, dass durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z 2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt würden.
Weiters würde die Verwendung oder der Betrieb öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anstalten, Anlagen und Einrichtungen nicht beeinträchtigt und die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nicht wesentlich beeinträchtigt sowie eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer nicht herbeigeführt.
Begründend wird weiters ausgeführt, aus dem immissionstechnischen und dem darauf basierenden medizinischen Gutachten gehe schlüssig und nachvollziehbar hervor, dass auch bei Musikdarbietungen bis 91 dB(A) (Innenpegel) im Zuge von Ballveranstaltungen bei den nächstgelegenen Nachbarn es weder zu Gesundheitsgefährdungen noch zu unzumutbaren Belästigungen kommen könne. Auch in Bezug auf Lärm durch Liefervorgänge wird vom immissionstechnischen Sachverständigen festgestellt, dass auf Grund der Abschirmung des neuen Gebäudes in Bezug auf das Haus B eine Verbesserung zu erwarten sei, in Bezug auf gegenüberliegende Gebäude praktisch kein Einfluss auf die örtlichen schalltechnischen Verhältnisse im Straßenraum der B hervorgerufen werden könne, da weiterhin der wesentliche Teil des örtlichen Lärmgeschehens durch den Verkehr auf der B (tägliches Verkehrsaufkommen: 3.864 Pkw/27 Lkw) geprägt werde. Aus dem darauf aufbauenden medizinischen Gutachten konnte weder eine unzumutbare Belästigung noch eine Gesundheitsgefährdung für die anrainenden Nachbarn abgleitet werden. Der beigezogene verkehrstechnische Amtsachverständige habe die technische Möglichkeit der zusätzlichen Ladetätigkeiten bestätigt. Eine Hofbeleuchtung sei nicht vorgesehen. Weitere Innenbeleuchtungen würden eine Gesundheitsgefährdung oder eine unzumutbare Beeinträchtigung nicht darstellen, da mit Auflagepunkt 1. eine maximale Aufhellung von 3 Lux in den Nachtstunden vorgeschrieben wurde. Einwendungen bezüglich des subjektiven Eindruckes des Nachbarn sowie die äußere Gestaltung der Betriebsanlage seien nicht zulässig. Das Kongress- und Veranstaltungszentrum bilde keine betriebliche Einheit mit der Garage Hessenplatz bzw. dem Hotel Hessenplatz. Eine unzumutbare Belästigung oder Gesundheitsgefährdung durch Ausblasung der Küchenabluft könne ausgeschlossen werden. Durch haustechnische Anlagen seien keinerlei Einflüsse auf die künftigen hofseitigen örtlichen Lärmverhältnisse weder zur Tag- noch zur Nachtzeit zu rechnen. Das bestehende K V sei nicht Gegenstand des gegenständlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens "Kongress- und Veranstaltungszentrum".
2. Gegen diesen Genehmigungsbescheid haben die eingangs angeführten Anrainer, zunächst alle vertreten durch die P A mbH, P, mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2007, beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz eingelangt am 11. Oktober 2007, innerhalb offener Frist Berufung erhoben.
Im Laufe des Berufungsverfahrens haben die ursprünglichen Berufungswerber DI G und P H, B, L, sowie Ing. H U, B, L, die Berufung gegen den zitierten Genehmigungsbescheid zurückgezogen. Der Berufungswerber Mag. F G hat mit der am 21. August 2008 beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangten Äußerung die Vollmachtsauflösung gegenüber der P A mbH bekannt gegeben.
