Linz, 03.08.2009
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M R, B, vertreten durch Rechtsanwälte P & S, B, vom 25. Juli 2009 gegen die Höhe der mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 7. Juli 2009, VerkR96-3818-2009-Wid, wegen Übertretung des FSG verhängten Strafe, zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird abgewiesen und die festgesetzte Strafe bestätigt.
II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 40 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.
Rechtsgrundlage:
zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG
zu II.: § 64 VStG
Entscheidungsgründe:
Zu I.:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 14 Abs.7 iVm 37 Abs.1 FSG eine Geldstrafe von 200 Euro (4 Tage EFS) verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 20 Euro auferlegt.
2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).
3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, der Besitz von mehr als einem Führerschein habe keinerlei nachteilige Folgen nach sich gezogen und die Tat habe keine Gefährdung oder sonstige Auswirkung, insbesondere auf die Verkehrssicherheit oder behördliche Interessen an der Rechtsdurchsetzung, mit sich gebracht. Normalerweise würden "von den Behörden" Geldstrafen zwischen 36 und 110 Euro verhängt, was auch von der 2. Instanz als angemessen erachtet werde – dazu werden vier Fälle zitiert.
Die über ihn verhängte Strafe von 200 Euro liege deutlich darüber und sei zu hoch bemessen. Er sei nämlich schuldeinsichtig und habe nach der Beanstandung durch die Erstinstanz seinen tschechischen Führerschein bei der Fahrschule in Tschechien "zurückgelegt". Das sei ihm als die zweckmäßigste Vorgangsweise erschienen, weil die Fahrschule über Deutschkenntnisse verfüge und sich bereiterklärt habe, Behördenwege für ihn, der kein Tschechisch spreche, zu erledigen. Eine eigene Vorsprache bei tschechischen Behörden wäre an der fehlenden Verständigungsmöglichkeit gescheitert. Dazu legt er vor eine deutschsprachige Bestätigung der Fahrschule J B vom 1.4.2009, dass er den Führerschein dort abgegeben habe. Er besitze nur mehr das österreichische Führerscheindokument. Sein Fall liege nicht wesentlich anders als die von ihm zitierte Anlassfälle mit geringeren Strafen.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.
Im rechtskräftigen Spruch wird dem Bw zur Last gelegt: "Am 18. Februar 2009 wurde von Amts wegen festgestellt, dass Sie mehr als einen in einem EWR-Staat ausgestellten Führerschein besitzen und diesen nicht an Ihre Wohnsitzbehörde abgeliefert haben, obwohl eine Person, die im Besitz mehrerer in einem EWR-Staat ausgestellter Führerscheine ist, alle bis auf den zuletzt ausgestellten Führerschein bei der Wohnsitzbehörde abzuliefern hat. Sie besitzen folgende Führerscheine: Führerschein von der BH Braunau/Inn, Zl. 07/392043, ausgestellt am 3.10.2007, und Führerschein vom M B, Zl. ES722592, ausgestellt am 18.8.2008."
Der Bw hat gegenüber der Erstinstanz telefonisch am 10.3.2009 bestätigt, er habe in Tschechien einen Führerschein der Klasse E erworben und es sei ein neues Dokument ausgestellt worden. Er wolle in Tschechien einen Gewerbebetrieb eröffnen und habe es beim Gewerbeamt der Stadt Strakonice hinterlegt.
Erkundigungen der Erstinstanz bei der Österreichischen Botschaft in Prag haben ergeben, dass sich der Führerschein des Bw weder beim Verkehrsamt Blatna noch beim Gewerbeamt in Strakonice noch beim Verkehrsministerium der Tschechischen Republik, Abteilung Führerscheinagenden, befindet. Bei Beantragung eines Gewerbescheines sei ein Führerschein nicht nötig und werde auch nicht einbehalten.
Der Bw erschien auf Ladungen der Erstinstanz nicht und erklärte schließlich am 23.3.209 telefonisch, sein Führerschein sei bei einer (ungenannten) Dolmetscherin in Tschechien.
Gegen die Strafverfügung der Erstinstanz vom 27. April 2009 hat der Bw Einspruch erhoben und die Übertretung vehement abgestritten sowie Fristerstreckung beantragt. Da bis Juli 2009 trotz Aufforderung vom 15. Juni 2009 keine weitere Reaktion erfolgte, erging das angefochtene Straferkenntnis.
In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Der Strafrahmen des § 37 Abs.1 FSG reicht von 36 Euro bis zu 2.180 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit von bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.
Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut Begründung des angefochtene Straferkenntnisses hat die Erstinstanz keine strafmildernden Umstände zu finden vermocht, allerdings als erschwerend gewertet, dass der Bw mehrmaligen Aufforderungen zur Abgabe des Führerscheindokuments nicht nachgekommen sei, obwohl er vom Strafverfahren gewusst habe. Der Bw hat der Schätzung seiner finanziellen Verhältnisse durch die Erstinstanz (2.000 Euro netto monatlich, Betriebsvermögen, keine Sorgepflichten) nichts entgegengesetzt, sodass sie auch im Berufungsverfahren zugrundezulegen war.
Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Der Bw ist nicht nur nicht unbescholten, sondern weist auch eine einschlägige rechtkräftige Vormerkung wegen § 29 Abs.3 FSG aus dem Jahr 2008 auf; er hat trotz ihm entzogener Lenkberechtigung den Führerschein nicht unverzüglich bei der Behörde abgeliefert, dh auch hier eine behördliche Anordnung wider besseres Wissen missachtet.
Die nachhaltige Weigerung des Bw zur Befolgung der Anordnung gemäß § 14 Abs.7 FSG, die den Schluss auf vorsätzliche Begehung in Form der Absichtlichkeit im Sinne des § 5 Abs.2 StGB zulässt, hat zum Ergebnis, dass der tschechische Führerschein immer noch nicht bei der Erstinstanz als Wohnsitzbehörde abgegeben wurde – tschechische Behördenwege hat niemand vom Bw verlangt. Eine tschechische Fahrschule als Abgabestelle, von der der Führerschein bei Abholung der schriftlichen Bestätigung gleich wieder mitgenommen werden kann, ist im FSG nicht vorgesehen. Ob der Bw mit seiner bislang noch nie der Wahrheit entsprechenden Verantwortung in Österreich die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährdet, steht nicht zur Diskussion; dass er die Rechtsdurchsetzung massiv behindert, ist unbestreitbar.
Im übrigen sind Strafzumessungsüberlegungen auf den konkreten Fall zu beziehen und im Fall des Bw ist eine Herabsetzung der verhängten Strafe aus den oben zusammengefassten Überlegungen auch wegen des massiven Unrechts- und Schuldgehalts der Übertretung und der völligen Uneinsichtigkeit des Bw – worin die in der Berufung behauptete Schuldeinsichtigkeit liegen soll, bleibt unerfindlich, wenn jedes Argument für eine Anfechtung des Schuldspruchs fehlt – in keiner Weise zu rechtfertigen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
zu II.:
Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Nichtabgabe des tschechischen FS trotz späteren österr. FS, 1 einschl. Vormerkung, völlige Uneinsichtigkeit -> 200 € (4T Ersatzfreiheitsstrafe) bestätigt