Die Berufung wurde im Wesentlichen mit dem Vorbringen begründet, bereits im erstinstanzlichen Verfahren seien umfangreiche Einwendungen vorgebracht worden. Schalltechnisches Projekt und Betriebsbeschreibung würden nicht übereinstimmen; es würde einerseits von Ballveranstaltungen mit Musik, die einen Innenpegel von 91 dB(A) erzeugen gesprochen, andererseits von Veranstaltungen mit Musikuntermalung und einem maximalen Schallpegel von 85 dB(A). Informativ angeführte Werte behandeln auch einen Ball- und Diskothekbetrieb mit Schallimmissionen von 91 bzw. 102 dB(A). Ein Innenpegel von 102 dB(A) würde jedoch zu einer Gesundheitsgefährdung führen. Der Amtssachverständige spreche einerseits von einem Innenpegel von 91 dB(A), jedoch im selben Gutachten von der möglichen Notwendigkeit der Beschränkung auf maximal 85 dB(A), sollten Ballveranstaltungen mit 91 dB(A) als unzumutbar bewertet werden. Unklar sei auch, ob ein Kongress- und Veranstaltungszentrum für Ballveranstaltungen oder aber ein Kongress- und Veranstaltungszentrum mit maximaler Musikuntermalung eingereicht worden sei. Der Antragsteller müsse darstellen, was Genehmigungsgegenstand sei. Die lärmtechnische und medizinische Beurteilung sei auch in Bezug auf die Liefervorgänge mangelhaft. Das Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen sei ebenfalls mangelhaft und müsse als grob fahrlässig mangelhaft bezeichnet werden. Dieses Gutachten sei auch Grundlage für die lärm-, luft- und lichttechnischen Emissionen. So handle es sich nicht um zwei zusätzliche Ladetätigkeiten pro Woche, sondern pro Tag. Auch fehle eine verkehrstechnische Beurteilung in Bezug auf die Hofzufahrt und sei diese für eine Zufahrt von Lkw's nicht geeignet. Geräusche im Zusammenhang mit dem Ladevorgang seien nicht berücksichtigt worden. Der Kritikpunkt betreffend Lichteinwirkung durch Gebäudebeleuchtung beziehe sich auf die Ausleuchtung des gesamten Innenhofes durch das Projekt infolge einer Innenbeleuchtung des Stiegenhausbereiches. Der Einwand der negativen Auswirkungen des Projektes auf die Psyche sei nicht ernsthaft beachtet worden. Durch die äußere optische Gestaltung des Projekts seien sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten beeinträchtigt. Natürliche Baumaterialien wie Holz oder Ziegel würden nicht verwendet. Grünelemente würden vermieden. Dieser optische Eindruck wirke sich belastend auf die Psyche aus.
Das Vorhaben stelle darüber hinaus eine betriebliche Erweiterung des bestehenden Veranstaltungszentrums des K V dar. Die Beurteilung der Gesamtsituation einschließlich Erweiterung fehle vollständig. Das immissionstechnische Gutachten sei hinsichtlich Geruchsauswirkungen unvollständig. Emissionen von beliefernden Lkw's seien nicht berücksichtigt. Es sei als Nachteil zu betrachten, dass die Abluft des Catering-Bereiches über Dach in Höhe des dritten Obergeschosses über dem Veranstaltungssaal ausgeblasen werde. Das Wohnhaus sei um 2 Wohngeschosse höher als die Ausblasmündung der Küchenabluft. Das Gutachten treffe keine Aussagen über die Beeinträchtigung der Wohnnutzung bei vorgesehener Ausblasung.
3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.
Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994 iVm
§ 67a Abs.1 AVG.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu GZ. 501/N 071019, 0061914/2007, sowie Einholung ergänzender Gutachten aus den Bereichen Lärmtechnik, Lufttechnik und Medizin und Einforderung ergänzender Projektsabsichten betreffend Lichtimmissionen, all dies unter Wahrung des Parteiengehörs.
Überdies eingeholt wurde eine Ergänzung der verkehrstechnischen Beurteilung durch die Amtssachverständigen des Magistrates der Landeshauptstadt Linz und zwar von Amts wegen.
4.1. Das zu den Berufungsvorbringen eingeholte ergänzende lärmtechnische Gutachten des Amtssachverständigen der Abteilung Umweltschutz des Amtes der Oö. Landesregierung vom 10. Juli 2008, U-UT-571154/2-2008-Sh/Ki, wurde den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Darin kommt der Amtssachverständige in schlüssiger Weise zu folgenden Ergebnissen:
4.2. Darüber hinaus wurde das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren in Bezug auf die Erhebung und Beurteilung von Luftemissionen- bzw. –immissionen ergänzt. Der luftreinhaltetechnische Amtssachverständige der Abteilung Umwelt-, Bau- und Anlagentechnik des Amtes der Oö. Landesregierung stellt ergänzend zur durchgeführten erstinstanzlichen immissionstechnischen Beurteilung in seinem Gutachten vom 31. Juli 2008 zu den Berufungsvorbringen fest:
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Gemäß § 356 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.
Gemäß § 42 Abs.1 AVG i.d.g.F. hat eine gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt ; § 13 Abs.5 zweiter Satz ist nicht anwendbar .
Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.
Nach der geltenden Rechtslage kommt somit Nachbarn ex lege Parteistellung in den regulären Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage zu und zwar auf Grund des § 8 AVG iVm mit den, den Nachbarn zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 oder 5 der Gewerbeordnung. Erfolgt jedoch eine ordnungsgemäß kundgemachte mündliche Verhandlung betreffend die Genehmigung der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage so hat dies im Sinne der zit. Rechtsvorschriften die Folge, dass Nachbarn ihre Parteistellung verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung zulässige Einwendungen erheben. Durch die Erhebung zulässiger und rechtzeitiger Einwendungen von Nachbarn in Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage bleibt deren Parteistellung aufrecht. Dies aber nur in dem Rahmen und Umfang, soweit zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben wurden. Umgekehrt verlieren die Nachbarn ihre Stellung als Partei, soweit sie nicht zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben haben.
Eine zulässige Einwendung im Sinne des § 42 Abs.1 AVG liegt vor, wenn der Nachbar Verletzungen im subjektiven Recht geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muss jedenfalls entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechts behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist (VwGH 10.12.1991, 91/04/0229). Die Wahrnehmung anderer als eigener subjektiv-öffentlicher Rechte steht den Nachbarn nicht zu.
Die Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz ergibt, dass der K V in L mit Antrag vom 1. März 2007 um die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Kongress- und Veranstaltungszentrums im Standort L, B, Gst. Nr. und der KG. L, angesucht hat.
Die belangte Behörde hat nach Vorprüfung der Projektsunterlagen mit Kundmachung vom 19. Juni 2007 eine mündliche Augenscheinsverhandlung für den 9. Juli 2007 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. Die Berufungswerber haben mit Schriftsatz vom 6. April 2007 (!), eingelangt beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz am 6. Juli 2007, Einwendungen erhoben. Im Rahmen der mündlichen Augenscheinsverhandlung wurde das Projekt durch Beiziehung eines bautechnischen, eines brandschutztechnischen, eines maschinen- und elektrotechnischen sowie gewerbetechnischen, weiters eines immissionstechnischen, eines wasserfachlichen und eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen beurteilt und begutachtet. Die Berufungswerber waren zum Teil persönlich, zum Teil durch ihren rechtlichen Vertreter anwesend und haben Einwendungen erhoben bzw. berichtigt und ergänzt. Im Anschluss daran wurde ein weiteres immissionstechnisches Gutachten vom 26. Juli 2007, GZ. 0108649/2007 auf der Grundlage der Projektsinhalte eingeholt. Im darauf aufbauenden medizinischen Amtsgutachten des Gesundheitsamtes des Magistrates der Landeshauptstadt Linz wird bei der Beurteilung der Auswirkungen der Betriebsanlage auf ein gesundes, normal empfindendes Kind sowie auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen zusammenfassend festgestellt, dass durch prognostizierte Immissionen keine erheblichen Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen bei den nächstgelegenen Nachbarn zu erwarten sind. Der daraufhin ergangene Genehmigungsbescheid vom 21. September 2007, welcher oben bereits inhaltlich zitiert wurde, wird mit der nunmehr verfahrensgegenständlichen Berufungsschrift vom 8. Oktober 2007 bekämpft.
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat im Rahmen des Berufungsverfahrens ergänzende Gutachten aus den Bereichen Lärmtechnik, Immissionsschutz sowie Medizin eingeholt und diese dem Parteiengehör unterzogen. Weiters wurde auch eine ergänzende verkehrstechnische Beurteilung von Amts wegen veranlasst.
Die oben zitierten Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen sind begründet, schlüssig und nachvollziehbar und hegt das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich keine Zweifel, diese der Berufungsentscheidung zu Grunde zu legen.
Auch die Berufungswerber sind diesen ergänzend eingeholten Gutachten nicht mehr mit entscheidenden Argumenten entgegengetreten, konnten somit eine Unschlüssigkeit derselben nicht mehr nachweisen.
Unter Bezugnahme auf die Berufungsvorbringen ist zunächst festzustellen, dass den Berufungswerbern ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht zur Beurteilung einer Beeinträchtigung nach § 74 Abs.2 Z4 GewO 1994, betreffend die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, nicht zusteht. Die Berufungsbehörde hat unabhängig davon, auf Grund der diesbezüglich vorgebrachten Berufungsinhalte eine ergänzende Äußerung des verkehrstechnischen Sachverständigendienstes der Stadtplanung Linz des Magistrates der Landeshauptstadt Linz eingeholt, worin unter Hinweis auf die bereits erstellten Gutachten und die angeführten Sachverhalte die Unterstellungen in der Berufungsschrift vom 8. Oktober 2007 zurückgewiesen werden. Ausdrücklich wird festgehalten, dass die angesprochene Hausdurchfahrt für Transportfahrzeuge benützbar ist. Auf Grund des derzeitigen täglichen Gesamtverkehrsaufkommens von 3.864 Pkw und 67 Lkw in der B stellen auch ein bis zwei zusätzliche Lieferfahrten pro Tag eine verkehrstechnisch vernachlässigbare Größe dar und sind daher möglich. Hingewiesen wird darauf, dass sich in der B bereits eine Ladezone auf dem öffentlichen Gut befindet und für Ladetätigkeiten für Pkw und Lkw herangezogen wird.
Hiezu ist seitens der Berufungsbehörde ergänzend festzustellen, dass hier vom verkehrstechnischen Amtssachverständigen eine Lieferfrequenz begutachtet wurde, die jedenfalls über dem tatsächlichen beantragten Genehmigungsumfang liegt. Inhalt der Genehmigung sind jedenfalls nicht ein bis zwei zusätzliche Anlieferungen pro Tag, sondern pro Woche.
Ergänzend ist an dieser Stelle zu den diesbezüglichen Berufungsvorbringen festzustellen, dass im Bereich des bereits bestehenden P K V eine Liefertätigkeit von 6 Zulieferungen pro Woche im Bereich der Hofdurchfahrt bereits derzeit stattfindet, diese Anzahl durch den Betrieb des verfahrensgegenständlichen Kongress- und Veranstaltungszentrums um maximal 2 Liefervorgänge erhöht wird. Soweit diese Anzahl von den Berufungswerbern als nicht realistisch angesehen wird, ist auf die Projektsbezogenheit des gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren im Grunde des § 353 GewO 1994 zu verweisen. Die angesprochene Anzahl von Liefertätigkeiten kann nicht als von vornherein unschlüssig erkannt werden und wird es am Betrieb der Anlage durch die Konsenswerberin liegen, den Konsens einzuhalten. Sofern eine Erhöhung der Zulieferfahrbewegungen für erforderlich erachtet wird, würde dies eine genehmigungspflichtige Änderung des Projektes (§ 81 GewO 1994) darstellen.
Zum Berufungsvorbringen betreffend mangelhafte Beurteilung der Innenraumpegel bei Veranstaltungen, bezogen auf angeführte Innenpegel von 91 dB(A), 85 dB(A) bzw. 102 dB(A) ist auf die diesbezüglichen umfangreichen und im Detail begründeten Passagen des ergänzenden lärmtechnischen Gutachtens zu verweisen. Bereits im bekämpften Genehmigungsbescheid ist ausdrücklich angeführt, dass die Betriebsanlage für Veranstaltungen einerseits mit leiser Musik bis maximal 85 dB(A) Innenpegel sowie andererseits für Ballveranstaltungen mit Musik bis maximal 91 dB(A) Innenpegel Verwendung finden soll. Unklarheiten diesbezüglich sind nicht weiter nachvollziehbar. Ausdrücklich kann festgehalten werden, dass Diskothekenbetrieb mit einem Innenpegel von 102 dB(A) zwar allenfalls im Rahmen der mündlichen Verhandlung diskutiert wurde bzw. in den schalltechnischen Projekten als Variante berechnet wurde, jedoch nicht Inhalt der Genehmigung und somit nicht zulässig ist. Auf die - korrigiert vorgeschriebene - Auflage zum Schutz der Anrainer vor Lärmbelästigungen wird hingewiesen. Diesem lärmtechnischen Gutachten wurde auch in der hiezu vorliegenden Äußerung der Berufungswerber mit keinen weiteren neuen Berufungsinhalten entgegengetreten.
Eine unschlüssige Beurteilung in schalltechnischer Hinsicht, sei dies in Bezug auf die Liefervorgängen bzw. auf die beabsichtigten Musikdarbietungen kann somit abschließend nicht festgestellt werden.
Soweit die Berufungswerber Belästigungen bzw. Gefährdungen wegen Lichtemissionen befürchten, ist auf die ergänzenden Projektsunterlagen bzw. Projektsabsichten, beigebracht durch die Konsenswerberin, hinzuweisen. Durch Anbringung von entsprechenden Jalousien ist sichergestellt, dass in den Nachtstunden Lichtimmissionen bei den Nachbarn nicht auftreten. Die Projektsabsichten waren, da verpflichtend durchzuführen, daher in den Spruch dieser Berufungsentscheidung aufzunehmen (§ 353 GewO 1994). Den Berufungswerbern wurden diese ergänzenden Projektsabsichten im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und haben sie hiezu eine weitere Äußerung nicht mehr abgegeben.
Die Berufungswerber wiederholen in ihrer Berufung darüber hinaus die bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Argumente betreffend eine Beeinträchtigung der subjektiv-öffentlichen Rechte durch die äußere optische Gestaltung des Projektes, welche sich belastend auf die Psyche der Berufungswerber auswirke; dies hervorgerufen durch die Nichtverwendung von natürlichen Baumaterialien wie Holz oder Ziegel sowie Vermeidung von Grünelementen, wie Pflanzentröge, bewachsenen Fassaden oder Ähnliches.
Die Berufungsbehörde schließt sich in Bezug auf diese Einwendungen vollinhaltlich den Ausführungen der Erstbehörde an, wonach ein subjektiver Eindruck eines Nachbarn über die äußere Gestaltung einer Betriebsanlage keine Emission im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 darstellt, diesbezüglich bezogene Auswirkungen auf die Psyche eines Nachbarn daher kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht darstellen und entsprechende Einwenden daher unzulässig sind. Wie auch bereits der Verwaltungsgerichtshof festgestellt hat, sind unter den in § 74 Abs. 2 genannten Gefährdungen, Belästigungen und Beeinträchtigungen nur physische Einwirkungen zu verstehen und fallen Beeinträchtigungen des Empfindens der Nachbarn nicht darunter (VwGH 15.10.2003, 2002/04/0073; 22.11.1994, 93/04/0009).
In Bezug auf die von den Berufungswerbern in ihrer Berufung vorgebrachten Bedenken bezüglich der Beurteilung bzw. der Auswirkung von Geruchsimmissionen wurde ein ergänzendes immissionstechnisches Gutachten eingeholt. Darin wird insbesondere auf die Ausblassituation der Küchen- bzw. Cateringabluft Bezug genommen und die Vorschreibung einer zusätzlichen Auflage vorgeschlagen. Da bei Einhaltung dieser vorgeschlagenen Auflage, welche sich insbesondere auf die Ausblashöhe und Ausblasgeschwindigkeit, somit auf die Durchmischung der Abluft bezieht, davon auszugehen ist, dass nachteilige Auswirkungen bei Nachbarn nicht mehr zu erwarten sind, war diese Auflage, im Übrigen auch von der Konsenswerberin nicht beeinsprucht, vollinhaltlich in die Berufungsentscheidung aufzunehmen.
Betreffend die angesprochenen Luftschadstoffe der zu erwartenden Lieferfahrzeuge wird ebenfalls auf die eindeutige und überzeugende Aussage des luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen verwiesen. Demnach handelt es sich hierbei um eine derartig geringfügige Anzahl von Fahrzeugen in Bezug auf die bestehenden Verkehrsfrequenzen in der B, dass eine negative Auswirkung keinesfalls ableitbar ist.
Schließlich entspricht die Behauptung der Berufungswerber, das Vorhaben stelle eine betriebliche Erweiterung des bestehenden Veranstaltungszentrums dar und sei ohne diesem nicht eigenständig betreibbar, nicht den vorliegenden Projektsunterlagen, dem Antrag bzw. der dem Antrag zu Grunde liegenden Betriebsbeschreibung. Das Veranstaltungszentrum verfügt über eigene Eingänge, Manipulationsräume, Lagerräume, Foyer, Sanitäreinrichtungen, Büroräumlichkeiten, Stiegenaufgänge, Liftanlage, Sozialraum, Garderobe, Cateringräume etc., sodass von einer Abhängigkeit vom bestehenden P des K V nicht gesprochen werden kann. Diese Abhängigkeit bzw. angebliche nicht eigenständige Betreibbarkeit wird von den Berufungswerbern auch nicht weiter begründet.
Darüber hinaus hat die Konsenswerberin durch ihren im Grunde des § 77 GewO 1994 eingebrachten Antrag deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es sich hierbei um eine eigenständige Betriebsanlage handelt. Dies wird auch in einer Äußerung gegenüber der Berufungsbehörde ausdrücklich klargestellt und kann die Tatsache, dass die bereits für das P K V bestehende Hofzufahrt auch vom verfahrensgegenständlichen Veranstaltungszentrum benutzt wird, daran nichts ändern, wurde doch auch die immissionstechnische Beurteilung danach ausgerichtet bzw. die zusätzliche Benützung zB. durch Lieferfahrzeuge mit berücksichtigt.
Auch unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung dieser Frage nicht allein darauf an, dass die der Betriebsanlage zuzurechnenden Betriebsliegenschaften unmittelbar an die Betriebsliegenschaft der bestehenden Anlage angrenzen. Vielmehr ist wesentlich, ob die tatsächlichen Betriebsabläufe auf den Betriebsliegenschaften eine Einheit bilden, was – wie oben dargestellt – nicht der Fall ist bzw. nicht erwiesen werden konnte.
Insgesamt konnte somit auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage der Berufung insofern Folge gegeben werden, als ergänzende Projektsabsichten und zusätzliche Auflagen in die gegenständliche Berufungsentscheidung aufzunehmen waren, weiters eine Auflage zur Verbesserung des Lärmschutzes abzuändern war. Darüber hinausgehend konnte der Berufung jedoch keine Folge gegeben werden und war die ausgesprochene Betriebsanlagengenehmigung zu bestätigen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. Reichenberger
Beschlagwortung:
Psyche kein Nachbarrecht
Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VwGH vom 06.10.2009, Zl.: 2009/04/0254-3